Protokoll der Sitzung vom 15.10.2014

(Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass sich ein junger Mensch, der bereit ist, für seine Ideale zu sterben, von der Verwirklichung abhalten lässt, weil Sie die Strafbarkeit erweitern.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sie behaupten, die Videoüberwachung öffentlicher Plätze verhindere Attentate. – Auf diesen Beweis wäre ich einmal gespannt. Alle Beispiele der Vergangenheit, etwa die Festnahme der Kofferbombenattentäter im vorvergangenen Jahr, sprechen eine ganz andere Sprache. Die Videoüberwachung hat in diesem Fall aber so etwas von rein gar nichts ergeben!

Ihr Antrag hat ein einziges Gutes: Er greift ein wichtiges Problem auf. Er tut es aber auf eine Weise, die Angst schürt. Er spricht von Terror und Anschlagsgefahr und ruft auf zu Kampf und Ausgrenzung. Damit hilft er uns kein bisschen weiter, sondern er schadet der weiteren Entwicklung. Wir werden ihn daher ablehnen müssen.

Meine Damen und Herren, es gibt den Weg zurück, zurück zu mehr Ausgrenzung, zu mehr Bestrafung, zu mehr Hass – und es gibt den Weg nach vorne, zu mehr Dialog, mehr Transparenz, mehr Demokratie. Wir werden nach vorne gehen.

Ich möchte mit einem Zitat von Jens Stoltenberg enden, dem norwegischen Ministerpräsidenten. Dieser sagte nach den furchtbaren Attentaten vom Juli 2011:

Noch sind wir geschockt, aber wir werden unsere Werte nicht aufgeben. Unsere Antwort lautet: Mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit. –

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Staatssekretärin Raab hat nun das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich auf den Antrag der CDU eingehe, möchte ich zunächst einmal zum Ausdruck bringen, dass die Landesregierung das menschenverachtende Vorgehen der Terrororganisation Islamischer Staat in Syrien und im Irak verurteilt.

Wir sind aber auch zugleich über die Auswirkungen der dortigen Auseinandersetzungen und deren Auswirkungen in Deutschland beunruhigt, vor allem auch wegen der Zusammenstöße in deutschen Städten, bei denen wiederholt unterschiedliche Fraktionen gewalttätig aufeinander zugingen.

Ich möchte aber auch ganz klar sagen, damit die Menschen weiterhin sicher in Rheinland-Pfalz leben, bringt die Landesregierung dem internationalen Terrorismus höchste Aufmerksamkeit entgegen. In einer Bewertung der Sicherheitslage kann ich heute auch sagen, dass keine konkreten Erkenntnisse über die Planung terroristischer Anschläge vorliegen.

Sorge bereiten den deutschen Sicherheitsbehörden insbesondere Ausreisepläne von Islamisten, die sich in Richtung Syrien oder Irak begeben, um möglicherweise dort an Kampfhandlungen teilzunehmen. Bundesweit sind über 450 und aus Rheinland-Pfalz immerhin zehn Personen dorthin ausgereist. Polizei und Verfassungsschutz sind seit Jahren sensibilisiert und arbeiten eng mit den Sicherheitsbehörden des Bundes zusammen. Diese Vernetzung ist für eine abgestimmte Lage- und Gefährdungsbewertung, aber insbesondere auch für länderübergreifende Ermittlungsverfahren von besonderer Bedeutung.

Ich mache aber auch ganz klar deutlich, dass – wo immer der Anfangsverdacht einer Straftat begründet werden kann, zum Beispiel Werbung um Mitglieder oder Unterstützer terroristischer Organisationen – die Polizei alle – ich betone, alle – notwendigen und rechtlich möglichen strafprozessualen Maßnahmen ergreift, um die Tat aufzuklären und in Zusammenarbeit mit der Justiz zu verfolgen.

Darüber hinaus bekämpfen die Sicherheitsbehörden die von Islamisten ausgehenden konkreten Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Wird zum Beispiel eine Ausreiseabsicht rechtzeitig bekannt, versuchen die Sicherheitsbehörden, diese – zum Beispiel durch passbeschränkende Maßnahmen – zu verhindern. Dies ist in Rheinland-Pfalz in einem Fall gelungen. Hierfür und für die rechtzeitige Erkennung von Radikalisierungsverläufen ist die Vorfeldarbeit des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes unverzichtbar.

Ich mache aber auch ganz klar und deutlich, dass neben der Repression und der Gefahrenabwehr die Prävention als dritte und besonders wichtige Säule der Bekämpfungsstrategie der Landesregierung in unserem Fokus steht.

Meine Damen und Herren, die Polizei hat viele Maßnahmen und Projekte auf den Weg gebracht; beispielhaft genannt seien die Ausbildung von mehr als 100 Beamtinnen und Beamten zu Ansprechpartnern muslimischer Organisationen oder die Stärkung der interkulturellen Kompetenz in der Polizei durch die Einbindung und Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, in Ihrem Antrag haben Sie einige Forderungen erhoben, die entweder bereits seitens der Landesregierung erfüllt werden oder die seit Längerem auch in Gremien wie der Innenministerkonferenz oder der Justizministerkonferenz diskutiert oder geprüft werden oder, wie das militärische Engagement, welches in Ihrem Antrag auftaucht, auch in der Zuständigkeit des Bundes liegen.

Das Land investiert zum Schutz der Bevölkerung in ganz hohem Maße in die ausreichende personelle und sachliche Ausstattung der Sicherheitsbehörden. Beispielhaft möchte ich die Erhöhung der Einstellungszahlen bei der Polizei auf 450 Anwärterinnen und Anwärter sowie die gute und praxisgerechte Ausstattung – Fahrzeuge, persönliche Schutzbekleidung, BOS-Digitalfunk – nennen.

Die Landesregierung steht aber auch – sehr geehrter Herr Abgeordneter Schmidt, ich bin Ihnen für Ihren differenzierten Beitrag ausdrücklich dankbar – in einem guten Dialog mit muslimischen Verbänden. Am Runden Tisch Islam sind 23 Organisationen eingebunden. Sie bilden die Vielfalt der muslimischen Gemeinden ab. Die meisten Moscheegemeinden leisten auch eine Jugendarbeit, sie bieten Treffpunkte an. Auch dort wird in Sitzungen über politisch motivierte Kriminalität am Beispiel des islamistischen Extremismus gesprochen.

Ich will aber auch deutlich machen, dass das Thema Videoüberwachung nicht nur ein sensibles Thema ist, es ist auch ein Thema, welches die Landesregierung, wenn

wir es, wie Sie fordern, flächendeckend und dauerhaft einsetzen, ablehnt. Nur in Einzelfällen kann ein polizeilicher Videoüberwachungseinsatz mit einer solchen Technik ein wirksames Mittel zur Aufklärung von Straftaten oder zur Gefahrenabwehr sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sicherheitslage wird von uns mit höchster Aufmerksamkeit beobachtet. Ich habe dargestellt, dass es im Moment keine aktuelle Gefährdungslage gibt. Insofern danke ich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können zur Abstimmung über diesen Antrag kommen. Zunächst hat der Kollege Bracht zur Geschäftsordnung das Wort.

Die CDU-Fraktion beantragt Überweisung an den zuständigen Ausschuss.

Es wird beantragt, den Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/4054 – an den zuständigen Ausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Der Geschäftsordnungsantrag ist mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/4054 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Ich rufe Punkt 20 der Tagesordnung auf:

Nachhaltige Kommunalreform in Rheinland-Pfalz

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 16/4053 –

Rheinland-pfälzische Kommunen stärken –

Kommunal- und Verwaltungsreform

fortführen und weiterentwickeln

Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 16/4091 –

Frau Kollegin Anke Beilstein hat das Wort. Die Redezeit beträgt 5 Minuten.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die bisherige Kommunal- und Verwaltungsreform der SPD ist bekanntlich Stückwerk und in ihrem Ziel gescheitert.

(Beifall bei der CDU)

Es hat sich bestätigt, dass man für ein solches Großprojekt ein gutes Konzept und eine breite Basis braucht, um es zu stemmen. Zu beidem waren Sie in der Vergangenheit nicht bereit, weil Sie von Anbeginn an Tabus konstatiert haben, die eine sinnvolle gemeinsame Reform unmöglich gemacht haben.

Heute wissen Sie und die Kommunen im Land, dass Sie sich mit diesem Alleingang übernommen haben und durch die falsche Weichenstellung nichts Gutes herausgekommen ist.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, daher starten wir heute einen erneuten Versuch, mit Leitlinien eine Richtschnur für eine sinnvolle Neugestaltung zu geben.

Auf der CDU-Klausurtagung in Maria Laach im vergangenen Monat haben wir uns intensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Über 100 Landes- und Kommunalpolitiker haben aus den praktischen Erkenntnissen der sogenannten ersten und leider nicht gelungenen Stufe berichtet. Hinzu kam ein überaus profunder Vortrag von Herrn Professor Dr. Hubert Meyer aus dem niedersächsischen Landkreistag, der über einen umfassenden Überblick über die bisherigen Reformen insgesamt in allen Bundesländern verfügt. Aus dieser intensiven Diskussion heraus sind unsere Leitlinien für eine nachhaltige Kommunalreform in Rheinland-Pfalz entstanden.

(Beifall bei der CDU)

Diese Leitlinien enthalten viele unserer bisherigen Ansätze, aber auch Fortentwicklungen unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus den letzten Jahren. Es ist eine ganzheitliche Betrachtung erforderlich. Dazu muss insbesondere die Reihenfolge von Aufgabenkritik, Funktionalreform und erst dann territorialer Neuordnung eingehalten werden.

(Beifall bei der CDU)

Was herauskommt, wenn man nur anhand zahlenmäßiger Vorgaben agiert und die Landkarte verändern will, haben wir gerade erst gesehen. Ich empfehle in diesem Zusammenhang ganz aktuell einen Blick nach Bad Münster am Stein-Ebernburg zu werfen,