Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf weitere Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Mitglieder des Studernheimer Schützenvereins. Seien Sie herzlich willkommen!
Es wurde eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Ich darf Herrn Lammert für die CDU-Fraktion das Wort erteilen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bilder, die uns aus Syrien und dem Irak täglich erreichen, machen uns alle fassungslos. Täglich hören wir von neuen Gräueltaten der Terrorgruppe „Islamischer Staat“. Die Bevölkerung in unserem Land ist aufgrund dieser Ereignisse verunsichert. Die Bürgerinnen und Bürger fragen sich, ob sie in unserem Land noch sicher sind. Immer wieder rufen die Terroristen auch zu Anschlägen in westlichen Staaten und in Deutschland auf. Auch die Stützpunkte der hier stationierten USStreitkräfte, unter anderem auch in Rheinland-Pfalz, müssen geschützt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gut ist es, dass sich die Muslimverbände in Deutschland von den radikalen Islamisten deutlich distanziert haben. Für die Prävention ist es wichtig, den Dialog am Runden Tisch Islam deshalb weiter auszubauen und fortzuführen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch in Rheinland-Pfalz stehen derzeit laut einer Antwort der Landesregierung 25 Personen unter Beobachtung der Sicherheitsbehörden, die dem gewaltbereiten Spektrum innerhalb des Islamismus zuzuordnen sind. Gleichzeitig hat die Landesregierung in einer Anfrage bestätigt, dass nach ihren Erkenntnissen der rheinland-pfälzischen Sicherheitsbehörden einzelne Islamisten aus RheinlandPfalz bereits nach Syrien und zu den DschihadSchauplätzen in anderen Ländern ausgereist sind.
Hinzu kommt, dass aktuell im Jahr 2013 rund 70 Anhänger der radikalen salafistischen Bewegung zuzurechnen sind. 2012 waren es noch 65. Also auch hier kann man von einem leichten Anstieg sprechen.
Bundesweit – das betrifft uns in Rheinland-Pfalz genauso; denn es gibt keine Grenzen zwischen den einzelnen Bundesländern – sind über 400 radikalisierte Islamisten
in den vergangenen Monaten nach Syrien und in den Irak gereist. 125 davon sind bereits zurückgekehrt. 25 davon weisen Kampferfahrungen auf. So aus einem Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz.
Von diesen Personen geht auch in Rheinland-Pfalz eine erhöhte Anschlagsgefahr aus. Wir müssen uns mit dieser neuen Gefahrenlage auch in Rheinland-Pfalz auseinandersetzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dabei müssen wir natürlich die Voraussetzungen schaffen, dass zum einen Terroristen mit den Mitteln unseres Rechtsstaats effektiv bekämpft werden, zum anderen ist den Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl von Sicherheit zu vermitteln.
Genau das ist Anlass, unseren Antrag vorzulegen und auf verschiedene Aspekte hinzuweisen. Zum einen, damit wir Terrorismus effektiv bekämpfen können, dürfen wir an der Sicherheit nicht sparen. Dazu gehört natürlich, die immer wieder gut ausgestattete Polizei und die personelle Situation bei der Polizei anzusprechen.
Wir müssen unsere Sicherheitsbehörden sachlich und personell weiter gut ausstatten und vor allem länderübergreifend kooperieren, und das sicherlich nicht nur länderübergreifend mit anderen Bundesländern, sondern auch darüber hinaus über unsere entsprechenden Landesgrenzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch das Thema Videoüberwachung müssen wir in die Gesamtentwicklung wieder neu aufnehmen und neu überdenken. Eine effektive Überwachung öffentlicher Plätze ist ein wichtiger Faktor, um letztendlich im Einzelfall Attentate zu verhindern oder Terroristen ausfindig zu machen.
Es ist uns klar, dass man mit Videoüberwachung nicht alles regeln kann und es kein Allheilmittel ist. Aber es kann sicherlich in verschiedenen Bereichen, gerade an gefährdeten Zonen, ausgebaut werden, und es muss ausgebaut werden. Deswegen wollen wir dies auf das Deutlichste anregen.
Zum anderen sollten wir überprüfen, inwieweit unsere derzeitigen Gesetze geändert werden müssen, um den Terroristen keine Möglichkeit zu belassen, mit den Mitteln unseres freiheitlichen Staates denselben zu bekämpfen. Wir wollen verhindern, dass Personen ausreisen, um an Kampfhandlungen teilzunehmen oder Anschläge zu verüben und anschließend radikalisiert wieder nach Deutschland kommen. Radikale Islamisten dürfen erst gar nicht die Möglichkeit erhalten, sich dem Dschihad in anderen Ländern anzuschließen. Deshalb sollte über eine Änderung des Personalausweisgesetzes nachgedacht werden.
Nach geltendem Recht ist es derzeit so, dass eine Ausreise in die Dschihad-Länder, beispielsweise über die
Türkei nach Syrien, mit einem normalen gültigen Personalausweis möglich ist. Bundesinnenminister de Maizière hat bereits die Ausstellung eines sogenannten Ersatzdokuments angeregt und in die Diskussion eingebracht. Dieses Dokument würde dann nur im Inland Gültigkeit haben und grundsätzlich ein Verlassen der Bundesrepublik verhindern.
Ich denke, bei der genannten Thematik, die alle Länder betrifft, sollten wir gemeinsame Lösungen erarbeiten, sodass die Landesregierung gefordert ist, die Änderungen von Bundesgesetzen im Rahmen des rechtlich Möglichen auch voranzutreiben.
Es ist schon schlimm genug, dass in Hessen ein Salafist offensichtlich ausreisen konnte. Es ist sehr bedauerlich. Aber genau der wäre nicht ausgereist, hätte man ihm beispielsweise nur ein Ersatzpapier ausgestellt und wenn er keinen ordnungsgemäßen Personalausweis gehabt hätte.
Das Gleiche gilt für die mögliche Verschärfung unserer Strafgesetze. Auch darüber muss nachgedacht werden. Nach der jüngsten einstimmig verabschiedeten Resolution des UN-Sicherheitsrats am 24. September dieses Jahres werden alle Staaten verpflichtet, Bürgerinnen und Bürger strafrechtlich zu belangen, die zu terroristischen Zwecken ins Ausland reisen oder etwa aus einem Terrorcamp ins Heimatland zurückkehren.
Derzeit kämpfen rund 15.000 solcher ausländischen Kämpfer in Syrien. Das ist eine relativ hohe Zahl. Nach geltendem Strafrecht steht nach § 89 a des Strafgesetzbuches die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zwar unter Strafe, nicht aber die bloße Absicht, beispielsweise in ein Ausbildungslager zu reisen und sich ausbilden zu lassen. Auch hier sollte überprüft werden, ob unser nationales Strafrecht eine Veränderung erfahren kann und an die UN-Resolution angepasst werden kann und muss.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Gleiches gilt ein Stück weit auch für die Sympathiewerbung für terroristische Vereinigungen, die nach geltendem Strafrecht nicht unter Strafe steht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es kann doch nicht sein, dass die Terroristen in unserem Land freimütig Werbung für ihre menschenverachtende Ideologie machen können und wir als Rechtstaat zusehen müssen, wie diese Personen auf diese Weise immer mehr Anhänger um sich scharen.
Wir müssen solche Tendenzen frühzeitig unterbinden. Deutschland ist ein liberaler und toleranter Staat, aber auch eine wehrhafte Demokratie. Daher gilt letztendlich: Toleranz ja, aber nicht an der falschen Stelle.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kollege Lammert! Ich möchte davor warnen, die Bedeutung des ovalen oder runden Tisches zu hoch einzuschätzen oder zu bewerten.
Als jemand, der seit 36 Jahren hier lebt und aus einem Land kommt, das direkt von dieser Problematik betroffen ist, möchte ich davor warnen, dass sich die Menschen mit Migrationshintergrund, die es zunehmend zu Tausenden gibt, an den Rand gedrängt fühlen, weil es nur noch ein Thema gibt, dessen Lösung in Form von runden oder ovalen Tischen angestrebt wird.
Dieses Problem wird uns auch in den nächsten Jahren sehr stark beschäftigen, verbunden mit dem Thema Globalisierung, Armut, Kinderarbeit und vieles mehr.
Deshalb brauchen wir eine breit angelegte gesellschaftliche Debatte darüber, in welcher Form und wie intensiv sich Religionsgemeinschaften heute im Bildungssystem und in verschiedenen Einrichtungen, in welcher Art und Weise auch immer, präsentieren dürfen.
Aus meiner Sicht müssen alle, aber auch alle Sitten und Rituale, die Religionsgemeinschaften mitbringen, auf ihre Kernaufgabe hin, den Schutz von Menschenrechten, diskutiert und bewertet werden.
Das ist das Entscheidende. Alles, was die Gesellschaft spaltet und uns nicht zusammenbringt, muss durch einen kritischen Dialog in die Diskussion aufgenommen werden.
Ich möchte eines sagen: Viele Menschen, die vor klerikalen Auseinandersetzungen geflohen sind, haben zunehmend Ängste und fürchten sich, sich kritisch zu äußern – ich selbst auch –, um sich nicht dem Verdacht auszusetzen, sie seien religionsfeindlich oder im schlimmsten Fall Rassisten oder Faschisten. Das dürfen wir nicht zulassen.
Heute schon in großen Städten in den Straßen kann man nicht frei seine eigene Meinung äußern. Das finde ich nicht förderlich für unsere Demokratie.
Was mich auch stört: Wir hießen gestern Gastarbeiter, dann Ausländer, dann Menschen mit Migrationshintergrund.