Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die jüngsten Vorkommnisse in den Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge in Trier und Ingelheim geben Anlass zur Sorge. Hygienemängel, Kakerlaken, fehlende Heizungen, Gefahr für Leib und Leben durch Brand sowie Gewalt an den Flüchtlingen werfen Fragen auf, die Antworten verlangen. Es ist nicht akzeptabel, dass Menschen, die als Flüchtlinge zu uns kommen, ohne Heizung und unter hygienisch problematischen Zuständen leben müssen.
Sehr geehrte Frau Ministerin Alt, wir erwarten eine klare und ehrliche Zustandsbeschreibung der Situation in den Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende. Wir möchten wissen, wie es zu den hygienischen und sicherheitstechnischen Mängeln kommen konnte und welche Maßnahmen die Landesregierung zu ergreifen gedenkt, um diese zu beseitigen und künftig zu verhindern.
Die vorhandenen Aufnahmeeinrichtungen stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen. Sie reichen bei Weitem nicht aus, um dem zunehmenden Flüchtlingsstrom angemessen zu begegnen. Wie die genannten Missstände zeigen, wurde versäumt, sich rechtzeitig auf die steigende Zahl von Flüchtlingen einzustellen. Zudem fehlt es der Landesregierung in der Asylpolitik an einer klaren Linie.
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, Sie haben beim Treffen der kommunalen Spitzenverbände mit dem Ministerrat gefordert – ich darf aus der Presseerklärung zitieren –: „Die Verfahren“ – gemeint sind die Asylverfahren – „müssen so kurz und so schnell wie möglich zur Entscheidung gebracht werden,“ – Frau Kollegin Spiegel hat es eben auch erwähnt – „um den Asylbegehrenden
Wer jedoch schnelleren Asylverfahren mit dem Blick auf den Bund das Wort redet, die Ausreisepflicht im eigenen Land aber nicht konsequent durchsetzt, macht sich unglaubwürdig.
Rheinland-Pfalz weist bundesweit mit die niedrigste Rückführquote auf. Unser Ziel muss es sein, den wirklich Bedürftigen zu helfen. Voraussetzung dafür ist, dass diejenigen, deren Antrag auf Asyl abgelehnt wurde, zügig in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden. Nur so haben wir ausreichend Kapazitäten zur Aufnahme von politisch Verfolgten und Kriegsflüchtlingen. Nur so können wir die Akzeptanz für die zunehmende Anzahl von Asylberechtigten und Flüchtlingen der Bevölkerung erhalten.
Eine Willkommenskultur lässt sich nicht einfach so herbeireden, vor allem dann nicht, wenn man diejenigen, die diese Willkommenskultur vor Ort unter großen Anstrengungen praktizieren, im Regen stehen lässt.
Hier reicht das Rufen nach einer stärkeren Beteiligung des Bundes nicht aus. Während andere Bundesländer ihre Kommunen bei der Bewältigung der Probleme nicht im Stich lassen, bleiben die Kommunen in RheinlandPfalz auf einem Großteil der Kosten sitzen.
Laut dem Deutschen Städtetag übernimmt SchleswigHolstein rund 70 % der zusätzlichen Kosten der Kommunen. In Rheinland-Pfalz dagegen sind es nur 20 %. Wir benötigen eine Versorgungsstruktur, die sicherstellt, dass die für 2014 sowie auch für 2015 prognostizierten 10.000 Flüchtlinge angemessen untergebracht und versorgt werden können. Notwendig ist vor allen Dingen, Investitionshilfen und genügend Aufnahmemöglichkeiten für eine bedarfsgerechte Unterbringung zu schaffen. Das gilt auch für eine gute Sozialbetreuung, Sprachförderung, ein Schulbetreuungsprogramm für Flüchtlingskinder und nicht zuletzt für die gesundheitliche und psychotraumatische Versorgung.
Es gilt, das vorhandene bürgerschaftliche Engagement weiter zu stärken. Die Ehrenamtlichen müssen bei ihrem Tun professionell beraten und unterstützt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, wir sind gern bereit, gemeinsam für Flüchtlinge Verantwortung zu tragen, wie die Aktuelle Stunde von Ihnen überschrieben wurde. Wir werden dieser Verantwortung jedoch nur dann gerecht, wenn wir uns auf die wirklich Verfolgten und vor Krieg und Gewalt Geflüchteten konzentrieren.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Welt ist enger zusammengerückt, und die Konflikte und Kriege rund um den Globus finden nicht ausschließlich irgendwo jenseits der Weltmeere statt, sondern direkt an den Grenzen Europas, direkt vor unserer Haustür. Immer mehr Menschen sehen ihre einzige Überlebenschance in der Flucht aus den Krisen- und Kriegsgebieten, der Flucht vor Bedrohungen und Gewalt und nicht zuletzt der Flucht vor dem Verhungern.
Auch in Deutschland und in Rheinland-Pfalz sind in den vergangenen Monaten weit mehr Frauen, Männer, Kinder und Familien auf ihrer Flucht angekommen, als jede Prognose vermuten ließ. Die Zahl der Flüchtlinge steigt weiter an.
Die SPD-Fraktion stellt sich gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Landesregierung der Herausforderung, den Asylsuchenden menschenwürdige Verhältnisse bereitzustellen und ihnen in einem fairen Umgang zu begegnen.
Bereits Ende letzten Jahres – Herr Kessel hat die Landesregierung zur Entlastung der Erstaufnahmeeinrichtung in Trier aufgefordert – wurde eine zusätzliche Außenstelle in Trier und eine in Ingelheim auf den Weg gebracht. Somit wurden die Aufnahmemöglichkeiten mehr als verdoppelt. Eine weitere Außenstelle befindet sich in Abstimmung mit den kommunal Verantwortlichen.
Frau Ministerin Alt, ich gehe davon aus, dass Sie diese Verhandlungen mit einem einvernehmlichen Ergebnis abschließen, damit auch diese Außenstelle zügig bezugsfertig und die räumliche Enge dadurch gemildert wird.
Lassen Sie auch mich an dieser Stelle den Verantwortlichen in unseren Kommunen und den vielen ehrenamtlich Tätigen danken, die sich in vielfältiger Hinsicht bei der Aufnahme und der Integration der Flüchtlinge engagieren. Herzlichen Dank dafür!
Erst gestern noch hat mir die Präsidentin der ADD, Frau Barzen, von der hohen Spendenbereitschaft aus der Bevölkerung berichtet, die sich in täglich eingehenden Geld- und Sachspenden beweist. Damit nicht genug. Gerade in Trier habe ich persönlich erlebt, dass auch Bürgerinnen und Bürger, die sich bis dahin nicht in karitativen oder anderen Feldern engagierten, ihre Hilfe bei
der Aufnahme, Begleitung und Integration der Flüchtlinge anbieten. Neben dem Dank möchte ich allen Helferinnen und Helfern, seien sie in Organisationen oder privat tätig, meinen hohen Respekt an dieser Stelle aussprechen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle waren anlässlich des 9. November in vielen Schulen des Landes zu Gast, um bei den Jugendlichen das Gedenken wachzuhalten. Für mich und vielleicht auch für einige von Ihnen war es auffallend, dass und wie bewusst die Schülerinnen und Schüler die heutige Flüchtlingssituation mit unserer deutschen Geschichte in Verbindung brachten.
Auch die Gedenkreden am vergangenen Sonntag, dem Volkstrauertag, schlossen vielerorts die Flüchtlinge mit ein. Besonders berührend war für mich die Gedenkveranstaltung im ehemaligen KZ Hinzert, in dem der Oberbürgermeister der Stadt Trier eine sehr persönliche und bewegende Rede hielt. Die anwesenden Kolleginnen Frau Brück, Frau Nabinger und auch der Herr Bürgerbeauftragte Dieter Burgard als Vorsitzender des Fördervereins waren ebenfalls genauso berührt wie ich.
Herr Burgard, falls Aufzeichnungen gemacht wurden, wäre ich Ihnen dankbar, wenn ich eine Kopie davon bekommen könnte. Der Herr Oberbürgermeister hat nämlich eine Rede gehalten, die er nicht vorgeschrieben hatte. Er hat seine geschriebene Rede wieder in die Tasche gesteckt. Deshalb liegt sie nicht in schriftlicher Form vor. Vielleicht hat sie jemand aufgezeichnet.
Da unsere neue Kollegin Frau Jaqueline Rauschkolb, die die Landesvorsitzende der Jusos ist, anwesend ist, möchte ich sagen, dass diese Veranstaltung in Hinzert seit vielen Jahren von den Jusos, den jungen Menschen unserer Partei, organisiert und am Leben gehalten wird. Auch hierfür meinen herzlichen Dank und mein Kompliment an diese Organisationsform und an die jungen Leute, die sich immer wieder in diesen Dienst stellen.
Nach der gültigen Rechtslage obliegt dem Bund die Durchführung des Asylverfahrens, während sich die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge Land und Kommunen teilen. Das Land erstattet den Kommunen einen Teil der Kosten über eine Pauschale. Diese Pauschale wurde völlig unbemerkt und von Ihnen im Zuge des Rechtsverfahrens überhaupt nicht kritisiert, als die Asylbewerberleistungen erhöht wurden. Sie wurde seitens des Landes nicht nur erhöht, sondern zusätzlich mit einem Betrag aufgefüttert, sodass die Kommunen in dem Fall eine höhere Erstattung bekommen, als sie vorher bekamen. Das haben zumindest die Kommunen registriert, auch wenn es hier nicht registriert wurde.
Ja, diese Pauschale ist nicht kostendeckend. Gerade die Krankheitskosten sind damit nicht abgedeckt. Wir werden diese Aufgabe nicht weiter stemmen können, wenn der Bund sich nicht mit in die Pflicht bringt.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Rheinland-Pfalz nimmt mit seiner humanen Flüchtlingspolitik im bundesweiten Vergleich einen Spitzenplatz ein. Flüchtlinge und Asylbewerber sind in unserem Land willkommen, und wir kümmern uns um sie.
Gerade in letzter Zeit leisten unser Land und unsere Kommunen extrem viel, um die zahlreichen Menschen aufzunehmen, die bei uns Zuflucht suchen. Das Land hat die Plätze – Frau Sahler-Fesel hat es gesagt – in der Erstaufnahme von 700 auf 1.500 Plätze in den letzten zwei Jahren mehr als verdoppelt.
Es wurden zwei neue Außenstellen in Trier und in Ingelheim geschaffen. In Ingelheim bauen wir gerade eine zweite eigenständige Aufnahmeeinrichtung aus. Gleichzeitig laufen die Vorbereitungen zu einer dritten eigenständigen Aufnahmeeinrichtung, und hier favorisieren wir den Standort Hermeskeil.
Das heißt, wir haben kontinuierlich Schritt gehalten und die Entwicklung der steigenden Flüchtlingszahlen berücksichtigt. Das Land hat zudem erhebliche überplanmäßige Mittel in Höhe von rund 46 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Alles in allem investiert das Land in Rheinland-Pfalz 2014 78 Millionen Euro in den Flüchtlingsbereich. Dabei unterstützt die Landesregierung die Kommunen bei der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge in diesem Jahr mit insgesamt 41 Millionen Euro.
Man muss wirklich sagen, Land und Kommunen leisten für diese Flüchtlinge in diesem Land sehr, sehr viel.
Dass wir die Situation bisher so gut gemeistert haben, bisher keine Zelte aufstellen mussten und keine Menschen in Turnhallen unterbringen mussten, die Menschen in festen Unterkünften betreuen können, ist vor allen Dingen der engagierten Arbeit vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes, der Kommunalverwaltungen, der Nichtregierungsorganisationen und der Kirchen zu verdanken. Dafür möchte ich an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön sagen.
Man muss aber auch sagen, Land und Kommunen arbeiten bei der Aufnahme von Flüchtlingen am Limit. Als Land tun wir alles, um unsere kommunalen Partner zu unterstützen. Die Landesregierung wird im kommenden Jahr die monatliche Zahlung an die Kommunen pro Asyl suchendem Menschen von 502 Euro auf 513 Euro erhöhen.