Protokoll der Sitzung vom 20.11.2014

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Kollegin Klöckner, ich will Ihnen das auch ganz deutlich sagen. Hierbei leisten sowohl die Schulen als auch die Landeszentrale für politische Bildung und viele zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen bereits eine hervorragende Arbeit. Dem tragen auch wir, nämlich jeder Einzelne von uns, mit unserem jährlichen Schulbesuchstag am 9. November Rechnung. Wir las

sen uns nicht auf 25 Jahre Mauerfall reduzieren, sondern wir müssen die gesamte Dimension auch in den Schulbesuchen immer wieder deutlich machen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie versuchen, mit diesem Antrag die aktuellen politischen Diskussionen rund um die demokratischen landespolitischen Veränderungen in unserem Partnerland Thüringen in den neuen Bundesländern zu skandalisieren. Das wird Ihnen an dieser Stelle nicht gelingen. Das wird auch diesem wichtigen Thema nicht gerecht.

(Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Ich will Ihnen etwas sagen. Ich gebe Ihnen recht. Auch wir können sagen, dass wir insbesondere für die Partnerschaft mit Thüringen, dessen Ministerpräsident Bernhard Vogel war, froh und dankbar sind. Sie haben ihn – auch das gehört zur Wahrheit – 1989 vom Hof gejagt, der dann allerdings durch seine persönlichen Verdienste eine ganz hervorragende Arbeit für Thüringen geleistet hat.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sie versuchen, immer zu verschweigen, was Ihnen nicht lieb ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich sage Ihnen ganz klar: Von einer Partei, die 1990 bei der Fusion mit der ehemaligen Blockflötenpartei Ost-CDU und der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD) bereitwillig ehemals systemtreue Mitglieder aufgenommen hat, müssen wir uns als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als Teil der Bürgerrechtsbewegung, die es friedlich hinbekommen hat, diese Mauer zum Einsturz zu bringen, überhaupt nicht belehren lassen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Viele Ihrer Ostmitglieder haben eine durchaus systemkonforme Vita hinter sich, die sich kaum von denen ehemaliger SED-Mitglieder unterscheidet. So war zum Beispiel der jahrelange Ministerpräsident des Freistaats Thüringen, Dieter Althaus, noch im Mai 1989 als Lehrer für hervorragende Leistungen bei der kommunistischen Erziehung vom SED-Staat belobigt worden. Das ist die Realität. Diese verschweigen Sie, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wo ist Ihre kritische Auseinandersetzung mit der ideologischen Ost-Vorgängerorganisation der Ost-CDU und des DBD? Was haben Sie getan, um diese Geschichte mit aufzuarbeiten? Das sind die Fragen, die Sie sich gefallen lassen müssen.

Meine Damen und Herren, ich will aber noch eine Sache deutlich machen, um ganz klar zu werden. Die Men

schen sind 1989 sicherlich nicht für die Freiheit und die Demokratie auf die Straße gegangen, um dann 30 Jahre lang von der CDU regiert zu werden.

(Zurufe von der CDU)

Sie sind auf die Straße gegangen, weil sie freie Wahlen haben wollten. Das haben wir auch in Rheinland-Pfalz zu akzeptieren. Das ist im Freistaat Thüringen eine demokratische Wahl gewesen.

(Glocke der Präsidentin)

Das Ergebnis ist von uns allen zu respektieren.

Frau Klöckner, es ist auch Ihre Verantwortung, sich nicht hier hinzustellen, als ob es in Thüringen vielleicht Erbhöfe für die CDU gäbe. Es gibt unterschiedliche politische Mehrheiten.

(Glocke der Präsidentin)

Ich wünsche mir, dass Sie unserem Antrag, der viel umfassender ist, hier und heute Ihre Zustimmung geben.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Frau Klöckner das Wort.

Zuvor begrüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne Mitglieder der CDU Mainz-Bretzenheim und Teilnehmer und Teilnehmerinnen im Rahmen des deutschfranzösischen Sprachaustauschprogrammes für Polizeibeamte der Landespolizeischule Rheinland-Pfalz, Fachhochschule für öffentliche Verwaltung – Fachbereich Polizei. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Bitte schön, Frau Klöckner.

Frau Präsidentin! Herr Wiechmann, es hat keiner bezweifelt, dass das freie Wahlen waren. Das Ergebnis hat auch keiner angezweifelt. So ist das in der Demokratie. 75 % der Wahlkreise wurden von der CDU in Thüringen direkt gewonnen. Das ist der Wählerwille.

Die CDU lag mit Abstand am weitesten vorne bei der Wahl. Auch das ist Wählerwille. Jetzt geht es aber um etwas anderes. Welche Koalitionen werden gebildet?

Sie haben eben noch einmal die CDU angesprochen. Es gibt einen entscheidenden Unterschied.

(Dr. Braun BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo ist das Problem?)

Dieter Althaus hat die DDR nie als kein Unrechtsstaat, sondern immer als Unrechtsstaat, auch als Politiker bezeichnet.

(Zurufe von der SPD)

Sie kommen doch sowieso dran. Sie kommen gleich dran.

Herr Wiechmann, das Gegenteil ist aber, dass jetzt GRÜNE aus Thüringen und SPDler aus Thüringen einen Ministerpräsidenten unterstützen möchten, in dessen Fraktion aber Mitglieder sind, die heute noch Probleme haben, sich jetzt überwunden haben, aber Probleme haben, die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen.

(Beifall der CDU)

Herr Wiechmann, ein zweiter Punkt, das wissen Sie historisch auch: Als die Ost-CDU und die West-CDU fusionierten, haben Helmut Kohl und auch andere der Ost-CDU ganz großen Wert darauf gelegt, dass man keine Vermögen aus der DDR-Zeit mitnimmt. Das ist ein ganz entscheidender Unterschied.

(Beifall der CDU)

Der dritte Punkt, die SED, aus der die PDS und DIE LINKE hervorgingen: Die PDS hat sich nie juristisch losgesagt. Herr Gysi legt da auch großen Wert drauf. Warum hat sie sich nicht juristisch losgesagt? – Sie sieht sich als Rechtsnachfolger der SED, weil es einen ganz klaren Grund gibt, weil man eben nicht wie die CDU auf die Finanzen verzichten wollte. Ich finde, das ist ein entscheidender Unterschied.

(Beifall der CDU)

Jetzt ein vierter Punkt – das wissen Sie auch –, verfassungsrechtlich. Es gab nur einen Anspruch in der DDR, und das war der Anspruch der SED. Sie wissen doch, was andere Parteien machen konnten oder nicht. Ich habe mit einer grünen Bürgerrechtlerin im Rahmen auch meiner Vorbereitung, als ich bei „Hart aber fair“ war, diese Sendung, bei der es um 25 Jahre Mauerfall ging, und auch einem Ehemaligen, der aus dem Bündnis 90 kam, gesprochen. Das sind gerade die, die genau das aufgreifen, was Sie sagen. Die sagen, wir sind doch damals nicht auf die Straße gegangen, übrigens auch die SPD, die auf die Straße gegangen sind – – –

(Glocke der Präsidentin)

Sie sind nicht auf die Straße gegangen, um denen in den Steigbügel oder in den Sattel zu helfen, die heute wie damals ein Problem hatten, die Freiheit so anzuerkennen, für die wir gekämpft haben. Das ist der entscheidende Unterschied, Herr Wiechmann.

(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD)

Herr Kollege Wiechmann, Sie haben das Wort zur Erwiderung.

Liebe Frau Präsidentin! Frau Kollegin Klöckner, ich bin Ihnen dankbar, dass ich noch einmal Gelegenheit habe, etwas zu sagen. Bei Ihrem Widerstand gegen Rot-RotGrün: Wissen Sie eigentlich, was Sie damit machen? – Sie gehen damit Seit‘ an Seit‘ mit denjenigen, von denen ich mir zumindest nicht vorstellen kann, dass Sie Seit‘ an Seit‘ gehen wollen.

An der Demonstration gegen Rot-Rot-Grün am 9. November 2014 in Erfurt nahmen zahlreiche führende NPD-Kader, Mitglieder freier Kräfte und freier Kameradschaften sowie Mitglieder der NPD-Nachwuchsorganisation teil,

(Zurufe aus dem Hause)

von der AfD ganz zu schweigen. Sind das Ihre neuen Verbündeten, Frau Kollegin Klöckner? – Das müssen Sie uns einmal beantworten.