Vor diesem Hintergrund werden Sie es verstehen, wenn ich mit dem Wunsch ende, dass dieser bisher sehr, sehr konstruktive Prozess bei der Novellierung der Landesbauordnung vielleicht auch dazu führen kann, dass am Ende der Beratung und hier im Hohen Hause eine gute Tradition fortgesetzt werden kann, dass dieses Gesetz im Konsens beschlossen wird. Ich bin ganz sicher, dann lägen wir auch in Zukunft beim Baurecht im Ländervergleich ganz vorne.
Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Schreiner das Wort. Sie haben pro Fraktion 1 Minute mehr Redezeit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer gesund, sicher und bezahlbar wohnt, wessen Wohnung auf seine Bedürfnisse reagiert, der fühlt sich wohl. Das Gesetz, die Landesbauordnung, formuliert das in ihrer eigenen Sprache so, dass beim Bauen – Zitat aus § 4 der Landesbauordnung – „an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, die Belange des Umweltschutzes und die Belange und Sicherheitsbedürfnisse von Frauen, Familien und Kindern sowie von behinderten und alten Menschen“ zu denken ist.
Das ist ein wichtiges Gesetz. Es regelt gesundes und stabiles Bauen. Es garantiert Barrierefreiheit, und es schützt vor überzogenen Forderungen der Bauaufsicht. Nicht zuletzt fordert es Baukultur ein.
Es muss immer wieder einmal reformiert werden. Ich denke an die große Reform – Frau Ahnen hat es angesprochen – vor ein paar Jahren, als das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren eingeführt worden ist. Damals war Bayern ein Vorreiter gewesen.
Sie hatten einfach festgestellt, dass in Bayern seit dem Zweiten Weltkrieg kein Haus mehr eingestürzt war, und haben gedacht, die Regeln sind gut, aber vielleicht sind sie zu gut. Vielleicht reicht es, wenn man ein bisschen weniger prüft, wenn man ein bisschen weniger genau hinschaut.
Und siehe da, in der bayerischen Landesbauordnung wurde es geändert. Inzwischen haben es alle 16 Bundesländer übernommen, dass man bei einfachen Bauverfahren nicht mehr so viel prüfen muss.
Die aktuelle Novelle – Frau Ministerin Ahnen hat es angesprochen – bindet eine Vielzahl von Einzelregelungen zusammen, das Thema der Bauverwaltungen, über die zu sprechen sein wird, ob das so sinnvoll ist oder anders sinnvoller ist. Es geht um die Bauprodukteverordnung und Neuerungen in der Umweltverträglichkeitsprüfung.
Es geht aber auch ganz zentral um zwei Ziele, die uns über alle Fraktionsgrenzen hinweg wichtig sind: Das sind das Thema der Barrierefreiheit und das Thema besserer energetischer Dämmung von Gebäuden.
Ob die Maßnahmen, die dann im Einzelnen in der Novelle stehen, die richtigen sind, ob sie über das Ziel hinausgehen, ob das im Zuge von Sanierungsmaßnahmen immer anwendbar ist, muss man dann im Detail diskutieren. Dafür haben wir aber dann auch die Beratungen in den Ausschüssen.
Aus meiner Sicht, aus unserer Sicht hat die Novelle aber an einem Punkt einen Mangel, den wir im Wege des Verfahrens gerne beheben würden, und zwar sieht die aktuelle Reform der Landesbauordnung keine Verbesserungen für das Wohnen von Familien vor, insbesondere für das Wohnen von Familien mit vielen Kindern.
Wer den Immobilienmarkt beobachtet, wird erleben, dass seitens der großen institutionellen Bauherren insbesondere wirtschaftliche Lösungen präferiert werden. Ich nenne die Stichwörter Apartments und Wohnungen zwischen 40 und 80 m² Größe. Vom zweiten Kind an wird es eng bis hin zu unmöglich, in solchen Wohnungen zu wohnen.
Menschen, die viele Kinder haben, werden auf die Sozialgesetzgebung verwiesen, wodurch zum einen nicht die Anzahl der Wohnungen erhöht wird, die vier, fünf oder sechs Zimmer haben. Zum anderen sind aber vor allem familienreiche Kinder aus unserer Sicht schlicht und ergreifend kein Sozialfall. Familien mit Kindern sollten der Normalfall sein. Auch Angebote von bezahlbarem Wohnraum mit fünf Zimmern und mehr sollten für kinderreiche Familien der Normalfall sein.
Hier gibt es viel zu tun. Deshalb gilt es zu prüfen, ob auch das Bauordnungsrecht – wir sind da noch nicht zu einer abgeschlossenen Meinung gekommen – hierzu einen Beitrag leisten kann. An anderer Stelle tut es das. Beispielsweise – das ist vielleicht ein Anachronismus aus vergangenen Zeiten – schreibt § 44 Abs. 3 der Landesbauordnung vor, dass in Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen ausreichend große Trockenräume einzurichten sind. Gut, wenn die Landesbauordnung vorschreibt, dass ausreichend große Trockenräume einzurichten sind, stellt sich die Frage, ob die Landesbauordnung nicht auch vorschreiben kann, dass ausreichend Raum für Kinder, ausreichend Raum für Familien zu schaffen ist. (Beifall der CDU)
Das ist ein Prozess, in dem wir uns befinden. Vielleicht fallen uns dazu in den nächsten Wochen und Monaten noch neue Lösungen ein, aber es ist uns einfach wichtig, dass wir uns auf den Weg begeben, hier etwas zu tun.
Wir bitten außerdem darum – wir werden den Gesetzentwurf gleich an den Ausschuss überweisen –, dass er nicht nur im Haushalts- und Finanzausschuss beraten wird, sondern wir schlagen ausdrücklich vor, dass er auch wegen des Bezugs zur Barrierefreiheit – das ist ein ganz wichtiger Aspekt in dem Zusammenhang –, aber auch wegen unseres Anliegens im Bereich der Familienpolitik im Sozialpolitischen Ausschuss beraten wird.
So weit fürs Erste. Ich habe die Minute, die Ihr Vorgänger mir zugebilligt hat, nicht ausgeschöpft, Herr Präsident.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jährliche Berichte der Bauaufsichtsbehörden sowie Gespräche mit Kammern und Verbänden machen deutlich, wie sich das Baurecht nicht tatsächlich, sondern praktisch verändert, also welche Änderungen in Anforderungen beschrieben werden, die notwendig werden. Diese Änderungen führen jetzt dazu, dass das Baurecht zeitgemäß weiterentwickelt wird. Die Landesbauordnung von 1986 – lang, lang ist es her – muss also nach einer längeren Zeit der gleichbleibenden Rechtssituation – 2005 wurde als Datum genannt – nun erneut angepasst werden.
Schwerpunkte sind Barrierefreiheit, Nutzung erneuerbarer Energien, bauaufsichtliche Zuständigkeiten. Das sind oftmals Themen, die man vor einigen Jahren in einer ganz anderen Art und Weise eingeschätzt hat.
Wir müssen heute feststellen, dass die demografische Entwicklung auch im Baurecht für uns eine besondere Bedeutung hat und sie einen Schwerpunkt dafür darstellt, wie künftig Wohnraum aussieht. An dieser Stelle erlaube ich mir aber auch den Hinweis – Herr Kollege Schreiner hat schon das eine oder andere im Bereich des Wohnungsbaus benannt –, dass zwischen dem, was bauordnungsrechtlich möglich ist, und dem, was den sozialen Wohnungsbau selbst betrifft, die soziale Wohnraumförderung, getrennt werden muss. An dieser Stelle müssen wir sicherlich eine gewisse Trennung vollziehen.
Wer hätte aber, wenn wir das Stichwort erneuerbare Energien aufrufen, vor vielen Jahren gedacht, dass wir an solche Dinge wie Ladestationen für Elektrofahrzeuge und Ähnliches denken müssen und wir Stellplatzablösebeträge auch für den ÖPNV einsetzen können? Da gilt es also entsprechende Weiterentwicklungen zu betreiben.
Wenn wir über eine Vereinfachung reden und ein Stück Verantwortung an den Bauherrn in der Weise übertragen wollen, dass mehr Bauvorhaben – gerade kleinere – von Baugenehmigungen befreit sind, muss man natürlich auch die Frage der Verantwortlichkeit deutlich herausstellen. Insoweit ist aus meiner Sicht nachvollziehbar, wie in anderen Ländern auch örtlich eine Bauleiterin bzw. einen Bauleiter zu berufen, um damit die Überwachung des öffentlichen Baurechts zu gewährleisten.
Die Entwicklung des Baugenehmigungsverfahrens, also des Verwaltungsablaufs, stellt sich natürlich neu dar. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass bei 31 Verbandsgemeindeverwaltungen die Zuständigkeiten auf die Kreisverwaltung zurückgeführt werden. Das möchte ich als ein Beispiel aufgreifen, wie umfassend der vorliegende Gesetzentwurf vorberaten wurde. Wir können an dieser Stelle feststellen, dass der Gemeinde- und Städtebund das vielleicht nicht ganz so positiv sieht wie der Landkreistag, der eine solche Forderung seit Längerem erhoben hat. Andere Verbände haben sich aber auch in diese Richtung ausgesprochen.
Insoweit wird deutlich, es wird eine interessante, eine abwechslungsreiche Beratung in den Fachausschüssen geben. Sie wird aber mit Sicherheit von einer sachlichen
und fachlichen Auseinandersetzung geprägt sein. Darauf freue ich mich. Ich kann aus meiner Sicht die Bereitschaft signalisieren, dass wir uns in der Richtung fachlich auseinandersetzen wollen.
Vielen Dank. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass die Novelle der Landesbauordnung jetzt auf dem Tisch liegt. Das ist ein Baustein aus dem Koalitionsvertrag, den wir vor dem Hintergrund umsetzen, den sozial-ökologischen Wandel in diesem Land voranzutreiben. Die Landesbauordnung ist im Bereich des Bauen und Wohnens natürlich ein Ansatzpunkt, diesen Bereich wirklich nach vorne zu bringen. Deshalb will ich den Sozialbereich und auch den ökologischen Bereich ein Stück weit in der Landesbauordnung hervorheben, bei denen wir wichtige und auch notwendige Veränderungen feststellen, die vorgenommen werden sollen.
Das Herzstück dieser Landesbauordnung – ich glaube, das haben die Vorrednerinnen und Vorredner schon deutlich gemacht – ist tatsächlich, insbesondere Menschen mit Behinderungen die Teilhabe vor allem im Bereich Bauen und Wohnen leichter zu machen. Die Ministerin hat den Bereich schon angesprochen. In § 51 der Landesbauordnung sind die wichtigen Regelungen neu gefasst worden. Insbesondere das Kontingent der barrierefreien Wohnungen wird verstärkt bei künftigen Neubauten implementiert.
Artikel 64 der Landesverfassung – deshalb habe ich diesen Artikel mitgebracht – zeigt uns diesen Weg auf. Im Artikel 64, Integration der Behinderten, heißt es: „Das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände schützen behinderte Menschen vor Benachteiligung und wirken auf ihre Integration und die Gleichwertigkeit ihrer Lebensbedingungen hin.“ Dieser Artikel 64 ist der Arbeitsauftrag, der wirklich für uns Parlamentarier gilt. Deswegen bin ich froh, dass wir in der Landesbauordnung einen großen Schritt in Richtung mehr gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen in einem zentralen Lebensbereich hinbekommen, nämlich dem Lebensbereich Bauen und Wohnen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Der Bereich Ökologie ist in der Landesbauordnung ebenfalls an einigen Stellen vorangetrieben worden. Auch hierzu sind wichtige Stichworte schon genannt worden. Zwei, drei Stichworte will ich noch einmal aufgreifen. Das ist einmal das Stichwort ökologische Baustoffe, das Stichwort Holz. Wir sind das waldreichste Bundesland in Deutschland mit 42 % Waldanteil. Wir wollen natürlich den Baustoff Holz weiter nach vorne
bringen. Es wurden in der Landesbauordnung neue Gebäudeklassen unter anderem vor dem Hintergrund eingeführt, um zu sagen, wir wollen nicht nur bis zu drei Stockwerken die Holzbauweise einsetzen, sondern bis zu fünf Stockwerken. Das ist eine wichtige Neuerung, die eine deutliche Unterstützung für den Baustoff Holz bedeutet.
Wir haben im Bereich der erneuerbaren Energien – den Paragrafen will ich auch hervorheben – in § 88 das Satzungsrecht der Kommunen vor dem Hintergrund erweitert, dass im Gemeindegebiet für den Baubestand vor dem Jahr 2009 nachträglich Anforderungen im Hinblick auf die erneuerbaren Energien gestellt werden können. Dies ist eine sinnvolle Erweiterung, damit die Kommunen dort tätig werden können.
Wir haben, das hat die Frau Ministerin auch schon angedeutet, bei der Stellplatzabgabe – das war insbesondere ein Anliegen der Stadt Mainz – die Möglichkeit geschaffen, dass diese Mittel in eine Verbesserung des Fahrradverkehrs und in eine Verbesserung des ÖPNV investiert werden können.
Auch das ist eine wichtige, wenn auch kleine Stellschraube, um in diesem Bereich weiter nach vorne zu kommen, und zwar nicht vor dem Hintergrund nur der Ökologie, sondern auch, um mehr Lebensqualität in den Städten zu realisieren.
Ich möchte an die Fahrradhauptstadt in Europa Kopenhagen erinnern. Dort waren wir mit dem Umweltausschuss im September. Es war beeindruckend zu sehen, dass dort das Stadtbild von Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrern dominiert wird. Dort ist man mit Kind und Kegel und dem Fahrradgepäckanhänger unterwegs.
In Kopenhagen pendelt etwa ein Drittel der Bevölkerung mit dem Fahrrad zu der Arbeitsstätte oder der Hochschule. Dort ist schon ein Stück Zukunftsmusik realisiert worden. In Kopenhagen gibt es fast 560.000 Fahrräder. Das sind mehr Fahrräder als Einwohnerinnen und Einwohner in Kopenhagen. Es gibt fast 50.000 Fahrradabstellplätze. Das sind immer noch zu wenig. Das zeigt aber die Dimension, wohin wir wollen. Das ist in Kopenhagen nicht vom Himmel gefallen, sondern das war 20 Jahre lang eine sehr bewusste Entscheidung hin zu alternativen Fortbewegungsmitteln jenseits vom Individualverkehr.
Vor dem Hintergrund begrüßen wir sowohl die soziale als auch die ökologische Komponente bei der Landesbauordnung. Ich freue mich auf die Ausschussberatung dazu. Ich glaube schon, dass wir gemeinschaftlich über alle Parteigrenzen hinweg die Landesbauordnung dann in ihrer Novellierung verabschieden werden.
chen, und zwar an den Haushalts- und Finanzausschuss – federführend –, den Rechtsausschuss und den Sozialpolitischer Ausschuss. – Weitere Vorschläge sehe ich nicht. Dann ist das so in Ordnung.
Ich bitte Sie, noch eine Sekunde bei uns zu weilen, um einen Kollegen zu verabschieden, der morgen nicht mehr da sein wird.
Zunächst begrüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne noch Mitglieder des SPD-Gemeindeverbandes Bad Marienberg. Schön, dass Sie da sind. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!