Protokoll der Sitzung vom 18.12.2014

Anfang Dezember hat eine Berechnung ergeben, dass die Haftpflichtprämie für die Hebammen ab Sommer nächsten Jahres um weitere 23 % auf dann sage und schreibe 6.274 Euro steigen wird.

Dazu sei angemerkt, dass dieser Anstieg der Haftpflicht nichts mit einem Anstieg der Schadensfälle, sondern damit zu tun hat, dass die Schadenssummen stetig steigen. Zum Glück werden Kinder mit Behinderungen heute deutlich älter als noch vor einigen Jahrzehnten. Damit lässt sich auch die gestiegene Schadenssumme an dieser Stelle erklären.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass wir über einen Sicherstellungszuschlag diskutieren. Ich bin der Landesregierung ausdrücklich dankbar für ihren monatelangen Einsatz auf der Bundesebene, in den Verhandlungen mit dem Bundesgesundheitsministerium Verbesserungen für die Hebammen zu erreichen. Es ist immer noch nicht genau geklärt, wie sich der Sicherstellungszuschlag detailliert darstellen wird, aber es ist uns ganz wichtig, in unserem Antrag zu fordern, dass es einen solchen gibt, damit die Hebammen auch in Zukunft ihren Beruf gut ausüben können, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Der Sicherstellungszuschlag betrifft vor allen Dingen die Hebammen, die relativ wenige Geburten durchführen. Wir glauben aber, dass es ein richtiges Konzept ist, dass eine Hebamme nicht nur die eigentliche Geburt betreut, sondern sich auch im Sinne einer ganzheitlichen Versorgung um die junge Mutter, um die jungen Eltern kümmert, und zwar vor der Geburt, aber auch nach der Geburt im Rahmen einer guten Vor- und Nachsorge.

Des Weiteren ist es uns wichtig – da verweise ich auf § 134 a Abs. 1 SGB V; für alle, die die Sozialgesetzbücher nicht im Wohnzimmerregal haben, erkläre ich das –, dass sich diese gestiegenen Haftpflichtbeiträge auch in der Vergütung der Geburtshilfe abbilden. Das ist ein Appell und eine Verpflichtung, der die Krankenkassen an dieser Stelle auch zügig nachzukommen haben.

Die Lösungsvorschläge, die nun auf Bundesebene auf dem Tisch liegen, müssen zügig umgesetzt werden. Was nicht sein kann, ist, dass die existenzielle Bedrohung der Versorgung durch Hebammen möglicherweise noch an Schärfe zunimmt. Wir brauchen die Hebammen

auch in Zukunft als einen wichtigen Baustein in der gesundheitlichen Versorgung auch in Rheinland-Pfalz.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD – Glocke der Präsidentin)

Als letzten Punkt möchte ich anmerken, dass es uns ein wichtiges Anliegen ist, die noch sehr rudimentäre Datenlage gerade im Bereich der tätigen Hebammen zu verbessern. Auch diese Forderung greift der Antrag auf.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Wieland.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Sicherstellung der Tätigkeit von Hebammen denken wir an Babylachen, an helfende Hände, an emotionale Bilder. Es ist ein emotionales Thema, das uns alle berührt, und ein Thema, bei dem wir uns einig sind, dass es sich um ein wichtiges Thema handelt und dass die Sicherstellung dieser Tätigkeit in Zukunft gewährleistet sein muss.

(Beifall der CDU und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass in den letzten Monaten und Jahren quer über alle Fraktionen und quer über alle Ebenen hinweg – seien es Kreistag, Landtag oder Bundestag – Unterstützungsappelle verabschiedet und veröffentlicht wurden. Auch wir in diesem Hause haben uns schon mehrfach mit dem Thema beschäftigt, sei es im Ausschuss oder auch hier im Plenum, zuletzt im Mai dieses Jahres.

Auch im Mai haben alle Fraktionen betont, dass die Arbeit der Hebammen unterstützenswert ist und dort einiges im Argen liegt. Ich möchte das gar nicht wiederholen. Frau Spiegel hat das sehr klar dargestellt. Kernpunkte sind die Haftpflichtprämien, die stark ansteigen. Eine Lösung ist gefragt. Da sind wir uns einig.

Die Diskussion war im Mai. Inzwischen haben wir Dezember. Es ist einiges geschehen. Zum einen ist rückwirkend zum 1. Juli der zwischen GKV und Hebammenverbänden vereinbarte Ausgleich für den Anstieg der Berufshaftpflicht schon in Kraft getreten. Es gibt also jetzt schon eine Zulage, die für einzelne Positionen, insbesondere für die Geburten, auch ausgezahlt wird.

Es ist vereinbart, dass das eine Übergangslösung ist und Mitte nächsten Jahres dann ein hebammenindividueller Zuschlag ausgehandelt werden muss. Die Regelungen sehen sogar eine Schiedsstelle vor, wenn es keine Einigung gibt. Die genaue Ausgestaltung wird

derzeit zwischen Hebammenverband und GKV ausgehandelt.

Schließlich ist gestern im Kabinett der Entwurf des Versorgungsstärkungsgesetzes verabschiedet worden. Darin ist genau dieser Regressverzicht der Sozialversicherungen enthalten, der diese Abrechnungsvereinbarung zukunftsfest machen soll.

Für heute haben SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Antrag vorgelegt. Vieles, was sicherlich unterstützenswert ist, was die Arbeit der Hebammen beschreibt, bietet keinen Anlass für kontroverse Diskussionen. Warum haben wir dennoch einen Alternativantrag vorgelegt, stellen ihn zur Debatte und werben für diesen Antrag? Ganz einfach, unserer Meinung nach verkennt Ihr Antrag völlig, was auf Bundesebene in den letzten Monaten, aber auch schon Jahren erarbeitet, geprüft und verabschiedet wurde.

(Beifall der CDU)

Die Ministerin hatte heute dieses schöne Bild: Wer mit dem Finger zeigt, hat immer auch drei Finger gegen sich selbst. Das gilt in diesem Fall ganz besonders.

Ich bringe einige Beispiele, die aufzeigen sollen, was in unserem Antrag verändert wurde und warum es wichtig erscheint, Ihren Antrag zu ergänzen oder klarzustellen.

Es wird gefordert, dass auf Bundesebene die Datenlage deutlich verbessert wird. Sie weisen auf das IGESGutachten, das 2012 veröffentlicht wurde, hin, verkennen aber die Bedeutung dieses Gutachtens.

Es sind 230 Seiten. Es ist eine sehr ausführliche Analyse. Es ist sehr ausführliches Datenmaterial. Das ist eine Grundlage. Auf dieser Grundlage müssen wir aufbauen. Diese Grundlage ist ein sehr genaues Bild über die Situation der Geburtshilfe bezüglich Hebammen in Deutschland.

(Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie mir eine Anmerkung. Es gibt Lücken im Datenbestand. Aber die Bundesländer können über die Anzeige- und Meldepflicht von Hebammen und Entbindungspflegern landesrechtliche Regelungen treffen, was beispielsweise Bayern schon sehr umfangreich getan. Die Datenlage zumindest in Rheinland-Pfalz könnte deutlich verbessert werden.

Der Gemeinsame Bundesausschuss soll die Richtlinie über Leistungen zur Hebammen- und Geburtshilfe unter Beteiligung der Berufsverbände der Hebammen erlassen, fordern Sie. Genau das steht schon im Gesetz. So formulieren wir es in unserem Antrag. Das ist nichts Neues. Das ist eine Gesetzesformulierung, die wir höchstens noch bekräftigen können.

Ich nenne einen dritten Punkt. Das Bundesministerium soll laut Ihrem Antrag im Rahmen der Rechtsaufsicht dafür Sorge tragen, dass die gesetzliche Verpflichtung der Krankenkasse, die Kostensteigerungen durch gestiegene Haftpflichtbeiträge abzubilden, umgesetzt wird. Ich habe anfangs schon gezeigt, dass das im ersten

Schritt schon umgesetzt ist. Der zweite Schritt folgt im nächsten Jahr.

(Beifall bei der CDU)

Erst wenn dieser zweite Schritt geregelt ist, kann er geprüft werden.

Weiter heißt es, in der Beratung des Versorgungsstärkungsgesetzes soll ein vorübergehender Regressverzicht der Sozialversicherungsträger kurzfristig und befristet umgesetzt werden können. Aber der Regressverzicht ist doch gerade Bestandteil des zu verabschiedenden Versorgungsstärkungsgesetzes.

(Beifall bei der CDU)

Schließlich sagen Sie, der Landtag soll die Bundesebene auffordern, die Möglichkeit einer Übertragung der Regelung der Unfallversicherung auf eine Berufshaftpflichtversicherung für Gesundheitsberufe zu prüfen. Nach unseren Informationen war das ein wesentlicher Punkt, der in der Interministeriellen Arbeitsgruppe geprüft wurde. Ich komme aus diesem Bereich. Ich weiß, wie kompliziert das Versicherungsgeschäft ist. Ich weiß, dass gerade die Unterschiede zwischen Unfallversicherung und Haftpflichtversicherung ganz elementare und systemische Unterschiede sind. Das kann nicht einfach vermengt und übertragen werden. Das geht bis dahin, dass es einen Unterschied zwischen öffentlicher Angebotslage und privatrechtlicher gibt. Wir sind ganz schnell im wettbewerbsrechtlichen und EU-rechtlichen Bereich.

Sie sehen an diesen Beispielen, der Sachverhalt ist enorm komplex. Es gibt noch Handlungsbedarf. Viele Schritte sind getan. Es reicht uns nicht, auf ein Lob der Landesregierung über Initiativen, die Sie gemeinsam und auch auf Initiative von anderen Landesregierungen angestoßen hat, zu verweisen und das hier zu verabschieden. Es ist ein langer Prozess. Jens Spann spricht hier von ganz vielen kleinen Rädchen, die gedreht werden müssen, bei denen immer wieder überprüft werden muss, ob das große Rad auch vorankommt. Das ist wichtig. Aber wir müssen erkennen, dass viele Schritte getan sind und insbesondere Minister Gröhe wesentliche Schritte gemacht hat. Auch darauf weisen wir hin.

Ich zitiere aus der „Süddeutschen Zeitung“ vom 6. Oktober: „Tatsächlich gibt es wahrscheinlich wenig Berufsgruppen, für die der Minister so viel getan hat.“ Deshalb bitten wir darum, Ihren Antrag zu ergänzen und in unserem Sinne unserem Alternativantrag zuzustimmen.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Frau Abgeordnete Anklam-Trapp das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frauen – da

sind wir uns in diesem Hohen Hause einig – haben ein Grundrecht auf Hebammen. Die Hebammen sind in Not. Sie verdienen seit Jahren, seit Jahrzehnten viel zu wenig. Die zu entrichtenden Haftpflichtsummen sind enorm angestiegen.

Das Fazit aus vielen Demonstrationen und Informationsabenden, die wir hatten, ist, diese angestiegenen Haftpflichtkosten kommen fast einem Berufsverbot gleich.

Ich ergänze das, was Frau Anne Spiegel gesagt hat. Im Jahr 2003 haben die Hebammen noch 435 Euro für die Haftpflichtversicherung aufgewendet. Im Juli 2014 waren es 5.091 Euro. Frau Spiegel hat die Zahl genannt. Im Juli 2015 ist mit 6.000 Euro zu rechnen.

Die zurückliegende Diskussion über die Vergütungs- und Versorgungsstruktur der Hebammenhilfe hat auf Bundesebene zu Recht den dringenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf ausgelöst, den Sie, verehrte Frau Kollegin Wieland, geschildert haben.

In diesem Jahr haben wir uns in vielen Diskussionen und Kundgebungen mit den Hebammen zusammengetan und haben für die Hebammen gesprochen. Zu nennen sind die Schwangeren in der Geburtsvorbereitung, die Unterstützung der werdenden Eltern unter der Geburt oder die Betreuung der Neugeborenen, die Nachsorge der Mütter im Wochenbett und später Rückbildungskurse. Einschließen möchte ich hierbei ausdrücklich die jungen Väter.

Der familienaufsuchende Dienst ist ein wichtiger Baustein in unserem Kindswohlgesetz, das ich hier nicht verschweigen möchte.

Dieser wirklich alte Beruf verdient alle Wertschätzung und Anerkennung, die wir ihm bieten können. In unserem Flächenland Rheinland-Pfalz ist die gute Versorgung von schwangeren Frauen besonders wichtig; denn selbst bei problemloser Schwangerschaft und bestens kalkuliertem Geburtstermin besteht dennoch eine Möglichkeit auf ein unerwartetes Ereignis. Schon jetzt haben viele Schwangere ein Problem, eine Hebamme vor Ort zu finden. Das gilt sowohl für die ambulanten Kliniken als auch für die stationären Geburten in Geburtshäusern oder Kliniken.

Wir wollen den Frauen und Müttern Mut machen, sich für Kinder zu entscheiden. Wir wollen sie gut versorgt von Hebammen und Geburtshelfern wissen, und zwar gerade in dieser sensiblen Zeit. Wir, die SPD-Fraktion, wollen auch zukünftig der Frau die freie Wahl des Geburtsortes nach SGB V sichern.