Hier in diesem Hause gab es in der letzten Legislaturperiode die Situation, dass sie das Kopftuch kurz vor dem Wahlkampf zum populistischen Wahlkampfthema gemacht haben. Heute benutzten Sie die Burka zum Fischen von Stimmen an rechten Ecken. Hier gab es eine Anhörung. Hier haben Frauen mit einem Kopftuch auf dem Kopf gesessen und haben gesagt: Wir möchten diese Diskussion zur Selbstbefreiung führen. Wir möchten nicht bevormundet werden. –
Das ist die Selbstbestimmung, die wir den Frauen wünschen und die sie scheinbar in ihren Titel hineingeschrieben haben.
(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Frau Klöckner und Frau Kohnle-Gros, CDU)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist immer leichter, die ganz großen Schubladen aufzumachen und die ganz groben Schablonen anzulegen, anstatt sich schwierigen Debatten auch in all ihrer Differenziertheit zu stellen.
Der Vorschlag, in Deutschland die Burka zu verbieten, klingt zunächst einmal nach einer klaren Linie gegen radikale Islamisierung. Aber er ist eigentlich Gefühlspolitik. Selbst die eigenen Expertinnen und Experten in der Union halten die Zahl der Burkaträgerinnen in Deutschland für verschwindend gering. Durch diesen Gesetzesvorschlag wird eine gefühlte Wahrheit zur politischen Realität erhoben. Ich glaube, das kann keine Antwort sein auf die Herausforderungen, denen wir uns in diesem Zusammenhang stellen müssen. Das ist eine Kapitulation, meine Damen und Herren.
Der CSU-Vorschlag, dass Migrantinnen und Migranten Deutsch sprechen sollten, fällt übrigens in die gleiche Kategorie. Er ist nur weniger bemerkenswert; denn die CSU macht seit jeher gern Politik mit gefühlten Wahrheiten.
Ich muss aber sagen, ein Burkaverbot finde ich falsch. Darum geht es in dieser Debatte. Es ist typisch, dass pünktlich zum Integrationsgipfel von den wahren Problemen, denen sich die Integrationspolitik in Deutschland stellen muss, abgelenkt wird. Ich glaube, wir sollten an dieser Stelle lieber darüber diskutieren, was wir in Wirklichkeit für mehr Toleranz und für eine vielfältige und inklusive Gesellschaft tun könnten, wir alle zusammen in diesem Hause, meine Damen und Herren.
Was würde ein Burkaverbot in der Realität bedeuten? Es würde bedeuten, dass die Frauen, die Burka tragen, sich nicht mehr in der Öffentlichkeit aufhalten können. Es ist reine Symbolpolitik. Wer solch einen Vorschlag macht, ist nicht daran interessiert, die Lebenssituation dieser Frauen zu verstehen oder zu verbessern, sondern er möchte Ressentiments im eigenen Klientel bedienen.
Wer tatsächlich daran interessiert ist, etwas für die Selbstbestimmung von Frauen zu tun, der sollte sich mehr einfallen lassen, als über das Verbot von Textilien nachzudenken.
Ich möchte etwas ganz klar für meine grüne Fraktion zurückweisen. Niemand in unserer grünen Fraktion hat sich hingestellt und gesagt, dass das Tragen der Burka Ausdruck eines modernen und selbstbewussten Frauenbildes ist. Das hat niemand von uns behauptet. Wer sich hier hinstellt – Frau Klöckner, das machen Sie –
und das moralische Zepter schwingt und allen, die sich nicht für ein Burkaverbot einsetzen, pauschal ihren Einsatz für die Gleichberechtigung von Mann und Frau abspricht, der ist eindeutig auf der schiefen Bahn mit der Argumentation hier an dieser Stelle.
dann kann man – das passiert mir zugegebenermaßen nicht oft – an dieser Stelle auf den CDU-Innenminister de Maizière zurückgreifen und auf die Argumente, die er auf dem CDU-Bundesparteitag angeführt hat. Er hat gesagt, dass man es sich beim Umgang mit Burkaträgerinnen nicht so einfach machen dürfe, dass man sich mit der Frage auseinandersetzen müsse, wen man damit überhaupt bestrafe, die Frau, die die Burka trage, oder den Mann oder welche Implikationen man mit einem solchen Verbot erreicht.
Auch den Verweis auf Frankreich, den Sie, Frau Klöckner eben wieder gebracht haben, ist ein sehr schräger Vergleich. Er wurde von de Maizière nicht gelten gelassen. Frankreich ist ein laizistischer Staat. In Frankreich wurde einem Bürgermeister verboten, eine Krippe in seinem Amt aufzustellen, weil dies ein christliches Symbol sei. Das gehört auch zur Wahrheit an dieser Stelle dazu, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD – Zurufe der Abg. Frau Klöckner, CDU, und Frau Brede-Hoffmann, SPD)
Ich bleibe dabei, wer sich ernsthaft für die Gleichberechtigung und die gleichen Rechte von Frauen und Männern einsetzt
das tun wir alle, hier besteht kein Dissens –, der muss etwas weiter denken, als nur über Verbote nachzudenken.
Ich darf zunächst Gäste im Landtag begrüßen. Es sind Mitglieder des Pfälzerwaldvereins aus Rülzheim und Rheinzabern. Seien Sie herzlich willkommen hier im Landtag!
Weiterhin begrüße ich Bürgerinnen und Bürger der Ortsgemeinde Hintertiefenbach. Auch Ihnen ein herzliches
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Womit stärken wir die Gleichberechtigung von Frauen in unserer Gesellschaft, auch wenn es um Unterdrückung aus angeblich religiösen Motiven geht? Meine Antwort als Frauenministerin lautet: Wir stärken sie mit denselben Mitteln, mit denen wir alle Frauen stärken, die der Unterdrückung ausgesetzt sind. Wir stärken sie durch unseren unermüdlichen Einsatz für die Gleichberechtigung aller Frauen.
Wir stärken sie durch das Werben im öffentlichen Raum für alle Belange der Frauen. Wir stärken sie durch Ermutigung und Unterstützung, sich zu beteiligen im Beruf, im Bildungssystem und in den Parlamenten. Wir stärken sie durch den Dialog mit den Frauen und durch die Unterstützung da, wo Frauen Opfer von Gewalt werden, zum Beispiel durch Frauenhäuser und durch unser RIGGProjekt.
Als Integrationsministerin sage ich, heute ist der Internationale Tag der Migrantinnen und Migranten.
Vor Kurzem hat auch die Bundeskanzlerin einen Integrationsgipfel mit dem Thema Integration und Ausbildung durchgeführt. Ich will die zentralen Fragen an dieser Stelle aufwerfen, die wir uns stellen müssen. Wie können wir Integration wirklich erreichen? Wie können wir Diskriminierung, die weiterhin besteht, bekämpfen? Das sind die zentralen Fragen und nicht die Debatte um ein Burkaverbot, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir brauchen noch mehr Dialog. Wir brauchen einen Dialog und noch mehr Dialog mit unseren 160.000 Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzern muslimischen Glaubens, die ein wertvoller Teil unserer Gesellschaft sind, ein ebenso wertvoller Teil wie Christen und Juden oder Menschen anderer Religionen. Sie sind Arbeitskollegen, sie sind Nachbarn, sie sind Freunde.
Ich will auch sagen, der Dialog ist eine gute Grundlage für eine gute Integrationsstrategie; denn übereinander reden hat noch nie geholfen, aber miteinander reden schon immer.
Diese Landesregierung hat sich schon im Koalitionsvertrag auf die Fahnen geschrieben, den Dialog mit den Muslimen in diesem Land zu stärken. Deshalb hat die Landesregierung im Jahr 2012 den Runden Tisch Islam eingerichtet, um einen institutionalisierten Dialog mit den
muslimischen Rheinland-Pfälzerinnen und RheinlandPfälzern zu schaffen. Mehr als 20 Institutionen sind am Runden Tisch Islam vertreten. Auch Organisationen, die sich nicht primär als religiöse Organisationen verstehen, in denen sich aber auch Muslime engagieren, nehmen teil. Dazu gehört zum Beispiel das Kompetenzzentrum muslimischer Frauen. Der Dialog ist für mich der richtige Weg. Deshalb ist es falsch, ein Burkaverbot zu fordern. Ich will an dieser Stelle auch deutlich sagen, dass auch ich persönlich die Vollverschleierung von Frauen ablehne, sowohl persönlich als auch als Frauenministerin.