Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Deutschland sind so viele Menschen eingewandert oder wir haben eine Zuwanderung wie in den vergangenen 20 Jahren nicht mehr. Deutschland ist das zweitbeliebteste Land, in das man einwandern möchte. Das ist gut so. Das ist ein gutes Gefühl. Wir könnten froh sein darüber, dass Menschen zu uns gehören wollen. Deutschland wird in Zukunft noch Zuwanderung brauchen.
Wo stehen wir heute? Anfangs gab es die Gastarbeiter. Keiner hat gedacht, dass sie bleiben, deshalb hießen sie Gastarbeiter. Es gab in den 1970er-Jahren unter der Regierung Brandt einen Anwerbestopp. Auch die folgenden Regierungen, nicht nur Brandt, sondern Schmidt und Kohl haben damals auch noch nicht den Blick auf die Familienzusammenführung gehabt. Unter der Regierung Schröder gab es das Gesetz – ich zitiere – „Zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung“. Das war ein recht defensives Gesetz.
Das erste offensive, sehr schlanke und mit neuen Regelungen gespickte Gesetz gab es erstmals als Zuwanderungsgesetz unter einer CDU-geführten Regierung, angeführt von der Arbeitsministerin Frau von der Leyen. Ich kann Ihnen einige Gesetzgebungen nennen, die heute noch Gültigkeit haben und nach OECD-Beurteilung eines der modernsten Zuwanderungsgesetze dieser Welt sind.
Zum einen haben wir die Blue Card, 16.000 Fälle, zum anderen haben wir das Mindesteinkommen verringert, das Bedingung ist, um bei uns auf dem Arbeitsmarkt, wenn man einen Arbeitsplatz nachweisen kann, einzusteigen.
Ich selbst war Mitglied der sogenannten Hochrangigen Konsensgruppe Zuwanderung und Facharbeiter mit Frau Däubler-Gmelin und Herrn Vassiliadis.
Wir haben damals Vorschläge entwickelt. Bei der Entwicklung der Vorschläge ist eines deutlich geworden, dass es nämlich die Gewerkschaften waren, die eher zurückhaltend waren, mit ihnen übrigens – das wissen Sie – damals der Bundesarbeitsminister Müntefering. Sie waren aus einem Grund zurückhaltend, der nachvollziehbar war. Solange es Arbeitslose auf unserem Arbeitsmarkt gibt, wollen wir erst schauen, dass sie in Arbeit kommen. Das eine schließt aber das andere nicht aus.
Es wurde weiterhin eingeführt, dass Studenten, wenn sie ihren Abschluss haben, 18 Monate Zeit haben, sich hier einen Arbeitsplatz zu suchen, damit sie bleiben können. Wir haben noch ein Weiteres, nämlich die Berufsabschlussanerkennung.
Herr Schweitzer, ich muss sagen, Sinn für Humor haben Sie, indem Sie sagen, dass die Bundesregierung nicht gehandelt hat. Rheinland-Pfalz war eines der letzten Länder, das diese Möglichkeit der Berufsanerkennung umgesetzt hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen nicht nur Arbeitskräfte, sondern es sollen Bürger in unser Land kommen. Dann wird es spannend. Da habe ich von Herrn Köbler noch weniger gehört als von Herrn Schweitzer. Herr Köbler sprach einmal von Zuwanderung, ein anderes Mal von Einwanderung und Einwanderungsgesetz. Aber der Begriff Einwanderungsgesetz ersetzt nicht die Konzepte. Frau Ministerin Lemke hat neulich ganz groß gesagt, sie will ein Punktesystem. Welches Punktesystem hätten Sie denn gerne? Wollen Sie das Einwanderungsgesetz, so wie es Frau Petry von der AfD zum Beispiel fordert?
Deshalb sagen wir, zum einen werden Arbeiter nicht automatisch zu uns kommen. Wir wollen, dass es regionalisierte Zuwanderungssteuerung geben kann. Das sage ich viel konkreter, als Sie es sagen. Die Grünen wollen eine Zuwanderung von jedem. Sie wollen eine Öffnung für alle. Das kann man so machen. Die SPD sagt eben, sie will eine gesteuerte Einwanderung. Frau Lemke sagt in einem Interview beides. Einmal sagt sie am 23. Januar, wir brauchen eine gezielte Zuwanderung.
Dann sagt sie aber auch wieder, eigentlich müssen wir die Vorrangprüfung abschaffen. Es soll nicht bestimmte Berufsgruppen geben. Entweder soll es eine gezielte oder eine nicht gezielte Zuwanderung geben. Was will die Union?
Wir wollen die bestehenden Gesetze, die es gibt, so übersetzen – das brauchen wir übrigens auch im Vollzug in den Konsulaten im Ausland –, dass auch eine Willkommenskultur klar wird. Wenn wir nicht um die aktiv werben, die die höchsten Integrationschancen in unserem Land haben, werden wir die bekommen, die sonst nirgends untergekommen sind. Deshalb sagen wir, natürlich haben wir Ansprüche an den Arbeitsmarkt. Aber mit der Gießkanne wird es nicht funktionieren. Mainz, München und Berlin werden weniger Probleme haben, qualifizierte Leute oder auch Fachkräfte, die nicht studiert haben, zu sich zu bekommen, aber der ländliche Raum wird das Problem haben.
Wir sagen, bei einem Einwanderungsgesetz oder einer Modifizierung der bestehenden Gesetzeslage wollen wir eine regionalisierte Steuerungsmöglichkeit, um passgenau mit dem Arbeitsmarkt abgestimmt dann auch die offenen Stellen besetzen zu können. Das ist um einiges konkreter, als das diejenigen gesagt haben, die diese Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung gesetzt haben.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die klassischen Einwanderungsländer USA, Australien und Kanada regeln ihre Einwanderung per Gesetz. Auch Deutschland ist mittlerweile ein Einwanderungsland. Nach aktuellen Zahlen ist die Bundesrepublik Deutschland – das hat Frau Klöckner auch gesagt – inzwischen das zweitbeliebteste Einwanderungsland nach den USA. Das heißt, wir brauchen dringend eine moderne, offene und transparente gesetzliche Grundlage für die Einwanderung.
Das ist zum einen notwendig, um künftig unseren Bedarf an Fachkräften zu decken; denn wie bekannt ist, suchen viele Unternehmen schon jetzt nach qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ein Einwanderungsgesetz könnte in einem geordneten Verfahren zielgerichtet Fachkräfte gewinnen. Es geht aber bei einem solchen Gesetz auch darum, ein Zeichen für eine offene Gesellschaft zu setzen, ein Zeichen der Willkommenskultur in Deutschland. Wir müssen potenziellen Einwanderern
Es könnte zuallererst einmal unser System offener machen. Das derzeitige Aufenthaltsrecht trennt zwischen Asylsuchenden, zwischen Menschen, die als Arbeitskräfte nach Deutschland kommen, zwischen Menschen im Familiennachzug und zwischen weiteren Personengruppen. Das macht das System undurchlässig.
Zwischen humanitärer Einwanderung und Einwanderung aus ökonomischen Gesichtspunkten entstehen so Hürden. Diese Hürden erschweren es Flüchtlingen mit guten Qualifikationen derzeit noch, sich schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Unser Einwanderungsrecht muss deshalb durchlässiger und transparenter werden.
Das heißt auch, dass nach der Einreise ein Wechsel des Aufenthaltstitels möglich sein muss; denn mit einem solchen Wechsel des Aufenthaltstitels, der dann zum Beispiel den Zugang zum Arbeitsmarkt erweitert, können wir auch die Potenziale von denen besser nutzen, die bereits bei uns sind, aber einen Aufenthaltstitel haben, der den Zugang zum Arbeitsmarkt einschränkt. Das heißt auch, dass wir nicht nur Zuwanderungswege für hochqualifizierte, sondern auch für mittel- und basisqualifizierte Menschen brauchen.
Hier sehen wir uns im Schulterschluss mit Kammern und Wirtschaftsverbänden, die bereits seit Längerem einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt für qualifizierte Zugewanderte fordern. Wir brauchen ein offenes System statt bürokratische Schranken.
Meine Damen und Herren, wir brauchen auch klar formulierte Rechte für Einwanderinnen und Einwanderer. Wir brauchen einen Rechtsanspruch auf Beratung. Wir brauchen einen garantierten Zugang zu Sprachkursen; denn ohne Sprache ist kein Zugang zu Arbeit möglich.
Sie müssen dabei bedenken, wir haben gegenüber englischsprachigen Ländern Nachteile im weltweiten Wettbewerb um die Einwanderung. Englisch können viele ausländische Fachkräfte durch den Schulbesuch in ihrem Heimatland oder weil es vielleicht sogar ihre Muttersprache ist. Daher fällt ihnen die Einwanderung in die klassischen englischsprachigen Einwanderungsländer leichter. Deutsch müssen viele erst lernen. Seien wir einmal ganz ehrlich, Deutsch ist im Vergleich zu Englisch viel schwerer zu lernen. Daher sollten wir hier mit garantierten Sprachkursen unterstützen. Das wären Vorzüge, mit denen wir im internationalen Wettbewerb punkten können.
Der Bund ist jetzt zu schnellem Handeln aufgefordert, wenn wir im weltweiten Rennen nicht den Anschluss verlieren wollen. Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz. Wir werden deshalb im März eine rot-grüne Bun
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frau Klöckner, CDU: Da bin ich gespannt, welches Punktesystem kommt!)
Das Wort hat der Kollege Dr. Schmidt von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ihm steht noch eine Redezeit von 2 Minuten zur Verfügung.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich stimme unserer Ministerin Irene Alt zu, die deutsche Sprache ist viel schwieriger als Englisch, auf jeden Fall aber viel leichter als die katalonische Sprache.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Welt ist in Bewegung. Martin Buber, der jüdische Philosoph, sagt, dass Leben heißt, unterwegs zu sein. Da sind viele Menschen in dieser Welt unterwegs. Sie suchen nach Perspektiven.
Der Kontinent Europa bietet diese Perspektiven. Europa mit säkularen Grundrechten, mit Fortschritt und Wohlstand ist für viele Menschen in dieser Welt auch als Heimat ein Modell. Von daher planen sie in die Zukunft. Die Zukunft braucht nachhaltige Konzepte. Mein Kollege Köbler hat vorhin die wichtigsten Aspekte in die Runde geworfen.
Frau Klöckner, Sie haben vorhin gefragt: Was wollen die GRÜNEN? Die GRÜNEN wollen alles. – Was wir wollen, ist ein nachhaltiges Konzept, das neben der Gerechtigkeit auch friedensstiftend wirkt und wirken muss. Wir dürfen nicht die Fehler der vergangenen Jahrhunderte noch einmal wiederholen, durch eine falsche Wirtschaftspolitik viele Menschen heimatlos zu machen, dass sie auf dem Weg in andere Kontinente dabei sind, ihre Familie und ihr Dasein zu verlieren. Genau das ist Markenzeichen für uns GRÜNE, dass wir nachhaltige Konzepte in der Politik wollen und nicht als Getriebene durch diese politischen Landschaften tagtäglich irren wollen.
Nachhaltigkeit heißt aber auch Ökonomie. Wenn wir die Politikfelder miteinander vernetzen und so umsetzen, sind wir am Ende natürlich auch ökonomisch erfolgreicher. Einwanderung bedeutet gleichfalls auch Abwanderung. Von daher müssen wir – wie ich vorhin sagte – dafür sorgen, dass diejenigen Länder, die diese Leute mit knappen Geldern und Mitteln ausgebildet haben, nicht auch ihre personellen Ressourcen verlieren.