Herr Präsident, meine Damen und Herren! Deutschland ist ein Einwanderungsland. Rheinland-Pfalz ist ein Einwanderungsland. Wir leben in einer bunten und vielfältigen Gesellschaft. Die vielen Menschen, die bei uns sind, hier leben und hier arbeiten und sich einbringen, völlig unabhängig von ihrer kulturellen, nationalen oder ethnischen Herkunft, bereichern unser Land und geben unserer Gesellschaft viele Chancen. Ich glaube, es ist an der Zeit, diese Chancen noch besser zu nutzen.
Ich glaube, es ist auch genau die richtige Antwort auf Pegida und andere Irrläufer der ewig Gestrigen am rechten Rand zu sagen, wir setzen auf diese Vielfalt, wir setzen auf diese Menschen. Deswegen brauchen wir diese Weltoffenheit. Deswegen brauchen wir eine Willkommenskultur. Aber wir brauchen auch ein bundesweites Einwanderungsgesetz, mit dem wir klarmachen, dass die Menschen bei uns in der Gesellschaft und bei uns auf dem Arbeitsmarkt willkommen sind und wir uns für diese Menschen öffnen, die zu uns kommen, um unsere Gesellschaft, aber auch unsere Wirtschaft positiv mitzugestalten.
Es ist eine gesellschaftspolitische Notwendigkeit, klare Signale der Weltoffenheit zu senden. Es ist aber eben auch eine ökonomische Herausforderung. Wir hören doch alle aus der Wirtschaft, dass in einigen Branchen der Fachkräftemangel schon akut ist oder droht. Deswegen ist es nicht nur eine integrationspolitische Frage, sondern auch eine wirtschaftspolitische Herausforderung, dass wir sagen, wir brauchen einen entsprechenden Rechtsrahmen, der sagt, wenn diese Menschen zu uns kommen, ob es durch den globalen Arbeitsmarkt ist, durch internationale Bildungswege oder aber auch, ob sie als Flüchtlinge zu uns kommen und entsprechende Qualifikationen mitbringen, es ist ein Schritt nach vorne für unsere Gesellschaft, aber eben auch eine Perspektive für unsere Wirtschaft, wenn für diese Menschen sozusagen ein unbürokratisches Aufenthaltsrecht geschaffen wird.
Ich glaube, es ist deswegen an der Zeit, die Chance zu nutzen und ein Einbürgerungsgesetz für Deutschland nach vorne zu bringen.
Natürlich darf es dabei nicht nur um Braindrain oder darum gehen, wir holen sozusagen die Menschen nach dem, was sie unter ökonomischen Gesichtspunkten für uns bringen. Das kann es nicht sein. Es muss auch beispielsweise darum gehen, dass wir den Familiennachzug organisieren. Es muss auch gesehen werden, dass wir es beispielsweise für Menschen, die gegenwärtig über das Asylrecht bei uns sind, über ein unbürokratisches Einwanderungsgesetz schaffen können, dass diese Menschen schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden können, und die Menschen, die sonst bei uns im Verfahren sind, auch zu einem besseren, unbürokratischeren und schnelleren Verfahren kommen.
Ich glaube, es ist in der aktuellen Debatte eine historische Chance. Wir haben auf Bundesebene sehr viele Stimmen, die sich für ein Einwanderungsgesetz aussprechen. Es darf jetzt einfach nicht am parteipolitischen Klein-Klein innerhalb der Bundesregierung scheitern, dass wir diese Chance verstreichen lassen.
Ich glaube, es ist deswegen richtig, dass wir aus den Ländern, auch aus Rheinland-Pfalz heraus entsprechend vorangehen und sagen, dass wir eine Initiative und einen Schritt nach vorne brauchen und wir uns nicht im innerparteilichen Streit der CDU/CSU verheddern wollen, wo doch große Teile der Union, viele Teile in der Wirtschaft, die Sozialdemokraten und natürlich wir als GRÜNE sagen, wir brauchen dieses Einwanderungsgesetz. Wir haben eine gesellschaftliche Mehrheit dafür. Wir haben eine politische Mehrheit dafür. Ich finde, wir sollten sie jetzt auch gemeinsam nutzen.
Frau Klöckner, ich habe vernommen, dass Sie die Diskussion um ein Einwanderungsgesetz begrüßen. Das ist ein guter Schritt. Ich bitte Sie aber auch, auf Bundesebene mit dafür zu sorgen, dass sich Frau Merkel und andere durchsetzen, dass wir eine solche Initiative bekommen. Wir aus Rheinland-Pfalz werden vorangehen. Wir werden nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner der Bundesregierung warten, sondern wir werden auch schauen, dass wir im Konzert mit anderen Ländern – auch, wenn nötig, über den Bundesrat – den entsprechenden Druck machen. Unsere Gesellschaft ist so weit.
Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz, weil es unsere Wirtschaft fordert, weil es den Wirtschaftsstandort Deutschland zukunftsfähig macht und weil es die richtige gesellschafts- und integrationspolitische Antwort auf diejenigen, die ewig Gestrigen, ist, die montags abends in Dresden marschieren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sehe, es wird sozusagen über die Ränge über die jeweiligen Paragrafen eines Einwanderungsgesetzes gestritten. Das ist ermutigend. Dann werden wir wahrscheinlich heute schon im Laufe der Debatte mehr Einigkeit erzielen, als ich vermutet habe, als ich in den letzten Tagen die Zeitung gelesen habe.
Ich will auf ein bis zwei Zahlen hinweisen, die wir alle zur Kenntnis genommen haben, als in diesen Tagen, sehr geehrte Frau Alt, der Migrationsbericht der Bundesregierung übergeben wurde. Es wurde deutlich, dass niemals mehr Menschen in den letzten 20 Jahren nach Deutschland eingereist sind als im Berichtszeitraum 2013. Das sind 1,23 Millionen Menschen.
Das ist für manchen vielleicht weniger erfreulich. Ich finde, es ist eine erfreuliche Botschaft, weil es Menschen sind, die unabhängig von ihrem rechtlichen Status sich ganz bewusst Deutschland als Standort für ihr Leben, ihre Familie, Ausbildung, Studium und Beruf ausgesucht haben.
Demgegenüber steht eine Zahl, die leider nicht so prominent in den Veröffentlichungen wahrgenommen wurde. 800.000 Menschen haben in demselben Zeitraum Deutschland verlassen. Das sind viele, die nicht wie mancher Mallorca-Rentner sich in den späten Tagen ihres Lebens irgendwo einen Rückzugsraum suchen, sondern es sind Menschen, die womöglich woanders als in Deutschland in der Mitte ihres Lebens eine berufliche Perspektive suchen und gefunden haben, sonst würden sie uns nicht verlassen.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, da wird die Herausforderung deutlich. Wir sprechen bei der Einwanderungsgesetzgebung von wirklich harten Fakten der Sozial-, Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik. So möchte ich diese Debatte verstanden wissen.
Viele Rückmeldungen von Unternehmerverbänden und Betrieben aus Rheinland-Pfalz und Deutschland lauten so: Jetzt wird es so langsam eng, was die Fachkräfte angeht. Jetzt wird es ein bisschen schwierig, was die Auszubildenden angeht. In manchen Branchen wird es sogar richtig schwierig. Denken wir an die Pfleger und Gesundheitsfachberufe. Denken wir an die MINT-Berufe. Sie sagen, es ist gut, dass wir jedem eine Chance geben. Es ist gut, dass wir Ausbildungsangebote nach oben fassen. Aber es wird am Ende nicht genügen. Wir brauchen Zuwanderung. Wir brauchen gesteuerte Zuwanderung, auch Zuwanderung in den Arbeitsmarkt.
Viele fragen uns in der Politik: Womit haltet ihr euch noch auf, mit den alten ideologischen Debatten der 1980er und 1990er Jahre, ob wir ein Einwanderungsland sind oder nicht. – Die sagen, ja, wir sind eines. Helft uns endlich, dass wir davon profitieren! Genau darum muss es gehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wenn wir über Arbeitsmärkte reden, dann reden wir über den Wettbewerb der Arbeitsmärkte. Wir reden über Wettbewerbe in den Regionen über die Grenzen hinweg. Wir sind in Rheinland-Pfalz ganz besonders davon betroffen, im Guten und bei den herausfordernden Fragen. Die Unternehmen sagen, wir brauchen eine gesteuerte Zuwanderung mit Blick auf die Qualifikation, die passgenau in die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes passen muss.
Meine Damen und Herren, Sie sagen auch, es gibt einen gesetzlichen Rahmen. Das ist richtig. Sie schildern uns in vielen Gesprächen – wir sind in vielen Gesprächen mit Unternehmen und Unternehmerverbänden –, dass eine der zentralen gesetzlichen Grundlagen der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt ein Gesetz ist, das wie folgt heißt: Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern.
Dieses Gesetz ist – das merkt man schon am Titel – geatmete Willkommenskultur. Es ist irre komplex. Es ist wirklich nicht besonders niedrigschwellig. Darum sagen sie uns unter anderem auch bei der Zusammenkunft des Ovalen Tisches, auch des erweiterten Ovalen Tisches – ich weiß, dass da auch Kollegen aus der CDU-Fraktion mit am Tisch saßen –, diese gesetzliche Grundlage und alles andere, was sozusagen noch Grundlage der Einwanderung in den Arbeitsmarkt ist, auch die neueste Episode, die wir mit dem Anerkennungsgesetz erlebt haben, ist nicht der strategische Schlüssel, den wir brauchen, um Fachkräfte nach Deutschland zu bringen. Andere sind uns mit der Nase voraus.
Wenn wir all das sehen und die Rückmeldungen aus Unternehmen, Gewerkschaften, Kirchen und den politischen Parteien – von der Mitte des Spektrums bis zur Linkspartei – bekommen, dann frage ich mich, wo die Union bleibt. Wo seid ihr, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der CSU, in dieser zentralen Frage, die gesellschaftspolitisch die Menschen beschäftigt? Wo ist die Antwort der Union? Ich höre sie nicht, vielleicht kommt sie im Anschluss. Es hat sich jemand zu Wort gemeldet.
Ich will aufnehmen, dass sich schon jemand zu Wort gemeldet hat. Frau Klöckner, Sie haben sich, nachdem Herr Tauber, Ihr Generalsekretär, gesagt hat, ein Einwanderungsgesetz wäre eine gute Idee, mit der Aussage zu Wort gemeldet, es ist richtig, dass Peter Tauber diese Debatte angestoßen hat.
Aber wo ist Ihre Meinung? Diese Aussage hat so viel Kraft wie: Schön, dass er die Debatte angestoßen hat, er hat auch eine schöne Krawatte angehabt, als er sie angestoßen hat. Aber meine Meinung verrate ich nicht.
Wir wollen Ihre Meinung hören, weil wir auch die Unterstützung der Union in der Koalition auf Bundesebene brauchen, um diesen wichtigen Gesetzgebungsschritt endlich auf den Weg zu bringen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Deutschland sind so viele Menschen eingewandert oder wir haben eine Zuwanderung wie in den vergangenen 20 Jahren nicht mehr. Deutschland ist das zweitbeliebteste Land, in das man einwandern möchte. Das ist gut so. Das ist ein gutes Gefühl. Wir könnten froh sein darüber, dass Menschen zu uns gehören wollen. Deutschland wird in Zukunft noch Zuwanderung brauchen.