Wissen Sie, wenn wir über das Thema reden, was die Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung genau ist? – Sie ist auch bekannt als Verordnung zu den Dokumentationspflichten nach den §§ 16 und 17 Mindestlohngesetz in Bezug auf bestimmte Arbeitnehmergruppen. Ich versuche, es zu erklären. Es geht um sogenannte Minijobber, und es geht um diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nach § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes definiert sind: in Gaststätten, im Beherbergungsgewerbe, im Baugewerbe, in der Gebäudereinigung, Zeitarbeitnehmer und viele andere mehr.
Nach § 17 Mindestlohngesetz sollen jetzt bei diesen Personengruppen Beginn, Ende und Dauer der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet werden. Die Aufzeichnungen müssen spätestens bis zum Ablauf des siebten Tages nach dem Tag der Arbeitsleistung erstellt sein, und die Aufzeichnungen müssen ab dem Zeitpunkt der Erstellung mindestens zwei Jahre lang vom Arbeitgeber bzw. Entleiher aufbewahrt werden.
Der Arbeitgeber hat weiterhin gemäß § 17 Mindestlohngesetz die für eine Kontrolle erforderlichen Unterlagen bereitzuhalten. Dazu gehören alle Unterlagen, die die Behörde in die Lage versetzen, die Bezahlung des Min
destlohns zu kontrollieren, also schriftlich niederzulegende Arbeitsbedingungen, Beachtung des Nachweisgesetzes, Arbeitszeitnachweise, Lohnlisten, Urlaubspläne, Nachweise hinsichtlich Zeiten ohne Entgeltanspruch, beispielsweise im Fall von Langzeiterkrankungen. Die Bereithaltungspflicht umfasst zeitlich eigentlich die gesamte Dauer der Beschäftigung, netterweise aber längstens zwei Jahre. Deshalb ist schon während des Gesetzgebungsverfahrens vor bürokratischen Belastungen gewarnt worden, was man nach diesen Ausführungen fast überhaupt nicht verstehen kann.
Dabei wurden insbesondere die umfassenden Dokumentationspflichten nach dem Mindestlohngesetz kritisiert, was den Beginn, das Ende und auch die Dauer der täglichen Arbeitszeit betrifft. Bei dem weit überwiegenden Teil der Unternehmen in Deutschland – das wissen wir alle – handelt es sich um kleine und mittelständische Unternehmen. Diese Unternehmen sind keine Arbeitgeber mit großen Buchhaltungen und vielen Beschäftigten in der Dokumentation. Sie sind aber das Rückgrat der Volkswirtschaft und müssen aufgrund der Regelung zum Mindestlohn jetzt einen erheblichen Mehraufwand leisten, der, wie ich sagte, insbesondere bei der Lohnbuchhaltung zum Tragen kommt. Deshalb bedürfen die Ausführungsbestimmungen dringend einer Nachbesserung, um die Unternehmerinnen und Unternehmer zu entlasten.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen, das das Paradoxe noch etwas mehr aufzeigt. Heute war in der „F.A.Z.“ zu lesen, dass die Tariflöhne im Bäckerhandwerk klar über dem Mindestlohn liegen. Bäckergesellen verdienen also nach fünf Jahren 13,68 Euro brutto, Fachverkäuferinnen 11,37 Euro. Allerdings gilt auch für diese Personen die Dokumentationspflicht. Dazu der Geschäftsführer des Bäckerinnungsverbandes Hessen, Herr Körber: „Sie müssen also notieren, wann die Minijobber zur Arbeit kommen, wann sie Pause machen und die wieder beenden und zu welchem Zeitpunkt sie die Filiale verlassen.“ Das sagt Herr Körber. Wir wissen aus vielen Gesprächen, dass das ein großes Problem ist. Meine Damen und Herren, deshalb muss die Frage gestellt werden dürfen: Was hat das eigentlich noch mit dem Mindestlohn zu tun?
Es geht noch weiter. Nehmen wir das Ehrenamt: Inwieweit greift der Mindestlohn beim Ehrenamt? – Da kommt eine Definition. Nach § 22 Mindestlohngesetz ist das Ehrenamt vom Mindestlohn befreit; denn für eine ehrenamtliche Tätigkeit bekommt man eine Aufwandsentschädigung. Hinzu kommt, dass das Ehrenamt ein freiwilliges öffentliches Amt ist. Eine „ehrenamtliche Tätigkeit“ liegt immer dann vor, so das Gesetz, „wenn sie nicht von der Erwartung einer adäquaten finanziellen Gegenleistung, sondern von dem Willen geprägt ist, sich für das Gemeinwohl einzusetzen“.
Wenn ich das lese, meine ich – da wird mir jeder in diesem Raum recht geben –, wir reden nicht mehr darüber, dass der Gesetzgeber entscheidet, wer ehrenamtlich tätig ist, sondern die Gerichte werden das entschei
Im Klartext heißt das – gerade im ehrenamtlichen Bereich, der sich sehr oft zum Teil aus pekuniären Vergütungen und zum Teil aus der ehrenamtlichen Seite zusammensetzt –, dass wir vor allem in der Altenpflege, im Gesundheitswesen, im Sport, in den Musikgruppen, bei der Erziehung und im sozialen Bereich insgesamt erhebliche Probleme damit bekommen, angesichts des Nachweises und der Dokumentationspflicht überhaupt noch Menschen zu finden, die sich bereit erklären, eine solche Tätigkeit zu verrichten.
Ich behaupte – sonst würde auch die SPD keinen Dialog in der nächsten Woche angesetzt haben, so, wie wir das schon sehr frühzeitig angekündigt haben –, es muss nachgebessert werden. Es muss darüber nachgedacht werden, ob eine Senkung von 2.958 Euro brutto auf beispielsweise 1.900 Euro erfolgen kann, eine Bezahlung, die eher dem Umfang an Tätigkeit entspricht, den ein Arbeitnehmer im Monat unter Zahlung des Mindestlohns erreichen kann. Alles, was über 1.900 Euro hinaus verdient wird, muss eben nicht mehr so ausführlich dokumentiert werden.
Außerdem ist selbstverständlich die Frage zu stellen: Ist es bei schriftlichen Arbeitsverträgen, in denen die Anzahl der Stunden zum Vorschein kommt – das ist sehr oft der Fall –, sodass man schon durch den Arbeitsvertrag über das Nachweisgesetz feststellen kann, wie viel zu leisten ist und was dadurch zu verdienen ist, überhaupt notwendig, eine solche Dokumentation durchzuführen?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte auch nicht verhehlen, dass wir allein aufgrund der Tatsache, dass man der Meinung ist, über 1.600 Kontrolleure zusätzlich einstellen zu müssen, davon ausgehen können, dass sich nichts verändert, außer dass der Bürokratieaufwand weiter steigt. Ich will Ihnen an dieser Stelle auch sagen dürfen: Aus meiner eigenen beruflichen Erfahrung weiß ich, dass auch Arbeitsgerichte dafür da sind, Arbeitnehmerschutzinteressen wahrzunehmen. Die Arbeitnehmer dürfen und können dies aber auch zu den Bedingungen einfordern, die gesetzlich geregelt sind. Dafür bedarf es aber nicht einer Einstellung von 1.600 Kontrolleuren, was aus meiner Sicht und auch Sicht vieler Unternehmerinnen und Unternehmer den Eindruck vermittelt, man würde diesen nicht glauben. Im Gegenteil, man ginge davon aus, dass Unternehmer grundsätzlich gegen Recht und Gesetz verstoßen.
Ich komme zum Schluss. Wir haben deshalb in unserem Antrag drei Forderungen aufgestellt, einmal eine Evaluation des Mindestlohngesetzes durchzuführen, den Verwaltungsaufwand zu begrenzen und – auch das meine ich, in diesem Haus feststellen zu können, niemand möchte, dass Löhne nicht auskömmlich sind – die
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist der 29. Januar. Morgen, spätestens Anfang nächster Woche werden Millionen Menschen im Land zum ersten Mal mehr Lohn auf Basis des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde ausgezahlt bekommen und damit deutlich mehr Geld auf dem Konto haben.
Das ist eine große Errungenschaft für dieses Land. Das ist ein großer Beitrag für mehr Fairness auf dem Arbeitsmarkt. Den lassen wir uns nicht kaputtreden, auch nicht von Ihnen, Herr Baldauf.
Der Mindestlohn nutzt den Menschen, die bisher zu Dumpinglöhnen arbeiten mussten. Er nutzt aber auch den Sozialversicherungssystemen, und er nutzt den öffentlichen Haushalten, erstens, weil wir mit mehr Steuereinnahmen rechnen können, zum Beispiel auch durch die steigende Kaufkraft, und zweitens, weil wir weniger aufstockende Leistungen zahlen müssen.
Wir haben in den letzten Jahren heftig über den Mindestlohn diskutiert. Ich dachte eigentlich, dass wir das Thema jetzt zunächst einmal ad acta legen können. Die CDU war immer dagegen. Jetzt gibt es den Mindestlohn. Nun, drei Wochen nach Inkrafttreten des gesetzlichen Mindestlohns, stellen Sie hier den Antrag, die Bürokratie zu vereinfachen.
Sie haben zum Schluss jetzt noch einmal gesagt, niemand möchte, dass Menschen keine auskömmlichen Löhne bekommen.
Mein lieber Herr Baldauf, immer dann, wenn Ihnen die Argumente ausgehen, beschwören Sie das bürokratische Monster, das gleich um die Ecke gebogen kommt. Das war beim Landestariftreuegesetz so. Das ist jetzt beim Mindestlohn auch wieder so.
Beim Landestariftreuegesetz ist das Monster nicht aufgetaucht. Wir haben keine flächendeckenden Beschwerden. Ich bin aber überzeugt, dass auch beim Mindestlohn nach einer Umstellungsphase, die zunächst natürlich berücksichtigt werden muss, auch hier die Beschwerden über den bürokratischen Aufwand deutlich abebben werden. Sie wissen genauso gut wie ich, dass es viel Unterstützung aus dem Bundesarbeitsministerium gibt, dass es eine Hotline gibt, dass die häufig gestellten Fragen beantwortet werden.
Ich bin Ihnen eigentlich ganz dankbar, dass Sie eben noch einmal die entsprechenden Passagen aus dem Gesetz bzw. aus der Verordnung vorgelesen haben. Sie kritisieren die Dokumentationspflicht, aber Sie zeigen nicht auf – – –
Ja, das tut er. Er sagt aber auch ganz klar, dass niemand die Kontrollen so weit herunterfahren wird, dass das Gesetz nicht mehr zur Anwendung kommen wird.
Sie kritisieren die Dokumentationspflicht, ja. Aber Sie sagen nicht, wie die Einhaltung des Gesetzes denn sonst überprüft werden kann, gerade bei den Minijobs. Hier geht es eben nicht nur darum,
bei den Minijobbern sicherzustellen, dass die 8,50 Euro Stundenlohn gezahlt werden und die Arbeitszeit eingehalten wird, sondern hier geht es auch darum zu dokumentieren, dass Urlaub genehmigt worden ist, Urlaub genommen werden konnte und auch die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall stattgefunden hat. Das – dies haben wir hier auch schon festgestellt – wurde bisher häufig nicht gewährt.
Ich verstehe im Übrigen diesen ganzen Wirbel um die Dokumentationspflicht bei den Minijobbern nicht wirklich. Ich nenne Ihnen ein ganz praktisches Beispiel. Wir haben für unsere Reinigungskraft in unserem Bürgerbüro einen Zettel an die Tür gehängt, wo sie sich einträgt, wenn sie kommt, und wo sie sich einträgt, wenn sie geht. Was ist denn daran bitte schwierig? Was ist daran bürokratisch? Mein Eindruck ist, dass das, was Sie hier machen, ein eher schlecht verschleierter Versuch ist, das von Ihnen so ungeliebte Gesetz auszuhebeln.
Sie machen sich damit zum Gehilfen für diejenigen, die seit Monaten nichts anderes tun, als nach Möglichkeiten zu suchen, wie sie den Mindestlohn unterlaufen können.
Wenn man Berichte darüber sieht, welche Erfahrungen der DGB in seiner Hotline sammelt, dann ist es schon traurig, was man dort liest. Hier haben die Arbeitnehmer wirklich weniger Lobby bei Ihnen als die Arbeitgeber. Uns sind zunächst einmal immer noch die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Stelle wichtig.
Sie schaden den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aber auch den seriösen Arbeitgebern. Dort, wo derzeit noch Unklarheiten bestehen, wie zum Beispiel im Ehrenamt, muss für Klarheit gesorgt werden. Da gibt es auch Gespräche zwischen dem Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales.