Hier werden Menschen nicht mehr als solche wahrgenommen, sondern nur als Mittel zum Zweck, als Nummer, als Sache, als notwendiges Übel. Das ist keines Menschen würdig. – Zitat Ende.
So ist Politik manchmal. Der Versuch, als Landrat eine Doppelstrategie zu fahren, als stellvertretender CDULandesvorsitzender sozusagen die Landesregierung anzustupsen und zu sagen, macht mehr, und vor Ort dann seinen Teil dazu beizutragen, dass die Hürden höher werden, als man eigentlich überspringen kann, ist deutlich geworden, ist öffentlich geworden.
(Frau Klöckner, CDU: Wie war das bei den Millionen bei den Ministern? – Zuruf des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, der Versuch ist nicht strafbar, aber man darf ihn ansprechen. Ich glaube, wir können alle gemeinsam bewerten, wohin die Reise gehen sollte.
Es ist gut, dass wir am Ende – da bin ich mir sehr sicher – ein vernünftiges Ergebnis bekommen werden. Diese Doppelstrategie, dieser Versuch, politisches Kapital aus einer besonderen Situation zu schlagen,
Liebe Frau Klöckner, wenn Sie sich dann hinter der Forderung eines SPD-Ortsvereins verstecken müssen, dann zeigt das sehr viel deutlicher, dass wir Sie an dieser Stelle mit einem schlechten Gewissen erwischt haben, als alles andere, das Ihnen hätte einfallen können.
Lassen Sie mich etwas zum finanziellen Engagement sagen. Ja, es ist nicht unanständig, auch darüber zu reden, was wir an wirtschaftlichen Ressourcen in die Hand nehmen müssen. Die überplanmäßigen Haushaltsmittel im Jahr 2014 liegen deutlich über 40 Millionen
Euro, in diesem Jahr – es ist gesagt worden – weitere 90 Millionen Euro. 52 Millionen Euro gehen an die Kommunen, zusätzlich 20 Millionen Euro für die Betreuung der sogenannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge.
Keine Lasten, die bei den Kommunen noch ankommen. Das ISB-Programm ist angesprochen worden. Ja, das ist praktische Hilfe. Ja, liebe Frau Klöckner, man merkt, dass Sie und Ihre Partei aus Ihrer eigenen Wahrnehmung heraus einfach zu lange aus operativer Verantwortung sind.
Es fehlen tatsächlich noch die Möglichkeiten, Regierungshandeln, operatives ministerielles Handeln zu beurteilen. Ein solches Programm stopfen Sie nicht einfach einmal so zusammen, sondern das hat lange Vorbereitung benötigt,
und ich bin sehr froh, dass es für die Kommunen praktisch die Möglichkeit schafft, Wohnraum für Flüchtlinge instand zu setzen und zu erneuern.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle ist völlig klar, diese Landesregierung handelt schon seit vielen Jahren in diesem Aufgabenfeld, und sie intensiviert ihr Handeln gerade in den letzten Monaten mit konkreten Ergebnissen.
Ich nenne das Thema Sprachkurse und Sprachförderung – das ist angesprochen worden –, aus Landesmitteln finanzierte Sprachkurse für Erwachsene. Die Lehrerstellen für Deutschintensivkurse wurden auf 300 Stellen erhöht.
Meine Damen und Herren, ja, das ist etwas, was vor Ort ankommt und was auch unmittelbar hilft. Das, was in den Kindertagesstätten darüber hinaus geschehen soll, hat Frau Kollegin Alt schon ausgeführt.
Meine Damen und Herren, ja, es braucht auch noch weitere Schritte. Wir sind auch noch lange nicht am Ende der Überlegungen. Wir brauchen weiterhin einen guten Dialog.
Ich habe jetzt einen Vorschlag gemacht, der auch mit dem Engagement des Landes zusammenhängt, der ganz praktisch an dieser Stelle den Kommunen, die etwas weniger Schwierigkeiten beim Wohnraum haben, und insbesondere den städtischen Kommunen mit engem Wohnraum eine Möglichkeit gibt, sich besser auszutauschen. Ich habe den Vorschlag gemacht, dass wir, so wie das schon Werner Müller, der Verbandsbürgermeister der VG Kirn formuliert hat, den Austausch zwischen Stadt und Umland organisieren und das mit einer landesweiten Koordinierung verbinden.
Frau Klöckner, Sie haben in der Begeisterung für Ihre eigenen 41 Punkte jetzt auch noch relativ nassforsch behauptet, das hätte ich bei Ihnen abgeschaut. Ich habe mir einmal angeschaut, was Sie sozusagen als Quelle meines Vorschlags hätten bewerten können. Es gibt einen Vorschlag, in dem Sie gesagt haben, es wäre jemand notwendig, der einmal aufschreibt, welche Wohnraummöglichkeiten bei Bund, Kommunen und Kirchen noch bestehen. Das hat aber nichts mit meinem Vorschlag zu tun.
Mein Vorschlag ist der, dass man in Mainz jemanden hinsetzt, der dafür sorgt, dass die untereinander klarstellen, wer noch Möglichkeiten hat und wie wir die zusammenbekommen. Das ist praktische Politik. Das war mein Vorschlag, den ich öffentlich gemacht habe und den ich heute wiederhole, weil das etwas ist, was tatsächlich bei der besonderen Situation im Umland von städtischen Gemeinden ganz pragmatisch hilft.
Sie haben dann noch gesagt, wir brauchen bei der Aufteilung von Flüchtlingen, von Asylbewerbern auf die Kommunen eine bessere Koordinierung. Das sind wohlfeile Botschaften. Sie haben das damit begründet, weil da manche Verwirrung entstanden sei. Meine Damen und Herren, verzeihen Sie mir, der Einzige, der verwirrt war, war der OB von Pirmasens, Herr Dr. Matheis. Der hat sich nach seinem Auftritt, bei dem er dargestellt hat, wie das bei der Familienzusammenführung zwischen der Stadt Mainz und der Stadt Pirmasens wohl war, schon oft korrigieren müssen. Das ist ihm in seiner ganzen politischen Biografie bis dato nicht passiert. Ich glaube, er hat schon dreimal bereut, dass er bei Ihrem Gipfel aufgetreten ist, meine Damen und Herren.
Ich bin sehr froh, dass Ministerpräsidentin Dreyer Vorschläge formuliert hat, wie wir diesen Schatz des gesellschaftlichen Klimas mit einem Bündnis für Toleranz und Weltoffenheit bewahren. Das hat zunächst einmal etwas mit den Auswirkungen der Pariser Attentate zu tun, aber natürlich geht es auch darum, dass wir in dieser Gesellschaft zusammenbleiben. Ebenso ist es wichtig, dass sich der Pakt für Rheinland-Pfalz – viele Akteure im Land befinden sich an diesem Tisch – Gedanken macht, wie wir diese gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe bewerkstelligen können.
Der Ovale Tisch wird tagen. Er wird sich mit den Arbeitsmarktchancen, die sich aus Zuwanderung und aus der Flüchtlingsbewegung ergeben, befassen. Das ist gut so, weil ich an die Debatte anknüpfe, die wir gestern geführt haben. Zuwanderung, Einwanderung, das ist eine Chance. Das ist eine Chance für den demografischen Wandel und die Gestaltung desselben. Das ist eine Chance für den Arbeitsmarkt. Das ist eine Chance für viele Unternehmen.
Damit diese Chance gewahrt werden kann, brauchen wir gemeinsame Anstrengungen. Da will ich schon auch
noch einen Satz zum Bund sagen. Wenn wir bei der Bearbeitung von Anträgen diese Wartezeiten haben, wenn wir zwischen 130.000 und 160.000 noch nicht vollständig erledigte Asylverfahren haben, wenn wir Wartezeiten haben, die uns in Rheinland-Pfalz allein im Jahr 2014 rund 46 Millionen obendrauf gekostet haben, wenn in dieser Zeit kaum Integration passieren kann, ist es doch nicht unanständig zu sagen, auch der Bund muss an dieser Stelle noch besser werden, meine Damen und Herren.
Wir alle gemeinsam können von der Debatte heute das Signal an die Bundesregierung aussenden – manche von uns sind dieser Bundesregierung über ihre Parteizugehörigkeit besonders verbunden –, helft uns in den Ländern, damit wir besser werden und die Asylverfahren schneller bewerkstelligt werden, weil das hilft auch der Integration und den Betroffenen, und es kostet Länder und Kommunen weniger Geld, als dies derzeit der Fall ist. Wer über Geld redet, muss dann aber auch über die gesamte Rechnung reden, liebe Frau Klöckner. Dazu gehört das, was ich Ihnen gerade geschildert habe.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe über Chancen gesprochen. Es ist mir wichtig, das einfach noch einmal hervorzuheben. Man mag sich kaum vorstellen, wie eine solche Debatte – vielleicht nicht im Landtag, aber an den Stammtischen und andernorts – noch vor 20 oder 25 Jahren ausgesehen hätte. Ich bin froh, dass wir heute gemeinsam feststellen können: Es ist gut, dass Menschen zu uns kommen. Ja, wir heißen sie willkommen. Ja, wir sind auch immer auf der Grundlage von Recht und Gesetz bereit, Menschen, deren Rechtsanspruch nicht der ist, den sie gerne hätten, wieder zurückzuführen. – Meine Damen und Herren, auch das ist ein klares Bekenntnis.
Am Ende bleiben aber die Chancen. Noch vor 20 oder 25 Jahren wäre eine solche Debatte vor allem unter der Überschrift „Was bedeutet das denn als Risiko für Wohlstand und Sicherheit in unserer Gesellschaft?“ gelaufen. Heute wissen wir, wenn Menschen zu uns kommen, qualifiziert oder bereit, sich qualifizieren zu lassen, hier zu leben, zu lernen, was zu tun und sich zu engagieren, ist das nicht eine Gefahr für Reichtum und Wohlstand, sondern das ist die Voraussetzung für Wohlstand und soziale Sicherheit auch in der Zukunft, meine Damen und Herren. Das sollten wir als Rahmen für eine solche Debatte immer hinstellen. Es ist wichtig, dass wir dann über die Dinge im Einzelnen – wer wann wo einmal gekocht hat oder mit wem Kaffee getrunken hat, Frau Klöckner, das war Ihnen sehr wichtig –
oder auch über die Dinge, die tatsächlich fiskalpolitisch wichtig sind, immer innerhalb dieses Rahmens sprechen. Das ist die Voraussetzung für eine sinnvolle, für eine vernünftige Debatte.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir stehen, Irene Alt steht, wir GRÜNE stehen, die rot-grüne Koalition steht, die gesamte Landesregierung steht für die humanste Flüchtlingspolitik in Deutschland. Das war so, das ist so, und das wird auch so bleiben. Ich bin der Ministerin sehr dankbar, dass sie das in ihrer Regierungserklärung eindrucksvoll deutlich gemacht hat, meine Damen und Herren.
Es ist angesprochen worden, dass die weltweite krisenhafte Situation, die uns alle umtreibt, zu dem führt, über was wir heute miteinander diskutieren. Das sind die Krisen, Kriege und Auseinandersetzungen vor allem im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika und an anderen Orten in der Welt, ob in Syrien, im Nordirak, aber nach wie vor auch der Konflikt in Palästina, die Auseinandersetzungen in Nordafrika, Nigeria und in vielen anderen Krisenherden der Welt.
Ich glaube, das mahnt uns auch eines: Dass wir uns stärker mit Prävention und Friedenspolitik auseinandersetzen müssen. – Ich glaube, dass wir zu oft immer dann darüber politisch reden, wenn es eigentlich schon zu spät ist, dass wir über internationale Politik, über Außenpolitik häufig erst dann debattieren, wenn diese Krisen eskalieren und zu gewalthaften Konflikten werden. Ich glaube, dass es Aufgabe von uns allen in der Politik ist, hier frühzeitiger immer wieder anzusetzen. Das bedeutet eben, dass wir alle einen Beitrag dazu leisten können, dass es vielleicht etwas friedlicher in der Welt wird.
Ich will es nicht überhöhen, aber ich glaube, dass wir in Rheinland-Pfalz mit der Einrichtung einer Friedensakademie dafür ein Beispiel gegeben haben. Wenn die Friedensakademie auch nur einen ganz kleinen Beitrag dazu leistet, dass wir in Rheinland-Pfalz ein bisschen mehr an Friedensbildung, ein bisschen mehr an Friedenspädagogik, ein bisschen mehr an ziviler Konfliktprävention in die Gesellschaft sozusagen implementieren können, würde ich mir wünschen, dass alle Länder und Regionen auf der Welt kleine Friedensakademien gründen. Dann könnten wir wirklich einen Beitrag zu mehr Frieden in der Welt leisten, meine Damen und Herren.
Dann hätten wir jetzt auch eine ganz andere Diskussionslage, was die Menschen angeht, die vor Krieg, Konflikten, Armut und Verfolgung fliehen. Ich glaube, das gibt einen Zusammenhang über das Thema präventive Diskussion über Krieg und Frieden mit der Friedensakademie und der Diskussion, die wir heute führen, nämlich über die Menschen, die in unser Land kommen. Man muss den Bogen auch einmal so weit spannen dürfen.