Protokoll der Sitzung vom 26.02.2015

Ich werde hier abgeklingelt. Da ich nicht aus der Pfalz komme, muss ich jetzt aufhören.

(Frau Klöckner, CDU: Das liegt an der fehlenden Brille!)

Ich bedanke mich recht herzlich bei dem Datenschutzbeauftragten und seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen für die hervorragende Arbeit.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Pörksen, wir haben Ihnen 10 Minuten und 45 Sekunden gewährt. – Für die CDU hat Herr Abgeordneter Biebricher das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie eben gehört, liegt uns heute inzwischen der 24. Datenschutzbericht seit 1974 vor. Seitdem ist nicht mehr viel so, wie es damals war. Angesichts der fortschreitenden EDVTechnik und ihres zunehmenden Einsatzes bei den Behörden trieb seinerzeit die Bürgerinnen und Bürger die Sorge um, diese könnten zu viel über sie in Erfahrung bringen.

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Gut kann ich mich als älterer Mensch noch persönlich an die in den 80er-Jahren erbittert geführten Debatten über die Volkszählung erinnern.

(Heiterkeit der Abg. Frau Klöckner, CDU – Beifall des Abg. Dr. Weiland, CDU – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Ihre Erinnerung reicht natürlich noch weiter, Herr Pörksen. Das ist klar.

Die Rahmenbedingungen haben sich seither jedoch grundlegend verändert. Sie, sehr geehrter Herr Wagner, haben vollkommen recht, wenn Sie in Ihrem Bericht feststellen, dass die heutige Situation wesentlich ernster ist und die Bedenken tiefgreifender sind als vor 30 Jahren. Stand früher der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor dem Staat und seinem Interesse an Daten im Vordergrund, gehen heute die größten Bedrohungen für das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung von privaten Dritten aus.

Ich stimme Ihnen daher zu, dass sich im Internet ein effektiver Schutz vor der unberechtigten Nutzung personenbezogener Daten im Zeitalter von Smartphones, Cloud Computing und Big Data nicht mehr oder kaum noch gewährleisten lässt. Statt mit der Volkszählung beschäftigen wir uns heute dafür in erster Linie mit dem Internet, Web 2.0, Google, Facebook und Co. Hinzu kommt wie im Falle der NSA die Bedrohung des Datenschutzes durch andere Staaten.

Die Herausforderungen sind in einem 1974 noch unvorstellbaren Maße gewachsen und angesichts der zunehmenden Digitalisierung kaum noch zu bewältigen. Selbstverständlich kann ich in der Kürze der Zeit nicht auf alle Aspekte eines 164-seitigen Berichts eingehen. Eigentlich schade. Entsprechend beschränke ich mich auf einige wichtige Punkte.

Einen absoluten Schwerpunkt in der Arbeit der Datenschutzkommission und in Ihrer Arbeit, Herr Wagner, bilden völlig zu Recht – wie eben angesprochen – Facebook, Google usw. Gerade das Thema Facebook ist so vielschichtig und bietet eine Menge von Handlungsfeldern. Ich nenne nur als Beispiel den Schuldatenschutz,

Facebook als Lernplattform oder Facebook-Freundschaften zwischen Lehrern und Schülern.

Bei der Diskussion des 23. Datenschutzberichts und – Herr Pörksen, wie Sie eben gesagt haben – auch in Ihrer Einführungsrede am 18. Mai damals haben Sie vom gläsernen Menschen gesprochen, der näher wäre als je zuvor. Da ist was dran, meine Damen und Herren. Aber der Grund dafür ist nicht das Handeln des Staates. Der Grund dafür ist, dass immer mehr Menschen, aber besonders junge Menschen, sich überhaupt nichts dabei denken, freiwillig eine Menge persönlicher Daten, ja teilweise die intimsten Dinge, preiszugeben und so Datenspuren zu hinterlassen. Von daher ist die Kritik daran völlig berechtigt, aber es ist realitätsfremd, hier etwas mit Verboten erreichen zu wollen oder gar einen Verzicht auf die Nutzung sozialer Netzwerke zu fordern.

Tatsache ist, dass es den meisten Bürgern – das ist eben schon gesagt worden – und offenbar auch der Staatskanzlei ziemlich egal ist, was zum Beispiel Facebook über sie weiß.

Deshalb ist der Kompromiss, den der Datenschutzbeauftragte mit der Staatskanzlei hinsichtlich der Fanpages gefunden hat, nichts Halbes und nichts Ganzes. Es ist nun wirklich nicht mehr als Symbolpolitik, die man natürlich machen kann. Aber viel bewegen tut sich nicht.

(Beifall bei der CDU)

An dieser Stelle ist vielmehr auf die Forderungen der Enquete-Kommission der letzten Wahlperiode „Verantwortung in der medialen Welt“ zu verweisen, wie es der Landesbeauftragte tut, nämlich auf die Vermittlung von Medien- und damit auch auf die Datenschutzkompetenz. Das ist der richtige Weg. Verbote, die überhaupt nicht durchzusetzen sind, bringen gar nichts.

So berechtigt, wie Ihr Anliegen ist, so verkämpfen Sie sich als moderner Sancho Panza gegen digitale Windmühlen. Was nottut, sind Aufklärung und Sensibilisierung. Das wird auch schon getan. Aber hier bedarf noch vieles der Verbesserung.

(Haller, SPD: Was denn konkret?)

Der Bericht lobt die rheinland-pfälzischen Maßnahmen zur Erhöhung der Medienkompetenz. Herr Pörksen, das haben Sie genannt. Aber die kritischen Teile haben Sie ausgespart.

(Pörksen, SPD: Ich wollte für Sie auch noch etwas lassen!)

Danke schön. Er kritisiert auch, dass diese Maßnahmen nicht die richtigen Themenstellungen behandeln. Er mahnt an, nicht nur auf eine breite Themenpalette zu setzen, sondern die richtigen Themen und die richtigen Unterrichtsinhalte auszuwählen. Zudem bemängelt er, dass die einzelnen Medienkompetenzmaßnahmen nicht untereinander abgestimmt und koordiniert sind. Er fordert, dass die richtigen Prioritäten gesetzt und aktuelle Entwicklungen aufgenommen werden.

Darüber hinaus konstatiert der Landesbeauftragte, dass es der Landesregierung bisher nicht gelungen sei, die Folgen der umfassenden Digitalisierung unseres Lebens im schulischen Unterricht nachhaltig und im notwendigen Umfang zu behandeln.

Herr Wagner, damit haben Sie sicherlich recht. Das sind ganz klare Arbeitsaufträge an die Landesregierung, diese Versäumnisse aufzuholen.

(Pörksen, SPD: Das ist normal bei einem Bericht!)

Ein wichtiges Thema, das der Bericht aufgreift, ist die europäische Datenschutz-Grundverordnung. Vor zwei Jahren noch wurde die Bundeskanzlerin vor allem aus den Reihen der GRÜNEN scharf dafür kritisiert, dass sie hier blockiere. Ich bin daher dem Datenschutzbeauftragten dankbar, dass er im aktuellen Bericht darüber aufklärt, was die Bundeskanzlerin zu Recht nicht einfach durchwinken wollte. Er macht nämlich klar, dass durch die Verordnung ein eigener Handlungsspielraum in den Mitgliedstaaten weitgehend wegfallen würde. Dies betrifft auf der Ebene der Bundesländer besonders die Gesetze, die sich auf die staatliche Verwaltung beziehen; denn nur hier haben die Landesgesetzgeber datenschutzrechtliche Regelungskompetenzen, die durch die Datenschutz-Grundverordnung obsolet würden.

Der Datenschutzbeauftragte stellt, wie ich denke, zufrieden fest, dass die Bundesregierung eigene Datenschutzstandards nicht zugunsten einer europaweiten Kompromissregelung aufgeben will und zitiert Bundeskanzlerin Angela Merkel wie folgt: Wir arbeiten an einer europäischen Datenschutz-Grundverordnung mit Hochdruck. Aber wir achten dabei sehr darauf, dass der deutsche Datenschutz durch die Vereinheitlichung des europäischen Datenschutzes nicht unverhältnismäßig geschwächt wird.

(Pörksen, SPD: Das ist nur die halbe Wahrheit!)

Also hatten Sie das Ganze vor zwei Jahren noch nicht verstanden. Seien Sie froh, dass die Kanzlerin die Probleme erkannt und für Sie, Frau Schellhammer, mitgedacht hat. (Beifall bei der CDU)

Ein Thema, bei dem die CDU-Fraktion nicht mit dem Datenschutzbeauftragten übereinstimmt, ist die Vorratsdatenspeicherung.

Herr Wagner, das sehen Sie äußerst restriktiv. Sie sehen darin einen nicht verhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger.

(Zurufe von der SPD)

Wir sind seit Langem für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in engen rechtlichen und zeitlichen Grenzen und in Abstimmung mit den Datenschutzbeauftragten. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Vorratsdatenspeicherung eben nicht die Inhalte von Telefonaten erfasst, sondern nur, wer, wann und von wo aus mit wem Kontakt hatte.

(Beifall der CDU)

Es sollen nur zeitlich befristet die Verbindungsdaten gespeichert werden. Das hilft der Polizei, bei schweren Straftaten das Netz möglicher Mittäter zu erkennen. Damit kann die Aufklärung von Straftaten wesentlich verbessert und auch präventiv gewirkt werden.

(Beifall bei der CDU)

Unzutreffend ist die Behauptung der GRÜNEN, das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof hätten die Vorratsdatenspeicherung aus verfassungsrechtlichen Gründen grundsätzlich verboten.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Verfassungswidrig war laut Bundesverfassungsgericht lediglich die Ausgestaltung des bis zum Jahr 2010 geltenden Gesetzes.

(Pörksen, SPD: Lediglich – schauen Sie sich das doch einmal genau an!)

Herr Pörksen, ich erzähle es Ihnen jetzt. Die Richter haben darin bestimmte einschränkende Regelungen zur Speicherung und zum Datenabruf vermisst. Möglich ist aber eine Regelung, die sicherstellt, dass die Daten bei den Providern sicher gespeichert sind und nicht jahrelang gespeichert werden. Zudem muss geregelt sein, dass die Daten nur bei Verdacht auf schwere Straftaten und nur mit richterlicher Genehmigung abgerufen werden können.

Auch die Entscheidung des EuGH steht einer gesetzlichen Regelung nicht entgegen; denn das Urteil hat sich allein auf eine Richtlinie der EU bezogen, mit der die Mitgliedstaaten verpflichtet werden sollten, die Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Nur diese Verpflichtung wurde aufgehoben. Natürlich kann jeder EU-Staat freiwillig ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung erlassen.

(Beifall bei der CDU – Dr. Weiland, CDU: Hört! Hört!)

Wir sind froh – Herr Pörksen, Sie vielleicht nicht –, dass der rheinland-pfälzische Innenminister und aktuelle Vorsitzende der Innenministerkonferenz das genauso sieht wie wir. Innenminister Lewentz sagte unter anderem der „WELT“ – ich zitiere –: „Die Debatte über mögliche Gesetzesänderungen muss geführt werden, wozu auch die Vorratsdatenspeicherung gehört.“ – Weiter: „Die Vorratsdatenspeicherung ist kein Allheilmittel, kann aber helfen, Ermittlungsansätze zu liefern, die sowohl für die Gefahrenabwehr wie die Strafverfolgung wichtige Erkenntnisse vermitteln.“

(Beifall bei der CDU – Staatsminister Lewentz: Richtig, oder?)

Damit hat er vollkommen recht, genau wie mit der Aussage, dass die Mittelrheinbrücke gebaut werden muss.

(Zuruf des Staatsministers Lewentz)