Protokoll der Sitzung vom 19.03.2015

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die EU-Kommission hat sich mit der EURechtskonformität dieses Gesetzes beschäftigt und eigentlich schon angesagt: Wenn ihr das in dieser Form beschließt, werden wir am Ende sagen müssen, das ist nicht vereinbar. – Es ist eigentlich schon zum Scheitern vor den Instanzen des Europäischen Gerichtshofs vorprogrammiert.

Schließlich hat der Bundesrat mit einer parteiübergreifenden Mehrheit der Länder in einem 23-Punkte-Papier zur Stellungnahme zur Pkw-Maut deutlich gemacht, dass dieses Gesetz nicht in dieser Form und mit diesen Auswirkungen für die Flächenländer in Deutschland beschlossen werden kann.

Lassen Sie mich zu den einzelnen Punkten etwas sagen. Ich komme zunächst einmal zur Frage, was die EURechtskonformität angeht. Es ist der Kommission schon aufgefallen, dass der Zusammenhang zwischen der Belastung der Ausländer und der gleichzeitigen vermeintlichen Entlastung der Inländer hergestellt wird. Das, was im Gesetz formuliert ist, widerspricht dem Nichtdiskriminierungsgebot der Europäischen Kommission. Also ist gegenüber Herrn Dobrindt und der Bundesregierung klar die Ansage formuliert worden, da müsst ihr nacharbeiten. Die Nacharbeit ist noch nicht erfolgt. Sie wird bis heute ignoriert.

Gleichzeitig gibt es eine Diskrepanz zwischen den Kurzzeit-Vignetten und den Jahres-Vignetten. Das ist ebenfalls ein Punkt, der nicht marginal oder profan ist, sondern einer, an dem am Ende dieses Gesetz scheitern kann. In der Ausschussanhörung, wie wir sie gestern erlebt haben, ist deutlich geworden, dass die 600 bis 700 Millionen Euro Gesamteinnahmen, die Herr Dobrindt

zugrunde legt, am Ende auf gerade einmal 280 Millionen Euro zusammenschnurren können.

Man hat sich – das ist handwerklich interessant – schon darin getäuscht, wie oft Ausländer mit den Tages- oder Kurzzeit-Vignetten tatsächlich nach Deutschland fahren. Man ist schlichtweg nicht auf die Idee gekommen, dass manche Ausländer mit demselben Auto mehrmals nach Deutschland einfahren. Man muss wirklich sagen: Hier waren Experten am Werk. – Das führt dazu, dass sich die Berechnungen des Herrn Dobrindt ganz schnell nach unten korrigiert haben.

Ich möchte darüber hinaus sagen, dass wir in Rheinland-Pfalz mit einem besonderen Augenmerk auf ein solches Gesetzgebungsvorhaben schauen müssen, weil wir wissen und ahnen – hier geben uns Berechnungen einen Hinweis –, dass wir insbesondere in den Grenzräumen spüren werden – das Land Rheinland-Pfalz besteht, was die wirtschaftliche Betätigung angeht, auch aus Grenzräumen –, dass die Tagespendler, der kleine Grenzverkehr und die Möglichkeiten, sich auch einmal im Einzelhandel von hüben und drüben zu bewegen, wie ich das bei mir aus der Südpfalz mit dem Austausch mit dem Elsass gut kenne, unter eine Problematik gestellt werden, von der viele sagen, unter anderem auch die kommunalen Spitzenverbände, dass dies zu Umsatzeinbußen von bis zu 30 % in den Regionen führen kann.

Meine Damen und Herren, wir reden von guten Jobs, die in den Regionen durch die Pkw-Maut wegfallen werden, wenn sie so kommt, wie sie sich Herr Dobrindt vorgenommen hat.

Ich will letztendlich sagen, dass bei dieser Pkw-Maut die datenschutzrechtlichen Fragen mit großen Fragezeichen zu versehen sind. Wir diskutieren zurzeit über die Vorratsdatenspeicherung sehr kontrovers. Wir haben gestern in einer Ausschussanhörung im Deutschen Bundestag festgestellt, dass wir bei der Erhebung von Mautdaten und Speicherfristen von vielen und mehreren Jahren sprechen werden.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist etwas, was uns mit großer Sorge erfüllt. Ich will deshalb deutlich sagen: Dieses Gesetz kann so nicht passieren. Es widerspricht den elementaren Interessen des Flächen- und Pendlerlandes Rheinland-Pfalz. Darum bin ich der Ansicht, dass wir gemeinsam und bitte auch parteiübergreifend in diesem Haus unsere Position zu dieser Pkw-Maut formulieren und deutlich machen sollten.

Ja, wir brauchen im Verkehrswesen Mehreinnahmen. Darüber haben wir schon oft diskutiert. Das kann aber nicht zulasten der Grenzländer und Flächenländer führen. Rheinland-Pfalz ist nach den Vorgaben von Herrn Dobrindt der beabsichtigte Verlierer der Pkw-Maut.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das muss auf unseren Widerstand stoßen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit in der ersten Runde.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Licht das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Schweitzer, ich darf Sie an einige Dinge erinnern, über die wir schon einmal diskutiert haben. In dieser Diskussion habe ich deutlich gemacht, dass Herr Dobrindt mit Herrn Seehofer gar nicht so allein ist; denn jüngst in dieser Debatte – ich glaube, es war ein Tag vorher – hat sich Herr Gabriel zu Herrn Seehofer gesellt. Herr Gabriel hat klipp und klar gesagt: Wir haben einen Koalitionsvertrag. In diesem Koalitionsvertrag steht die Maut drin. Wir werden die Maut bekommen.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Meine Damen und Herren, eigentlich schildere ich es nur. Dabei hat Herr Gabriel sogar eine Expertise vorgelegt, die die Rechtsfrage durchaus positiv löst.

(Dr. Weiland, CDU: Einfach einmal telefonieren, Herr Schweitzer!)

Herr Schweitzer, ich bitte doch, die ganze Wahrheit von gestern zu berichten und nicht die subjektive Meinung vorzutragen; denn es gab gestern auch Europarechtler, die vorgetragen haben, dass es durchaus europarechtskonform sein kann, und zwar so, wie das immer bei Juristen ist. Das sage ich auch mit aller Vorsicht. Das heißt, es gab bei dieser Anhörung, die Sie eben erwähnt haben, eine Reihe von Stimmen, die gesagt haben, nein, das kann durchaus so durchgehen. Es gilt, auch das klar zu sagen.

Die rheinland-pfälzische CDU hat nie zur Maut gestanden. Ich will das klipp und klar sagen. Es gab einen Koalitionsvertrag, in dem sich die Christdemokraten, die Sozialdemokraten und die bayerische CSU geeinigt haben und in dem sie drinsteht.

(Unruhe im Hause)

Herr Kollege, ich bedaure es ja. Dazu müssten Sie dann an dieser Stelle auch etwas sagen. Wir sagen es zumindest.

(Pörksen, SPD: Herumgeeiere!)

Wir sagen eines auch – das hat Frau Klöckner in den Debatten, in denen wir begonnen haben, es zu diskutieren, deutlich gemacht –, dass ein Grenzland und Flächenland wie Rheinland-Pfalz dem, was vielleicht einmal

angedacht war, so nie in der Umsetzung zustimmen wird.

(Frau Klöckner, CDU: Herr Dobrindt hat uns die Zusage gegeben!)

Es gab doch schon eine Reihe von Kernpunkten, die herausgenommen worden sind.

(Beifall der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Bundesstraßen nein, Landesstraßen nein, das heißt, der kleine Grenzverkehr kann nach wie vor stattfinden. Ich sage aber auch Nein zu einem Konzept, das Herr Lewentz vorgestellt hat,

(Beifall der Abg. Frau Klöckner, CDU)

dass wir Zonen bilden, 20 km-Zonen, 15 km, 30 km: Wo hören sie auf, wo beginnen sie? Wer kontrolliert sie? Ich halte dies also auch für keine praktikable Lösung.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Darum denke ich, wenn wir jetzt auf dem Weg sind, eine Maut zu erhalten, werden Sie die Ersten sein, die wieder sagen, so viele Millionen müssen nach Rheinland-Pfalz fließen; denn das können Sie gut.

(Schweitzer, SPD: Ja, sollen wir das Geld dann nicht nehmen, oder was? – Zurufe der Abg. Frau Klöckner und Dr. Weiland, CDU)

Sie werden die Ersten sein, die dann die Hände aufhalten, weil Sie selbst in Ihrem Haushalt nichts tun.

(Beifall bei der CDU)

Der Verkehrsminister hat heute Morgen in der Debatte von 500 Millionen Euro gesprochen, die Rheinland-Pfalz einsetzt. Ja, das sind sie. Die einzigen Steigerungen sind aber Bundesmittel, über 400 Millionen Euro mittlerweile. Das Land Rheinland-Pfalz ist noch nicht einmal in der Lage, das, was notwendig ist, um die Landesstraßen ohne Neubau instand zu halten, selbst zu finanzieren.

(Beifall bei der CDU)

Dann stellen Sie sich hin und tragen eine solche subjektive Wahrheit aus einer Bonner bzw. Berliner Debatte vor.

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Meine Damen und Herren, Grenzräume müssen geschützt bleiben.

(Schweitzer, SPD: Und wie?)

Indem beispielsweise Bundesstraßen und Landesstraßen nicht in ein solches Konzept hineinkommen, sondern ausgenommen werden müssen.

(Schweitzer, SPD: Sie sind nicht informiert!)

Dann ist der kleine Grenzverkehr auch nach wie vor möglich. Ich rede schließlich zu dem Kompromiss, den wir geschlossen haben. Unsere beiden Parteien haben mit unterschrieben. Es tut mir leid, aber es ist nun einmal so.

(Pörksen, SPD: Es ist gut, dass es Ihnen leid tut! – Zuruf aus dem Hause: Es tut uns allen leid! – Zuruf aus dem Hause: Wie beim Mindestlohn!)

Sie haben auch bei der Rheinbrücke unterschrieben und heulen hier am Pult.

(Beifall bei der CDU – Glocke des Präsidenten)