Die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat einen Gesetzentwurf zur Legalisierung der Droge Cannabis vorgestellt (vgl. Süddeutsche Zeitung und F.A.Z). Danach soll der Besitz von 30 Gramm des
Rauschmittels straffrei gestellt werden; für den privaten Bedarf soll das Abernten von bis zu drei Cannabispflanzen statthaft sein.
1. Hält die Landesregierung an ihrer in der Vergangenheit vertretenen Auffassung fest, dass Cannabis „eine Droge“ sei, deren gesetzlich festgesetzte Obergrenze für das Absehen von Strafverfolgung wegen Besitzes zum Eigenbedarf „kein Freifahrtschein“ und „keinesfalls eine Verharmlosung von Cannabiskonsum“ bedeute (vgl. z. B. Pressemitteilung des Minis- teriums der Justiz vom 9. Juli 2007)?
2. Teilt die Landesregierung die von der früheren Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Sabine Bätzing, vertretene Auffassung, „Cannabis bleibt eine Einstiegsdroge. Wir brauchen in Deutschland eine einheitliche Obergrenze.“ (vgl. Mainzer Rhein- Zeitung vom 14. September 2011) ?
3. Teilt die Landesregierung die kürzlich von den GRÜNEN auf Bundesebene erhobene Forderung nach einer Legalisierung der Droge Cannabis?
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf für die Landesregierung Ihre Fragen wie folgt beantworten:
Zu Frage 1: Die Landesregierung steht weiter zu den von Ihnen zitierten Aussagen aus dem Jahr 2007. Die sogenannten Cannabinoide, also der Wirkstoff von Cannabis, haben eine psychoaktive Wirkung. Deswegen stufen wir Cannabis als Droge ein.
Das bedeutet selbstverständlich, dass die Möglichkeit des Absehens von Strafe, auf das Sie sich beziehen, bei dem Besitz bestimmter Mengen Cannabis für den Eigenbedarf auch kein Freifahrtschein und keine Verharmlosung des Cannabiskonsums darstellt.
Dazu hat die Landesregierung im Übrigen gegenüber dem Landtag schon anlässlich der Anhebung der Eigenbedarfsgrenze in den Jahren 2011 und 2012 mehrfach Stellung genommen. So ist z. B. im Rechtsausschuss des Landtags am 13. September 2011 dargelegt worden, dass Drogenbesitz auch zum Eigenkonsum eine Straftat ist und bleibt.
Die Richtlinien zu den Obergrenzen ermöglichen den Strafverfolgungsbehörden allerdings, differenziert zu reagieren und den Betäubungsmittelhandel vom Erwerb und Besitz durch therapiebedürftige Drogensüchtige
oder Probierer abzugrenzen und einzelfallbezogen zu handeln. Ein Absehen von Verfolgung etwa bei Fremdgefährdung oder dann, wenn Handel getrieben wird, ist auch weiterhin möglich.
Zu Frage 2: Mit dem Begriff „Einstiegsdroge“ wird die Vorstellung verbunden, dass mit dem Konsum einer bestimmten psychoaktiven Substanz ein Prozess beginnt, der zwangsläufig zum dauerhaften Konsum weiterer psychoaktiver Substanzen führt.
Nun haben vorliegende Untersuchungen und die Ergebnisse von Repräsentativbefragungen belegt, dass der Konsum von Cannabis nicht zwingend zum Konsum weiterer harter Drogen führt. Das ist auch angesichts der Verbreitung von Cannabis und des im Vergleich dazu geringen Konsums anderer illegaler Drogen, wie Opiate oder Kokain, nachvollziehbar. So haben z. B. laut Suchtsurvey 23 % aller Deutschen über 18 Jahre schon einmal Cannabis konsumiert.
Die Festlegung einer bundeseinheitlichen numerischen Obergrenze halten wir dennoch weiterhin für nicht erforderlich. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 1994 in der Cannabis-Entscheidung vorgegeben, dass die Bundesländer für eine – ich zitiere das, wenn ich darf – im Wesentlichen einheitliche Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaft sorgen müssen.
So ist deshalb auch die Aussage zu verstehen, dass eine einheitliche Obergrenze erforderlich sei. Dass die Obergrenzen hierbei numerisch in den Ländern zwischen 6 und 15 Gramm variieren, ist aus unserer Sicht unschädlich. Die Mengenangabe stellt nur die obere Grenze dar, bis zu deren Erreichen die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung absehen kann, aber keineswegs absehen muss.
Die Staatsanwaltschaft hat die Entscheidung immer einzelfallorientiert zu treffen, sodass keine schematische, von anderen Ländern erheblich abweichende Einstellungspraxis entstehen kann. Diese Auffassung teilen auch die meisten anderen Bundesländer. Zuletzt ist ein entsprechender Vorstoß Niedersachsens im Jahr 2013 mit breiter Mehrheit abgelehnt worden.
Zu den Fragen 3 und 4 – wenn Sie erlauben, darf ich diese zusammenfassen –: Ich kann mich hier auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nummer 2665 beziehen.
Die Landesregierung setzt sich konsequent für eine nachhaltige Drogenpolitik ein. Das bedeutet eine fortlaufende, sorgfältige und kritische Auseinandersetzung mit der gesamten Problematik, insbesondere durch Aufklärung, Prävention und Hilfe.
Die Haltung der Landesregierung spiegelt sich in den Ausführungen des Koalitionsvertrags von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für die Wahlperiode 2011 bis 2016 unter den Kapiteln Drogenpolitik sowie Opferhilfe, Zeugenschutz und Mediation wider. Dort sind Forderungen nach der Legalisierung von Cannabis nicht enthalten.
Herr Minister, wie bewerten Sie eine Initiative im Berliner Abgeordnetenhaus, über die gestern in der Berliner Zeitung berichtet wurde, wonach Rot-Grün in Berlin Coffeeshops für mehrere Berliner Bezirke möchte?
Ich darf mich schlicht auf den Koalitionsvertrag beziehen, der für die Landesregierung in Rheinland-Pfalz geschlossen ist. Eine Legalisierung von Cannabis enthält dieser Koalitionsvertrag nicht.
Herr Minister, sind Sie persönlich der Meinung, dass eine Legalisierung von Cannabis sinnvoll ist, und welche Grammzahl setzen Sie an, ab der eine Pönalisierung erfolgen soll, unter Berufung auf welche Gutachten?
Herr Kollege, der Minister antwortet im Namen der Landesregierung und nicht in seinem persönlichen Namen. Würden Sie das zur Kenntnis nehmen und Ihre Frage neu formulieren?
(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat er schon gemacht! – Frau Klöckner, CDU: Aber er darf doch einmal nachfragen! – Pörksen, SPD: Ja, ja, ja!)
Herr Präsident, Herr Abgeordneter, ich hätte selbstverständlich nichts anderes getan, als im Namen der Landesregierung zu sprechen.
In Rheinland-Pfalz ist im Moment eine Obergrenze von zehn Gramm in der entsprechenden Richtlinie für die Staatsanwaltschaften enthalten. Diese hält die Landesregierung weiterhin für sinnvoll.
Ich darf aber auch betonen, es ist selbstverständlich, dass jede Landesregierung und jeder, der, ich möchte einmal sagen, halbwegs vernünftig ist, immer weiter schaut, wie die Entwicklung ist, wie die medizinische Forschung ist, wie die Erfahrungen im normalen Leben sind, was am besten ist, um die Menschen vor Drogenkonsum zu schützen. Wenn sich dort in den Verhältnissen etwas ändert, muss man das nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern sich auch fragen, wie man damit umgeht.
Sehr geehrter Herr Minister, sieht die Landesregierung einen Zusammenhang zwischen dem Anstieg des Konsums von sogenannten Legal Highs und dem Verbot von Cannabis?