Protokoll der Sitzung vom 19.03.2015

Prekäre Beschäftigung – das hat auch die Ministerin schon gesagt – findet man vor allen Dingen im Dienstleistungssektor. Dort ist der Anteil von Frauen deutlich höher als der der Männer.

Auch in Rheinland-Pfalz ist es so, dass unter den zehn Städten und Landkreisen in Deutschland drei Städte und Kreise aus Rheinland-Pfalz dabei sind, die mit in diesem Bereich liegen. Laut einer aktuellen Studie liegt der Anteil der weiblichen Beschäftigten im Minijob-Sektor mit 41 % in den Kreisen Trier-Saarburg, knapp 37 % im Kreis Ahrweiler und knapp 36 % in Kusel sogar noch höher als im Durchschnitt.

Für die Betroffenen sind Minijobs höchst problematisch, weil sie kaum Ansprüche auf soziale Sicherung erwerben und in aller Regel pro Stunde nur sehr wenig Geld verdienen. Leider hilft hier der Mindestlohn überhaupt nichts, weil sich dadurch die Stunden reduzieren und die Frauen im Endeffekt überhaupt nicht mehr verdienen.

Die Entgeltlücke nimmt im Lebensverlauf zu. Die durchschnittliche Verdienstlücke – das hat auch die Ministerin gesagt – von 22 % führt zu einer Pensionslücke von knapp 60 %. Geschlechtsspezifische Ungleichheiten im Erwerbsleben wirken sich bis zum Ende hin aus, und die Frauen landen in der Armutsfalle.

Wir möchten diese Frauen nicht alleine lassen. Mit der Kompetenzstelle Freiwillige Lohntests zeigt Frauenministerin Irene Alt Tatkraft. Zudem avanciert die hervorragende Kita-Versorgungsquote von knapp 44 % zum leuchtenden Beispiel, wie Frauen in ihrer Doppelbelastung entlastet werden können. Es gilt, diesen Weg in der Zukunft konsequent weiterzugehen; denn eine Ungleichbehandlung von Frauen wird in unserem Land nicht hingenommen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Alt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns über die Parteigrenzen hinweg darin einig, dass die Lohnlücke von 22 %, die wir haben und konstatieren müssen, nach wie vor nicht hinnehmbar ist und wir hier einen dringenden Handlungsbedarf haben.

Frau Kohnle-Gros, ich möchte sagen, dass uns das Thema der bereinigten Zahlen, was die Lohnlücke anbelangt, bewusst ist. Diese liegt bei 7 %, wenn man alles mit einrechnet, wie die erwerbsbiografischen Unterbrechungen, die Teilzeit usw. Dennoch müssen wir uns klarmachen, dass wir gesamtgesellschaftlich an den unterschiedlichen Stellen, an denen wir aktiv sind, Handlungsbedarf haben.

Ein Punkt ist, dass sich die Tarifparteien auseinandersetzen und für die Frauen aktiv werden müssen. Gerade bei den Berufen, die Sie genannt haben und über die wir vielfach in den unterschiedlichen Kontexten sprechen – dazu gehören die Pflegeberufe und Erzieherberufe; zurzeit finden Tarifverhandlungen für Beschäftigte der Sozial- und Erziehungsdienste statt –, ist es wichtig, dass es zu einer besseren Bezahlung kommt.

Aber auch das Land muss schauen, was es tun kann. Deshalb war es mir wichtig, heute Morgen darauf hinzuweisen, dass wir auch einen Blick darauf werfen müssen, welche Berufe die jungen Mädchen und die jungen Frauen wählen. Auch hier sind wir uns einig. Wir führen viele gemeinsame Aktionen durch. Dabei ist es wichtig, die Mädchen für technisch-naturwissenschaftliche Berufe zu begeistern, parallel dazu eine bessere Bezahlung der Pflege- und Dienstleistungsberufe zu erreichen und Bewusstseins- und Informationsarbeit zu leisten.

In diesem Zusammenhang will ich auch die Gremienbesetzung ansprechen. Zurzeit sind wir dabei, das Landesgleichstellungsgesetz zu novellieren. Ich hoffe, dass wir das neue Landesgleichstellungsgesetz noch in diesem Jahr auf den Weg bringen können. Ich denke, dass die Frauen an dieser Stelle noch einmal gestärkt werden.

Ich finde es auch wichtig, dass das Land einen Schwerpunkt darauf legt, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch stärker zu fördern.

Liebe Frau Kohnle-Gros, auch wir wollen Familien und Kinder. Es muss den Frauen ermöglicht werden, früh und in Vollzeit in den Beruf zurückkehren zu können,

damit es keine Brüche in den Erwerbsbiografien gibt und der Frauenaltersarmut vorgebeugt wird.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich bin sehr froh, dass es gemeinsam mit der Bildungsministerin und der Arbeitsministerin gelungen ist, bis zum Jahr 2020 die Kompetenzstelle Freiwillige Lohntests, die im Januar eingerichtet worden ist, im Europäischen Sozialfonds umzusetzen. Dadurch können wir viel bewegen. Ich denke, das ist ein guter Weg. Man darf auch sagen, es ist bundesweit einmalig, was wir an dieser Stelle im Land Rheinland-Pfalz tun.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Abschließend möchte ich sagen, dass es wichtig ist, dass der Bund handelt. Ich bin froh, dass unsere Bundesfrauenministerin aktiv ist und die Frauen-Union das Thema aufgegriffen hat. Wir haben jetzt im Bund die Frauenquote. Das war in diesem Zusammenhang ein großer Erfolg. Wenn jetzt das Entgeltgleichheitsgesetz angegangen wird, sind wir gemeinsam auf einem sehr guten Weg.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich PHLIngenieure GmbH & Co. KG, Mitglieder der offenen Gruppe Nahbollenbach. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Dr. Machalet das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, dass wir in unserem Ziel alle einig sind. Wir sind uns auch im Gleichstellungsausschuss bei dem Thema Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt immer sehr einig.

Frau Kohnle-Gros, Sie haben ziemlich viel durcheinandergeworfen. Ich möchte aber noch einmal auf einen Punkt eingehen, nämlich das Thema Familie und Kinder. Natürlich wollen auch wir, dass Frauen Kinder bekommen. Kinder sind die Zukunft in diesem Land. Ich will gerade an der Stelle betonen, wie wichtig das Thema Entgeltgleichheit und gute Arbeit für Frauen gerade in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz ist.

Die Landfrauen haben derzeit die Entgeltgleichheit zu einem Schwerpunktthema gemacht. Ich kann mich an der Stelle Ihrer Argumentation, gerade was den ländlichen Raum angeht, voll anschließen. Wir dürfen es nicht

zulassen, dass gut qualifizierte Frauen aus den ländlichen Regionen aufgrund der immensen Lohnunterschiede in die Ballungszentren abwandern; denn mit jeder Frau, die es vom Land in die Stadt zieht, weil sie dort möglicherweise nicht so stark von der Lohndiskriminierung betroffen ist, zieht auch eine potenzielle Familie vom Land weg. Das wäre fatal. Das ist ein sehr wichtiges Argument.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Genau deswegen müssen wir Sorge dafür tragen, dass wir auch in den ländlichen Regionen gleiche Entlohnungsstrukturen haben. Natürlich spielen die Tarifpartner und Tarifparteien eine ganz große Rolle. Aber auch Sie kennen die Tarifstruktur gerade in ländlichen Räumen. Sie wissen, dass an den Stellen die Tarifpartner nicht so stark sind und wir nicht so viele Tarifverträge haben.

Deswegen ist es wichtig, dass wir als Signal ein Entgeltgleichheitsgesetz bekommen. Dieses wird einen großen Beitrag zunächst in den tarifierten Betrieben zu mehr Entgeltgleichheit leisten. Es wird aber – davon bin ich überzeugt – auch in den Bereichen, die möglicherweise derzeit noch nicht tariflich organisiert sind, dazu führen, dass wir auch dort mehr Entgeltgleichheit erreichen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kollegin Kohnle-Gros.

Vielen Dank für das Wort. Ich bin mehr der Typ für das Praktische und Konkrete. Ich wollte keine große Festrede halten. Deswegen war es mir wichtig, verschiedene Sachen anzusprechen.

(Beifall der CDU)

Mir ist in der Diskussion noch einmal aufgefallen, dass ich gelesen habe, dass junge Frauen bis zum Alter von 24 Jahren die Entgeltungleichheit noch gar nicht spüren. In diesem Alter klappt das noch, weil sie auf Augenhöhe mit den jungen Männern einsteigen. Ab dann geht es aufgrund ihrer persönlichen und familiären Entscheidungen auseinander.

Wir sagen es uns auch ständig in den Ausschüssen und anderen Gremien, dass wir das im Auge behalten müssen.

Ich habe nicht gewagt zu sagen, was Herr Gabriel – glaube ich – auf Bundesebene gesagt hat, dass wir in den sozialen Berufen ganz andere Tarifstrukturen brauchen. Das würde uns im Land dann wieder auf die Füße fallen. Es ist doch völlig klar, wenn wir in diesem Bereich

mehr bezahlen, werden nicht nur private Träger, sondern auch das Land sehr stark davon betroffen sein. Wir müssen das aber natürlich im Auge behalten.

Ich nenne immer den Vergleich mit den Müllmännern, bei denen nur Männer arbeiten. Sie haben Tarife und Gehaltsstrukturen, von denen die ganzen Frauen, die in den sozialen Berufen tätig sind, nur träumen können. Deswegen müssen wir ein ganz starkes Augenmerk darauf richten.

Ich will noch einmal sagen – das hat auch gerade jemand gesagt –, der Beamtenbund hat jetzt auf Bundesebene noch einmal darauf hingewiesen, dass natürlich auch die Arbeitgeber auf dieser Seite sehr stark darauf achten müssen, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegeben ist, aber auch die Aufstiegsmöglichkeiten, wenn man tatsächlich für eine bestimmte Zeit nicht im Beruf sein will oder kann, nicht abgeschnitten werden, dass das auch in Teilzeit möglich sein muss. Wir haben all diese Dinge schon x-mal miteinander besprochen. Es gibt schon Wege, und wir müssen noch einmal sehr viel stärker darauf achten.

Ich möchte noch einen letzten Punkt nennen. Frau Dr. Machalet, Sie sind Gewerkschafterin, oder? Früher gab es in der SPD ganz viele Männer und Frauen,

(Glocke des Präsidenten)

die in den Gewerkschaften tatsächlich Funktionäre waren.

(Schweitzer, SPD: Und Sie haben es immer kritisiert!)

Bitte? Ja, organisiert, aber ich rede jetzt von Funktionären. Es gab immer Männer – und die Frau Steinruck, also auch eine Frau –, die richtige Funktionäre waren.

(Beifall der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Denen würde ich gerne ins Stammbuch schreiben. Ich hoffe, Sie nehmen das noch einmal als Hausaufgabe mit.