Ich darf Gäste im Landtag begrüßen. Es sind Schülerinnen und Schüler der Grundschule in Straßenhaus hier bei uns sowie Bürgerinnen und Bürger aus den Verbandsgemeinden Winnweiler, Rockenhausen und Alsenz-Obermoschel. Herzlich willkommen hier in Mainz bei uns im Landtag!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir heute über die Hochschulen, die Wissenschaft und die Forschung in Rheinland-Pfalz sprechen, dann sprechen wir über einen Bereich, der in den vergangenen Jahren mit seinen Aufgaben gewachsen ist. Gewachsen ist die Zahl der Studierenden. Gewachsen ist eine vielfältige und vernetzte Forschungslandschaft.
Gewachsen ist das Bewusstsein für den Stellenwert guter Studienangebote und guter Qualität in der Lehre. Gewachsen ist auch die soziale Infrastruktur. Gewachsen ist nicht zuletzt die Zahl der Beschäftigten. Dieses Wachstum ist einerseits eine große Chance, aber andererseits stellt uns dieses Wachstums auch vor große Herausforderungen.
In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Studierenden bundesweit so stark gewachsen wie nie zuvor. Das ist kein rheinland-pfälzisches Phänomen. Das geht auch gar nicht, weil die Studierenden bundesweit mobil sind.
Die Aussetzung der Wehrpflicht und die doppelten Abiturjahrgänge waren sogar externe Faktoren, die dieses Wachstum beschleunigt haben. Die waren in RheinlandPfalz nicht hausgemacht, aber sie haben dem Ganzen noch einmal einen Turbo gegeben.
Dass wir derzeit dennoch keinen Einbruch der Studierendenzahlen erleben, liegt daran, dass der Anteil jedes Jahrgangs, der an die Hochschulen geht, stetig gewachsen ist, und zwar seit Jahrzehnten. Diesen Trend haben wir derzeit auch. Insofern gab es ein großes Wachstum. Die Hochschulen sind dann auch mit ihren größer werdenden Aufgaben in Forschung und Lehre gewachsen.
Das war nur möglich, weil der Bund und die Länder reagiert, mit dem Hochschulpakt zusätzliches Geld in die Hand genommen und die Hochschulen dabei unterstützt haben, dieses Wachstum auch zu organisieren.
Ein Problem bei diesem Hochschulpakt ist aber, dass er im Grunde in seiner Gesamtlaufzeit begrenzt ist und er die zusätzlichen Gelder immer nur mit fünfjährigen Planungshorizonten zur Verfügung gestellt hat. Das heißt, das, was wir eigentlich aus dem Bereich der Forschung schon lange kennen, nämlich der große Anteil von befristeten Mitteln, hat auch bei den Mitteln für die Forschung und die Lehre deutlich zugenommen. Das hat natürlich auch dazu geführt, dass das Hochschulwachstum, das wir hatten, bundesweit stark zu einem Wachstum der befristeten Beschäftigung geführt hat. Das ist kein rheinland-pfälzisches Phänomen, wie eben probiert wurde, das darzustellen, sondern das ist ein bundesweites Problem.
Für uns als GRÜNE war es beim Wiedereinzug in den Landtag ganz wichtig, dass wir dieses Problem angehen. Die GEW hat ihr Templiner Manifest gemacht. Sie hat das Thema quasi auf die Tagesordnung gesetzt. Es sind immer mehr Kräfte dafür sensibilisiert worden, wie die Hochschulrektorenkonferenz. Der Deutsche Hochschulverband hat sich des Themas bei einer Tagung in Mainz angenommen.
Wir in Rheinland-Pfalz haben die freiwerdenden BAföGMittel konsequent genutzt, um genau in diesem Bereich Schwerpunkte zu setzen. Da müssen wir einmal in den Ländervergleich gehen. Da müssen wir einmal schauen, wer das gemacht hat. Wer hat zusätzliche Dauerstellen geschaffen? Wer hat Geld in die Hochschulen gebracht? Vor allem, wer hat im Zusammenhang mit diesen BAföG-Mitteln vereinbart, dass alle Hochschulen Personalentwicklungskonzepte erarbeiten sollen oder Leitbilder für gute Beschäftigung, bei denen es natürlich auch darum geht, einen verantwortungsvollen Umfang mit dem wissenschaftlichen Personal zu finden? Das müssen wir einmal anschauen. Da geht es um die Frage, ob bloß Bundesgelder durchgeleitet werden oder nicht. Wer hat das außer Rheinland-Pfalz denn gemacht?
Auf der Tagung des DHV, die ich erwähnt hatte, also der Berufsvereinigung der Universitätsprofessoren, hat die Bundesbildungsministerin – das hat Frau SchleicherRothmund erwähnt – drei Länder dafür gelobt, wie sie mit den BAföG-Geldern umgehen. Die DHV-Tagung stand unter dem Motto „Gute Beschäftigung in der Wissenschaft“ bzw. die Bedingungen für den wissenschaftli
chen Nachwuchs waren das Hauptthema. Drei Bundesländer wurden gelobt. Das eine war Baden-Württemberg mit einer grünen Wissenschaftsministerin. Das andere war Rheinland-Pfalz. Das dritte war ein Bundesland, in dem auch GRÜNE in einer anderen Konstellation mitregieren.
Quer zur politischen Farbenlehre war aber doch ganz klar, dass der rheinland-pfälzische Umgang mit den BAföG-Mitteln explizit von der Bundesebene gelobt wurde. Gerade das Instrument der Personalentwicklungskonzepte, mit dem wir den verantwortungsvollen Umgang mit dem Personal über die zusätzlichen Gelder und über die zusätzlichen Stellen hinaus festschreiben wollen, wurde von der Bundesebene als ein kluges Vorgehen hervorgehoben, wie wir diesem Problem begegnen. Das sollte sich auch die CDU einmal zu Herzen nehmen, wenn von Ihrer Bundesministerin entsprechende Worte fallen.
Das Problem der zunehmenden Befristung in der Wissenschaft ist nicht mehr nur ein Problem für die Beschäftigten selbst, sondern das ist mittlerweile auch ein Problem für die Hochschulen geworden. Wir werden nicht in ausreichendem Maße die Leute für qualifizierte Aufgaben in der Forschung und in der Lehre gewinnen können, wenn wir die Leute mit Kettenbefristungen und mit unklaren Perspektiven letztlich im Regen stehen lassen.
Wir müssen insgesamt schauen, wie wir den Leuten bessere Perspektiven bieten. Dafür haben wir in Rheinland-Pfalz mit den zusätzlichen Stellen – erst einmal 100 Stellen im aktuellen Doppelhaushalt ohne BAföGMillionen und jetzt 200 Stellen mit den BAföG-Millionen – im Rahmen unserer Möglichkeiten im Land auch in Zeiten der Schuldenbremse und der Haushaltskonsolidierung viel getan, aber wir müssen auch sehen, dass wir eine Verstetigung dieser Bund-Länder-Finanzierung durch den Hochschulpakt brauchen.
Wir müssen das endlich verstetigen, weil im Grunde ein Rückgang der Studierendenzahlen auf das Basisjahr des Hochschulpakts nicht kommen wird. Die Studierendenzahlen werden also nicht auf das Niveau von 2005 zurückgehen. Das besagen alle Prognosen. Deswegen brauchen wir eine Verdauerung dieser Bund-LänderKooperation. Deswegen brauchen wir eine Verdauerung der Bundesverantwortung.
Mittlerweile haben wir die verfassungsmäßigen Grundlagen dafür, aber vom Bund kam bisher noch keine entsprechende Ansage. Ministerin Wanka hat keinen Plan, wie sie mit dieser neuen verfassungsrechtlichen Lage umgehen will und eine Verdauerung dieser Hochschulpakt-Finanzierung und dieser Bund-Länder-Kooperation hinbekommt. Wir in Rheinland-Pfalz haben mit unseren Möglichkeiten auch vor dem Hintergrund der Haushaltssituation und der Schuldenbremse das Unsrige getan, um dieses Problem anzugehen und bundesweit ein Zeichen zu setzen.
Zu den Aufgaben der Hochschule gehört natürlich auch die Frauenförderung. Da haben wir in dem entsprechenden Programm Zeichen gesetzt, dass uns die Frauenförderung wichtig ist. Immer noch ist es aber tatsächlich so, dass wir auf den wissenschaftlichen Karrierewegen – also von den Studierenden zu den Absolventinnen, von den Absolventinnen zu den Promovierten, von den Promovierten zu den Postdoc-Stellen und von den Postdoc-Stellen zu den Berufungen – immer noch viel zu große Frauenanteile verlieren.
Da kommen wir insgesamt von einem Verhältnis von etwa 50 : 50 zu einem Verhältnis, bei dem die Parität nicht gegeben ist. Das setzt sich bei den Hochschulleitungen fort. Wir haben in Rheinland-Pfalz keine Hochschulpräsidentin. Ich stelle das einfach einmal so fest. Das heißt mit anderen Worten, wir müssen weiter schauen, dass wir diese Frauenförderung intensivieren.
Dazu haben wir in unserem Antrag das richtige Instrument benannt. Wir können nicht in einem Fach mit einem geringen Frauenanteil unter den Studierenden von heute auf morgen 50 % Frauen auf Professuren berufen. Das wird nicht funktionieren. Wir müssen aber schauen, dass die Quote bei den Studierenden die Zielquote für die Promotionen, dass die Quote bei den Promotionen die Zielquote für die Postdoc-Stellen wird und dass wir das dann über die Berufungen bei den Fächern von unten durchwachsen lassen.
Auch bei den Fächern mit einer Unterrepräsentanz von Frauen müssen wir schauen, dass wir mehr Frauen dafür gewinnen, dort als Studierende hinzugehen. Das heißt, wir müssen die Frauenförderung letztlich weiter intensivieren. Ich denke, das ist auch eine Aufgabe, die man beim Thema Umgang mit dem wissenschaftlichen Personal erwähnen sollte.
Für uns war auch wichtig – deswegen fand ich es so erschreckend, was eben alles bei dem Bild ausgeblendet wurde, das von Ihnen gezeichnet wurde, Frau Klöckner – die Stärkung der Hochschulen in der Breite. Wir haben bei der Exzellenzinitiative durchaus erlebt, dass dabei sehr viel über ein schmales Segment der weltweit wettbewerbsfähigen Spitzenforschung geredet wurde. Diese Spitzenforschung zu fördern, ist keine Erfindung der Exzellenzinitiative.
Entsprechende Instrumente gab es schon vorher beispielsweise in den koordinierten Programmen der DFG mit Graduiertenschulen oder mit der Möglichkeit, Sonderforschungsbereiche einzurichten. Das heißt, Spitzenförderung gab es schon vor der Exzellenzinitiative. Die Exzellenzinitiative ist keine Erfindung der CDU – Frau Schleicher-Rothmund hat das erwähnt –, sondern das ist durchaus auch ein Projekt, das mit Rot-Grün auf den Weg gebracht worden ist.
Wir müssen uns aber auch noch anschauen, dass wir Qualitäten in den Hochschulen unseres Landes in der Breite, in den Regionen haben. Wir haben Hochschul
standorte, die von großen Unis in den städtischen Räumen bis hin zu Hochschulstandorten in dünn besiedelten Gegenden reichen, wie zum Beispiel den Umweltcampus Birkenfeld als Konversionsprojekt. Der Unterschied zwischen städtischen Räumen und ländlichen Regionen gehört doch auch zu unseren rheinland-pfälzischen Hochschulen.
Wir haben auch eine Vielfalt in der Breite, angefangen mit den großen Fächern, die jeder kennt, wie Medizin oder Rechtswissenschaft, bis hin zu Papyrologie in Trier oder der Ethnologie in Mainz oder dem Studiengang Edelsteine und Schmuck in Idar-Oberstein, der dort hochgradig regional vernetzt ist. Das heißt, wir müssen sehen, dass unsere Hochschulen nicht nur in der Spitze Qualitäten haben.
Beim Wettbewerb und beim Schauen auf die Hochschulen dürfen wir nicht nur auf die Spitzen schauen, sondern wir müssen in die Breite schauen. Wir müssen diese Qualitäten in der Breite würdigen und wertschätzen. Wir müssen die Hochschulen auch in der Breite fördern, damit sie in der Breite stark sein können. Das ist für uns auch wichtig gewesen.
Deswegen gehören entsprechende Spitzenförderungsinstrumente eben genauso zu einer klugen Hochschulfinanzierung wie die Gießkanne, die den Strahl weich über die Fläche verteilt und dort Wachstum ermöglicht. Vor diesem Hintergrund haben wir geschaut, dass wir zum Beispiel im laufenden Doppelhaushalt entsprechende Kostensteigerungen bei den Personalmitteln und beim Flächenmanagement abbilden.
Wir haben geschaut, dass wir entsprechende Gelder aus den Bundesmitteln in die Grundfinanzierung geben, damit die Hochschulen in der Breite gute Entwicklungsmöglichkeiten und jenseits von politisch bestellten Programmen auch die Möglichkeiten haben, eigene Schwerpunkte zu setzen. Wenn wir die Grundfinanzierung stärken, dann ermöglichen wir den Hochschulen einerseits, dass sie ihre Stromrechnungen bezahlen, und andererseits, dass sie ihre Bibliotheken auf einem aktuellen Stand halten.
Diese Komponente, die Grundfinanzierung bei den Sachmitteln zu stärken, war ganz genau richtig. Es war auch richtig, dass wir nicht nur eine Spitzenförderung aufgelegt und geschaut haben, wo die Weltspitze ist, sondern bewusst in die Breite gegangen sind. Das war die richtige Politik, die von der rot-grünen Landesregierung und entsprechend vom Haushaltsgesetzgeber verfolgt wurde, als die Entscheidungen beim Haushalt angestanden haben.
Wir dürfen, auch wenn es zur Fortführung der Exzellenzinitiative kommt, nicht vergessen, dass die Qualitäten unserer Hochschulen viel breiter angelegt sind, als sich das bei einem Auswahlwettbewerb für ein ganz schmales Segment der Spitzenforschung abbildet. Wir müssen genauer hinschauen, wie es bei den Hochschulen im
Eine besondere Qualität der Hochschulen in unserem Land machen gute Studienbedingungen aus, weil die Ausbildung der jungen Menschen eine ganz zentrale Aufgabe der Hochschulen ist. Hierbei haben wir auch Schwerpunkte gesetzt. Es wurde schon erwähnt, dass entsprechende Gelder bereitgestellt wurden. Für uns GRÜNE war es auch ganz wichtig, dass wir in Zeiten der Bologna-Reform sagen, wir wollen die Studierenden bei einem selbstbestimmten Studium unterstützen.
Wir haben das Thema im Landtag aufgegriffen und einen entsprechenden Grundsatzbeschluss zum Thema „Weiterentwicklung der Bologna-Reform“ gefasst, bei dem wir Pflöcke eingeschlagen haben in Richtung Durchlässigkeit, Master, Freiheit im Studium, Wahl und Wahlpflichtangebote und freie Gestaltung. Hiermit haben wir inhaltliche Schwerpunkte gesetzt. Man muss aber auch die erwähnten 40 Millionen Euro zur Stärkung der Lehre sehen, die das Land den Hochschulen gegeben hat.
Die Reputation in der wissenschaftlichen Gemeinschaft wird auf absehbare Zeit überwiegend von der Forschungsleistung abhängen. Hier dürfen wir uns keine Illusionen machen. Wer Wissenschaftlerin oder Wissenschaftler werden will, wird stark an der publizierten Forschungsleistung gemessen.
Daneben haben sich die Hochschulen in RheinlandPfalz auf den Weg gemacht, den Stellenwert der Lehre zu erhöhen. Es gibt Hochschulen, die zum Beispiel bei Professorenberufungen keinen wissenschaftlichen Fachvortrag mehr, sondern eine Probelehrveranstaltung, eine Probevorlesung, fordern, um die Lehreignung entsprechend zu würdigen.
Es gibt Hochschulen, die mittlerweile dazu übergehen, nicht nur für größere Forschungsvorhaben Freisemester zu geben, sondern auch für die Entwicklung innovativer Lehre, also für eine entsprechende Phase, in der sich Lehrende Zeit nehmen, um gute Konzepte wegweisend für die Lehre zu entwickeln.
Wir haben auch Hochschulen, die sagen, wer bei uns Professorin oder Professor wird, muss verbindlich eine Qualifikation im Bereich der Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte machen. Das heißt, auch in diesem Bereich haben wir gemeinsam mit den Hochschulen vieles auf den Weg gebracht. Die Hochschulen haben Ideen entwickelt und sind nach vorne gegangen.
Ein Meilenstein bei der Verbesserung der Studienbedingungen ist für mich die Abschaffung der Studienkonten. Es ist für mich auch die Abschaffung der mit den Studienkonten verbundenen Studiengebühren. Diese Studiengebühren haben die jungen Menschen belastet, die zum Beispiel lang studieren, weil sie neben dem Studium arbeiten müssen. Die Nullrunden beim BAföG auf Bundesebene lassen grüßen. Es gibt Studierende, die
müssen ihr Studium durch Arbeit finanzieren und können nur einen gewissen Teilzeitmodus hinbekommen.
Das war aber nicht entsprechend eingerechnet. Es gab Faktoren zum Beispiel für Kindererziehung. Es gibt natürlich auch andere Konstellationen, zum Beispiel die Konstellation, Kinder zu erziehen, wodurch sich große Verzögerungen im Studienablauf ergeben können. Es gibt auch die Möglichkeit, dass sich Studierende gesellschaftlich engagieren. Vor dem Hintergrund haben diese Studienkonten den Studierenden letztlich noch einmal einen Klotz ans Bein gebunden, die, warum auch immer, lange für ihr Studium gebraucht haben, vielleicht weil sie mit den Anforderungen nicht so gut zurechtgekommen sind und die entsprechenden Unterstützungssysteme noch nicht da waren.