Protokoll der Sitzung vom 29.04.2015

Dennoch bleibt zu konstatieren, dass der Gesetzentwurf schon jetzt in der vorliegenden Form ein gutes Gesetz ist. Das Justizministerium hat gut daran getan, dem Druck der Opposition standzuhalten und sich von ihr nicht zu einem Schnellschuss verleiten zu lassen. Wir werden es in den Ausschüssen konstruktiv beraten und

vielleicht auch noch die eine oder andere Änderung aus der Sachverständigenanhörung in den neuen Gesetzentwurf mit einfließen lassen können.

Aber ich muss an dieser Stelle abschließend noch einmal betonen, die Neuregelung des Richterwahlausschusses geht uns nicht weit genug. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN streben eine umfassende Selbstständigkeit der Justiz an, und die Einführung des Richterwahlausschusses und die Stärkung der richterlichen Beteiligung ist ein Schritt in diese Richtung. Wir sollten weiter auf diesem Weg gehen und uns auch richterlicher Mitbestimmung bei Beförderungen im Sinne der in Österreich bereits praktizierten Personalsenate nicht verschließen.

Für die Zukunft bleibt vieles noch zu tun, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Damit sind wir am Ende der ersten Beratung. Es ist vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Rechtsausschuss zu überweisen. Besteht darüber Einvernehmen? – Wenn dies der Fall ist, wird das Landesgesetz zur Änderung des Landesrichtergesetzes an den Rechtsausschuss überwiesen.

Ich rufe nun Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zur Änderung des Landesgesetzes über den Finanzierungsfonds für die Beamtenversorgung Rheinland-Pfalz und des Universitätsmedizingesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/4896 – Erste Beratung

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten pro Fraktion vereinbart. Zunächst erteile ich Frau Finanzministerin Ahnen das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Sie alle wissen, der Pensionsfonds wurde im Jahr 1996 errichtet und hat damals durchaus Neuland betreten. Die Tatsache, dass inzwischen eine Mehrheit anderer Länder unserem Vorbild gefolgt ist, zeigt, es war eine richtige Entscheidung.

Schauen wir in die Begründung zum damaligen Gesetzentwurf, dann stoßen wir auf drei maßgebliche Ziele:

1. die Vorsorge für die künftigen Versorgungsausgaben, 2. die rationale Haushaltsbewirtschaftung und 3. die Transparenz hinsichtlich der impliziten Verschuldung durch die Beamtenversorgung.

Diese Ziele hat der Pensionsfonds erfüllt. Er baut ein Vermögen auf, das ausschließlich für die Beamtenver

sorgung eingesetzt wird und einer anderen Verwendung entzogen ist. – Der Pensionsfonds trifft Vorsorge, das ist Ziel Nummer 1.

Um bei der Haushaltsbewirtschaftung rationale Entscheidungen zu treffen, werden die künftigen Pensionen bei den aktuellen Personalkosten der Beamtinnen und Beamten „eingepreist“ und werden damit vergleichbar zu den übrigen Beschäftigten. Die Bewirtschaftung wird also auf eine rationale Grundlage gestellt, das ist Ziel Nummer 2.

Die Versorgungsansprüche der aktiven Beamtinnen und Beamten sind garantiert. Die späteren Ausgaben sind für den Landeshaushalt absehbar. Durch den Pensionsfonds werden Versorgungsansprüche bereits mit der Einstellung haushalterisch relevant. Implizite Verschuldung wird in explizite haushaltswirksame Verschuldung umgewandelt und transparent gemacht. – Das ist Ziel Nummer 3.

Der Pensionsfonds hat also seine Ziele erfüllt. Dennoch gibt es nach 20 Jahren Veränderungsbedarf. Maßgeblich sind dabei die ursprünglichen drei Ziele „Vorsorge“, „rationale Bewirtschaftung“ und „Transparenz“. Der rheinland-pfälzische Pensionsfonds verfügt im Ländervergleich über eines der größten Vermögen, nämlich über 4,6 Milliarden Euro zum 1. Januar 2015.

Die Vorsorge für die Beamtenversorgung insgesamt beträgt in Rheinland-Pfalz pro Beamtin und Beamter knapp 12.000 Euro jährlich. Das ist mehr als das Dreifache des Durchschnitts bei den westdeutschen Flächenländern. Mit dem künftigen Mindestbetrag von 70 Millionen Euro bleibt Rheinland-Pfalz in der Spitzengruppe. Im Hinblick auf den Ländervergleich ist eine Teilfinanzierung der Versorgungsausgaben über den Pensionsfonds als Vorsorge zukünftig ausreichend.

Auch bei den Auszahlungen des Fonds orientiert sich die Landesregierung an den westdeutschen Flächenländern. Entnahmen sollen frühestens im Jahr 2020 möglich sein und sind per Gesetz festzulegen. Die Mittel des Fonds dürfen weiterhin nur für Versorgungsausgaben eingesetzt werden. Der Versorgungsgedanke bleibt also erhalten, der Umfang wird an die anderen Länder angenähert, und die Vorsorge kann künftig auch für den bevorstehenden starken Anstieg der Zahl der Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger aufgrund der Einstellungen der 1970er-Jahre eingesetzt werden, die bisher nicht vom Fonds umfasst sind.

Die Bedeutung der Stellenbewirtschaftung wird durch die Anpassung der Budgetierungsregelung zum Haushalt 2016 weiter verstärkt. Das Einpreisen von Versorgungsausgaben ist vor allem bei Landesbetrieben und Globalhaushalten von Bedeutung, die betriebswirtschaftlich arbeiten. Dort treten künftig Versorgungszuschläge an die Stelle der Fondszuführungen; damit ist weiterhin die Grundlage für eine rationale Bewirtschaftung, die ich unter Ziel Nummer 2 genannt habe, gegeben.

Nicht zuletzt wird die Landesregierung zukünftig eine Prognose zur Belastung durch künftige Versorgungsausgaben veröffentlichen, und dadurch wird die Transparenz – Ziel 3 – weiter erhöht.

Die Zuführungen werden weiter als Darlehen vergeben, weil dem Fonds Geld zur Nutzung auf Zeit überlassen wird. Der Fonds behält auch die Möglichkeit, beim Land zu investieren, wie dies bei der Mehrzahl der Bundesländer üblich ist; allerdings sollen die Anlagemöglichkeiten erweitert werden können.

Was ich mir bei der Diskussion um den rheinlandpfälzischen Pensionsfonds wünsche, ist eine Versachlichung. Oft werden bei diesem Thema apodiktische Gewissheiten vorgetragen; doch schon allein die Vielfalt und die Dynamik, die es bei den Pensionsfonds der Länder gibt, spricht für Pragmatismus. Ich sage ganz offen, der rheinland-pfälzische Pensionsfonds bildet eine mögliche und sinnvolle Ergänzung zum Abbau des strukturellen Defizits, den die Landesregierung mit Erfolg vorantreibt – nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.

Die Anpassung, die wir jetzt vornehmen wollen, beruht auf einem stimmigen Gesamtkonzept, wie ich – glaube ich – aufzeigen konnte, und die ursprünglichen Ziele behält die Landesregierung aber stets vor Augen. Der Pensionsfonds dient nach wie vor der Vorsorge, der rationalen Bewirtschaftung und der Transparenz bei der Beamtenversorgung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Kollege Dr. Weiland.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann diesen Gesetzentwurf nicht verstehen ohne die vorausgegangene Entwicklung, und am Anfang dieser Entwicklung stand eine kluge Idee: Für stetig steigende künftige Beamtenpensionen wollte das Land Vorsorge treffen. Der damalige Finanzminister Mittler nannte bei der Verabschiedung des Pensionsfondsgesetzes 1996 vier Ziele, erstens: dauerhafte Vorsorge, zweitens: die Kosten transparent zu machen, drittens: die Kosten von Beamten und Angestellten vergleichbar zu machen, und schließlich viertens: den Ressorts die Verantwortung für sämtliche Personalkosten, auch die Kosten der Altersversorgung, zu übertragen.

Für die ab Oktober 1996 eingestellten Beamten wurde deshalb ein versicherungsmathematisch festzusetzender Vomhundertsatz der Besoldungsausgaben in den Pensionsfonds gezahlt. Die Zahlungen wurden als Personalausgaben in der Hauptgruppe 4 sachgerecht in allen Kapiteln des Haushalts mit Besoldungsausgaben für aktive Beamte veranschlagt, und – mehr noch – auf Antrag der damaligen Koalitionsfraktionen von SPD und FDP wurde ins Gesetz geschrieben, dass die Zuführungen an den Pensionsfonds aus Einsparungen im Landeshaushalt zu finanzieren sind. Minister Mittler damals wörtlich:

Damit wird der Grundsatz Vorsorge durch Einsparung nun auch im Gesetz festgeschrieben; denn wir wollen die Zuführungen der Fondsmittel nicht mit zusätzlicher Verschuldung finanzieren. –

Noch deutlicher wurde der damalige SPD-Landtagsabgeordnete und geschätzte Haushaltspolitiker, Herr Professor Preuss.

Herr Kollege Preuss wörtlich: Insofern würde das einen Verstoß gegen die Verfassung bedeuten, wenn wir überhaupt nur den Versuch unternehmen würden, diesen Pensionsfonds aus Krediten zu speisen. –

(Schreiner, CDU: Hört! Hört!)

Von Anfang an allerdings hatte der Pensionsfonds einen schweren Geburtsfehler. Er sollte sein Kapital ausschließlich in Schuldverschreibungen des Landes anlegen. Das ist sofort auf zwei Vorbehalte gestoßen. Zum einen nämlich bewirkt die Anlage in Schuldscheinen des Landes kein wirklich vorsorgendes Vermögen, sondern damit werden die Belastungen auf die Zukunft vorgetragen.

Zum anderen erfolgt so kein wirklicher Druck auf wirkliche Einsparungen. Das hat nicht nur die CDU-Fraktion seither immer kritisiert. In der damaligen Anhörung zum Gesetzentwurf taten das in bemerkenswerter Übereinstimmung die Gewerkschaft ÖTV – heute ver.di – und der Landesrechnungshof.

In der Folge verabschiedete sich die Landesregierung dann schrittweise von den Grundsätzen des Pensionsfonds, die sie selbst formuliert hatte. Eine erste bemerkenswerte Änderung erfolgt 2001. Ab diesem Jahr werden die Zuführungen an den Pensionsfonds nicht mehr als Personalausgabe in der Hauptgruppe 4 veranschlagt, sondern in der Hauptgruppe 9 als besondere Finanzierungsausgaben. Das führt zu einem ersten Verlust an Transparenz.

Die nächste Änderung beginnt dann schleichend 2003. Von da an werden die Mittel des Fonds nicht mehr ausschließlich in Schuldverschreibungen des Landes angelegt, sondern auch in anderen Anlagen. Zuerst ist es der Kauf von Wohnungsbaukrediten des Landes. Ab 2005 sind es dann Forderungen und Schuldscheindarlehen gegen eine Kommanditgesellschaft des Landes. Es handelt sich hierbei um eine Briefkastenfirma, die PLP Management GmbH & Co. KG.

Der Pensionsfonds wird damit endgültig in ein System von finanziellen Transaktionen des Landes eingebunden, die der verdeckten Verschuldung dienen.

Von 2006 an werden dann plötzlich die Zuführungen zum Pensionsfonds als Darlehen des Landes und damit zwar wirklichkeitswidrig, aber definitorisch als Investitionen in der Hauptgruppe 8 veranschlagt. Das ist eine der Fragen, die derzeit verfassungsrechtlich geprüft werden. Darauf will ich hier deshalb auch nicht näher eingehen.

Bemerkenswert allerdings ist, dass die bis 2019 geltende Schuldenbremse, die sich an den Investitionen be

misst, ohne diese Maßnahme nicht eingehalten werden kann.

Mit diesem Gesetzentwurf verabschiedet sich die Landesregierung nun endgültig von der ursprünglichen guten Idee, die zwischenzeitlich von ihr selbst pervertiert wurde. Aus dem Versicherungsmodell wird ein Fonds nach Kassenlage. Dass die Landesregierung ihren Gesetzentwurf gerade jetzt vorlegt, spricht für sich.

(Beifall der CDU)

Offensichtlich haben Sie plötzlich Handlungsdruck verspürt. Aber Sie haben nicht die Kraft, zur guten Ursprungsidee des Pensionsfonds zurückzukehren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Mit dem Gesetzentwurf, den Sie heute vorlegen, sind alle vier Ziele, die der Pensionsfonds bei seiner Errichtung im Jahr 1996 erreichen sollte, endgültig aufgegeben: keine wirkliche Vorsorge, keine Transparenz der Kosten.

Was bleibt, ist ein fast beliebig einsetzbarer „Reptilienfonds“ für zukünftige Haushalte, weil Sie schon jetzt Angst haben, dass Sie 2020 die Schuldenbremse sonst nicht einhalten können. Alle offenen verfassungsrechtlichen Fragen – – –

(Haller, CDU: Ob die Schuldenbremse eingehalten wird, das lassen Sie mal unsere Sorge sein!)

Das ist eine komische Auffassung, Herr Kollege Haller, wenn man einen solchen Zwischenruf im Souverän dieses Landes, im Landtag Rheinland-Pfalz, macht.

(Frau Klöckner, CDU: Was hat er gesagt?)

Ob die Schuldenbremse eingehalten werde oder nicht, das sei ihre Sorge.