Protokoll der Sitzung vom 28.05.2015

Ich glaube nicht, dass dies das ist, was Sie wollen. Sie beleidigen damit nicht nur hetero- und homosexuelle Paare, die keine Kinder bekommen können oder wollen. Sie

beleidigen auch heterosexuelle Ehen wie meine, die Kinder hatte, bevor die Ehe eingegangen wurde. Dann wurde die Ehe eingegangen, und wir haben gesagt, es ist völlig unabhängig von der Familie, eine Ehe einzugehen, weil es aufgrund von Liebe darum geht, sich ein Leben lang ein Versprechen der gegenseitigen Verantwortungsübernahme zu geben. Das ist die Ehe.

Liebe CDU, liebe Frau Klöckner, öffnen Sie die Ehe für die Liebe!

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Alt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Irland hat entschieden. Auf der „Grünen Insel“ kommt die Öffnung der Ehe. Das belegt einmal mehr, dass die Zeit für die vollständige rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare gekommen ist. Es ist nun weltweit der 20. Staat, der neben unseren unmittelbaren Nachbarn Frankreich, Dänemark, Luxemburg, Belgien und den Niederlanden die Ehe für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften geöffnet hat.

Auch bei uns in Deutschland kommt es heute in großen Teilen der Bevölkerung bei einer Partnerschaft nicht in erster Linie auf das Geschlecht des Partners an, sondern vielmehr darauf, dass zwei Menschen füreinander Verantwortung übernehmen möchten.

Es gibt mehrere Umfragen. Eine Umfrage des Magazins „stern“ hat ergeben, dass sich 74 % der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger für die rechtliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der traditionellen Ehe aussprechen. Die Landesregierung RheinlandPfalz steht schon seit vielen Jahren für die vollständige rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare ein. Rheinland-Pfalz hat 2009 eingetragene Lebenspartnerschaften im gesamten Landesrecht gleichgestellt.

Im Rahmen des Landesaktionsplans „Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen“ haben wir zum 1. Januar 2012 gemeinsam Beamtinnen und Beamte rückwirkend zu 2001 gleichgestellt. Es wird Zeit, dass die Bundesebene auch entschlossen nach vorne geht. Von daher werden wir aus Rheinland-Pfalz erneut eine Bundesratsinitiative zur Öffnung der Ehe starten. Ich will auch noch einmal auf den Punkt eingehen, den Sie noch einmal angesprochen haben. Unser Gesetzentwurf basiert nicht auf einer Verfassungsänderung, sondern es reicht eine einfachgesetzliche Regelung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will mit einem Zitat schließen, das ich auch 2013 im Bundesrat vorgetragen habe. Hierbei handelt es sich um ein Zitat aus der Antrittsrede von Barak Obama. Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich: Wir, das Volk, erklären

heute, dass die selbstverständlichste aller Wahrheiten die ist, dass alle von uns gleich geschaffen sind. Unsere Reise ist nicht zu Ende, solange unsere homosexuellen Brüder und Schwestern nicht auch vor dem Gesetz gleich sind; denn wenn wir gleich geschaffen sind, muss auch die Liebe eines Menschen zu einem anderen gleichwertig sein.

In diesem Sinne danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach der Geschäftsordnung steht den Fraktionen jeweils ein zweiminütiges Rederecht zur Verfügung.

Gibt es Wortmeldungen? – Frau Kohnle-Gros von der CDUFraktion hat das Wort.

Liebe Frau Ministerin Alt, es ist jetzt schon spaßig, dass ausgerechnet die GRÜNEN mit dem Obama kommen. Amerikaner sind jetzt – glaube ich – auf Ihrer Tagesordnung nicht gerade die größten Freunde. Aber man sucht es sich immer gerade so aus, wie es einem passt. Das ist völlig klar.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Unruhe im Hause)

Ich wollte einfach noch einmal etwas anderes sagen, weil Sie jetzt gesagt haben, Sie sehen keinen Bedarf für eine Verfassungsänderung. Ich will noch einmal auf die Entscheidungen eingehen, auch bei dem Bundesverfassungsgericht über viele Jahre und in verschiedenen Ausprägungen gefällt, damit es hier nicht so stehen bleibt.

(Zuruf des Abg. Carsten Pörksen, SPD)

Auch das Bundesverfassungsgericht hat nie einstimmig über diese Fragen entschieden, sondern mehrheitlich. Deswegen würde ich doch herzlich darum bitten, dass Sie auch wahrnehmen, dass es in der Bevölkerung andere Stimmen gibt, die in der Debatte, egal, ob wir über einzelne Dinge sprechen oder über generelle Linien oder gar über Verfassungsänderungen, zur Kenntnis genommen werden sollten.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, wenn Sie uns immer hier die tollen Argumente vortragen wollen, so arg beeindruckend war das nicht, was Sie gesagt haben, als dass man sofort die Haltung grundsätzlich ändern müsste.

(Zurufe von der CDU)

Ich will einfach nur einmal sagen, dass diese Diskussion öffentlich geführt werden muss, und sie wird auch geführt, und dass sie dann letztendlich in die Koalitionsvereinbarungen einfließen muss. Im Augenblick steht das nicht drin.

(Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Ich will das einfach nur noch einmal sagen, es steht so nicht drin. Es ist anders vereinbart.

(Zurufe von der SPD)

Sie dürfen auch diskutieren, natürlich. Sie haben sowieso immer schon die gleiche Meinung, insofern ist das nichts Neues. Das haben Sie noch nicht durchsetzen können, weil Sie die Wahl nicht gewonnen haben und nicht der größere Fraktionspartner im Bundestag sind. Das müssen Sie vielleicht auch einfach einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Aber was soll das jetzt alles? – Ich will es einfach nur noch einmal sagen. Eine gewisse Offenheit an der Stelle ist – glaube ich – sinnvoll. Ich kann gar nicht verstehen, dass nicht alle im Parlament der Meinung sind, dass wir bei dieser Diskussion alle Menschen ein Stück weit mitnehmen sollten.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Rauschkolb.

Also das mit der Begründung vom Bundesverfassungsgericht habe ich auch wieder nicht richtig verstanden, weil es natürlich komisch wäre, wenn die Bevölkerung in Deutschland einer Meinung wäre. Wir hatten es schon einmal in der Geschichte, und es war nicht glücklich.

(Carsten Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Von daher ist es klar, dass es bunt ist. Jeder darf seine Meinung sagen. Wir haben eine öffentliche Presse und Meinungsfreiheit in Deutschland. Von daher ist es natürlich in Ordnung, dass auch Bundesverfassungsrichter einmal eine andere Meinung haben.

(Zuruf des Abg. Michael Billen, CDU)

Unsere Gesellschaft ist bunt, und natürlich möchte ich noch einmal betonen, dass uns die Familie sehr wichtig ist. Aber es gibt auch Paare, die gar keine Kinder bekommen können. Die sind genauso viel wert wie Paare, die welche bekommen können. Das muss man auch noch einmal in der Diskussion sagen, dass nicht aus jeder Ehe Kinder entstehen können und diese Ehen auch genauso wichtig sind. Wir müssen sie respektieren und anerkennen.

Von daher würde ich sagen, auch der Koalitionsvertrag ist für mich keine ganzheitliche Begründung, weil es Entwicklungen wie jetzt dieses Referendum gibt, die etwas später passieren als Koalitionsvereinbarungen. Man kann sich auch von Argumenten überzeugen lassen und eine andere Meinung einnehmen, für die vielen Paare in Deutschland, die sich das so sehr wünschen würden, in die Bresche springen und sagen, wir machen das, wir gehen von unserem Familienbild weg, wir öffnen uns ein bisschen für die

Menschen in der Gesellschaft und gehen mit.

Deswegen bitte ich Sie, überdenken Sie noch einmal Ihre Leitlinien, und die Familie ist da, wo Verantwortung übernommen wird, und da, wo vielleicht Mama und Mama und Papa und Papa sind.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Kollegin Schellhammer.

Danke, Frau Präsidentin.

Ich möchte ausdrücklich für meine Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonen, dass wir uns sehr freuen, dass erneut eine Bundesratsinitiative gestartet wird. Das ist ein guter und richtiger Schritt. Ich will es nicht allein mit der Abstimmung in Irland, sondern damit begründen, was wir seit der Abstimmung hier in Deutschland erlebt haben. Wir haben eine breite Debatte in vielen Medien erlebt, und viele Bürgerinnen und Bürger äußern sich und haben erst durch die Medienöffentlichkeit gemerkt, es gibt zwei unterschiedliche Rechtsinstitute. Es gibt die Zivilehe auf der einen Seite und die Eingetragene Lebenspartnerschaft auf der anderen Seite.

Wenn man sonst Menschen fragt, die nicht in homosexuellen Partnerschaften leben, dann ist ihnen oft nicht bekannt gewesen, dass es tatsächlich immer noch diese rechtliche Diskriminierung gibt. Diese Abstimmung in Irland hat gezeigt, es gibt diese rechtliche Diskriminierung, und das wollen viele einfach nicht mehr mitmachen. Deswegen müssen wir an die appellieren, die bislang blockieren, dass man umdenkt.

Ich bin sehr optimistisch. Die Gesellschaft ist einen deutlichen Schritt weiter, und deswegen bin ich auch sehr optimistisch, dass diese rechtliche Diskriminierung in naher Zukunft beendet werden wird.

Noch einmal ganz klar, wir unterstützen jede Form der Familien in Rheinland-Pfalz. Wir unterstützen Alleinerziehende, wir unterstützen klassische Heterofamilien, wir unterstützen selbstverständlich auch die Regenbogenfamilien. Alle sind uns herzlich willkommen in Rheinland-Pfalz, und wir unterstützen sie, so gut wie wir können.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Bevor ich die nächste Aktuelle Stunde aufrufe, möchte ich bei uns hier in Mainz einen Gast willkommen heißen, den Generalkonsul von Chile, Christian von Loebenstein. Bienvenido a Renania-Palatinado!