Protokoll der Sitzung vom 28.05.2020

Wir brauchen ein gesamteuropäisches Bemühen für ein europäisches Asylsystem.

(Zuruf des Abg. Jochen Hartloff, SPD)

Das muss unser Ziel sein, und daran arbeiten auch die Bundeskanzlerin und der Bundesinnenminister.

(Beifall der CDU)

Deswegen wollen wir das als CDU-Fraktion nicht. Im Gegenteil, wenn dies so wäre, würden wir bei den Geflüchteten auf den griechischen Inseln eine Erwartungshaltung schüren, die so nicht hinnehmbar und erfüllbar ist.

(Zuruf der Abg. Jaqueline Rauschkolb, SPD)

Das ist doch der Punkt.

Ich will noch eines klarstellen: Wir wollen natürlich, aber können nicht allen Menschen helfen. Auch das muss man vielleicht irgendwann noch einmal sagen. So leid es mir tut. Ich kenne auch die Bilder vor Ort. Das tut einem in der Seele weh.

Aber deswegen ist es umso wichtiger, und das gehört auch dazu, dass wir auch in Griechenland humanitäre Hilfe leisten. Das macht im Übrigen Deutschland. Das macht die Europäische Union. Da haben Sie recht, die Zustände sind absolut katastrophal, da muss Hilfe geleistet werden.

(Glocke des Präsidenten)

Aber da sind wir doch dabei. Das muss doch unsere Gesinnung sein. Dabei übernimmt Deutschland Verantwortung, und wir übernehmen Verantwortung. Deswegen ist das keine Blockadehaltung, wie Sie das hier behauptet haben.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Joa.

Geehrter Präsident, liebe Kollegen! Um eines von Beginn an klarzustellen: Natürlich haben wir auch in Krisenzeiten wie diesen eine moralische Verpflichtung, Menschen zu helfen, die direkter Verfolgung ausgesetzt oder deren Leben unmittelbar bedroht ist.

Die entscheidende Frage allerdings ist: Wie können wir diesen Menschen am besten helfen? Die eindimensionale Antwort der Grünen lautet: „Geflüchtete Menschen von den griechischen Inseln sofort aufnehmen“.

Würden Sie es also wirklich ernst meinen, müsste Deutschland ca. 38.500 Personen aufnehmen, die laut griechischem Ministerium derzeit in den Ankunftslagern gestrandet sind.

Dass die Lebensverhältnisse vor Ort beengt, die Versorgungslage unzureichend, die Unterbringungssituation in manchen Fällen menschenunwürdig ist, steht außer Frage. Doch neben den Zuwanderern leidet auch die einheimische Bevölkerung unter den Zuständen, die zum Teil Konflikte und Plünderungen hervorrufen. Niemandem von uns kann diese Situation gleichgültig sein.

Deswegen ist es wichtig, nach tragfähigen Lösungen für alle Betroffenen zu suchen. Als Erstes sollte nach der Ursache der Probleme gefragt werden. Warum befinden sich überhaupt so viele Menschen auf den griechischen Inseln?

Der Grund heißt Erdogan.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Genau!)

Seinem Aufruf zum EU-Grenzübertritt folgten Tausende. Die Türkei hat genau erkannt, dass sie die Migration als Druckmittel einsetzen kann. Wenn Deutschland sich auf dieses Spiel einlässt, indem es einen Großteil der Zuwanderer aufnimmt, wäre das nur eine Bestätigung für den Möchtegernsultan vom Bosporus und seine perfide Strategie.

Groß angelegte Aufnahmeprogramme schaffen außerdem neue Zuwanderungsanreize, anstatt Fluchtursachen wirksam zu bekämpfen. Dies gilt insbesondere für die besonders Schutzbedürftigen. Vor allem Kinder und Jugendliche dienen als Ankerpersonen für daheimgebliebene Familienangehörige.

(Abg. Jaqueline Rauschkolb, SPD: Was für ein Quatsch!)

Auf Nachfrage der AfD-Bundestagsfraktion beschreibt die Bundesregierung diesen Personenkreis der besonders Schutzbedürftigen genauer – ich zitiere wörtlich –: „Als besonders schutzbedürftig werden Personen eingeschätzt, deren Versorgung und Integration (...) dauerhaft besonders schwierig erscheint“.

Ministerin Spiegel möchte demnach die Perspektivlosesten der Perspektivlosen in großer Zahl nach Rheinland-Pfalz holen. Ausgerechnet während einer andauernden Krise, in der unsere eigenen Bürger und unsere Wirtschaft um ihre Existenz kämpfen müssen.

Dies ist nicht nur fahrlässig, sondern politisch grob verantwortungslos. Deutschland ist nicht unbegrenzt aufnahmefähig.

(Beifall der AfD)

In den letzten Jahren wurden bereits mehr als 2 Millionen Asylmigranten ins Land gelassen und mit Steuergeldern finanziert. Seit 2016 hat allein der Bund 87,3 Millionen Euro gezahlt. Das ist mehr als die Hälfte der gegenwärtigen Corona-Hilfen – Gelder, die uns jetzt fehlen.

Laut Ausländerzentralregister hat Rheinland-Pfalz über 60.000 Asylbewerber aufgenommen. Der größte Teil verfügt auf dem Papier über ein zeitlich befristetes Aufenthaltsrecht. Dass diese Zuwanderer aber jemals in ihre Heimatländer zurückkehren werden, darf genauso bezweifelt werden wie eine flächendeckende Integration in die deutsche Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt.

Die resultierenden langfristigen Probleme samt Kostenexplosion sind wohlbekannt und verschärfen sich mit der Corona-Krise nun weiter. Dennoch bleiben die Grünen auf ihrem ideologiegetriebenen Kurs „Vorwärts immer, rückwärts nimmer“.

Wir als AfD fordern mehr Maßnahmen zur Fluchtursachenbekämpfung in den Herkunftsländern, anstatt immer neue Migrationsanreize zu schaffen. Auch hier braucht es direkte Vor-Ort-Hilfen auf den griechischen Inseln und keine Umsiedlungsprogramme nach Deutschland.

Wenn die Bundesregierung eine Blockadehaltung aufgeben soll, wie es die Grünen lautstark fordern, dann doch bitte, indem sie endlich internationale Abkommen zur Rücknahme abgelehnter Flüchtlinge schließt.

(Beifall der AfD)

Handeln Sie endlich verantwortungsbewusst gegenüber den Bürgern dieses Landes; denn am Ende zahlen nicht Ministerin Spiegel, die Grünen-Fraktion oder gar spendable Parteigänger die Kosten dieser Migration,

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sondern der rheinland-pfälzische Steuerzahler, der in Zukunft hoch belastet wird und schauen muss, dass er durch die Krise kommt.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD – Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Roth.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mehr als 42.500 Migrantinnen und Migranten sind derzeit auf den griechischen Inseln Lesbos, Samos, Kos, Leros oder Chios. Ausgelegt sind die Flüchtlingsaufnahmelager gerade einmal für 6.000 Menschen. Angesichts dieser dramatischen Überbelegung leben die Menschen dort in unhaltbaren Zuständen. Das allein ist schon ein großes Dilemma.

Zu diesen Zuständen kommt jetzt noch die CoronaPandemie hinzu. Sie bedeutet eine zusätzliche Gefährdung insbesondere für kranke und schwache Menschen. Immerhin dürfen jetzt besonders gefährdete Menschen auf andere Inseln oder das griechische Festland umsiedeln.

Nach Angaben der EU-Kommission werden derzeit etwa 2.400 Menschen in Wohnungen und Hotelzimmern untergebracht. Wir müssen uns fragen: Wann finden die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union endlich einen gemeinsamen Weg, solche Zustände zu beenden beziehungsweise zu vermeiden?

Eine Soforthilfe vor Ort und die vereinzelte Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen ersetzen nicht einen wirkungsvollen und vor allem europäischen Plan zum Handeln.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Freien Demokraten befürworten durchaus, unbegleitete Minderjährige in der EU aufzunehmen, auch in Deutschland.

Rheinland-Pfalz ist bereit, seinen Beitrag für die Übernahme junger Menschen zu leisten. Dieser Plan fuktioniert aber nur, wenn der Bund tätig wird und transparente Leitlinien für alle Bundesländer vorgibt.

Genauso beurteilen wir die Lage auf europäischer Ebene. Wir brauchen den Willen und die Bereitschaft zu gemeinsamen Anstrengungen aller EU-Mitglieder. Wir brauchen klare Verabredungen, und wir brauchen eine faire Verteilung auf die Mitgliedstaaten.

Wir Freien Demokraten fordern daher eine europäische Lösung, in die alle eingebunden werden. Wer sich aus der Mitgliedschaft Vorteile verspricht, der darf sich bei dringenden sozialen Fragen nicht vollends verweigern. Die CoronaPandemie führt uns gerade eindrucksvoll vor Augen, dass globale Probleme nicht nur im Klein-Klein in den Nationalstaaten gelöst werden können. Also brauchen wir endlich einen Neustart in der gemeinsamen Asyl- und Flüchtlingspolitik Europas.

Dafür sollte sich Rheinland-Pfalz auf Bundesebene und in Brüssel einsetzen. Dazu sollte es Ideen und Vorschläge geben, wie ein einheitlicher Aufnahme- und Integrationsprozess organisiert werden kann, von der Erstregistrierung bis zum Asyl- oder Duldungsbescheid. Daneben brauchen wir neue Wege für eine gerechte Verteilung von anerkannten Flüchtlingen, vielleicht auch inklusive Ersatzmaßnahmen oder punktgenauer finanzieller Unterstützung vor Ort.

Ein Flüchtlingslager wie Moria, wo Menschen in Zelten zwischen Müllbergen wohnen, soll und darf es auf europäischem Boden nicht geben.