Protokoll der Sitzung vom 28.05.2020

Was ist genau geplant? An 30 bis 35 Schulen – eine pro Landkreis bzw. kreisfreie Stadt – werden je 40 Schüler aus zwei bis drei vorausgewählten Klassen auf freiwilliger Basis regelmäßig über einige Wochen getestet. Natürlich sind Risikohaushalte, Geschlecht, Alter und Risiko schriftlich anzugeben, damit wir das alles auf dem Papier haben. Dann werden die Eltern über die Schulleitungen informiert, was dabei herausgekommen ist; denn auch da können wir nicht einfach irgendetwas herumschicken, sondern hier müssen wir ebenfalls den Datenschutz einhalten.

Damit können wir möglicherweise herausfinden, wie eine Übertragung dieser Infektion erfolgen kann und ob wir daraus Schlüsse ziehen und etwas machen können. Das nenne ich vernünftige Politik. Das nenne ich auch ein vernünftiges Vorgehen mit den Tests.

Wir sind nicht weit auseinander, nur die Vorgehensweise ist eine andere; denn wir haben natürlich unsere Verfassung noch im Griff.

Ansonsten danke schön.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt hat der Abgeordnete Köbler für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob Sie es auch bemerkt haben: Da war sie wieder, die Ambivalenz zur CDU. Gestern zur Primetime durfte Herr Baldauf und heute Morgen zur Primetime durfte Frau Beilstein die schnellstmögliche Öffnung der Schulen mir regulärem Unterricht einfordern. Heute Nachmittag darf dann Frau Huth-Haage sagen, ja, aber behutsam und langsam und doch alles nicht so schnell, weil Sie genau wissen, dass es da draußen Leute gibt – Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, Eltern –, die nachvollziehbarerweise natürlich auch Angst vor einem Kurs haben, bei dem wir gar nicht so weit auseinanderliegen, dass wir so schnell wie möglich wieder zum regulären Unterricht und zum regulären Kita-Betrieb kommen.

Ich finde das auch gar nicht verwerflich, weil ich glaube, dass wir in allen Parteien, in der Landesregierung und auch in der Bundesregierung die ganze Zeit über diese beiden Dinge diskutieren und dazwischen abwägen. Man muss dann aber auch so ehrlich sein und nicht in der Primetime die sofortige Öffnung aller Schulen und Kitas fordern, um dann, wenn es doch Bedenken gibt, diesen Antrag als weiße Salbe nach dem Motto „Ach übrigens, das haben wir am späten Abend auch noch beantragt“ hinterherzuschicken.

(Abg. Anke Beilstein, CDU: Man muss mal richtig zuhören!)

Kommen wir zu Ihrem konkreten Antrag, der besagt, testen von allen Erzieherinnen und allen Lehrerinnen und Lehrern. Ja – sie können mir glauben, das haben wir Grüne immer gesagt –, wenn wir Lockerungen vornehmen, die wir für erstrebenswert halten, wenn es das Infektionsgeschehen zulässt, dann müssen wir überall verstärkt testen und diese Möglichkeit nutzen. Wir sind sehr froh, dass auch die Landesregierung eine Teststrategie entwickelt hat und verfolgt.

Ich habe heute Morgen schon einmal gesagt und wiederhole das: Die Menschen können nicht verstehen, dass teilweise in Krankenhäusern und in Alten- und Pflegeheimen, aber auch in Kitas und Schulen nicht getestet wird, aber in der Fußball-Bundesliga getestet werden kann. Ich glaube, da sind wir auch nicht so weit auseinander.

Ich bin auch froh, dass jetzt genauer systematisch hingeschaut wird, wie die Entwicklung in den Kitas und Schulen ist, um daraus Rückschlüsse ziehen zu können.

Natürlich könnte man in einer perfekten Welt sagen, alle Erzieherinnen und Erzieher und alle Lehrerinnen und Lehrer müssen wir ständig testen. Schön wäre es! Sie müssen aber auch die Fakten zur Kenntnis nehmen. Wir haben an unseren Schulen über 50.000 Lehrkräfte und Fachkräfte, über die wir reden. Wir haben über 30.000 Erzieherinnen und Erzieher im Land.

Frau Kollegin Brück hat darauf hingewiesen, ein Test ist keine Sicherheit. Wenn Sie halbwegs valide Ergebnisse haben wollen, dann müssen Sie die Leute innerhalb von einer Woche eigentlich dreimal testen, beispielsweise in der letzten Schulwoche. Dann hieße das, es wären fast eine Viertel Millionen Tests innerhalb einer Woche nur in Rheinland-Pfalz. Das wollen Sie regelmäßig wiederholen.

Wir haben eine aufgestockte Testkapazität in RheinlandPfalz von 6.200 Tests am Tag. Sie reden von einer Viertel Millionen Tests am Tag, die wir regelmäßig innerhalb von einer Woche machen müssten. Das ist eine ziemlich sportliche Aufgabe.

Selbst wenn man die Tests mit Ausweitung aller Kapazitäten mit neuen Verfahren usw. machen könnte, dann reden wir nur über die Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrkräfte. Dann haben wir noch niemand in den Krankenhäusern, niemand in der Altenpflege und niemand in der Behindertenhilfe getestet. Ich finde, das gehört dann auch zum

gesamten Bild dazu.

Ein solcher Test kostet über 50 Euro. Dann ist es bis heute so, dass nur anlassbezogene Tests von der Krankenversicherung finanziert werden. Das heißt, bei den Lehrkräften müsste das Land bezahlen, klar, okay. Darüber kann man diskutieren. Aber bei den Erzieherinnen und Erziehern müssten es die Kommunen und die sozialen Träger bezahlen.

Meine Damen und Herren, woran hängt es denn, dass nicht auch zumindest in manchen Berufsgruppen anlasslos getestet werden kann? Es hängt doch an Bundesgesundheitsminister Spahn von der CDU. Er hat es bis heute nicht fertiggebracht, die entsprechende Rechtsverordnung zu erlassen, dass auch in bestimmten Bevölkerungsgruppen anlasslose Tests durchgeführt und von der Krankenversicherung entsprechend finanziert werden können.

(Vereinzelt Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Wenn Sie – da sind wir bei Ihnen – wirklich eine Ausweitung der Testkapazitäten umsetzen wollen – dann aber auch sinnvoll –, müssen Sie einmal dafür sorgen, dass der Bundesgesundheitsminister von der CDU endlich einmal seinen Job macht und nicht dauerhaft überfordert ist.

(Beifall des Abg. Michael Frisch, AfD)

Dann kämen wir in der Sache auch ein gutes Stück weiter. Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Zu einer Kurzintervention auf die Ausführungen des Abgeordneten Köbler erteile ich dem Abgeordneten Gensch von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Köbler, mir war es wichtig, noch einmal auf die Problematik mit großflächigen Testungen einzugehen, die Sie angesprochen haben. Zunächst einmal muss ich Sie korrigieren. Ein Test mit einer Viruslastmessung kostet nicht 50 Euro, sondern je nach Labor mindestens 60 bis 80 Euro. Tatsächlich ist das ein relevanter Betrag.

Es ist die ganz entscheidende Frage, wie ich das reduzieren kann. In dem Punkt gibt es momentan erhebliche Forschungsbemühungen, mit dem Pooling von Proben die Brücke zwischen dem zu schaffen, was betriebswirtschaftlich und logistisch möglich ist, und dem, was medizinisch verantwortbar ist, um vulnerable Gruppen in einem besonderen Maß zu schützen.

Die Universitätsklinik in Homburg zum Beispiel testet mittlerweile flächendeckend ihre Mitarbeiter. Sie haben die

Testkosten pro Mitarbeiter auf 8 Euro senken können. Sie schaffen das, indem sie Proben poolen, 10, 20 und 30. Das sind Dinge, die man in einem vernünftigen Maß machen kann. Das sind Methoden, um große Bevölkerungskohorten oder Lehrer, Erzieher, oder auch medizinisches Fachpersonal in einer Zeit zu testen, in der es problematisch ist und in der man diese Gruppen, für die man verantwortlich ist, in einem besonderem Maße schützen möchte.

Das ist etwas, mit dem man sich dann auch beschäftigen und überlegen muss, ob es etwas wäre. Komplett durchzutesten, also eine Viertel Millionen Testungen pro Tag oder wie auch immer durchzuführen, ist nicht unser Ansinnen. Das haben wir nicht vor. Das ist auch nicht zielführend.

(Beifall der CDU)

Zu einer Erwiderung erteile ich dem Abgeordneten Köbler das Wort.

Herr Dr. Gensch, es wird Sie jetzt überraschen, aber da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Sie haben vollkommen recht, klar. Diese Poolingtestlösung ist ein Schritt. Aber es ist eben der erste Schritt, der erst einmal gemacht und ausgebaut werden muss. Es müssen erst die bundesrechtlichen Vorgaben gemacht werden, damit auch das mit refinanziert wird.

Es ist doch ein Unterschied, ob es jetzt das Universitätsklinikum macht, was gut ist, was wir auch weiter ausbauen sollten, oder ob wir über Tausende Schulen, Kitas und Bildungseinrichtungen mit unterschiedlichen Trägern und unterschiedlichem Personal reden.

Ich habe doch gesagt, in einer perfekten Welt würde ich Ihrem Antrag zustimmen. Wir haben aber die Voraussetzungen dafür noch nicht. Diese müssen erst einmal geschaffen werden. Dann kann man darüber reden. Aber dann braucht man vor allem erst einmal von der Bundesregierung die entsprechenden Weichenstellungen.

Man kann aber nicht – das ist der Vorwurf, den ich Ihnen mache – morgens zur Primetime sagen, die Schulen müssen alle viel schneller aufmachen, und dann abends die weiße Salbe für die verteilen, die auch berechtigte Ängste vor genau einem solchen Schritt haben. Das haben Sie nicht auflösen können.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Staatsministerin Dr. Hubig.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht noch einen Satz, Herr Abgeordneter Dr. Gensch: Sie haben zum Schluss geäußert, es sei nicht das, was Sie wollten. Es steht aber so in Ihrem Antrag. Laut diesem möchten Sie, dass Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrerinnen und Lehrer auch ohne Symptome regelmäßig auf das Coronavirus getestet werden. Das schreiben Sie in Ihrem Antrag. Ich gehe davon aus, dass „regelmäßig“ nicht alle zwei bis drei Monate bedeutet, sondern alle vier bis fünf Tage bzw. einmal pro Woche – in diesen Abständen. Dann sind wir genau bei dem, von dem Sie zum Schluss gesagt haben, Sie hielten es nicht für sinnvoll und würden es nicht fordern. So habe ich Sie jedenfalls verstanden.

Ich würde auch – es ist viel über den Antrag gesprochen worden – gerne noch einmal kurz aus Sicht des Landes begründen, warum wir nicht der Ansicht sind, es ist zielführend, Erzieherinnen und Erzieher und Lehrerinnen und Lehrer ohne Symptome – wir reden immer über diejenigen ohne Symptome – regelmäßig auf das Coronavirus zu testen. Wir haben dies natürlich auch in Erwägung gezogen und uns sehr schnell mit unseren Gesundheitsexpertinnen und Gesundheitsexperten zusammengesetzt und sie dazu befragt.

Die Antwort lautet:

Erstens sind solche Testungen immer nur Momentaufnahmen und bedeuten, dass die Person in dem Moment, in dem getestet worden ist, nicht infektiös war. Sie bedeuten aber nicht, dass die Person auch in den nächsten Tagen oder eine Woche danach nicht mit dem Virus infiziert ist. Sie bedeuten natürlich ein Stück weit auch, dass sich die Menschen in einer Sicherheit fühlen, die nicht stimmt und oft auch nicht stimmen kann. Mit Blick auf Sicherheit und Gesundheit halten wir es deshalb nicht für zielführend und hilfreich.

Wenn man die längere und wissenschaftlichere Antwort anschließt und sich dann die aktuellen Daten anschaut, wird einiges deutlich. Wir haben in Rheinland-Pfalz rund 80.000 Erzieherinnen und Erzieher und Lehrkräfte. Wenn man sich das durchschnittliche Intervall vom Beginn der Erkrankung eines ansteckenden Falls bis zum Erkrankungsbeginn eines von diesem angesteckten Falls anschaut – sozusagen die Infektion in Serie –, beträgt die Dauer normalerweise ca. vier Tage.

Weniger als die Hälfte der Infektionen verläuft ohne Symptome, also ohne erkennbare Erkrankungszeichen. Laut Lagebericht des Robert Koch-Instituts hat es in den letzten sieben Tagen in Rheinland-Pfalz ca. 67 Neuerkrankungen gegeben, was ca. 1,6 Fälle pro 100.000 Einwohner sind. Das zeigt auch, wie schwierig die Testung ist, um in irgendeiner Form valide Daten zu erhalten, unabhängig vom Aufwand und den Kosten, über die auch gesprochen worden ist, die jedoch sekundär sind, wenn man sagt, es handele sich um ein vernünftiges Instrument, um in der Angelegenheit tatsächlich voranzukommen.

80.000 Tests alle vier bis fünf Tage – sagen wir das nächste halbe Jahr oder das nächste Jahr. Ich glaube, wir können uns – ohne dass sie tatsächlich Wirkung zeigen würden – vorstellen, dass dies keinen Sinn ergibt. Es besteht vor allem immer noch das Risiko, dass eine Person weitere Personen im testfreien Intervall ansteckt.

Solche Tests können zudem nur auf freiwilliger Basis erfolgen. Das bedeutet, sie sind dann nicht mehr hilfreich. Wenn nicht alle mitmachen, sinken natürlich auch die Erfolgsaussichten dieser Testung. Deshalb sehen wir davon ab.

Wir haben uns für eine andere Herangehensweise entschieden, und mit Blick auf die Zeit und darauf, dass die Gesundheitsministerin Bätzing-Lichtenthäler gleich auch über Testungen spricht, beziehe ich mich auf das, was sie gleich danach sagt. Sie wird nämlich noch einmal die Teststrategie des Landes erläutern, laut welcher dort getestet wird, wo ein Anlass besteht. Wir haben im Rahmen dieser Teststrategie gesagt – das ist bereits angesprochen worden –, wir möchten eine Querschnitt-Testung an Kitas und Schulen, um mit Blick auf weitere Öffnungen dieser weitere valide Daten zu erhalten.

Wir wollen in 30 bis 35 Schulen jeweils rund 50 Personen vor den Sommerferien testen, davon 40 Kinder und Jugendliche und zehn Erwachsene, also Lehrpersonal, aber auch Hausmeister oder Hausmeisterinnen. Wir wollen zudem kurz nach den Sommerferien Testungen durchführen, um zu sehen, ob sich jemand in den Sommerferien infiziert hat, in denen alle unterwegs waren und vielleicht die Abstandsregelungen in anderen Ländern nicht so eingehalten haben, wie sie im Moment hier eingehalten werden und wie es wünschenswert ist.

Wir werden danach sehen, in welchem Rhythmus wir diese Teststrategie weiterverfolgen. Wir sind froh, dass wir über diese validen Daten verfügen. Ich bin dem Gesundheitsministerium sehr dankbar, dass es diese Testreihe durchführt. Das ist wichtig, damit wir auf einer guten Grundlage hinsichtlich der Schulöffnungen weiter vorankommen.

Ich möchte an dieser Stelle eines sagen: Testung ist das eine. Das Allerwichtigste ist aber nach wie vor, dass wir Hygienevorschriften einhalten, Abstand halten, Masken tragen, unsere Hände waschen und in die Ellenbeuge niesen. Es ist lange nicht mehr erwähnt worden, und ich dachte, es ist eine gute Gelegenheit, das heute noch einmal zu tun.