Dann drücken Sie auf die Mitleidsdrüse wegen der Kassiererinnen während des Shutdowns. Herr Köbler, wir reden doch nicht über die Kassiererinnen, die während des Shutdowns arbeiten mussten, sondern wir machen uns Sorgen um die Kassiererinnen, die wegen des Shutdowns jetzt Angst um ihren Job haben, weil sie nicht arbeiten konnten. Herr Köbler, das blenden Sie einfach aus.
Wenn Sie dann noch damit kommen und aus der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zitieren, als hätte ich die nicht drauf, dann ist das peinlich, Herr Köbler.
Es ist doch vielmehr so, hätten Sie mir zugehört, dann hätten Sie genau mitbekommen, wie wir das Gemeinwohlinteresse herleiten und dass wir natürlich die Rechtsprechung kennen, umsetzen und sagen, ja, Gemeinwohlinteresse definieren wir auch so, wie ich es dargelegt habe. Alles Punkte, die Sie offensichtlich nicht verstanden haben, oder Sie haben sich sklavisch an Ihr Skript gehalten. Beides enttäuschend. Insofern, mehr verdient es auch nicht.
Herr Köbler, ich hätte gar nicht gedacht, dass Sie so dermaßen bibelfest sind, aber man wird ja immer wieder überrascht.
Ich glaube, vom Grundthema müssen wir noch einmal abschichten. Das eine ist das Thema „Corona“. Das ist primär ein Einmaleffekt, selbst wenn er mehrere Monate dauert.
Der Ansatz, den wir ursprünglich hatten, nämlich zu sagen, versetzt die Unternehmen überhaupt erst einmal in die Lage, auf dem Markt mittelfristig wieder aktiv werden zu können, ist die eigentliche Fragestellung.
Mit dem zweiten Thema, das Sie aufgemacht hatten, haben Sie durchaus einen Punkt, nämlich die Situation und die Lage in unseren Innenstädten. Die Situation in den Innenstädten spitzt sich schon seit Jahren immer weiter zu. Immer mehr Geschäfte stehen leer, geben auf, immer mehr 1-Euro-Läden, das Publikum schwindet.
Dies hängt damit zusammen, dass sich die Einkaufsgewohnheiten geändert haben. Sie haben Amazon angesprochen. Das ist ein durchaus wichtiger Punkt und aus meiner Sicht noch erheblich wichtiger, als über ein oder zwei zusätzliche Sonntage zu diskutieren.
Nichts gegen freien Wettbewerb, absolut, freie Marktwirtschaft, aber gerade Amazon hat mittlerweile ein faktisches Monopol in vielen Bereichen. Das heißt, eine Branche nach der anderen wird planmäßig zerstört, wobei Amazon in seinem Geschäftsgebaren sogar hohe Verluste schreibt und diese vorsätzlich in Kauf nimmt. Das heißt, die Problematik bei den Händlern und des immer weiteren Schwindens der Attraktivität unserer Einkaufsstädte hängt ganz stark am Thema „Amazon“. Das hat mit Corona akut relativ wenig zu tun.
Wir als Landtag und die Landesregierung müssen sich Gedanken machen, wie wir mit dieser Lage langfristig umgehen wollen; denn auch wenn Corona irgendwann vorbei ist, auch wenn Corona zur Vergangenheit gehört, werden unsere Einzelhändler trotzdem sehr schwach unterwegs sein, ganz einfach weil ihnen immer mehr Umsatz wegbricht. Amazon hat kaum Personalkosten im eigentlichen Sinn. Über dieses Thema sollten wir eher einmal debattieren als über ein oder zwei Sonntage, weil es hier um strukturelle Probleme geht. Dieser strukturellen Probleme müssen wir uns genauso annehmen.
(Beifall der AfD – Abg. Alexander Licht, CDU: Das Alte Testament! – Abg. Christian Baldauf, CDU: Auge um Auge, Zahn um Zahn!)
Sie müssen sich doch damit auseinandersetzen, dass wir eine glasklare Verfassungslage haben. Sie können doch nicht wegdiskutieren, dass es ein ganz klares Regelausnahmeverhältnis gibt und unser Ladenöffnungsgesetz dies reglementiert auf maximal vier Sonntage. Sie haben vorhin gesagt, es gäbe das Recht, an vier Sonntagen aufzumachen. Nein, das stimmt nicht.
(Abg. Alexander Licht, CDU: Sie haben wieder nicht genau zugehört! – Abg. Christian Baldauf, CDU: Corona ist auch eine Ausnahme! Corona ist eine ganz große Ausnahme!)
Es gibt die Beschränkung, maximal an vier Sonntagen in der Kommune für fünf Stunden aufzumachen. Das ist ein ganz gewichtiger Unterschied.
Sie werfen mir vor, ich wäre nicht auf Ihre Rede eingegangen, sondern hätte mein vorgefertigtes Skript gehabt. Ich habe mein Skript auf Basis Ihres Gesetzentwurfs erstellt, also hat meine Rede mehr mit Ihrem Gesetzentwurf zu tun als Ihre Rede. Deswegen bin ich auf Ihren Gesetzentwurf eingegangen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Einzelhandel ist zweifelsohne eine der Branchen, die besonders von dem Corona-bedingten Lockdown betroffen sind und darunter leiden. Ich verstehe daher sehr gut die Sorgen und Nöte der Unternehmen und vor allem auch die Sorgen und Nöte der Beschäftigten.
Aber diese Sorgen löst der Gesetzentwurf der CDU nicht auf; denn Fakt ist – das haben wir jetzt hinreichend gehört –, dass das Zulassen der Sonn- und Feiertagsöffnung nur in engen Grenzen möglich ist.
Neben dem grundgesetzlichen Schutz der Sonn- und Feiertage ist für den Landesgesetzgeber Artikel 47 unserer Landesverfassung bestimmend, wonach die Sonntage als Tage der religiösen Erbauung, der seelischen Erhebung und der Arbeitsruhe geschützt sind. Artikel 57 der Landesverfassung legt weiter fest, dass die Sonntage arbeitsfrei und Ausnahmen nur möglich sind, wenn das Gemeinwohl dies erfordert.
teres durch eine einfache Rechtsänderung im Landesrecht aufzuweichen. Das ist durch zahlreiche Urteile zu landesrechtlichen Vorgaben aus verschiedenen Bundesländern belegt, beispielsweise eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Nordrhein-Westfalen.
Herr Kollege Dr. Martin hat gesagt, dass ihm und den Kolleginnen und Kollegen von der CDU dieser Zusammenhang und die Rechtsprechung dazu durchaus bekannt sind. Nur, vor dem Hintergrund werden uns diese verfassungsrechtlichen Bedenken und diese höchstrichterliche Entscheidung in Ihrem Gesetzentwurf zu wenig gewürdigt, und es wird zu wenig darauf eingegangen.
Der zweite Fakt ist, dass, wenn man Ihrem Vorschlag aus dem Gesetzentwurf folgt, eine punktuelle Öffnung in einzelnen Gemeinden zu ermöglichen, dann im Herbst und Winter zahlreiche großveranstaltungsähnliche Anlässe für Menschenansammlungen geschaffen würden. Ich finde, dass kann doch in der Infektionslage nicht Ihr erklärtes Ziel sein.
Dritter Fakt – das möchte ich noch einmal ganz besonders betonen –: Sie haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der über die Köpfe der Beteiligten hinweg eingebracht worden ist.
Deswegen ist es auch nicht wenig verwunderlich, dass der Gesetzentwurf auf großes Unverständnis bei Kirchen und Gewerkschaften stößt. Für die Freigaben der verkaufsoffenen Sonntage ist meiner Meinung nach stets eine Abstimmung mit Kirchen und Gewerkschaften notwendig. Auch hier verweise ich auf ein Urteil vom 6. Mai, in dem das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, dass beispielsweise die Evangelische Kirche in Sachsen bei Sonderregelungen zur Sonntagsarbeit zu beteiligen ist.
Nicht umsonst schreibt das rheinland-pfälzische Landesgesetz vor, dass die Gemeinden vor einer Freigabe die Gewerkschaften, die Arbeitgeberverbände, die Kammern und die Kirchen anzuhören haben.
Diese Notwendigkeit kommt bei Ihrem Gesetzentwurf aber nur sehr unzureichend zum Ausdruck. Sie haben das vorhin auch in Ihrem Redebeitrag noch einmal unterstrichen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie gehen den Weg der CDU. Sie bringen einen unabgestimmten Gesetzentwurf, der sogar im Eilverfahren durch den Landtag gebracht werden sollte, ein und stoßen damit den Partnern vor den Kopf.
Die Landesregierung geht dagegen einen rheinlandpfälzischen Weg des Miteinanders. Wir führen seit einiger Zeit bilaterale Gespräche mit den Kammern, dem Handel, den Gewerkschaften und mit den Kirchen. Genau das, das Miteinanderreden, die Suche nach dem Konsens, hat uns in Rheinland-Pfalz bisher im Vergleich mit anderen Bundesländern relativ wenige Rechtsstreitigkeiten zu verkaufsoffenen Sonntagen beschert. Diesen Konsens dürfen wir jetzt nicht aufgeben.
Deshalb sind erweiterte Sonntagsöffnungszeiten, selbst unter dem Eindruck der Corona-Pandemie, für uns nur im großen gesellschaftlichen Konsens möglich. Ihr unabgestimmter Gesetzentwurf, der von allen Seiten Kritik erntet und im Eilverfahren hier durchgepeitscht werden sollte, ist für uns der falsche Weg.
Parlament dem Antrag der Fraktion der CDU auf Abkürzung der Frist nicht entsprochen. Es gibt den Vorschlag, diesen Gesetzentwurf an den Sozialpolitischen Ausschuss – federführend –, an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr sowie den Rechtsausschuss – jeweils mitberatend – zu überweisen. Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist diesem Überweisungsvorschlag entsprochen.
Ich darf Ihnen einen schönen Feierabend wünschen. Wir begrüßen Sie gerne morgen früh wieder um 9.30 Uhr zur 105. Plenarsitzung.