Angesichts der Tatsache, dass Medienkonzerne keine Grenzen kennen – was ganz andere Herausforderungen birgt, deswegen sagen wir, wir brauchen eine Digitalsteuer, wir brauchen eine Wertschöpfungsabgabe für diese großen Tech-Konzerne –, ist dieser Ansatz, und das sage ich als absolut überzeugter Landespolitiker und Föderalist, lebensfern und untauglich. Sie ist eben keine Modernisierung der Medienordnung; denn genauso wenig wie man den Luftverkehr von Anstalten der Bundesländer regulieren lassen kann, kann man in diese Medienordnung auf diese Weise stark regulierend eingreifen.
(Beifall der AfD – Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Schriftleiter Paul! – Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU: Darauf muss man erst einmal kommen! – Zurufe von der AfD)
Verehrte Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Medienstaatsvertrag liegt auf dem Tisch, und sowohl der Inhalt des zu beratenden Gesetzentwurfs als auch der Arbeitsprozess bis zum fertigen Entwurf sind etwas Neues.
Der Medienstaatsvertrag war allein deshalb nötig, um den Rundfunkbegriff neu zu definieren. Das digitale Zeitalter hat den Rundfunk verändert. Er findet in neuen Angeboten von neuen Akteurinnen und Akteuren unter neuen Rahmenbedingungen statt. Er hat sich massiv in den Onlinebereich verlagert. Statt veraltete gesetzliche Grundlagen immer weiter anzupassen, war es grundlegend wichtig, die vielfältige Medienlandschaft im Umbruch zu begreifen, einen neuen Rahmen zu schaffen und maßvolle Regulierungen auf Grundlage europäischen Rechts zu treffen.
So wenig Fernsehen noch klassisch linear funktioniert, so wenig hat sich auch der Weg zum Medienstaatsvertrag als
klassisch erarbeitet gezeigt. Der Beteiligungsprozess fand unter breiter öffentlicher Beteiligung statt. Dieser Staatsvertrag ist mit einem hohen Anspruch an Transparenz und digitaler Partizipation entstanden, und das war auch richtig so. Wenn wir grundlegende Regulierungen für diese neue Medienwelt treffen wollen, müssen wir das gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern, Verbänden, Unternehmen und vielfältigen Akteuren dieser Branche tun. Das hat mit einer vierstelligen Zahl an Eingaben sehr gut funktioniert.
Es wurden heute schon viele Themen kritisch beleuchtet, die der Medienstaatsvertrag mit sich bringt. Ich will nur einen Begriff herausnehmen, der für die Debatte für mich zentral ist. Weil Rundfunk bzw. die Produkte der verschiedenen Medienanbieter immer schneller, einfacher und breiter öffentlich stattfinden können, kommt dem schnelllebigen Markt etwas Wichtiges zu: Verantwortung. Das meint ausdrücklich nicht die Überregulierung und bürokratische Gängelung. Der Staatsvertrag lässt zum Beispiel bei der Zulassungspflicht große Freiheiten oder stellt Strukturen effizienter auf.
Er appelliert aber auch deutlich an die Eigenverantwortung derer, die den Luxus schnellerer Verbreitung im digitalen Zeitalter für sich nutzen wollen. In einer Welt, die uns mit Informationen erschlägt, von der seriösen Nachricht bis zu politisch motivierten Fake News, sind Selbstkontrolle, Sorgfalt, Transparenz, Diskriminierungsverbot sowie der Schutz der Menschenwürde und insbesondere der Jugend keine antiquierten Begriffe. Wer Inhalte verbreitet, muss auch Verantwortung übernehmen. Dafür steht dieser Staatsvertrag.
Rheinland-Pfalz ist traditionell bei diesen Themen in koordinierender Funktion tätig. Ich will vonseiten meiner Fraktion Staatssekretärin Heike Raab für eine transparente Darstellung des Prozesses und die zahlreichen Berichte im Ausschuss danken.
Die FDP-Fraktion wird sich keinem Kreuzzug gegenüber den Öffentlich-Rechtlichen anschließen. Wir stimmen dem Entwurf zu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist wichtig, dass wir auch im Netz Regulierungen treffen.
Eigentlich sind wir viel zu spät dran mit diesen Regulierungen. Wir hätten vor fünf oder sechs Jahren – der Kollege Schäffner hat betont, wie lange die Diskussionen dauern – schon solche Regulierungen treffen können und sollen; denn das Netz ist kein von Gesetzen freier Raum, sondern das Netz muss sich natürlich genauso wie alle anderen Medien an Ordnungen halten.
Es kann nicht sein, dass man im Netz alles tun darf und alles tun kann, von Verbrechen bis Beschimpfungen, und auf der anderen Seite der Rundfunk klar geregelt wird.
(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das ist doch schon strafbewehrt! Das ist doch Kokolores! – Abg. Michael Frisch, AfD: Seit wann darf man denn das?)
(Abg. Joachim Paul, AfD: Die ganzen Straftatbestände werden natürlich auch im Netz verfolgt! Das ist doch absurd, was Sie behaupten!)
Die Zwischenrufe von der selbst ernannten Partei der Freiheit im Netz, aber nur im Netz, sonst sind Sie nicht für Freiheit.
(Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie sind die Verbotspartei! – Weitere Zurufe des Abg. Joachim Paul, AfD)
Ich habe Ihnen doch keine Straftaten vorgeworfen. Herr Paul, Sie müssen nicht immer ein schlechtes Gewissen kriegen, wenn Straftaten erwähnt werden.
(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das ist, weil Sie nur falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt haben! – Abg. Martin Haller, SPD: Ach!)
Also noch einmal: Wenn wir diese Regelungen für die „normalen Medien“ haben, dann brauchen wir diese Medienregelungen natürlich auch im Netz. Deswegen sind wir sehr dankbar, dass dieser doch sehr komplizierte Vertrag ausgehandelt werden konnte. Es geht nicht nur um deutsches Recht, es geht auch um europäisches Recht, das mit umgesetzt wird. Diese europäische Richtlinie, die auch mehr Zugangsmöglichkeiten ermöglichen will, zum Beispiel in der Digitalisierung, sodass man auch als Behinderter am Leben im Netz teilnehmen kann, ist eine sehr wichtige Vorgabe.
Wir wollen, dass das Netz offen ist für alle. Wir wollen, dass es nach Regeln funktioniert. Wir wollen, dass alle die Dinge im Netz lesen und mitverfolgen können. Deswegen ist
es wichtig, dass wir eine Transparenzpflicht haben für das Netz. Sie alle wissen, wenn Sie Ihren Laptop, Ihr Tablet oder Smartphone bedienen, bekommen Sie Werbung. Wieso bekommen Sie gerade diese Werbung, die Sie bekommen? Das ist jetzt transparent. Natürlich muss man auch erklären können, nach welchen Algorithmen es funktioniert, dass gerade Sie diese Werbung bekommen, die Sie bekommen. Sie können jetzt nachschauen, was die Gründe sind, weil man eben die Algorithmen offenlegen muss. Das ist wichtig.
Es gibt eine Kennzeichnungspflicht für Social Bots. Wir wollen verhindern, dass manipulativ ins Netz eingegriffen wird. Da könnte sich die AfD jetzt vielleicht ein bisschen aufregen; denn davon ist sie am meisten betroffen. Wir wollen also die Meinungsbeeinflussung insgesamt zurückfahren und die Freiheit im Netz gewähren.
Der Diskriminierungsschutz gegenüber journalistischem Inhalt ist wichtig. Natürlich brauchen wir auch für die Journalistinnen und Journalisten, die recherchieren und im Netz veröffentlichen, einen Schutz, der sie vor Beschimpfungen, übler Nachrede und vor Einflussnahme auf ihre Beiträge schützt.
Wir wollen natürlich, dass auch der Jugendmedienstaatsvertrag in seiner Geltung im Netz in dieses Gesetz übernommen wird. Auch das ist gewährleistet. Deswegen ist es ein gutes Verfahren, wenn auch ein langes Verfahren gewesen, sodass wir in Rheinland-Pfalz sagen können: Wir sind froh, dass wir eingestiegen sind in diese Netzstrukturierung, in diese Netzordnung.
Ich glaube aber, dass wir im weiteren Verfahren viel schneller reagieren und agieren müssen, weil die Geschwindigkeit im Netz anscheinend eine viel höhere ist als die in der Politik.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Bevor ich für die Landesregierung um Zustimmung zum Medienstaatsvertrag und zum entsprechenden Landesgesetz werben möchte – Sie haben das schon signalisiert, und der Ausschuss für Medien, Digitale Infrastruktur und Netzpolitik hat das auch schon zum Ausdruck gebracht –, sage ich Dank für die Würdigung und Anerkennung, die seitens des Landtags und des Ausschusses für Medien, Digitale Infrastruktur und Netzpolitik der
Sie haben gewürdigt, dass es ein langer, mehrjähriger Prozess war, an dem allein ich fast fünf Jahre beteiligt war. Ich danke für die vielen guten Gespräche und das Interesse an der Onlinebefragung, die wir durchgeführt haben.
Es ist insgesamt ein medienpolitischer Meilenstein für Deutschland und Europa, der, glaube ich, auch das Medienland Rheinland-Pfalz in ein gewisses Scheinwerferlicht rücken konnte, da wir diesen Prozess koordiniert haben.
Es ist ein Staatsvertrag für mehr Medienvielfalt und Meinungsvielfalt, für mehr kommunikative Chancengleichheit, für mehr sichtbaren Qualitätsjournalismus und Sorgfaltspflichten, aber eben auch für eine gestärkte Eigenverantwortung für die Netzcommunity. Auch das war uns ganz besonders wichtig.
Wenn Bernhard Braun zum Ausdruck bringt, dass das lange dauert und das Netz uns überholt, dann stehen wir jetzt am Ende dieses Medienstaatsvertrags quasi schon wieder vor dem nächsten Änderungsstaatsvertrag, da wir uns in einer Protokollerklärung neue Aufgaben gegeben haben, wie die Barrierefreiheit im Netz noch weiter zu stärken, uns das Medienkonzentrationsrecht anzuschauen und weitere Dinge.