Protokoll der Sitzung vom 27.08.2020

(Abg. Thomas Wansch, SPD: Alle anderen Länder sagen Ja!)

Ansonsten zitieren Sie landauf, landab, wenn es notwendig ist und die Kommunen ihre Hausaufgaben nicht machen, immer den Rechnungshof als Kronzeugen.

(Heiterkeit der Ministerpräsidentin Malu Dreyer)

Vielleicht wäre es einmal ganz gut, wenn Sie das in dieser Situation auch tun würden.

(Beifall der CDU)

Man kann es sich nicht immer heraussuchen, wie es einem gerade gefällt, sondern man muss solche Dinge ernst nehmen. Ich hätte mir im Übrigen gewünscht, dass Sie zu dieser Ansicht des Rechnungshofs ganz explizit etwas sagen, aber es besteht noch die Möglichkeit, dies vielleicht nachzuholen. Der Rechnungshof sagt nämlich, dass die von der Landesregierung vorgebrachten Argumente zur Errichtung eines Sondervermögens Ausnahmen von den Verfassungsprinzipien nicht rechtfertigen. Die Aufgaben könnten ebensogut innerhalb des Landeshaushalts erfüllt werden. Das sieht auch so aus.

(Abg. Thomas Wansch, SPD: Welche Dinge brauchen Sie denn noch als Ausnahmen?)

Die FDP hat 2016, damals noch mit Volker Wissing, stolz plakatiert, er macht den Haushalt.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Genau!)

Jetzt schauen Minister Wissing und sein Verfassungsminister sehenden Auges zu, wie man zumindest ganz nah an die Grenze der Verfassungswidrigkeit geht

(Zurufe von der SPD: Oh! – Abg. Martin Haller, SPD: Ja, aber ganz nah!)

oder sie sogar überschreitet

(Zuruf das Abg. Jochen Hartloff, SPD)

Meine Damen und Herren, der Rechnungshof gibt uns, dem Landtag als Gesetzgeber, auf, die Errichtung eines Sondervermögens noch einmal kritisch zu prüfen. Genau das wird in der kommenden Woche auch unsere Aufgabe sein, die kritische Prüfung. Deshalb kann ich nur empfehlen, dies auch so kritisch zu tun, dass es am Ende eine saubere Lösung wird, Frau Ahnen.

(Beifall der CDU - Staatsministerin Doris Ahnen: Das haben wir schon längst gemacht!)

Wenn Sie jetzt sagen, das haben wir schon längst gemacht, dann wollen Sie es nicht mehr prüfen. Dann wissen Sie schon wieder alles.

(Heiterkeit des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Vielleicht kann man solche Dinge auch einmal besprechen.

(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Aber das ist so typisch in diesem Hause: Es wird nicht versucht, dies in einem Dialog auszuführen, sondern man weiß immer schon alles. Das ist das Besondere an Ihrer Regierung. Vielleicht könnten Sie auch einmal gute Ideen von anderen aufgreifen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU – Zurufe aus dem Hause – Zurufe von der SPD: Oh! – Abg. Jacqueline Rauschkolb, SPD: Die Taschentücher hätte ich dabei!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, inzwischen ist uns allen klar, ein schnelles Wunder wird es nicht geben. Wir werden uns den Weg durch die Krise, jeder in seinem Job, jeder in seinem Alltag, hart erarbeiten müssen, indem wir aufeinander achtgeben. Es wird auf jeden Einzelnen ankommen. Gemeinsinn im wahrsten Sinne des Wortes ist das Wort, das in Corona-Zeiten mehr als alles andere zählt. Jeder muss auf seinem Platz einen Beitrag dazu leisten, die Pandemie – sei es nur durch Abstand halten und konsequentes Tragen einer Maske – in Schach zu halten. Wir dürfen nicht nachlassen in dem Bemühen, Infektionsketten früh zu erkennen und zu durchbrechen, damit wir halbwegs gut durch Herbst und Winter kommen.

Diese Krise lässt sich – da bin ich mir sicher – nur gemeinsam bewältigen.

Herzlichen Dank.

(Anhaltend Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat deren Vorsitzender Alexander Schweitzer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, eine Überschrift über den Nachtragshaushalt, den unsere Finanzministerin soeben eingebracht hat, könnte sein: „Schutz und Chancen für das Land Rheinland-Pfalz“.

Ich glaube, wir alle haben immer noch das Empfinden, dass wir uns in außergewöhnlichen Zeiten befinden. Wir merken es im Alltag, wir merken es in der Kommunikation. Wir merken es, wenn das Schuljahr jetzt begonnen hat, aber wir spüren es natürlich auch in der politischen Verantwortung. Wir spüren es an der Art und Weise, wie wir uns treffen, wie wir uns austauschen. Wir spüren es natürlich aber auch an den Entscheidungen, die wir gemeinsam zu treffen haben.

Die Größenordnung dieses Nachtragshaushalts, nicht nur die Tatsache selbst, dass wir einen Nachtrag diskutieren müssen, sondern auch die Größenordnung selbst macht es deutlich: Diese außergewöhnlichen Zeiten erfordern auch eine außergewöhnliche Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Die Größenordnung dieses Haushalts, die unsere Finanzministerin dargestellt hat, in dem Einnahmen von 17,2 Milliarden Euro Ausgaben von 20,7 Milliarden Euro gegenüberstehen, macht schon deutlich, dass wir es inzwischen mit einer Größenordnung zu tun haben, die tatsächlich den Anspruch hat, nicht nur von heute bis morgen oder bis zu einem Wahltermin im kommenden März zu reichen, sondern wir tragen mit diesen Entscheidungen und

in der Art und Weise, wie wir mit diesen Entscheidungen umgehen, Verantwortung weit bis in die nächste Wahlperiode hinein, Herr Kollege Baldauf.

Dazu gehört auch Mut und Verantwortungsbereitschaft. Wir in der Ampelkoalition bringen diesen Mut und diese Verantwortungsbereitschaft mit.

(Beifall der SPD, bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Außergewöhnlich ist sicherlich auch, dass wir binnen doch recht kurzer Frist schon über den zweiten Nachtragshaushalt zu sprechen haben. Lassen Sie mich deshalb einen Blick in die Zeit rund um den März zurückwerfen.

Da waren wir tatsächlich in einer Situation, in der wir gespürt haben, hier tut sich etwas, für das gibt es keine Blaupause. Wir können nicht einfach einmal in eine Schublade greifen und sagen, wie wir mit einer Pandemie umgehen, die, zumindest was die gesundheitlichen Risiken angeht, zu diesem Zeitpunkt alle sehr stark beschäftigt hat.

Die wirtschaftlichen, haushalterischen, sozialen und – ich will auch sagen – die gesellschaftlichen Folgen konnten wir zu diesem Zeitpunkt gerade einmal erahnen. Es war gut, dass wir schon im März sehr früh mit einer klaren Antwort mit dieser Herausforderung umgegangen sind.

Wir haben uns dann gemeinsam im Landtag nicht nur mit den Haushaltsfragen beschäftigt, sondern auch – Sie erinnern sich daran – die Entscheidung getroffen, dass wir eine Enquete-Kommission „Pandemievorsorge“ einrichten. An die will ich erinnern. Es gab ein bisschen die Diskussion, ob es sich um ein Oppositionsinstrument handelt oder nicht. Wir haben immer gesagt, es ist sinnvoll, dass wir das gemeinsam beantragen und diese Gemeinsamkeit in der Enquete-Kommission durchhalten. Ich will – wenn ich mir das erlauben darf, schon jetzt sagen zu dürfen – feststellen, das gelingt auch sehr gut. Ich bin so gut wie allen in der Kommission sehr, sehr dankbar dafür, dass sie sich sehr konstruktiv und sachlich mit den Themen auseinandersetzen.

Am vergangenen Freitag, meine Damen und Herren, gab es eine Anhörung im Rahmen der Arbeit der EnqueteKommission. Ich habe mich sehr darüber gefreut, als ich die schriftlichen Stellungnahmen, liebe Kathrin AnklamTrapp gelesen habe, dass über alle Richtungen hinweg, die eingeladen waren – die kommunalen Spitzenverbände, der Landkreistag, den ich stellvertretend nennen will, Praktiker des Gesundheitswesens, Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft –, gesagt worden ist, das ist schon etwas gewesen, auf das wir in Deutschland alle nicht gut vorbereitet waren, aber wir haben das über die Verantwortung der staatlichen Ebenen – Bund, Länder, Kommunen – gut miteinander hinbekommen. Wir haben das auch in Rheinland-Pfalz gut miteinander hinbekommen.

Es gab ein ausdrückliches Kompliment auch an das Krisenmanagement dieser Landesregierung. Es war ein Krisenmanagement, das kann man gar nicht anders darstellen.

Ich will das noch erweitern, damit das jetzt nicht so aussieht, als würde ich nur pro domo für die Landesregierung sprechen. Ich will das auch bei allen Auseinandersetzungen sagen dürfen, auch unsere kommunalen Verwaltungen haben einen guten Job gemacht, auch die Menschen in den Gesundheitsbehörden haben einen guten Job gemacht.

(Beifall der SPD, bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde, bei all dem, was wir uns manchmal so zurufen, auch im Landtag, niemals darf das so weit gehen, dass wir die Arbeit all derer in den Gesundheitsämtern, in den Schulverwaltungen deshalb negieren. Ich bin stolz darauf, wie das öffentliche Gemeinwesen in Rheinland-Pfalz über alle Farben hinweg diese Krise bewältigt hat.

(Beifall der SPD und der Abg. Monika Becker, FDP)

Ich will das auch noch einmal sagen dürfen. Mich hat bei der Gelegenheit auch beschäftigt, dass wir jetzt wieder gemeinsam feststellen, wir erleben so etwas wie die Rückkehr der Politik. Das Primat der Politik ist wieder da, nachdem wir jahrelang, auch in den Reihen mancher Fraktion hier im Parlament, gehört haben, das muss alles so laufen, dass sich der Staat zurücknimmt. Lasst einmal die Mächte des Markts agieren. Das hört man jetzt ein bisschen seltener, gut so.

Es ist auch gut so, dass wir in der politischen Verantwortung im März gesagt haben – übrigens gemeinsam, Kompliment an die CDU –, wir brauchen einen Nachtragshaushalt.

Lieber Herr Kollege Baldauf, ich habe mich darüber gewundert, dass Sie sich dafür damals selbst so gelobt haben mit dem Hinweis, einen Vertrauensvorschuss zu geben. Ich habe das nicht verstanden. Ich habe es deshalb nicht verstanden, dass Sie sich so gelobt haben, weil ich damals von Ihnen gar keine Alternative gehört habe. Das war kein großer Schritt, den Sie gegangen sind, sondern Sie haben eigentlich nur dem zugestimmt, was als einziger Vorschlag damals auf dem Tisch lag.

(Abg. Martin Haller, SPD: Ja! – Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Ihr Selbstlob habe ich an der Stelle nicht verstanden.

Ich glaube, es war richtig, dass wir das damals gemeinsam gemacht haben. Es ist auch richtig, was Doris Ahnen gesagt hat, dass sie schon mit Blick auf die Steuerschätzungen im Mai deutlich gemacht hat – also deutlich vor der Sommerpause –, das wird nicht genügen, wir werden auch im Kontext mit dem Bund einen eigenen weiteren Nachtragshaushalt auf den Weg bringen müssen. Genau der liegt jetzt vor. Genau die Größenordnung, die wir jetzt brauchen, ist vorgeschlagen. Genau die Instrumente, die wir jetzt brauchen, sind vorgeschlagen.

Man kann jetzt natürlich über die Verästelungen des Haushaltsrechts diskutieren. Ich denke, es wird sicherlich für

viele spannend sein, darüber zu diskutieren. Ich will zwei Punkte hervorheben. Das Instrument eines Sondervermögens ist in unserer Landesverfassung ausdrücklich vorgesehen.

(Zuruf der Abg. Iris Nieland, AfD)