Protokoll der Sitzung vom 17.09.2020

Apropos sinnvoll und klug investieren: In meiner ersten Rede zum zweiten Nachtragshaushalt und zum CoronaSondervermögen habe ich die vorgenommenen Verbesserungen im Gesundheitssektor, die Unterstützung der Kommunen und die an die Wirtschaft geflossenen Hilfen umfassend gewürdigt.

Ich habe insbesondere die 200 Millionen Euro zum Ausbau der Wirtschaft und der Investitionsförderung hervorgehoben. Ich habe auf die 50 Millionen Euro für den Tourismus hingewiesen und darauf, dass wir uns digitaler aufstellen. Ich habe Bezug auf den Beteiligungsfonds für Start-ups und KMU genommen. Heute möchte ich mich einem anderen Herzensthema widmen, und zwar der Bildung.

Um es mit den Worten Kennedys zu sagen: Es gibt nur eines, was auf Dauer teurer ist als Bildung, nämlich keine Bildung. – Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Schulschließungen haben uns, aber vor allem die Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler sowie die Eltern, vor bis dato unbekannte Herausforderungen gestellt. Sie hat uns ganz deutlich vor Augen geführt, dass die Teilhabe an Bildung ein unverzichtbares Grundrecht für jeden von uns ist.

Deswegen hat die Ampelkoalition zur Abfederung der Pandemie viel unternommen. Zwei Punkte will ich an der Stelle herausstellen.

Erstens: mehr Personal. Um die pandemiebedingte Abwesenheit von Lehrkräften zu kompensieren, hat die Landesregierung so viel Geld in die Hand genommen, dass über das gesamte Schuljahr hinweg zwischen 600 und 700 Vollzeitkräfte finanziert werden können. An dieser Stelle möchte ich allen rheinland-pfälzischen Lehrkräften meinen ganz besonderen Dank aussprechen. Sie tragen in der Corona

Pandemie eine ganz besondere Verantwortung, der sie ganz fantastisch nachkommen.

Zweitens: mehr digitale Bildung. Mit dem digitalen Zukunftspaket für Rheinland-Pfalz stehen uns über 300 Millionen Euro Bundes- und Landesmittel zur Verfügung. Ich bin überzeugt, der richtige Umgang mit Medien aller Art ist eine Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts. Dafür brauchen Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer das richtige Werkzeug in den Schulen. Die Zeit dafür ist reif. Das ist keine Zukunftsmusik; denn die Digitalisierung passiert jetzt und jeden Tag, meine Damen und Herren.

Vor diesem Hintergrund begrüße ich, dass Tausende mobile Endgeräte angeschafft wurden, die für Rheinland-Pfalz da sind. Davon profitieren nicht nur die Lehrkräfte, sondern viele sozial schwächer gestellte Schülerinnen und Schüler. Außerdem hat der Bund auch auf Drängen von RheinlandPfalz hin angekündigt, dass alle Lehrkräfte mit Tablets oder Laptops auszustatten sind. Das war uns ganz besonders wichtig. Ich hoffe, dass wir das bis zum Ende des Jahres vollziehen können.

Meine Damen und Herren, mit dem Ausnahmecharakter des Sondervermögens gehen wir bewusst um. Ich weiß es, und ich bin mir der Sache bewusst. Aber ich versichere Ihnen auch, ich weiß, dass die Vorgehensweise der Landesregierung im Einklang mit unseren verfassungsrechtlichen Grundsätzen steht. Das ergibt sich nicht zuletzt aus dem jüngsten Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags. Aber vergessen wir bei allen Fragezeichen nicht: Wir wollen unseren 4 Millionen Menschen im Land helfen. Wir wollen weitermachen, und wir wollen nicht diskutieren.

An unserer Zustimmung können auch die Änderungsanträge der Opposition nichts ändern. Sie sind reines Stückwerk ohne Konzept. Ich habe nichts Neues gehört.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Haben Sie nicht zugehört?)

Herr Kollege Schweitzer hat bereits dazu gesprochen. Ich brauche jetzt nicht darauf einzugehen.

Meine Damen und Herren, ich möchte nochmals daran erinnern, dass das Ausmaß der Pandemie noch nicht absehbar ist. Wir müssen stark bleiben und mit Umsicht und mit Bedacht handeln.

Ein Wort aus aktuellem Anlass zum Schluss: Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut. Es in diesen Zeiten zu nutzen, bedeutet aber auch ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Ich bin froh, dass wir in einem Land leben, in dem jeder Mensch für seine Ideale eintreten darf, ohne verschleppt, vergiftet oder eingesperrt zu werden.

(Beifall der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Aber mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der ich Demonstrationen von Menschen aus dem rechtsradikalen Spektrum, aus der Impfgegnerschaft oder von sons

tigen Verzauberten ertrage, will ich auch deutlich machen: Die Menschen, die Symbole unserer Demokratie mit dem Schwenken der Reichsflagge verschandeln und sie stürmen wollen, treten ihr Demonstrationsrecht in einem freien Land mit Füßen. Diese Bundesrepublik und dieses Rheinland-Pfalz bleiben freiheitlich und demokratisch.

Herzlichen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht deren Vorsitzender Dr. Braun.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach wie vor steigen die Zahlen der Corona-Infektionen. Alles, was gegenläufig ist und was an Gegenläufigem hier im Raum behauptet wurde, ist falsch. Ich will das einfach so deutlich sagen. Die Infektionszahlen, gestern 2.000, sind beunruhigend. Deswegen sind die Maßnahmen, die wir treffen,

(Abg. Michael Frisch, AfD: Die Zahl der Tests können Sie aber gegenrechnen! – Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: Es wird fünfmal mehr getestet! – Glocke des Präsidenten)

durchaus richtige Maßnahmen, notwendige Maßnahmen und angemessene Maßnahmen, meine Damen und Herren.

Wir haben für die Zukunft heute über die Gelder zu diskutieren, die wir für die Zukunft ausgeben. Diese Mittel, die wir haben und die wir am Kreditmarkt aufnehmen müssen und aufnehmen wollen, sind wichtige Mittel, um die Wirtschaft, aber auch die Menschen in Rheinland-Pfalz angemessen in die Zukunft zu bringen. Wir werden für die Bildung, wir werden für die Wirtschaft, wir werden für die Umwelt und wir werden für den Klimaschutz Geld in die Hand nehmen, damit wir auch in Zukunft in Rheinland-Pfalz gut aufgestellt sind und damit wir auch in Zukunft in Rheinland-Pfalz gut wirtschaften können.

Vielleicht muss man es auch dazusagen: Nur wenn wir gut wirtschaften und eine gute Wirtschaft haben, werden wir auch wieder Steuereinnahmen haben, die angemessen sind. Es ist doch der Sinn einer Schuldenaufnahme, die Konjunktur anzuregen und mit dieser Konjunktur dann wieder Geld zu verdienen, meine Damen und Herren. Deswegen ist es nötig.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Wir machen das nicht, weil es uns Spaß macht und wir sagen, lasst uns ein bisschen mehr Geld ausgeben, sondern

wir machen es deswegen, weil es notwendig ist und wir dann die Schuldenbremse wieder einhalten können, wenn die entsprechenden Einnahmen wieder fließen. Natürlich ist die Wirtschaft von der jetzigen Pandemie betroffen. Natürlich ist die Tourismusbranche, natürlich sind die Gaststätten, natürlich sind die Schausteller, natürlich sind die Veranstalter, natürlich sind auch die Industrieunternehmen von der jetzigen Pandemie betroffen. Deswegen ist es doch wichtig, dass wir Hilfe leisten.

Ich will aber dazusagen – das habe ich letztes Mal schon gesagt, wir wiederholen uns manchmal hier, und das muss auch sein –, wir können nicht mit der gleichen Wirtschaft wieder aus dem Verfahren herauskommen. Wir können mit der gleichen Wirtschaft nicht die Zukunft gestalten. Herr Fraktionsvorsitzender Baldauf, ich will darauf hinweisen, wenn man den Turbo einschalten will, dann ist das ein Verbrennungsmotor. Der E-Motor hat keinen Turbo mehr. Sie müssen sich daran gewöhnen, dass es eine neue Zeit gibt,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

die jenseits dessen ist, was bisher war, und man in die neue Zeit natürlich auch mit neuen Mitteln gehen muss. Ich glaube, dann muss man sich zusammensetzen und fragen: Was ist denn für die neue Zeit richtig?

(Zurufe der Abg. Hedi Thelen und Christian Baldauf, CDU)

Wir können noch so oft, wie die AfD sich zum Diesel bekennt oder Kaiser Wilhelm sich zum Pferd bekannt hat, sagen, wir wollen das Alte wiederhaben. Meine Damen und Herren, auf dem Weltmarkt – es ist schon eine halbe Schande für Sie, wenn der Grüne erklären muss, wie der Markt funktioniert –

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

klappt das eben nicht. Wir können nicht eine Heimatwirtschaft gegen die Tendenzen auf dem Weltmarkt subventionieren.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Wenn auf dem Weltmarkt nun einmal Tesla und andere E-Autos verkauft werden, dann können wir noch so viel wollen, dass die Vergangenheit auch Zukunft ist.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie haben doch gar keine Ahnung! Gar keine Ahnung!)

Die Vergangenheit ist nicht zukunftsfähig. Nur die Zukunft ist zukunftsfähig. Man muss eben neu denken, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Wir haben mit dem Haushalt und dem Sondervermögen für die Zukunft vorgesorgt – 200 Millionen Euro für Klimaschutzmaßnahmen im Sondervermögen –, aber eben auch

für die Bildung und die Digitalisierung. Das sind die wichtigen Maßnahmen. Wir brauchen diese Bildung. Sie ist unser Rohstoff. Wir haben sonst keinen Rohstoff in RheinlandPfalz. Vielleicht den einen oder anderen, aber wir haben den Hauptrohstoff Bildung. Deswegen müssen wir in die Bildung investieren, und deswegen ist es so wichtig, dass wir mehr Lehrkräfte einstellen. Deswegen ist es wichtig, dass wir die Digitalisierung in den Schulen vorantreiben. Deswegen ist es auch so wichtig, dass wir ernst nehmen, was in den Schulen passiert.

Meine Damen und Herren von der CDU, es ist doch nicht so, dass das Hauptproblem in den Schulen jetzt die Schülerbeförderung wäre. Das Hauptproblem ist, dass wir auch bei den Kommunen in Gebäude investieren, wir in die Digitalisierung kommen und wir genug Lehrkräfte haben. Dafür wollen wir sorgen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Zukunft ist es aber auch wichtig – ich glaube, deswegen muss das auch in Rheinland-Pfalz thematisiert werden –, dass es, wie Sie wissen, in Kalifornien brennt. Eine solche Katastrophe gab es noch nie. Sie wissen, nicht nur dort, sondern auch in Brasilien und in der sibirischen Taiga waren die Brände in diesem Jahr so groß wie noch nie. Die Temperaturen waren so hoch wie noch nie. Der SPIEGEL titelt heute: Die Klimakrise ist angekommen, die Katastrophe ist da. –

(Zurufe der Abg. Dr. Sylvia Groß und Joachim Paul, AfD)

Wir leben eigentlich schon am Anfang der Katastrophe. Das müssen wir auch im Auge behalten.

Für uns ist es im Moment wichtig, die Corona-Krise zu bekämpfen. Aber die größte Menschheitskrise – das muss doch deutlich werden, und muss doch auch bei jedem und jeder, die Politik macht, einmal ankommen – steht jetzt mit der Klimakatastrophe vor uns.

Deswegen muss das, was investiert wird, in eine klimaneutrale Wirtschaft führen. Deswegen muss das, was jetzt investiert wird, in die Möglichkeit führen, auch in Zukunft auf dieser Erde leben zu können. Die Erde ist nicht bedroht. Die Welt ist nicht bedroht. Aber die Menschheit ist bedroht, wenn wir nicht anders handeln. Deswegen, weil wir Politik für Menschen machen und nicht nur für die Welt, sondern auch für die Menschen, die auf dieser Welt und in Rheinland-Pfalz leben, müssen wir so handeln, damit wir in eine klimaneutrale Zukunft kommen.

Deswegen ist es so wichtig, dass wir Geld für den ÖPNV in die Hand nehmen, Geld für eine grüne Wasserstoffstrategie in die Hand nehmen und Geld in die Hand nehmen, damit wir an den Universitäten digital lernen und digitale Projekte voranbringen können, meine Damen und Herren.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)