Protokoll der Sitzung vom 08.10.2020

Fraktionen außer der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN aufgrund der Länge der Redezeit der Landesregierung noch zwischen 2 und 3 Minuten Redezeit zur Verfügung haben.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf ist nicht nur ein Schaufensterantrag des Wirtschaftsministeriums,

(Abg. Martin Haller, SPD: Es ist kein Antrag, sondern ein Gesetz!)

sondern erneut ein Beleg dafür, dass Herr Minister Wissing als Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft in den vergangenen Jahren kein wirklicher Segen für unser Land Rheinland-Pfalz gewesen ist.

(Zurufe von der SPD: Und Weinbau!)

Herr Minister, Ihr Gesetz ist derart mit heißer Nadel gestrickt, dass es mich wundert, wie hier die Koalitionspartner von SPD und Grünen bei einer solch bestenfalls halbherzig zu betrachtenden Umsetzung mitmachen. Sie stellen – wie es die CDU hier richtig bemerkt – wieder einmal große Ziele vor, die weder quantifiziert noch qualifiziert werden können.

In diesem Gesetz fehlt es an einem Zukunftskonzept für einen nachhaltigen, effektiven und bürgerfreundlichen öffentlichen Nahverkehr. Es fehlt ein Mindestziel, um wie viel Prozent das Streckennetz von Bus und Bahn ausgebaut werden soll. Es fehlt ein Konzept für den ÖPNV an Wochenenden und Feiertagen insbesondere für die Menschen auf dem Lande. Auch zur Taktung und besseren Vernetzung der jeweiligen Anschlussverbindungen wird sich ausgeschwiegen. Es ist besonders beschämend, dass dazu noch nicht einmal ein Vorstoß für ein wirklich preiswertes ÖPNV-Netz gemacht wird. Warum kneifen Sie eigentlich beim 365-EuroTicket?

Liebe Frau Ministerin Höfken, warum präsentieren Sie sich bei diesem Mumpitz noch als zahnloser Tiger?

Wie effektiv die Arbeit unseres Verkehrsministers ist, hat man kürzlich an einer Anfrage seiner FDP-Parteikollegen im Bundestag gesehen. Rheinland-Pfalz lag beim Breitbandausbau bezüglich des Schienennetzes auf dem Spitzenplatz, und zwar auf dem Spitzenplatz bei den Ausfällen des Telefonnetzes und des WLAN. Von letzterem sind übrigens sogar 10 % aller Strecken in ganz Rheinland-Pfalz betroffen.

Dann kommen Sie ernsthaft als Generalsekretär der FDPBundespartei daher und kritisieren die fehlende Digitalisierung in Deutschland. Bei dieser erbärmlichen Bilanz wären etwas eher leise Töne angebracht.

(Abg. Martin Haller, SPD: War das gut, dass Sie das ansprechen! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Spezialist für leise Töne!)

Diese Demut fehlt Ihnen auch ganz augenscheinlich gegenüber den Wählerinnen und Wählern in Rheinland-Pfalz. Während Sie bereits jetzt schon als Minister eine eher dürftige Bilanz vorzuweisen haben, haben Sie nun dieses Amt zugunsten des Generalsekretärs der Bundes-FDP auf eine Teilzeitstelle degradiert. Während Ihr Landesverband eine Spitzenkandidatin, eine Fachfrau aus Ihrem eigenen Hause, präsentiert, kleben Sie selbst weiter am Stuhl des Landesministers.

Setzen Sie hier doch mal ein klares Zeichen für Gleichberechtigung und für unser Land Rheinland-Pfalz. Zeigen Sie, dass Ihnen unser Bundesland wichtiger ist als der Blick auf das Einkommen.

(Abg. Martin Haller, SPD: Da klebt gar nichts!)

Herr Minister, Sie haben es in der Hand, dass RheinlandPfalz in der Wirtschafts-, Landwirtschafts- und Verkehrspolitik nicht länger aufgrund Ihrer persönlichen Karriereplanung in Richtung Berlin mit dem Sprungtuch RheinlandPfalz als Sicherungsnetz, falls es mit dem Wiedereinzug Ihrer Partei in den Bundestag nicht klappen sollte, daherdümpelt.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerpräsidentin, geben Sie, wenn Herr Wissing nicht freiwillig dazu bereit ist, dem Land Rheinland-Pfalz einen Minister, den es in diesen Krisenzeiten braucht.

(Glocke des Präsidenten)

Wir brauchen Tatkraft und Zuversicht für unsere Handwerker, Soloselbstständigen und Arbeitnehmer,

(Zuruf des Abg. Alexander Fuhr, SPD)

ich komme zum Schluss –, die sich um den Verbleib ihrer Arbeitsplätze sorgen oder diese bereits verloren haben.

Ich danke Ihnen.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Wir sind damit am Ende der Beratung dieses Gesetzentwurfs in erster Lesung.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU, Gesetzesfolgenabschätzung zum Landesgesetz über den öffentlichen Personennahverkehr (Nahverkehrs- gesetz – NVG –) betreffend. Über diesen muss heute abgestimmt werden. Wer dem Antrag – Drucksache 17/13279 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Wer stimmt dagegen? – Danke. Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD abgelehnt.

Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf der Landesre

gierung – Drucksache 17/13130 – an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr – federführend – sowie an den Innenausschuss und den Rechtsausschuss zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:

...tes Landesgesetz zur Änderung des Landesgesetzes zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 17/13197 – Erste Beratung

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Ich darf zunächst einem Mitglied der Landesregierung das Wort zur Begründung erteilen. Frau Staatsministerin Spiegel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Rheinland-Pfalz folgt einer wichtigen und guten Tradition, nämlich Vorreiterin in Sachen Kinderschutz zu sein; denn Rheinland-Pfalz führte 2008 als erstes Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland ein Landeskinderschutzgesetz ein, dass Kinder durch vielfältige Maßnahmen vor Missbrauch, Misshandlung und Vernachlässigung schützen sollte.

Unser Landeskinderschutzgesetz hat damals bundesweit Maßstäbe gesetzt, weil es frühe Förderung, Kinderschutz und Kindergesundheit miteinander verknüpft hat. Es hat schon damals wichtige Elemente der bundesweiten Entwicklung vorweggenommen, die 2012 ins Bundeskinderschutzgesetz mündeten.

Das verbindliche Einladungs- und Erinnerungswesen zu den Früherkennungsuntersuchungen für Kinder unter sechs Jahren hat sich – das wissen Sie alle – mehr als bewährt; denn wir haben seit Jahren eine Quote der Inanspruchnahme, die nahe an die 100 % herankommt.

Die lokalen Netzwerke frühe Hilfen und Kinderschutz in den Kommunen sind kontinuierlich verfestigt und ausgebaut worden. Sie haben sich zu der zentralen Plattform für den Austausch der Berufsgruppen entwickelt, die junge Menschen begleiten und betreuen. Diese Maßnahmen sind wichtiger Grundpfeiler eines wirksamen Kinderschutzes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mich in diesem Zusammenhang ganz herzlich bei den vielen engagierten Fachkräften und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, die in den Jugendämtern, in der Kinderund Jugendhilfe und an vielen anderen Stellen tagtäglich dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche in RheinlandPfalz gut geschützt und unterstützt werden. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Gemeinsam mit der essenziell wichtigen Arbeit der Jugendämter, der Umsetzung präventiver Angebote vor Ort und der Wachsamkeit von uns allen, der Gesellschaft insgesamt, bilden sie die Grundlage eines umfassenden Schutzes junger Menschen in Rheinland-Pfalz.

Durch soziale und gesellschaftliche Veränderungsprozesse müssen sich Kinder- und Jugendhilfe und somit auch der Kinderschutz immer weiterentwickeln, sich neuen Herausforderungen stellen und den Menschen gerecht werden, die besondere Hilfen und gezielte Unterstützungsmaßnahmen brauchen.

Eine dieser besonders hilfsbedürftigen Gruppen sind Kinder von psychisch kranken und/oder suchterkrankten Eltern. Allein die Zahl von bundesweit über 3,8 Millionen betroffenen Kindern, die mit einem psychisch- oder suchterkrankten Elternteil leben, zeigt den immensen Leidens- und Handlungsdruck, den es in diesem Bereich gibt.

In Rheinland-Pfalz sind das bis zu 220.000 Kinder, die unter diesen schwierigen familiären Bedingungen aufwachsen. Viele dieser Kinder sind in emotional instabilen Verhältnissen. Sie verheimlichen aus Scham oder Hilflosigkeit die Erkrankung von Vater oder Mutter und übernehmen Aufgaben und Rollen, die nicht altersgemäß sind und die sie überfordern. Sie haben ein drei- bis vierfach erhöhtes Risiko, später selbst psychisch zu erkranken. Zudem werden sie häufiger Opfer von Kindeswohlgefährdungen insbesondere der Vernachlässigung.

Meine Damen und Herren, deshalb ist die wichtigste Neuerung die Erhöhung der Fördermittel um zusätzliche 750.000 Euro, um genau diesen Kindern eine gute Unterstützung zukommen zu lassen. Ich glaube, das ist ein wichtiger Schritt, den wir damit gehen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei SPD und FDP)

Darüber hinaus sind in der Novellierung Änderungen vorgesehen, die das Monitoring betreffen. Da die Maßnahmen zur Umsetzung des Kinderschutzgesetzes seit dessen Verabschiedung hinreichend evaluiert und untersucht wurden, wird die Vergabe einer wissenschaftlichen Evaluation nach dem dritten Landesbericht, der dem Landtag im vierten Quartal vorgelegt wird, künftig entfallen. Aber selbstverständlich bleibt die Berichterstattung der Landesregierung an den Landtag erhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Kinderschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die alle angeht und zu der jeder und jede ihren Beitrag leisten muss. RheinlandPfalz möchte an die gute Tradition anknüpfen, Vorreiterin zu sein. Daher wollen wir in diesem Jahr mit der Novellierung des Landeskinderschutzgesetzes Schwerpunkte setzen, die bisher so noch nie strukturell irgendwo verankert sind. Lassen Sie uns jetzt einer Gruppe von jungen Men

schen helfen, die unsere Hilfe besonders braucht. Ich bitte Sie daher, diesen Gesetzentwurf zu unterstützen, und freue mich auf die parlamentarischen Beratungen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Zur Aussprache erteile ich das Wort der Abgeordneten Simon von der Fraktion der SPD.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich war etwas zögerlich, weil ich dachte, dass die CDU vor mir spricht.

Frau Ministerin Spiegel hat eigentlich viele Dinge dargelegt, warum wir diesem Gesetzentwurf gerne zustimmen möchten. Lassen Sie mich noch wenige Punkte verdeutlichen, die der SPD besonders wichtig sind.

Das Landeskinderschutzgesetz wurde 2008 als erstes in Deutschland eingeführt. Das wurde schon gesagt. Sie erinnern sich. Anlass waren mehrere schwere Kindesmissbrauchsfälle.

Nach nun über zehn Jahren mit zwei Evaluationen haben wir weiteren Steuerungs- und Unterstützungsbedarf beim Kindeswohl identifiziert. Aus diesem Grund wurden im letzten Doppelhaushalt zusätzlich 750.000 Euro zweckgebunden dafür eingestellt.