Protokoll der Sitzung vom 08.10.2020

neu anzuschaffen. Das war lange Zeit nicht der Fall. Wir haben die Zuschüsse für die Frauenhäuser auf 18.000 Euro erhöht, meine Damen und Herren. Schauen Sie sich das doch einmal vor Ort an. Die CDU ist doch eine Volkspartei oder hat diesen Anspruch. Dann müssen Sie doch auch mit dem Volk reden, und wenn das Volk mit Ihnen redet, werden Sie das erfahren. Dann müssen Sie hier nicht irgendwie freie Meinungsäußerung machen ohne Kenntnis der Tatsachen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Wir haben im Bereich der Mobilität, um nun zu einem anderen Thema springen zu müssen – damit zeigen wir die Mobilität, die wir haben –, heute das neue Nahverkehrsgesetz, aber wir müssen auch anderes noch bedenken. Es ist nicht nur Nahverkehr, es ist die Mobilität insgesamt, die sich ändert. Wenn Sie in Ihren Bekanntenkreis schauen oder auch in Ihre Familie, werden Sie sehen, dass Menschen jetzt mehr Fahrrad fahren. Das liegt nicht nur an Corona, sondern es liegt daran, dass es E-Bikes gibt. Man kommt weiter und kommt vielleicht nicht so verschwitzt beim Arbeitsplatz an, weil es nicht so anstrengend ist.

Diese E-Bikes verändern das Mobilitätsverhalten, natürlich auch die Scooter und anderes, aber dafür braucht man Platz. Man kann doch nicht sagen, wir haben jetzt E-Bikes, und dann fahren wir auf diesen wackeligen kleinen Radwegen. Fahren Sie einmal durch meine Heimatstadt Ludwigshafen. Dann haben Sie einen Radweg, der 70 cm breit ist. Fahren Sie auf dem mit dem E-Bike. Das ist gefährlich, das will keiner.

Deswegen brauchen wir neue Räume, open space sozusagen, für die Mobilität. Wir brauchen sie für die Mobilität, fürs Radfahren – Tempo 30 ist da eine große Hilfe –, aber eben auch in der Stadt insgesamt für die Fußgängerinnen und Fußgänger, für diejenigen, die sich in der Stadt bewegen wollen, können und müssen. Dabei ist natürlich auch die Barrierefreiheit eine wichtige und sehr grundlegende Sache.

Wir brauchen für diese Menschen einen neuen Verkehrsraum, und diesen versuchen wir zu schaffen. Sie sehen es in Mainz. In Ludwigshafen gab es auch einmal einen, weil die NOx-Zahlen zu hoch waren. Dann wurde ein Radweg abgetrennt, aber dort fährt keiner, weil es hinten und vorn keine richtige Anbindung gibt.

(Abg. Martin Haller, SPD: Aber es wurde etwas gemacht!)

Es wurde etwas gemacht, genau! Nicht alles, was gemacht wird, ist immer sinnvoll, aber der gute Wille war zu erkennen.

Wenn wir darangehen und sagen, wir wollen diese Gesellschaft ändern, nicht nur wegen des Klimaschutzes, sondern auch wegen des Gesundheitsschutzes und wegen der Bewegung, die wir alle haben, wegen der Freiheit, die das

bringt, dann müssen wir auch in die Städte und Landkreise gehen, um noch einmal klarzumachen: Auch von Dorf zu Dorf muss es einen Radweg geben, der für Familien befahrbar ist, der ungefährlich ist und wo die Kinder morgens auf ihr Rad steigen und in die nächste Schule fahren können. Dann gibt es auch das Elterntaxi nicht mehr so wie bisher. Es werden nicht mehr so viele Kinder dabei überfahren, und wir haben einen Gewinn für alle in dieser Gesellschaft, meine Damen und Herren.

So weit muss man doch denken können, und so weit wollen wir auch kommen. Deswegen haben wir die Förderung von 5 Millionen Euro für die Radwege schon in den letzten Haushalten gehabt, und natürlich ist es unser Ziel, noch mehr in den ÖPNV und in die Radwege zu investieren und nicht nur in die Reparatur von Autostraßen, die auch nötig ist. Irgendwo habe ich gelesen, auch E-Autos brauchten Straßen. Ja, richtig. Auch E-Autos brauchen Straßen, sonst wären es Flugzeuge und keine Autos.

(Vereinzelt Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also daher, wenn Straßen da sind und man muss sie reparieren, dann tun wir das natürlich auch, damit man – egal ob mit dem E-Auto oder mit dem Pferd oder eben mit der Kutsche – von A nach B kommt, meine Damen und Herren. Das ist modern, das wollen wir für alle, die es gibt, und deswegen unterstützen wir das.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Nun haben wir noch ganz viele tolle Projekte, die wir gerade vor Kurzem beschlossen haben, beispielsweise die Landstromanlagen für Binnenschiffe – auch in der Schifffahrt muss sich etwas ändern – und die Möglichkeiten, wasserstoffgetriebene Züge einzusetzen. Es gibt die Eifelquerbahn. Wir waren vor Kurzem in Kaisersesch und haben uns das angeschaut. Dort kann grüner Wasserstoff vor Ort produziert werden. Herr Oster war dabei und ist Mitglied in diesem Verein, der das betreibt. Dafür gibt es kräftig Bundesmittel. Ich gratuliere dazu.

Deswegen ist es auch richtig, dass man versucht, die Eifelquerbahn mit Wasserstoff voranzubringen, dass man Wasserstofftankstellen für Schiffe hat, weil wir die Brennstoffzelle haben werden. Auch die Lkw werden auf Brennstoffzellen umgestellt, und deswegen sind auch neue Infrastrukturen nötig, nicht nur die Fahrradwege, nicht nur die Autostraßen.

Wenn wir schon bei der Infrastruktur sind, dann muss man natürlich auch ans Netz denken. Ich musste eben gerade hinausgehen, weil mein Handy keinen Empfang hatte. Aber ansonsten müssen wir natürlich im Moment in der digitalen Infrastruktur ausbauen, was geht. Deswegen sind wir so froh, dass dafür auch Mittel zur Verfügung stehen, und diese Mittel wollen wir so schnell wie möglich verwenden. Es nützt nichts, wenn sie im Haushalt sind; sie müssen umgesetzt werden.

Deswegen bedarf es Werbung auch im ländlichen Raum und überall. Machen Sie die Erneuerung des Netzes, und machen Sie es schnell, damit wir die Infrastruktur haben und damit später nicht alle in der Stadt wohnen müssen, weil es auf dem Land kein schnelles Netz gibt. Das brauchen wir für die Gewerbetreibenden, das brauchen wir für die Industrie, aber das brauchen wir auch für die Menschen, die dort wohnen. Deswegen unterstützen wir das massiv.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

An den Hochschulen – das haben wir schon gehört – gab es eine lange Diskussion, ob die Mittel reichen. Natürlich reichen die Mittel nie an Hochschulen. Wir würden uns daher auch wünschen, dass es noch mehr Mittel gibt. Aber ich glaube, wir sind mit dem, was wir jetzt beschließen oder zumindest einmal als Vorlage haben – vielleicht diskutieren wir auch darüber, dass es noch mehr werden kann, wer weiß! – – – Ich glaube, wir können damit neue Dinge anfangen. Das heißt, wir haben mehr Menschen, die jetzt eine Festanstellung haben, aber wir brauchen auch mehr Gebäude, wir brauchen mehr Infrastruktur.

Es gibt den schönen Witz, in Landau gab es das früher schon einmal an der Uni, die Bibliothek hat geschlossen, das Buch ist ausgeliehen. Wir brauchen natürlich für Bibliotheken, für die Infrastruktur, für die elektronische Infrastruktur mehr Mittel, und diese Mittel stellen wir mit dem Haushalt zur Verfügung, und das tun wir sehr gern.

Im Bereich Bauen und Wohnen hat die Ministerin gestern schon alles gesagt, was dazu zu sagen ist.

Im Bereich Kultur freuen wir uns, dass wir viele Angebote machen können, bei der Kultur vorankommen und sie nicht vergessen. Leider hat Rheinland-Pfalz einen doch eher schmalen Kulturhaushalt. Wir arbeiten daran, dass er stärker wird, und auch in diesem Haushalt zeigen wir, dass der Wille da ist und wir diesen Willen auch umsetzen wollen.

Vor allem die Freie Szene, Theaterszene, Musikszene und Kabarettszene werden von uns unterstützt, und in CoronaZeiten haben sie es besonders schwer. Deswegen muss die Unterstützung in diesem Bereich auch besonders stark sein, meine Damen und Herren.

Zur Innenpolitik muss ich natürlich noch etwas sagen, sonst heißt es, er hat zur Polizei nichts gesagt. Wir freuen uns außerordentlich, dass wir die Zahlen erhöhen können. Die Kritik, die es immer wieder gibt und die vielleicht in manchen Zeiten auch berechtigt war, greift jetzt nicht mehr; denn wir haben neue Kräfte, und diese Kräfte werden jetzt ausgebildet. In Rheinland-Pfalz wird die Polizei akzeptiert, in Rheinland-Pfalz wird die Polizei gut ausgebildet, und darauf sind wir stolz. Das tragen wir mit, das wollen wir auch so.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Wir wollen natürlich auch über alles, was schlecht läuft,

diskutieren, aber wir wollen vor allem das, was gut läuft, weiter unterstützen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Herr Baldauf hat von der roten Laterne gesprochen, die Rheinland-Pfalz trägt. Ich sehe diese rote Laterne nicht. Herr Baldauf, vielleicht haben Sie rot gesehen, als Sie den Haushalt gesehen haben. Aber es wäre auf jeden Fall besser, wenn es die rote Laterne gäbe, als eine schwarze Zukunft, die Sie versprochen haben. Diese schwarze Zukunft ist nämlich die Zukunft dessen, dass Sie in verschiedenen Bereichen Aufwüchse gefordert haben: mehr Lehrerinnen, mehr Wissenschaftlerinnen, mehr Personal bei der Polizei, mehr Personal in anderen Bereichen. Überall mehr Personal, aber Sie haben keinen Vorschlag gemacht – man muss es immer wieder sagen –, wie Sie das finanzieren wollen.

(Glocke der Präsidentin)

Die Teile des Haushalts, die wir unterstützen, unterstützen Sie auch. Deswegen müssen Sie an irgendeiner Stelle Geld kreieren können, das Sie ausgeben wollen; denn die Verschuldung kritisieren Sie zum Teil auch. Deswegen wäre ich sehr gespannt, in diesen Haushaltsdebatten wunderbare Vorschläge von der CDU zu hören, wie wir in RheinlandPfalz einiges noch besser machen können. Wir sind dazu jederzeit bereit.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Herren und Damen Abgeordnete, liebe Kollegen und Kolleginnen! Aktuell gelten mehr als 141 Länder als CoronaRisikogebiete, und in Deutschland gilt dies bereits für sechs Landkreise und vier Stadtbezirke. In Madrid, in Südfrankreich oder Israel sehen wir, dass die Krankenhäuser bald nicht mehr alle Corona-Kranken behandeln können.

In Rheinland-Pfalz sind wir von solchen Bildern glücklicherweise weit entfernt. Aber auch bei uns steigen die Zahlen. Mit Neuwied hat ein erster Landkreis, mit Mainz ein erstes Oberzentrum die Warnstufe Orange erreicht, die wir vor Kurzem gemeinsam mit den Kommunen in unserem Aktions- und Warnplan definiert haben. Das zeigt, wir sind von Normalität weit entfernt.

Was wir mit Sorge beobachten ist, dass die Infektionszahlen zunehmen und nicht mehr nur auf einzelne abgrenzbare Ereignisse zurückzuführen sind. Das macht die Nachverfol

gung und Unterbrechung der Ansteckungsketten schwieriger für den Öffentlichen Gesundheitsdienst, der seit Monaten eine wirklich hervorragende Arbeit leistet und dem ich an dieser Stelle – ich glaube, im Namen von uns allen – ganz ausdrücklich danken möchte.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei CDU und AfD)

Liebe Rheinland-Pfälzer und liebe Rheinland-Pfälzerinnen, deshalb brauchen wir Ihre Unterstützung; denn es kommt auf Jeden an. Es sind die kleinen Alltagsentscheidungen, die den großen Unterschied ausmachen können. Wir spüren alle, dass uns Corona mürbe macht und man am Liebsten aus dem Korsett der Regulierungen und der Vorsicht ausbrechen möchte. Ich verstehe das. Ich verstehe das sehr gut. Wenn wir aber jetzt nicht aufpassen, verlieren wir alles, für das wir in den letzten Monaten gekämpft und verzichtet haben. Es kommt tatsächlich auf jeden Einzelnen an.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Rheinland-Pfälzer und liebe Rheinland-Pfälzerinnen, ich weiß, dass wir Rheinland-Pfälzer zusammenhalten. Ich bin deshalb auch zuversichtlich. Wenn wir jetzt weiterhin geduldig sind und aufeinander achtgeben, dann werden wir die Steigerung der Infektionszahlen wieder abschwächen und gut und sicher durch den Herbst und den Winter kommen können.

Viele von Ihnen haben in den Monaten der Pandemie Neues begonnen oder auch Altes abgelegt. Wir als Landesregierung haben in der Krise den Blick fest nach vorne gerichtet. Wir haben einen Haushalt aufgestellt, der in die Zukunft der Menschen in unserem Land investiert, in Bildung, Digitalisierung, Klimaschutz.

Meine sehr verehrten Herren und Damen, vor knapp acht Jahren gab es in Scheuerfeld im Westerwald nur ein einziges Thema: Faurecia, einer der weltweit größten Automobilzulieferer, wollte seinen rheinland-pfälzischen Standort schließen. Über viele Jahre war Faurecia ein unternehmenspolitisches Sorgenkind in unserem Land. Im letzten Jahr schließlich der große Erfolg, Betriebsrat und Unternehmensführung haben sich auf eine Beschäftigungssicherung bis 2028 geeinigt. Doch mehr als das, sie haben das Werk gemeinsam neu erfunden und dabei sowohl den Standort technisch modernisiert als auch seine Mitarbeiter durch Weiterbildungen fit für den Wandel in der Automobilbranche gemacht.

Ich habe Faurecia vor Kurzem noch einmal besucht, übrigens mit vielen Abgeordneten aus dem Landtag. Das Unternehmen beweist zwei Dinge, von denen ich zutiefst überzeugt bin. Erstens lassen sich mit Zusammenhalt und Entschlossenheit auch schwierige Situationen meistern. Zweitens können wir die großen Veränderungen durch die Digitalisierung und den nachhaltigen Umbau unserer Wirtschaft so gestalten, dass wir alle von diesem Wandel profitieren.

Der erfolgreiche Ansatz von Faurecia symbolisiert, was auch der Kompass dieses Haushaltsentwurfs ist: Gemeinsam und entschlossen gestalten wir die Zukunft. Wir investieren in die beste Bildung und exzellente Forschung, ein krisenfestes Gesundheitssystem, starke Kommunen, aktiven Klimaschutz und eine nachhaltige Wirtschaft mit guten Arbeitsplätzen.

Meine sehr verehrten Herren und Damen, es ist mehrfach gesagt worden, wir befinden uns mitten in einer der größten Veränderungen unserer Wirtschafts- und Arbeitswelt seit der Industrialisierung. Digitalisierung und Klimawandel, Demografie und Globalisierung verändern grundlegend, wie wir künftig arbeiten und produzieren.

Als Land gestalten wir diesen Wandel. Dazu gehört erstens, den Menschen Sicherheit und berufliche Perspektive zu geben, zweitens beste Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Unternehmen wettbewerbs- und innovationsfähig bleiben können und drittens die Förderung einer nachhaltigen Wirtschaftsweise.

Dafür hat die Landesregierung den Transformationsrat gegründet. Herr Baldauf, das ist unser Arbeitsgremium, in dem wir gemeinsam – mit Kabinettskollegen, die dafür verantwortlich sind, mit unseren Partnern aus Gewerkschaften, aus Unternehmen, aus Kammern und der Bundesagentur für Arbeit – kraftvoll daran arbeiten, dass Transformation in unserem Bundesland gelingt.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)