Seit dem Jahr 2008 greift bei uns schon ein Landesprogramm, mit dem wir Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und freie Berufe unterstützen, wenn Insolvenzen, die in einem Wirtschaftssystem unvermeidbar sind, beantragt werden müssen. Dann sollen die Auszubildenden ihre Ausbildung fortsetzen können. Die Ausbildungsbetriebe erhalten auf Antrag einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 2.500 Euro je übernommenem Auszubildenden. Damit begleiten wir die zeitlich befristeten Programme „Ausbildungsplätze sichern“ des Bundes.
Wir haben Ausbildungsbotschafter, was schon angesprochen worden ist. Das ist ein tolles Projekt. Wir haben den
Aufstiegsbonus in Rheinland-Pfalz eingeführt und deutlich erhöht. Den Aufstiegsbonus I haben wir verdoppelt. Auch das läuft sehr gut.
Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit den Kammern. Wir haben den Landesbestenpreis erstmals in diesem Jahr vergeben, um die berufliche Qualifikation sichtbar zu würdigen und anderen Menschen Lust zu machen, diesen Weg zu gehen.
Auch die Fachkräftegewinnung im Ausland funktioniert mit großem Engagement. Ich bin froh, dass die Westbalkanregelung bis zum Ende des Jahres 2023 verlängert werden konnte. Sie ermöglicht es Erwerbspersonen aus der Region, weiterhin vereinfacht zur Arbeitsaufnahme einzureisen, was für zahlreiche Branchen in Rheinland-Pfalz wichtig ist.
Wir nutzen konsequent alle Chancen, die das Fachkräfteeinwanderungsgesetz seit März dieses Jahres bietet. Dafür optimiert die Landesregierung beständig die Möglichkeiten der Berufsanerkennung im Land. Wir werben gezielt bei an Deutschland interessierten Fachkräften über das Portal make-it-in.rlp.de. Um die Fachkräfteeinwanderung kundenorientiert und effizient zu gestalten, eröffnet die Landesregierung zu Beginn des Jahres 2021 eine zentrale und modern aufgestellte Ausländerbehörde für Fachkräfte und Arbeitgeber.
Herr Kollege Brandl, Sie haben die Standortkampagne erwähnt. In der Tat wollen wir mit der Standortkampagne Rheinland-Pfalz.GOLD auch im Ausland das Augenmerk auf unser Bundesland richten. Es ist notwendig, dass man dort mit einer einfachen Botschaft klarmacht, es handelt sich um einen besonderen Wirtschaftsstandort, der für Fachkräfte aus dem Ausland ein Anziehungspunkt sein soll. Rheinland-Pfalz.GOLD ist dafür genau die richtige Botschaft.
Rheinland-Pfalz ist ein Premiumstandort, was Forschung und Entwicklung, Infrastruktur und die Lage mitten in Europa angeht. Wir sind sehr gut aufgestellt. Nebenbei ist es ein Premiumstandort, was die Lebensqualität, das Wohnraumangebot, die Kultur und soziale Verhältnisse angeht. Zudem haben wir – das will ich nicht unerwähnt lassen – ein sehr modernes Bildungsangebot, das ab der Kita kostenfrei ist.
Sie sehen, die Landesregierung hält auch während der Corona-Pandemie Perspektiven für junge Menschen offen. Wir verbessern für Unternehmen die Voraussetzungen zur Fachkräftesicherung. Wenn wir mit Begriffen wie „Fachkräftesicherung“ oder „Fachkräftegewinnung“ hantieren, sollten wir nicht vergessen, dass wir über Lebensentwürfe und die berufliche Erfüllung von Menschen reden. Unser Anliegen als Regierung ist es, nicht nur Unternehmen mit Fachkräften zu versorgen, sondern wir wollen auch dazu beitragen, dass unser Land ein Land wird, das seinen Bürgerinnen und Bürgern bestmögliche Chancen auf ein gutes Leben bietet.
umstandort. Es ist ein Standort, der den Menschen Chancen eröffnen und Möglichkeiten bieten möchte. Natürlich bleibt es am Ende immer dem Einzelnen freigestellt, ob er sich für diesen oder jenen Weg in der Bildung oder im beruflichen Bereich entscheidet. Dass wir aber ein breites Angebot haben und auf unsere Attraktivität hinweisen, ist unsere Aufgabe. Diese erfüllt die Landesregierung mit großem Engagement.
Aufgrund der Redezeit der Regierung haben die Fraktionen jeweils noch 1 Minute zusätzliche Redezeit. Es beginnt der Abgeordnete Wink für die FDP-Fraktion.
Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal auf ein paar Punkte eingehen, die mir in der Diskussion aufgefallen sind. Ich möchte ganz zu Beginn noch einmal sagen, dass wir in Deutschland und somit auch in Rheinland-Pfalz ein einmaliges, überragendes System der dualen Ausbildung haben.
Herr Kollege Brandl, das Wort „Ausbildung“ enthält das Wort „Bildung“. Es ist ein einmaliges System in der ganzen Welt und eine Form der Bildung, die nur wir so besitzen, wie sie zu finden ist.
(Beifall und Heiterkeit des Abg. Martin Brandl, CDU – Heiterkeit der Abg. Christian Baldauf, CDU, und Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben ein Problem bzw. eine Herausforderung. Ich kann das aus eigener Erfahrung als Mitglied einer Handwerksfamilie mit etlichen handwerklichen Berufen sagen. Das zeigen auch viele Statistiken und Umfragen unter jungen Handwerkerinnen und Handwerkern. Auch das greift die Landesregierung mit den zahlreichen Maßnahmen auf. Es wurde kritisiert, dass diese nur punktuell bis gar nicht wirken. Die Herausforderung ist nämlich die Anerkennung der jungen Menschen, die einen handwerklichen Beruf ausüben. Mit Maßnahmen wie dem Meisterbonus oder der Förderung, wenn ich in die Selbstständigkeit gehe, und vielen weiteren bringen wir die Gesellschaft dazu, genau diese Anerkennung zu erbringen.
Wenn die jungen Menschen dann spüren, ich werde anerkannt, wenn ich Maurer oder Dachdecker bin, wenn ich mit dem Hammer statt mit dem Schraubenschlüssel unterwegs bin und nicht den PC unter dem Arm habe, und die Anerkennung komplett gegeben ist, gewinnen wir noch viel mehr Menschen für die berufliche Aus- und Weiterbildung.
Was die Kopplung von Schule und Wirtschaft betrifft, darf ich noch einmal erwähnen: Berufsinformationsbörsen, 3.000 bzw. 4.000 Schülerinnen und Schüler; Kammern und Verbände versuchen alles in Bewegung zu bringen, zum Beispiel mit Programmen im Unternehmen zu Themen wie „Ein Tag im Chefsessel“ oder „Kommt uns besuchen“.
Ich darf kurz auf den Kollegen Dr. Bollinger eingehen, der gesagt hat, dass der demografische Wandel keine Auswirkungen auf die Fachkräftegewinnung in diesen Zeiten hätte.
Das Statistische Monatsheft des Statistischen Landesamts Rheinland-Pfalz 09 2019 zeigt auf, dass der demografische Wandel sehr wohl einen Einfluss zeigt. Unter Einbeziehung der Bevölkerungsentwicklung zeigt sich nämlich, dass der Anteil der Handwerkerinnen und Handwerker in der Altersgruppe von 15 bis 25 Jahren in der Bevölkerung im Jahr 2018 bei 5,6 % und im Jahr 2013 bei 5,7 % lag. Diese Kurve, die nahezu gleich ist, weist eindeutig auf einen demografischen Effekt hin.
Einen Satz möchte ich noch sagen. Wir müssen für klassische Handwerksberufe wie Dachdecker, Maurer oder Maler werben, weil in den Handwerksberufen teilweise eine Verlagerung beispielsweise zum Mechatroniker oder Anlagenmechaniker stattfindet.
Wenn wir ihnen aber die neuen Innovationen zeigen, also zum Beispiel dass ein Dachdecker Dächer mit Drohnen vermisst oder ich Lack- und Farbtechniken studieren und in diesem Bereich forschen und arbeiten kann, dann gewinnen wir auch Ältere für Handwerksberufe. Dazu ist die Förderung von zum Beispiel Coaches und den Camps perfekt.
Herr Minister, Sie haben den Faktencheck zu dem, was Herr Dr. Bollinger gesagt hat, schon vorgenommen, aber man darf das wirklich nicht unwidersprochen lassen. Wir haben in den BBS die höchste Unterrichtsversorgung aller Zeiten.
Bei den Themen der Fachkräftesicherung und Unterstützungsmöglichkeiten für unsere Unternehmen sollten wir uns aber auch klarmachen, welche außer der CoronaPandemie momentan noch die groben Leitmotive für die Zukunft unserer Volkswirtschaft sind. Das sind natürlich die Digitalisierung und die Dekarbonisierung. Beides zusammen mit der Corona-Pandemie hat massive Auswirkungen auf die Branche, die in unserem Land nun einmal die zweitstärkste ist, nämlich die Fahrzeugindustrie.
Eine erfolgreiche ökologische Transformation bedeutet Sicherheit für Fachkräfte und die Sicherung von Fachkräften und Beschäftigung. Auch der Themenkomplex des Strukturwandels, die Transformation, ist in Rheinland-Pfalz Chefsache. Das Gremium, das die Ministerpräsidentin dafür gegründet hat, ist der sogenannte Transformationsrat. Es gilt wieder das gleiche bewährte Rezept, alle, die etwas dazu beitragen können, an einen Tisch zu bringen. Dann kommt dabei ein gebündeltes Maßnahmenpaket heraus, das zielsicher an den Punkten ansetzt, an denen wir handeln müssen.
Der Transformationsrat hat der Öffentlichkeit im September ein Maßnahmenpaket präsentiert, das sich genau mit folgenden Fragen beschäftigt: Wie sichern wir die Fachkräfte für unsere Unternehmen im Land? Wie begleiten wir die Unternehmen in unserem Land beim Strukturwandel?
Bei der Gestaltung der Transformation ist die Qualifizierung das A und O. Deshalb ist in dem Maßnahmenpaket eine Erhöhung des QualiScheck von 600 auf 1.500 Euro vorgesehen. Es ist zudem eine deutliche Erhöhung der Förderung der betrieblichen Weiterbildung auf bis zu 30.000 Euro enthalten.
Etwas sehr Wichtiges, das auf eine zentrale Forderung der SPD zurückgeht und uns deshalb sehr gefreut hat, ist die Wasserstoffstrategie des Landes Rheinland-Pfalz und die geplante „Roadmap Wasserstoffwirtschaft“. Beides sind sehr wichtige Schritte auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft.
Lassen Sie mich noch erwähnen, dass auch die SPDFraktion im September 2020 ein Impulspapier für den Strukturwandel in der Fahrzeugindustrie mit konkreten Handlungsschritten für die Bewältigung des Strukturwandels vorgelegt hat. Wir setzen darin zum Beispiel auf ein Transformationskurzarbeitergeld.
Wir haben auch für das Thema des Strukturwandels in Rheinland-Pfalz die richtigen Tools zur Begleitung unserer Unternehmen und zur Sicherung des Fachkräftebedarfs – wie gesagt – immer mit dem richtigen Rezept, alle Menschen an einen Tisch zu bringen.
Herr Präsident! Ich will dort fortfahren, wo ich aufgehört habe. Wenn man die Wirtschaft fragt, was ihr wichtig ist im Hinblick auf die Unterstützungsmaßnahmen, die die Politik leisten kann hinsichtlich der Rahmenbedingungen, dann steht da zum Beispiel auch „Landesweite Einführung eines ÖPNV-Tickets für Auszubildende“. Genau das ist aber einer der Punkte, die wir an Ihrem Nahverkehrsgesetz kritisieren, nämlich dass Sie hier nur versuchen, Strukturen zu ändern, Rahmen zu schaffen, aber nicht konkret werden, wenn es darum geht, konkret Punkte einzubringen und dann auch festzuschreiben.
Ich will auch das Thema „Duales Studium“ nochmals erwähnen. Auch wenn man zugeben muss, dass Rheinland-Pfalz natürlich gewisse Anstrengungen unternommen hat, um dieses duale Studium zu verbessern, verdient es im Vergleich mit den anderen Ländern den Namen immer noch nicht, weil uns hier andere Bundesländer wirklich meilenweit voraus sind.
Zum Schluss auch noch einmal das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, welches die Wirtschaft einfordert. Sie sagt, das muss landesweit einheitlich umgesetzt werden. Man muss einfach sehen, dass die Bundesregierung die rechtlichen Grundlagen geschaffen hat, um die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften aus Nicht-EU-Ländern gezielt zu stärken. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz stellt ein wichtiges Puzzleteil bei der Lösung des Problems des Fachkräftemangels dar. Der Bund hat seine Hausaufgaben erledigt, das Land jedoch noch nicht. Dieses Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird einfach zu verzögert umgesetzt.
Das erinnert mich ein Stück weit an die damalige Debatte zu den Welcome Centern. Auch damals wurde zunächst in Überschriften gedacht und die Umsetzung verpasst, die Umsetzung verzögert. Genau das sehen wir jetzt auch beim Fachkräfteeinwanderungsgesetz.
Es muss in dieses Sammelsurium der Maßnahmen, in diese Strategie, die entsprechend vorliegt, aber noch das eine oder andere weitere Engagement hinein. Ich will an der Stelle nochmals an eine Ausweitung der Anrechnungsstunden für die Berufswahlkoordinatoren erinnern. Auch das erfolgt aus unserer Sicht viel zu zögerlich; denn wir brauchen tatsächlich mehr Anstrengungen, um den Schülern näherzubringen, welche Möglichkeiten sie haben.
Auch die Lehrer sollten über eine entsprechende Praxiserfahrung im Handwerk verfügen. Warum verbessern wir zum Beispiel nicht die Möglichkeiten in ihrer Ausbildung und
ermöglichen ihnen regelmäßig, auch nach dem Studium, wieder in Betriebe zu schauen, dort Praktika zu machen und sich entsprechend weiterzubilden?