Protokoll der Sitzung vom 11.11.2020

Meine Damen und Herren, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der AfD – Abg. Michael Frisch, AfD: Sehr gut!)

Für die Koalitionsfraktionen spricht die Abgeordnete Kathrin Anklam-Trapp.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Durch eine ganze Reihe von gesetzlichen Initiativen hat die von den Koalitionsfraktionen getragene Landesregierung in den vergangenen Jahren die Rahmenbedingungen für eine leistungsfähige pflegerische Versorgung nachweislich optimiert. Aus guten Gründen haben wir stets darauf geachtet, dass aufeinander abgestimmte Strukturen für die ambulante und die stationäre pflegerische Versorgung entwickelt werden.

Dabei war es stets unser Ziel, dem breiten gesellschaftlichen Wunsch zu entsprechen, eine den individuellen pflegerischen Erfordernissen entsprechende Versorgung zu Hause, also in der gewohnten häuslichen Umgebung, zu garantieren: Die qualifizierte Pflegeberatung durch die regional verorteten 135 Pflegestützpunkte, die Demenznetzwerke oder die erleichterte Anerkennung der Nachbarschaftshilfen bei hauswirtschaftlichen Leistungen, um nur einige Beispiele zu nennen, sind wichtige Elemente in der Unterstützung Angehöriger bei der Erbringung von Pflegeleistungen im häuslichen Bereich.

Die schon jetzt bestehende Möglichkeit, Geldleistungen aus der Pflegeversicherung mit Sachleistungen zu kombinieren, hat sich in der Praxis bewährt; denn damit wird sichergestellt, dass die Qualität der pflegerischen Versorgung im Vordergrund steht. Geldleistungen an Angehörige und die professionellen Leistungen durch ambulante Pflegedienste werden nicht zulasten der Pflegebedürftigen in eine gegenseitige Konkurrenz gesetzt.

Genau diese Befürchtung verbindet sich hingegen mit dem grundlegenden Ansatz des hier zur Beratung anstehenden Gesetzentwurfs der AfD-Fraktion. Der Anspruch auf Zahlung eines Landespflegegelds entstünde nämlich erst bei überwiegender Inanspruchnahme von Pflegegeld der Pflegeversicherung, ein Anreiz, der zulasten der professionellen Versorgungsqualität gehen könnte. Im Übrigen wären die im Gesetzentwurf vorgesehenen und nach Pflegegraden gestaffelten Jahresbeiträge auf den Monat umgerechnet kaum geeignet, um die häusliche Pflege finanziell spürbar zu unterstützen.

Die AfD-Fraktion kalkuliert die Kosten zulasten des Landeshaushalts in Höhe von rund 45 Millionen Euro. Damit wird deutlich, die Belastung des Landeshaushalts wäre enorm, die Entlastung pflegender Angehöriger hingegen marginal.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Kurzum: Kein wirklicher Effekt für Betroffene und nur schwerlich finanzierbar. Der Gesetzentwurf der AfDFraktion geht deshalb in die falsche Richtung.

Meine Damen und Herren, wir sollten uns vielmehr auch angesichts der aktuellen Vorschläge des Bundesgesundheitsministers für eine umfassende Reform der Pflege sinnvollerweise darauf konzentrieren, im Pflegeversicherungsrecht neue Kriterien für regelmäßige Anpassungen des Pflegegelds zu definieren.

(Glocke der Präsidentin)

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Wäschenbach.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute auf Antrag der AfD mit einem Entwurf zu einem Landesgesetz für einen Landeszuschuss zum Pflegegeld. Wir haben als CDU-Fraktion in den vergangenen Monaten und Jahren wiederholt an dieser Stelle die unzureichende Pflegepolitik der Landesregierung gerügt. Wir haben auch stets auf die sehr schwierige Situation der pflegenden Angehörigen hingewiesen. Nicht ohne Grund werden die pflegenden Angehörigen als der größte Pflegedienst in Deutschland bezeichnet.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Wir haben es in diesem Zusammenhang geschafft, die Landesregierung durch permanente Oppositionsarbeit dahin gehend zu bewegen, endlich die Landesverordnung über die Anerkennung und Förderung von Angeboten im Alltag zu ändern und die Hürde zur unbürokratischen Hilfe im Haushalt zu senken;

(Beifall bei der CDU)

denn den Pflegebedürftigen und deren Angehörigen muss unbürokratisch und möglichst einfach und schnell das Leben im häuslichen Alltag erleichtert werden.

Wir wollten die Anerkennung der niedrigschwelligen Nachbarschaftshilfe für haushaltsnahe Dienstleistungen wie Haushaltsreinigung oder Einkaufshilfen noch effizienter und einfacher haben und die bereits zustehenden monatlichen 125 Euro effizient und einfach einsetzen. Leider ist dies auch in der neuen Verordnung der Landesregierung nicht ausreichend erfolgt. Deshalb können viele Menschen diese Unterstützung derzeit gar nicht abrufen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn plant, die Eigenanteile der Heimbewohner an den Pflegekosten auf 700 Euro zu begrenzen.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Guter Mann!)

Nicht nur die Gewerkschaft ver.di begrüßt Spahns Pläne, die Eigenanteile zu deckeln, damit das Lebensrisiko Pflegebedürftigkeit nicht arm macht.

Der Sozialverband VdK begrüßt es, dass die Bundesregie

rung auf die Kostenexplosion in der Pflege reagiert; denn die Leistungen der Pflegeversicherung decken die Pflegekosten in Heimen nicht ab. Sie sind seit Einführung der Pflegeversicherung nicht mit der Preisentwicklung mit gestiegen. Hinzu kommen die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie die Investitionskosten, die eigentlich die Länder zahlen sollten.

(Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

Auch in der ambulanten Pflege sind die Probleme gerade in Corona-Zeiten gestiegen. Ambulante Pflegedienste können oftmals keine neuen Patienten mehr aufnehmen. Für Tagespflegeeinrichtungen gibt es lange Wartelisten. Ja, die ambulante Pflege geht auch häufig zulasten der Gesundheit und des Einkommens der pflegenden Angehörigen.

Das Konzeptpapier des Bevollmächtigten der Bundesregierung für Pflege, Herr Andreas Westerfellhaus, zur Neuordnung der Leistungen der sozialen Pflegeversicherung aus dem Sommer dieses Jahres begrüßen wir ausdrücklich. Für die häusliche Pflege sollen weiterhin zwei Budgets zur Verfügung stehen, die nahezu alle bisherigen Leistungen zusammenfassen: das Pflegebudget und ein Entlastungsbudget.

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Sehr gut!)

Das wird den sorgenden und pflegenden Angehörigen helfen.

(Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

Es wird auch Verbesserungen in der Kurzzeitpflege und der Verhinderungspflege geben, die für die Entlastung der häuslichen Pflege sehr bedeutsam sind.

Verehrte Zuhörer, wir dürfen bei allem Reformeifer auch die ambulant betreuten Wohneinrichtungen nicht vergessen,

(Beifall des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

damit Wohngemeinschaften mit der Preisgestaltung der Heime mithalten können.

(Abg. Marco Weber, FDP: Richtig!)

Wir bewegen uns mit dem Gesetzesantrag auf einem bundespolitischen Terrain der Pflegehilfen aus der Pflegeversicherung und dem Sozialgesetzbuch, und das ist primär keine Länderaufgabe.

Wir fordern allerdings die Landesregierung an dieser Stelle erneut auf,

(Glocke der Präsidentin)

endlich – wie in anderen Bundesländern – die Investitionskosten zu übernehmen. Ich muss mich nicht wiederholen.

(Beifall bei der CDU)

Für uns als CDU-Fraktion ist die Pflege ein herausragendes gesellschaftspolitisches Thema, wie unsere vielfältigen parlamentarischen Initiativen beweisen. Wir stehen an der Seite der pflegenden Angehörigen, an der Seite der Pflegebedürftigen, und wir stehen an der Seite des gesamten Berufsstands der Pflege.

(Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP – Glocke der Präsidentin)

Diese Personen leisten tagtäglich Großes in diesen Zeiten der besonderen Herausforderungen.

(Beifall der CDU – Unruhe im Hause)

Es gibt eine Kurzintervention der Abgeordneten Dr. Groß.

(Abg. Daniel Schäffner, SPD: Das glaubt doch kein Mensch! – Zuruf aus dem Hause: Doch, die selber! – Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

Also, Herr Wäschenbach, das nehme ich Ihnen nicht ab, dass Ihnen die Pflege so sehr am Herzen liegt.

(Abg. Marco Weber, FDP: Oh!)