Vielen Dank. – Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Schmidt, wir haben Ihre Anfrage und auch die dazugehörige Pressemitteilung zur Kenntnis genommen, und die Schlüsse, die Sie aus den Antworten des Ministeriums ziehen, überraschen dann auch nicht, auch nicht die Termini, die Sie durchexerzieren, oder Ihre Interpretation der Antworten.
Teile Ihrer umfangreichen Anfrage sind übrigens bereits 2017 beantwortet worden, wie die nach dem geforderten Gedenktag. Das tun Sie in letzter Zeit ständig: Sie fordern Landesgedenktage, wo es Bundesgedenktage gibt, die alle zusammenführen und einen und dem Gedenken eine breite Basis und besondere Wertschätzung geben. Landesgedenktage würden diesen Gedenktag des Bundes in seiner Aufmerksamkeit einschränken.
Sie ignorieren Kulturförderung, Sie ignorieren, dass es im Ministerium eine Förderung der Integration von Aussiedlern in Mittelform bereits gibt. Sie ignorieren, dass das
Dokumentations- und Ausstellungszentrum in Oppeln mit Bundesmitteln gefördert wird, und Sie ignorieren auch die Bundesförderung des Bundesverbandes der Vertriebenen. Den klammern Sie vielleicht aus, weil der Vorsitzende sich explizit von Ihnen distanziert hat, weil er keinen Konsens zwischen den Positionen des Verbandes und Ihnen sehen kann.
Dass bei der Integration von Spätaussiedlern viele Fehler gemacht wurden, möchte ich deutlich sagen. Die erste Erfahrung, die diese Menschen hier machten, war, dass sie in der historischen Heimat nicht als Heimkehrer begrüßt wurden. Die Spätaussiedler, obwohl sofort nach der Einreise eingebürgert, wurden trotzdem als Ausländer behandelt. Aufgrund der Annahme, es würden Deutsche mit deutscher Abstammung und deutscher Kultur ins Land kommen, kam der Gedanke scheinbar gar nicht auf, dass auch diese Menschen in die Gesellschaft integriert und inkludiert werden müssten, dass sie die Sprache beispielsweise beherrschen müssten. Es gab gerade in den 1990er-Jahren zwar umfangreiche finanzielle Hilfen, aber keine Integrations- und Sprachkurse; die sind erst in den 2000er-Jahren Voraussetzung geworden.
Verpasste Integration und die entsprechend seit Jahrzehnten mangelnde gesellschaftliche Teilhabe bewirkten eine teilweise Abschottung dieser Gruppe, zu deren Fürsprecher Sie sich jetzt aufschwingen. Aber warum?
Geht es denn darum, was Sie selbst im Januar dieses Jahres bei Ihrem Vortrag „Die AfD und Aussiedlerpolitik“ des AfDKreisverbandes Neckar-Odenwald diskutierten, nämlich die Gewinnung von Wählern aus dieser Gruppe?
Sie werben in einer extrem populistischen Weise um die Heimatvertriebenen, nähren – und Ihre Pressemitteilung ist ein gutes Beispiel hierfür – ein Empfinden von Benachteiligung.
(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)
Sie reden hier vorne von Respekt und haben Landtagskandidaten in Ihren Reihen, die den Angriff auf Polen als Fantasie bezeichneten, der einen Krieg auslöste, der Ihrer vermeintlichen Zielgruppe die Heimat raubte.
(Abg. Martin Haller, SPD: So ist es! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Schämt Euch! – Zurufe der Abg. Dr. Jan Bollinger und Michael Frisch, AfD)
Wenn Sie sich auf Hessen beziehen, dann tue ich das an dieser Stelle auch einmal gern. Ich beziehe mich auf den Hessischen Landesverband der Vertriebenen,
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Kriegsschuldleugner! – Abg. Martin Haller, SPD: Kriegsschuldrevolutionisten!)
Ich zitiere den Vorsitzenden des Hessischen Landesverbandes der Vertriebenen Siegbert Ortmann im Gießener Anzeiger: Zumindest wir betroffene Heimatvertriebene und Spätaussiedler der Erlebnisgeneration sollten uns immer vor Augen halten, dass der von Deutschland im vorigen Jahrhundert ausgegangene rechtsextreme Nationalismus und Rassismus mit all seinen Folgen die eigentliche Ursache unserer unmenschlichen Vertreibung aus der alten Heimat nach dem Zweiten Weltkrieg waren. Wir distanzieren uns von der AfD. –
(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Maximale Distanzierung! – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Wird man Landtagskandidat, wenn man Kriegsschuld, Nazi-Deutschland leugnet? – Zurufe der Abg. Dr. Jan Bollinger und Uwe Junge, AfD)
Zunächst die Anmerkung. Mir und meiner Fraktion nun bloßen Populismus bei dem Thema zu unterstellen, empfinde ich schon als komplett unpassend.
Ich bin dem Themenfeld sehr verbunden, und ich bitte einfach auch einmal ernst zu nehmen, dass wir uns mit unseren Inhalten identifizieren und Themen auch vom Herzen her angehen.
Das habe ich persönlich seit Anfang der Legislaturperiode gemacht, weil mir dieses Kulturerbe, die Aussiedler, die Vertriebenen sehr wichtig sind.
Ich habe das systematisch gemacht und würde mir wünschen, dass von anderer Seite auch mehr passiert.
Ich komme nun zu meiner Frage. Ich kann nicht verstehen, weshalb ein spezieller landesweiter Erinnerungstag entwerten würde, dass auf der Bundesebene auch so etwas passiert. Ganz im Gegenteil, das würde die Wirkung verstärken, und ein landesweiter Gedenktag zur Erinnerung an die Opfer der Vertreibung und der massenhaften Flucht würde dieses Geschichtserbe ins Bewusstsein rücken. Wir können überall feststellen, dass dieser Teil der Geschichte zunehmend vergessen wird, und das werden wir als AfDFraktion nicht zulassen.