Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Frisch, ich will auf Ihre Kurzintervention drei Punkte antworten.
Punkt eins: Die Nebelkerze, die Sie am Anfang gezündet haben, ich würde Dinge auf die gleiche Stufe stellen, zeigt, wie wenig Argumente Sie an der Stelle vorbringen können. Selbstverständlich stelle ich das nicht auf die gleiche Stufe. Sie selbst haben in Ihrem Redebeitrag zur Kita-Debatte davon gesprochen, was für eine große Belastung es auch für die Menschen ist, die wirtschaftlich nicht getroffen sind, sondern die davon betroffen sind, dass ihr Freizeitleben eingeschränkt ist. Das Argument haben Sie selbst gebracht.
Punkt zwei: Es ist erstaunlich, dass Sie die Tatsache, dass wir 75 % der Infektionen nicht nachvollziehen können, als Argument gegen Maßnahmen nutzen und sagen, weil wir nicht wissen, wo die Infektionen herkommen, müssen wir nichts machen.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Abg. Michael Frisch, AfD: Also man macht irgendwas!)
Ja, wir machen irgendwas. Wir machen das, was unsere Verantwortung gerade ist, nämlich das Schlimmste zu verhindern.
Punkt drei: Es ist bezeichnend, dass Sie hier von Betten, der Bettenkapazität sprechen, aber dass Sie nicht von den Kapazitäten und Belastungen sprechen, unter denen unsere Pflegekräfte und unser medizinisches Personal stehen.
(Beifall der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das haben wir schon oft getan!)
Das Thema greifen Sie in keiner Weise auf, weil Sie wissen, dass Ihnen an der Stelle alle Ihre Argumente ausgehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegen! Ist der beschlossene Teillockdown in dieser Form und gefühlten Härte eine gute und richtige Entscheidung oder nicht? Diese Frage stellen sich viele Menschen in unserem Land. Dieser Frage muss man sich stellen. Diese Frage muss man beantworten.
Dazu muss man noch einmal auf die Ausgangslage zurückblicken, die wir Ende Oktober hatten. Wie sah die Situation im Bund aus? Wir hatten bundesweit innerhalb kürzester Zeit eine Verdreifachung der Infektionen, in genau 14 Tagen von 4.000 auf 12.000 Fälle. Wir hatten eine Verdopplung der Intensivpatienten von 1.100 auf 2.243. Wir hatten ein beginnend exponentielles Wachstum.
Wir hatten in Rheinland-Pfalz Anfang Oktober 53 COVIDerkrankte Patienten in Krankenhäusern behandelt, 15 davon auf einer Intensivstation, elf davon beatmet. Drei Wochen später haben wir bereits 297 COVID-erkrankte Patienten in Krankenhäusern behandelt, 57 davon auf einer Intensivstation, 50 davon beatmet, mit stark steigender Tendenz.
Wir haben ebenfalls gesehen, dass die Infektionszahlen in unseren europäischen Nachbarstaaten Mitte bis Ende Oktober explodiert sind. Da Deutschland sich nachvollziehbarer Weise nicht in einer Insellage befindet, war abzusehen, dass diese Entwicklung auf uns übergreift.
Meine Damen und Herren, so sieht ein beginnend unkontrollierter Anstieg aus, der eine Handlungskonsequenz der Regierenden erfordert und kein Zuschauen.
Man muss weiterhin wissen, dass uns die Erkrankung rund 14 Tage voraus ist. Das liegt einmal daran, dass von der Ansteckung bis zur Entwicklung der Krankheit einige Zeit vergeht, im Regelfall sind das meistens fünf Tage, die die Inkubationszeit dauert, selten auch bis zu 14 Tage. Das ist aber nicht das einzige Problem. Es dauert eine gewisse Zeit, bis sich entscheidet, ob es bei der Erkrankung bei einem milden Verlauf bleibt oder sie stationärer Behandlung bedarf oder intensivmedizinischer Betreuung. An den Krankenhausbetten kommt der Ausbruch erst mit einer erheblichen Zeitverzögerung an.
In einer solchen Situation muss man sich als Regierung fragen: Was unternehme ich zu welchem Zeitpunkt? Wie kann ich soziale Kontakte, gerade wenn ich nicht mehr alle
Infektionsketten nachvollziehen kann, deutlich reduzieren, um die Pandemie effektiv zu bekämpfen, ohne Gesellschaft und Wirtschaft maximal zu schädigen? Basierend auf diesen Überlegungen hat sich die Bundesregierung in Abstimmung mit allen Landesregierungen entschieden, diesen Bereich – ich nenne ihn einmal Freizeit und Kultur, worunter Gastronomie, Sport, Kultur, Tourismus und Fitnessstudios fallen – einzuschränken, um die großen Bereiche, bei denen wir viele Sozialkontakte haben, nämlich Arbeit, Unternehmen, Industrie, Verwaltung, Einzelhandel und Ausbildung, Kindergärten, Schulen, Grundschulen und Universitäten, unangetastet lassen zu können.
Herr Frisch, natürlich kann man theoretisch auch an anderen Stellen ansetzen. Frau Binz hat schon gesagt, wie das mit dem Teillockdown geschehen ist. Es ist die Frage: Was ist das Wichtigste? Nach unserer Ansicht ist das, die Infrastruktur im Gesundheits- und Pflegebereich zu stützen, den Wirtschaftskreislauf so lange wie möglich am Laufen zu halten und das Offenhalten von Schulen, Kindertagesstätten und den Ausbildungsstätten zu gewährleisten. Hier nehme ich einen breiten gesellschaftlichen Konsens wahr.
Wenn Kontakte in diesen Bereichen nicht reduziert werden sollen, dann müssen wir Kontakte in anderen Bereichen reduzieren, und dann ist es nun einmal der Freizeit- und Kulturbereich. Stärkere Eingriffe in die Wirtschaft wären teurer geworden.
Herr Frisch, wer sagt, Ihr schließt jetzt an der falschen Stelle, der muss auch sagen, wo man denn sonst hätte schließen können, und wer sagt, Ihr hättet zu diesem Zeitpunkt nichts tun sollen, den verweise ich auf die zu Beginn meiner Rede skizzierte Ausgangssituation und auf die Kollegin Binz. Es ist fahrlässig, in einer solchen Gesamtsituation nicht zu reagieren.
Nur mit dieser kompletten Schließung dieses Bereichs Kultur und Freizeit erreichen wir eine nennenswerte Reduzierung der sozialen Kontakte, eine Reduzierung, die eine realistische Chance bietet, den rasanten Anstieg der Infektionszahlen einzudämmen. Auch ich, auch wir sind uns natürlich bewusst, dass diese Entscheidung Einrichtungen trifft, zum Beispiel Gastronomien und Fitnessstudios, die keine Fehler gemacht, zumindest nicht in einem größeren Maße Infektionsketten ausgelöst und mit guten Hygienekonzepten überzeugt haben und sich jetzt zu Unrecht bestraft fühlen.
Ihnen gilt zuallererst unser Dank, Dank für die bisher geleistete vorbildliche Arbeit in der Pandemiebekämpfung, verbunden mit der Bitte, diese Hygienekonzepte ab Dezember wieder genau so umzusetzen. Die Pandemie wird dann nicht vorbei sein.
Herr Frisch, da diese Einrichtungen für uns alle die Hauptlast der Pandemiebekämpfung tragen, halte ich es auch für absolut richtig, dass diese Einrichtungen und Betriebe großzügig für die Ausfälle, die sie im November erleiden
Herr Frisch, Deutschland ist kein Einzelstaat, was diese einschränkenden Maßnahmen angeht. Ich nehme auch im Vergleich mit vielen europäischen Nachbarstaaten wahr, dass diese Maßnahmen, so hart sie auch auf den einen oder anderen Bürger wirken mögen, im Vergleich mit unseren Nachbarstaaten noch als zurückhaltend zu bezeichnen sind. Ich empfinde sie als ausgewogen, verhältnismäßig und zielführend. Sie folgen der Devise „So viel Einschränkung wie nötig, so viel Freiheit wie möglich“.
Herr Frisch, abschließend mein Rat an die AfD: Machen Sie es doch wie die Landesregierung: Vertrauen Sie der Union vor Ort und im Bund. Lassen Sie sich von Angela Merkel und Jens Spahn sicher durch die Krise führen. Vertrauen Sie uns.
Das hat diesem Land die letzten 70 Jahre gut getan, und das wird es auch die kommenden 70 Jahre. Wir können das als Union. Wir machen das. Wir schaffen das.
(Abg. Gabriele Bublies-Leifert, fraktionslos: Frau Präsidentin, da hatte sich der Herr Frisch noch mal mit seinem Kärtchen gemeldet, da habe ich mich parallel auch gemeldet!)
Nein, Sie müssen das dem Präsidium bitteschön so anzeigen, dass das hier oben erkennbar ist. Ich habe eben beide Kolleginnen und Kollegen nach einer Wortmeldung gefragt,