Protokoll der Sitzung vom 05.10.2016

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht nun Herr Staatssekretär Kern.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Becker hat in ihren Ausführungen von Lokalpatriotismus gesprochen. Lieber Herr Wäschenbach, dafür, dass Sie heute in diesem Sinne sprechen, weil Ihnen die Entscheidung dort oben nicht passt, habe ich persönlich durchaus Verständnis. Ich habe Verständnis dafür, dass Sie das aus Ihrer persönlichen Sicht der Dinge entsprechend vortragen.

Allerdings regeln wir im Rahmen dieses Gesetzes drei Punkte, die schon angesprochen worden sind. Dabei geht es um den Namen der neuen Verbandsgemeinde, die unter dem künftigen Namen Daaden-Herdorf gebildet werden soll.

Es ist nicht so, dass wir ein Fass aufgemacht hätten. Sie kennen das Landesgesetz, mit dem diese neue Verbandsgemeinde gebildet worden ist und das auch eine Regelung beinhaltet hat, dass innerhalb eines Jahres nach der Gebietsänderung der Name der umgebildeten Verbandsgemeinde neu festzulegen ist. Dies hat das Ministerium mit Schreiben vom 22. Juni 2015 auch der Verbandsgemeinde vor Ort mitgeteilt, und es war die Verbandsgemeinde, die darum gebeten hat, eine Namensänderung so lange hinauszuschieben, bis vom Verfassungsgericht in Koblenz über den Normenkontrollantrag entschieden worden ist. Die Entscheidung ist nicht im Sinne der Stadt Herdorf ausgefallen, sodass nun der zweite Schritt erfolgen soll und erfolgen muss, die Namensgebung endlich zu regeln.

Diese Namensgebung ist aufgrund der Entscheidung der kommunalen Familie vor Ort – Frau Becker hat die Mehrheitsentscheidung dargelegt – mehrheitlich mit dem Namen „Daaden-Herdorf“ erwünscht,

(Abg. Thorsten Wehner, SPD: Auch mit Mehrheiten der CDU übrigens!)

und deswegen wird dieser Vorschlag in diesem Gesetz auch zur Entscheidung vorgelegt.

Der zweite Punkt betrifft den Verzicht auf die Wahlen der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Auch dazu haben Sie in gewisser Weise ein anderes Wahrnehmungsgefühl, wenn Sie sagen, man ist noch nicht so weit.

Zum Thema Waldbreitbach und Rengsdorf kann ich Ihnen mitteilen, dass die Verbandsgemeinderäte Waldbreitbach und Rengsdorf mittlerweile dem Zusammenschluss zum 1. Januar 2018 zugestimmt haben.

Wenn wir über Nassau reden, reden wir gleichzeitig über Hahnstätten und Katzenelnbogen. Beide Verbandsgemeinden sind zurzeit in Fusionsverhandlungen, und es gibt Beschlusslagen der Ältestenräte in Nassau und Bad Ems,

dass man die Fusion durch Fusionsgespräche entsprechend einleiten möchte. Auch dort befindet man sich auf einem guten Weg, genauso wie im Bereich der Verbandsgemeinde Kirn-Land, wo ein Zusammenschluss der beiden kommunalen Gebietskörperschaften geplant ist. Die Beratungen vor Ort laufen, die betroffenen Verbandsgemeinden sind hinsichtlich der Bürgermeisterwahlen entsprechend beteiligt worden, und sie sind mit den beabsichtigten Regelungen einverstanden.

Der dritte Punkt ist der Verzicht auf regelmäßige Personalratswahlen in Altenglan und Kusel. Das ist sinnvoll und ist vor Ort entsprechend so gewünscht. Deswegen wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie diesem Gesetzentwurf in der Folge zustimmen würden.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht noch einmal Herr Kollege Wäschenbach.

Ich möchte noch kurz auf Frau Kollegin Becker eingehen. Frau Becker, mir liegt eine Pressemeldung vor vom 2. Oktober 2015, in der Hans-Artur Bauckhage der Einzige war, der für die Beibehaltung des Namens Herdorf-Daaden gestimmt hat, und nicht dagegen. Das wollte ich noch einmal klarstellen.

(Zuruf der Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD)

Sie sagen zum Wahlprogramm, Sie sähen die FDP auf einem guten Weg. Ich möchte noch einen anderen Satz aus Ihrem Wahlprogramm vorlesen.

(Abg. Monika Becker, FDP: Die Wahl ist vorbei! – Heiterkeit und Beifall bei der AfD)

„Zu diesem Zweck werden sich die Liberalen für eine umfangreiche Aufgabenkritik und die Überprüfung von Anforderungen und Standards auf allen Ebenen der Landesund Kommunalverwaltungen einsetzen.

(Zuruf der Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD)

Eine umfassende Verwaltungs- und Gebietsreform mit einer deutlichen Bündelung muss sich anschließen.“

Das vermisse ich nach wie vor. Darin erkenne ich nicht Ihre Handschrift. Ich bitte Sie, dass Sie in diesem Punkt noch mehr Engagement zeigen.

(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD)

Herr Staatssekretär Kern, Sie können vor Ort wieder für Ruhe sorgen – es gibt nämlich Streit –, wenn Sie auch den örtlichen Kommunen die finanzielle Unterstützung zukommen lassen, die andere Kommunen bekommen. Es

klemmt vor Ort an allen Ecken und Kanten. Die Fusion kostet mehr als gedacht. Raffen Sie sich als Landesregierung auf, und bezahlen Sie auch den Kommunen, die zwangsfusioniert wurden, einen Beitrag.

(Beifall der CDU)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Es liegt ein Überweisungsvorschlag für den Gesetzentwurf vor, und zwar an den Innenausschuss – federführend – sowie an den Rechtsausschuss.

(Zuruf von der SPD: Findet keine Abstimmung statt?)

Das ist ein Gesetz. Ein Gesetz wird normalerweise an den Ausschuss überwiesen. Es ist kein Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wir überweisen also den Gesetzentwurf an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss.

Ich rufe nun Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Anforderungen an ein Bundesteilhabegesetz (BTHG) Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/1144 –

Erwartungen an das Bundesteilhabegesetz Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der CDU – Drucksache 17/1206 –

Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Rommelfanger zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Das Bundesteilhabegesetz ist eine der großen sozialpolitischen Reformen und wird das Leben von Menschen mit Behinderung für die nächsten Jahrzehnte prägen. Der vorliegende Antrag verfolgt das Ziel, mehr Teilhabe und mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung zu schaffen. Deshalb war es auch gut, dass sich Rheinland-Pfalz bereits seit 2007 – nicht nur mit Blick auf das Inkrafttreten der UNBehindertenrechtskonvention im Jahr 2009 – besonders stark für eine Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe zu einem Bundesteilhabegesetz eingesetzt hat.

Die Hoffnungen und Erwartungen der betroffenen Menschen an das Bundesteilhabegesetz sind groß. Ab dem 1. Januar 2017 beginnt stufenweise bis zum Jahr 2020 ein grundlegender Systemwechsel in der Eingliederungshilfe. Dabei bestehen auch Befürchtungen, die bisherige Lebenssituation von Betroffenen könnte sich verschlechtern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sorgen über die Wirkung des Bundesteilhabegesetzes sind aufgrund der Kom

plexität der Reform verständlich. Ich habe selbst einen großen Teil meines beruflichen Werdegangs in diesem Bereich verbracht und die Auswirkungen von Reformen hautnah erlebt. In den letzten Jahren wurden schrittweise Veränderungen durchgeführt, aber bei dem Thema Behinderung bzw. Menschen mit Behinderung stand noch zu oft der Gedanke der Fürsorge im Mittelpunkt.

„Wir wissen, was gut für euch ist“ ist so seit Langem nicht mehr haltbar. Es gibt ein ganz anderes Selbstbild von Menschen mit Behinderung, die natürlich an allen Bereichen des Lebens mehr teilhaben wollen und durch das Bundesteilhabegesetz auch sollen. Allerdings wird sich bei einem großen Systemwechsel eine Restunsicherheit über die Wirkung in jedem praktischen Einzelfall und über die damit einhergehenden Umsetzungsfragen nie ganz vermeiden lassen.

Die Zuständigkeit für die Umsetzung der geplanten Neuregelung liegt bei uns als Land. Die Koalitionsfraktionen fühlen sich dabei praxisgerechten Lösungen verpflichtet. So ist beispielsweise die Forderung von Menschen mit Behinderung, dass ihr Einkommen und Vermögen sowie das ihrer Partnerinnen oder Partner nicht mehr herangezogen werden, durch das Bundesteilhabegesetz aufgegriffen worden.

Die nun in der Gesetzesvorlage gefundene Lösung der Freistellung von Partnereinkommen und die Erhöhung der Vermögensfreigrenze begrüßen wir als einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Wir setzen uns als Koalition aber auch dafür ein, dass der Bund konkret in einem Zeit- und Stufenplan darlegt, wie die Umsetzung erfolgen soll.

Auch die gesetzliche Regelung von Modellen, wie das bei uns in Rheinland-Pfalz eingeführte und von immer mehr Ländern in den Grundzügen übernommene Budget für Arbeit, ist gut für die Betroffenen. Somit werden die Fördermöglichkeiten für einen Wechsel in den allgemeinen und ersten Arbeitsmarkt deutlich verbessert.

Die Trennung von existenzsichernden Leistungen von den Fachleistungen der Eingliederungshilfe ist notwendig und sinnvoll. Das Gesetz regelt die Vorrangigkeit von Leistungen der Pflegeversicherung und der Hilfe zur Pflege gegenüber der Eingliederungshilfe.

Da der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff auch Teilhabeelemente enthält, musste das Konkurrenzverhältnis zur Eingliederungshilfe durch eine klare Regelung aufgelöst werden. Ansonsten wäre es zu unnötigen Doppelleistungen und Schwierigkeiten bei der Zuordnung der Leistungen zu Leistungsansprüchen gekommen.

Diese Änderung und die nun aufgestellten Kriterien für die Eingliederungshilfe rufen bei Leistungsträgern, wie zum Beispiel der Lebenshilfe, die Bedenken hervor, dass auf diese Art Menschen künftig von Leistungen ausgeschlossen werden. Die Koalitionsfraktionen werden sich dafür einsetzen, dass dies nicht geschieht.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Reform darf nicht zur

Folge haben, dass berechtigte Ansprüche von Menschen mit Behinderung im Vergleich zum derzeitigen Stand reduziert werden. Bei der Umsetzung muss gelten: Was im bisherigen Recht als angemessen angesehen wird, soll auch nach dem neuen Recht angemessen sein.