Protokoll der Sitzung vom 06.10.2016

Oft sind es aber auch ganz praktische Dinge, die bei einer Gründung hinderlich sein können, zum Beispiel verfüg

bare Räume. Gewerbliche Räume sind nur mit sehr lang laufenden Mietverträgen erhältlich, und die entsprechende Ausstattung mit Druckern und technischen Anlagen ist oft sehr teuer. Da könnten Co-working-Angebote, das heißt Räume mit einer Grundausstattung und gemeinsamer Infrastruktur, vom Konferenzraum bis zum Kopierraum, den Arbeitsalltag für Gründer wesentlich erleichtern, die Finanzierung vereinfachen, aber vor allem auch für den Austausch von Ideen sorgen.

(Beifall der CDU)

Solche Räume würden wir uns auch für den ländlichen Raum wünschen.

Schließlich – unser letzter Punkt – gilt es nicht nur, Musterbeispiele von erfolgreichen Gründungen bekanntzugeben. Das machen wir als Politiker alle gerne. Es gilt aber auch, Geschichten vom Scheitern und dem Neuanfang, der sich anschließt, genauso publik zu machen, um die Stigmatisierung des Scheiterns zu überwinden und damit die Hürde für eine Gründung zu erleichtern.

(Beifall der CDU)

Ein Punkt, den wir aus dem SPD-Papier nicht übernommen haben – Herr Dr. Alt hat es angesprochen –, betrifft das Stichwort von Gründungen von Frauen und Migranten. Wer genauer in die Zahlen schaut, stellt fest, fast die Hälfte der Gründungen geschieht durch Frauen. In einzelnen Branchen – zum Beispiel im sozialen Bereich, wo es viele Gründungen gibt – sind es 80 % und mehr an Frauen, die dort die Unternehmen gründen. Bei den Migranten sind es über 20 %. Das heißt, es funktioniert schon sehr gut. Da sehen wir keinen besonderen Fokus.

Wir alle wollen Rheinland-Pfalz zum Gründerland machen. Wir hätten uns gewünscht, dass Sie sich unseren Vorschlägen anschließen. Das können Sie heute noch. Unser Antrag liegt in seiner ursprünglichen Fassung heute vor. Wir jedenfalls werden, egal, wie Sie sich entscheiden, an diesem Thema dranbleiben; denn wir wollen, dass RheinlandPfalz nicht noch weiter abrutscht. Ich habe es beim letzten Mal gesagt. Nach dem KfW-Gründungsmonitor ist Rheinland-Pfalz von Rang 5 auf Rang 9 abgerutscht. Das wollen wir wieder ändern.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Wink das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Bezüglich der Förderung von Gründerinnen und Gründern wurden bereits mit Unterzeichnung des Koalitionsvertrages wichtige Schwerpunkte für die Gestaltung eines innovativen, dynamischen und wettbewerbsfreundlichen Wirtschaftsstandortes Rheinland-Pfalz gesetzt.

Höchste Priorität muss für die rheinland-pfälzische Politik sein, dass wir den Menschen Lust darauf machen, in diesem Land unternehmerisch tätig zu werden. Die wirtschaftliche Selbstständigkeit muss eine klare Perspektive für alle Menschen in diesem Land sein.

Bereits in der Schule und später in der Hochschule muss deutlich werden, dass wir den Ideen eine Chance geben, in Rheinland-Pfalz groß zu werden. Dabei ist die Unterstützung durch die öffentliche Hand von großer Bedeutung. Dass dies geschieht, erkennen wir zum Beispiel an der Gründungsallianz, die schon erwähnt wurde.

Wir müssen ein hohes Maß an Interesse daran haben, den innovativen Köpfen auf dem Weg in die Selbstständigkeit und darüber hinaus zur Seite zu stehen, damit aus einer anfänglichen Idee Produkte und Dienstleistungen entstehen, die unser Leben bereichern, vielleicht sogar grundsätzlich verändern werden, aber in jedem Fall dazu beitragen, die Stabilität des Arbeitsmarktes und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Rheinland-Pfalz zu erhalten. Gründerförderung ist damit eine Investition in die Zukunft.

Dazu müssen aber auch die Rahmenbestimmungen passen. Rechtliche und steuerliche Regelungen sollten so gestaltet sein, dass sie für die Gründerinnen und Gründer nicht zur Bürde werden und die Dynamik im Innovationsprozess hemmen.

Genau dies machen die Freien Demokraten mit den Ampelpartnern SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in dem Antrag deutlich. Uns ist daran gelegen – ohne Doppelstrukturen zu schaffen –, Arbeitsagenturen, Bildungseinrichtungen, Banken, Kammern, Gründer und Fach- und Praxiswissen eng miteinander zu verknüpfen, um mit diesem Zusammenschluss eine Basis für einen echten Gründergeist sowohl in den Ballungsgebieten als auch in den ländlichen Regionen unseres Bundeslandes zu schaffen. Wir bitten daher, dem zukunftsorientierten Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion erteile ich Herrn Dr. Bollinger das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegen, liebe Gäste! Uns liegen zwei unterschiedliche Anträge vor. Der Antrag der Ampelparteien besteht aus drei sehr unterschiedlichen Teilen. In Teil 1 haben die Ampelparteien allgemeine Grundsätze zusammengetragen, die weder umstritten noch neu sind.

Start-ups sind ein Motor für Innovationen. Ja, das stimmt. Start-ups müssen in der Entwicklung von innovativen Lösungen begleitet werden. Auch das ist richtig. Und: Eine

dynamische und attraktive Gründungskultur ist der Schlüssel für innovative Ideen. Das sehen wir als AfD auch so und schließen uns diesem allgemeinen und sicherlich auch parteiübergreifenden Konsens an.

Teil 2 des Antrags der Ampelparteien lobpreist neue Impulse und vielfältige Angebote der Landesregierung und erwähnt dabei natürlich auch die Gründungsallianz der Landesregierung.

Meine Damen und Herren der Ampelparteien, es ist nicht Aufgabe dieses Landtags, PR für die Landesregierung zu machen, auch nicht in Form von Anträgen. Wir von der AfD-Fraktion werden die Landesregierung nicht an der Zahl ihrer Initiativen oder dem Aktivismus ihres Wirtschaftsministers messen. Wir werden die Landesregierung daran messen, was tatsächlich an Unternehmensgründungen im Lande passiert, was dadurch an Arbeitsplätzen geschaffen wird, und nicht zuletzt daran, wie viel Unternehmensneugründungen auch dauerhaft überleben.

(Beifall der AfD)

Das schmeckt Herrn Wissing nicht. Das hat er in der letzten Plenarsitzung schon gesagt. Aber da kommt er von uns aus nicht heraus. Man muss sich an den Ergebnissen seines Handelns messen lassen.

Hier möchte ich die Zahlen wiederholen. Diese sehen für die letzten Jahren nicht so gut aus. Während es im Jahr 2005 noch rund 20.900 Unternehmensneugründungen gab, waren es im Jahr 2015 nur noch knapp 13.100. Das ist ein Rückgang um 37,5 %.

Bedenklich ist auch, dass auf der anderen Seite die Zahl der Unternehmensliquidationen nicht in dem gleichen Maße gesunken ist. Im Ergebnis werden bereits seit 2007 Jahr für Jahr mehr Unternehmen liquidiert als neu gegründet. Allein im Jahr 2015 lag der Saldo bei minus 2.659 Unternehmen, die mehr liquidiert und geschlossen wurden, als gegründet worden sind.

Damit steht Rheinland-Pfalz auch im Bundesvergleich besonders schlecht da. Ich weise darauf hin, dass es nicht der Wirtschaftsminister war, wohl aber die Grünen in einem Teil und die SPD in der Gesamtheit waren, die Regierungsverantwortung getragen haben.

In Teil 3 des Ampelantrags haben die Parteien an Forderungen alles zusammengetragen, was schön und gut ist. Besonders konkret sind diese Forderungen allerdings nicht. Wir würden zum Beispiel gerne wissen, welche alternativen Finanzierungsmöglichkeiten Sie konkret fördern möchten, oder was Sie im Hinterkopf haben, wenn Sie fordern, dass man rechtliche Regelungen und darunter auch steuerliche Regelungen gründungfreundlicher und damit nachhaltiger gestalten möge.

Auch wir sehen kein Erfordernis für eine separate Förderung von Gründungen durch Migranten oder Frauen.

Bei dem Alternativantrag der CDU vermerken wir positiv, dass Sie die soziale Stigmatisierung des Scheiterns thematisieren. Das Risiko bei Unternehmensneugründungen wird immer hoch bleiben. Das kann auch eine Landesre

gierung nicht ändern. Darum ist es nicht zuletzt im Hinblick auf eine Gründerkultur wichtig, dass Kinder und Jugendliche bereits in der Schule den Umgang mit Fehlschlägen und Misserfolgen lernen können und dass sie Scheitern als etwas Normales ansehen.

Der Kritik der CDU an den sogenannten Doppelstrukturen folgen wir nicht vollständig. Andererseits ist uns klar, die Zahl der notwendigen Ansprechpartner für Start-ups muss reduziert werden. Wir brauchen eine One-Stop-Agency, also eine Anlaufstelle. Andererseits müssen Gründer aber auch die Möglichkeit haben, sich ihre Berater aussuchen zu können, wenn sie beispielsweise unzufrieden mit der Beratung in einer Kammer oder andernorts sind.

Ich hatte mich nach der letzten Plenarsitzung auf die Diskussion des Antrags im Ausschuss gefreut und bedauere es, dass Ampel und CDU die offenen Fragen nicht im Ausschuss besprechen wollten und auch nicht auf mein explizites Angebot eingegangen wurde, die Anträge in einem anderen Rahmen zu diskutieren, um die Zustimmung unserer Fraktion zu erlangen.

Aufgrund der offenen Fragen und der nicht ausgeräumten Bedenken können wir keinem der beiden Anträge zustimmen, wollen sie aber wegen der genannten positiven Ansätze auch nicht rundweg ablehnen. Wir werden uns deshalb enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Blatzheim-Roegler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute erneut den Antrag der Koalitionsfraktionen „Gründungskultur stärken, Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Rheinland-Pfalz sichern“ und natürlich auch in gleichem Maße den Alternativantrag der CDU zum gleichen Thema.

Wir haben den Antrag auch im Ausschuss beraten. Im Grunde genommen – das sagten auch schon Kollegen vorher – waren die unterschiedlichen Einschätzungen zwischen der CDU-Opposition und den anderen Fraktionen, wie man Gründerinnen und Gründer in unserem Bundesland helfen und sie unterstützen kann, nicht wirklich groß.

Das finde ich gut. Selbstverständlich dürfen keine Doppelstrukturen gefördert werden. Das sehe ich aber auch keineswegs in unserem Antrag. Insofern finde ich die Kritik der CDU-Opposition nicht gegeben.

In diesem Antrag geht es gerade darum, die vielfältigen Angebote zu bündeln, Vernetzungsstrukturen zu schaffen und in diesem Sinne eine Gründungsallianz zu schaffen. Was ist eine Allianz? Es ist ein geregeltes Verhältnis, ein

Verhältnis zwischen gleichberechtigten Partnerinnen und Partnern. Warum gleichberechtigt? Die einen geben die Idee oder Ideen und die anderen die Unterstützung. Ohne neue Ideen, Visionen und Kreativität hat eine Gesellschaft keine Zukunft. Ohne Unterstützung durch Erfahrung, finanzielle Mittel, Begleitung und Beratung haben aber auch die besten Ideen manchmal überhaupt nicht die Chance zum Werden und zum Wachsen und sich am Markt zu behaupten.

Aber es kommt nicht nur auf diese Art der Unterstützung an. Herr Minister Wissing hat in der Plenarsitzung im September gesagt, in den USA und anderen Ländern würden die Menschen früher anfangen, sich zu überlegen, welche Ideen sie in einer Selbstständigkeit verwirklichen könnten. Dieser Gedanke sei in unserer Gesellschaft leider nicht ausreichend verbreitet.

Ich möchte es einmal so sagen, wenn man wissen will, wie eine Sache funktioniert, muss man ihr die Möglichkeit zum Scheitern geben. Das ist kein Rezept, es ist eine Haltung gegenüber Menschen, die Ideen in die Praxis umsetzen wollen.

Für gute Ideen und Innovationen gibt es keine Garantie auf Erfolg, aber die Garantie, dass wir diejenigen, die den Schritt in die Selbstständigkeit gehen wollen, bestmöglich unterstützen und ihnen darüber hinaus das Gefühl geben, dass wir an sie glauben. Dieser Garantie und dieser Haltung können wir den Rahmen geben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und FDP)

Unser Antrag ist gut, das Ziel sowieso. Geben Sie sich einen Ruck, und stimmen Sie unserem Antrag zu.

Danke schön.