Protokoll der Sitzung vom 06.10.2016

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Herr Staatssekretär Becht.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte zeigt bei allen Unterschieden im Detail eine breite Übereinstimmung darin, dass Gründungen in Rheinland-Pfalz unterstützt werden müssen. Gründungen gehören zu den Treibern wirtschaftlichen Fortschritts. Das zeigen uns gerade jetzt in dieser Zeit rapider Digitalisierung die vielen neu entstehenden Unternehmensmodelle.

Gründungen schaffen mit ihren Produkten und Dienstleistungen neue Märkte und nutzen Marktlücken aus. Gründungen in Form der Unternehmensnachfolge sichern Unternehmensbestand und wirtschaftliches Know-how. Alle zusammen schaffen und erhalten Arbeitsplätze.

Mit dem Entschließungsantrag machen die Regierungsfraktionen deutlich, welch großen Wert sie Gründungen für

Wirtschaft und Gesellschaft beimessen, und weisen darauf hin, dass das Förderangebot für Gründungen nicht statisch sein kann, sondern sich verändern und sich verändernden Gegebenheiten anpassen muss.

Immer wieder muss geprüft werden, ob das bestehende Instrumentarium noch alle Anforderungen erfüllt. Sie geben der Regierung einen klaren Auftrag, Unternehmensgründungen als eine zentrale Aufgabe der Landespolitik in Angriff zu nehmen.

Rheinland-Pfalz hat ein breites Angebot an Informationsund Beratungsangeboten für Gründungsinteressierte aufzuweisen. Es wird zum Teil von der Wirtschaft selbst getragen. Die Kammern als Selbstverwaltungseinrichtung der Wirtschaft nehmen hier ihre Verantwortung vor allem über die Starterzentren der IHK und Handwerkskammern wahr. Aber auch Wirtschaftsförderungseinrichtungen unterstützen Gründungswillige.

Die Landesregierung bietet im Rahmen der Gründungsinitiative sowohl Information und Beratung als auch finanzielle Unterstützung für Gründungswillige an. Im Wirtschaftsministerium sind wir dabei, die bestehenden Instrumente der Gründungsinitiative neu zu gestalten. Dies betrifft zum Beispiel die Themenauswahl von Veranstaltungen für Gründungsinteressierte. Die Regelungen für Banken mit deren Möglichkeiten, eingeschränkt Risikokapitel bereitzustellen, erfordern es, neue Formen des Risikokapitals zu prüfen und zu nutzen. Informationen zu alternativen Finanzierungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel das Crowdfunding, bestimmen deshalb bereits in diesem Jahr das Veranstaltungsangebot und richten sich nicht nur an Gründungswillige, sondern beispielsweise auch an Gründungsberater als Multiplikatoren.

Stärker als bisher sollen die Absolventinnen und Absolventen von Hochschulen in den Fokus der Gründungsunterstützung rücken. Mit den Gründungsbüros der Hochschulen und den Technologie- und Gründerzentren wollen wir darangehen, gute innovative Ideen frühzeitig zu identifizieren und zur Unternehmensreife zu führen.

Die Förderung von Menschen mit Migrationshintergrund soll weiter gezielt begleitet werden. Dazu dienen bereits jetzt Seminare zur Klärung des Aufenthaltsrechts als eine wichtige Grundlage der Selbstständigkeit. Es wurde erwähnt, 2015 waren sowohl bundesweit als auch in Rheinland-Pfalz 44 % aller Gründer ausländischer Staatsangehörigkeit.

Ebenso sollen Gründungen von Frauen nach wie vor weiterhin intensiv unterstützt werden. Hier wollen wir uns weiterhin intensiv engagieren. Die Gründungen durch Frauen laufen auf Rekordniveau, aber zu einem großen Teil im Nebenerwerb. Dies auch im Haupterwerb zu ermöglichen, soll weiter Ziel sein.

Die steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen müssen daraufhin geprüft werden, ob sie zeit- und zielgerecht sind. Sie sollen Gründungen erleichtern, nicht blockieren. Bürokratischer Aufwand muss für Gründungen sowie die Abwicklung von Genehmigungsverfahren vermindert werden. Digitalisierung bietet hier Chancen. Hier

sehen wir aber auch wichtige Aufgaben, die in die Bundespolitik hineinreichen.

Zu den Rahmenbedingungen gehört auch die gesellschaftliche Anerkennung für die Leistungen von Unternehmen. Ein Unternehmen zu gründen, muss etwas sein, was allgemein als Leistung anerkannt wird. Auch aus diesem Grund ist es wichtig, bereits frühzeitig im Unterricht Wirtschaftszusammenhänge deutlich zu machen und die Perspektive der Selbstständigkeit in die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen einzubringen.

Im Rahmen der Gründungsallianz haben wir die Institutionen, die sich bereits bei der Unterstützung von Gründenden engagieren, eingeladen, bei der Weiterentwicklung der Gründungsunterstützung mitzuwirken. Ziel ist es, die Vernetzung, die Abstimmung und die Optimierung der bestehenden Förderangebote zu verbessern. So kann das Förderangebot für die Gründungsinteressierten klarer strukturiert und noch besser in die Öffentlichkeit getragen werden.

Die Teilnehmer der Gründungsallianz möchten wir auffordern, ihre Vorstellungen in die Arbeitskreise des Ministeriums einzubringen, damit wir alle gemeinsam eine leistungsstarke Gründungsförderung vorantreiben können. Der dezidierte Auftrag des Parlaments an die Regierung, sich verstärkt für die Gründungskultur im Land einzusetzen, bedeutet wichtigen Rückenwind für unser Ziel, RheinlandPfalz als starkes Gründerland zu positionieren. Diesen Rückenwind nutzen wir gerne im Sinne unserer Gründerinnen und Gründer und in unser aller Sinne.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit kommen wir zur Abstimmung über die Anträge. Wir stimmen zunächst über den Antrag der Fraktionen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/902 – ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und bei Enthaltung der AfD angenommen.

Wir stimmen über den Alternativantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/971 – ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung der AfD abgelehnt.

Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:

Bonn als Bundesstadt und politisches Zentrum erhalten und stärken Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 17/1143 –

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Für die SPD-Fraktion hat Marc Ruland das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit 26 Jahren feiern wir nun den Tag der Deutschen Einheit, unseren Nationalfeiertag am Montag, den 3. Oktober, in Dresden.

Dies ist die passende Gelegenheit, in dieser Plenarwoche über den gemeinsamen Antrag von SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu beraten.

Natürlich werden viele Dinge in diesem Haus kontrovers diskutiert. Doch wir alle tun gut daran, bei diesem bedeutenden Thema für die Menschen meiner Heimatregion die Gemeinsamkeiten zu betonen. Wir wollen, dass Bonn als Bundesstadt, als politisches Zentrum erhalten bleibt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Blicken wir gemeinsam zurück. Am 20. Juni 1991 stimmte der Deutsche Bundestag in einer legendären Sitzung mit 338 zu 320 Stimmen für den Antrag zur Vollendung der deutschen Einheit, dem sogenannten Berlin-Antrag. 1994 beschloss er das darauf fußende Bonn-Berlin-Gesetz.

Ich will unterstreichen, dies war der richtige Beschluss, damals wie heute. Wolfgang Schäuble – als Sozialdemokrat ist man weniger geneigt, einen Christdemokraten zu zitieren – hatte 1991 recht, als er davon sprach, es gehe nicht um Bonn oder Berlin sondern – Zitat – „um unsere Zukunft im vereinten Deutschland, dass seine innere Einheit erst noch finden muß“.

Gleichzeitig sage ich aber auch, ich bin mir recht sicher, dieser Beschluss für Berlin wäre ohne die für Bonn zugesicherten Kompensationen so nicht getroffen worden; denn dieser Berlin-Beschluss war ein Kompromiss. Er konzedierte eine eindeutige und faire Arbeitsteilung zwischen den beiden Bundesstädten Bonn und Berlin. Genau vor diesem Hintergrund fordern wir, das Bonn-Berlin-Gesetz darf nicht weiter ausgehöhlt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Irritierend ist, was dazu im Cicero vom 20. Juni 2016 zu lesen war: „Bonn, die einstige Bundeshauptstadt leidet unter Phantomschmerzen: Es gibt hier einen ,Bundeskanzlerplatz‘ und ein ,Kanzleramt‘ ohne Kanzler und Kanzlerin und ein ,Präsidialamt‘ ohne Präsident. Eine U-Bahn Station nennt sich immer noch unverdrossen ,Auswärtiges Amt‘, obwohl dieses längst am Werderschen Markt in Berlin steht.“

Was ich in diesem Magazin lese, das ist nicht nur zynisch, ich finde, hier wird eine Haltung deutlich, diese Haltung

ist ein Schlag in das Gesicht der Region, aber nicht nur in das Gesicht der Region, in das Gesicht der Menschen meiner Heimat; denn es gilt „pacta sunt servanda“, Verträge sind einzuhalten. Genau darauf pochen wir mit unserem Antrag.

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Was motiviert uns, kleinlicher Lokalegoismus, Kirchturmdenken?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nein, uns motiviert, dass wir gegen die überschleichende Aushöhlung des BonnBerlin-Gesetzes, die über Jahre voranschreitet, ein Zeichen setzen wollen; denn die Region hat sich in den letzten 25 Jahren gut entwickelt. Das war aber nur deswegen der Fall, weil wir die Kompensationen nach diesem Gesetz hatten.

Doch als zentrales Argument möchte ich noch etwas anderes anfügen. Nicht nur wir haben Sorge, sondern auch die Menschen in der Region haben Sorge. Dabei ist es schon lange traurige Realität, und es wird immer wieder von Kommunalen in Bonn, aber auch in den Landkreisen Ahrweiler, Altenkirchen, Neuwied und Mayen-Koblenz gerügt, dass die Bundesregierung die im Bonn-Berlin-Gesetz vereinbarte hälftige Arbeitsteilung seit 2008 nicht mehr einhält. Aktuell arbeiten lediglich 6.521 Regierungsmitarbeiter in Bonn und über 11.000 in Berlin.

Wir wollen die Menschen in meiner Heimatregion näher in den Blick nehmen. Einer von ihnen ist ein guter Freund, der dort in einem Bundesministerium arbeitet. Er ist stellvertretend für viele. Er ist ein Gesicht für die Menschen und Familien in der Region. Sie werden immer wieder durch ein Rütteln am Bonn-Berlin-Gesetz verunsichert; denn sie haben sich auf die geschlossenen Vereinbarungen verlassen. Ja, sie haben im wahrsten Sinne des Wortes darauf gebaut, sich niedergelassen, Beziehungsnetze gesponnen und eine Heimat gefunden. Deswegen darf es keine weiteren gesetzeswidrigen Raubzüge am Personal, wie zum Beispiel die im Jahr 2014 und 2015 vom Bundesinnenminister, geben. Das hat zu unterbleiben. Die Arbeitsteilung funktioniert zwischen den beiden Bundesstädten.

Verehrte Damen und Herren, wir sprechen hier von Menschen und nicht von irgendwelchen Figuren auf irgendeinem Schachbrett. Das sollten wir heute mit dem Signal noch einmal nach Berlin deutlich machen.

Sollten weitere Ministerien Bonn verlassen, so ist zu befürchten, dass wohl auch die Vereinten Nationen oder andere Nichtregierungsorganisationen wegziehen. Es geht nicht an, jetzt alles Vereinbarte ad absurdum zu führen, nur weil man ein Vierteljahrhundert später glaubt, alle Ministerien müssten an die Spree ziehen. Das Berlin/Bonn-Gesetz gilt weiterhin auch heute und unverändert.

Zum Schluss möchte ich noch etwas kurz zu den Kosten sagen. Haben Sie eine Vorstellung, wie viel Tage ein Bonner Regierungsbeamter durchschnittlich im Jahr auf einer Dienstreise in Berlin verbringt?

(Glocke der Präsidentin)

Es sind zwei Tage. Wenn man das in Kosten umrechnet, so kosten zwei Regierungssitze zwischen 5 und 7 Millionen Euro. Ein Komplettumzug würde bedeuten, dass 5 bis 7 Milliarden Euro in die Hand genommen werden müssten. Deswegen, im Interesse der Region, aber besonders im Interesse der Menschen lassen Sie uns ein starkes Signal geben und Bonn als bundesstadtpolitisches Zentrum erhalten und stärken, meine Kolleginnen und Kollegen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Gies.

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren!