Unser deutsches Eherecht sieht auch deshalb nur ausnahmsweise die Möglichkeit vor, dass ein Minderjähriger heiraten kann; denn grundsätzlich gilt in Deutschland, dass jemand, der die Ehe schließen will, volljährig sein muss. Wir machen die Ausnahme nur in einem ganz bestimmten Fall, wenn der eine Partner volljährig ist und der andere Partner 16 Jahre alt ist und ein Gericht zugestimmt hat. Nur dann darf in Deutschland die Ehe mit einem Minderjährigen geschlossen werden. Falls die Zahlen interessieren, im Jahr 2000 waren es in Rheinland-Pfalz 66 Fälle. Im Jahr 2014 waren es, glaube ich, 5 Fälle.
Insofern findet das, was hier beklagt wird, Kinderehen einzugehen, in Rheinland-Pfalz natürlich seit Jahren auch immer wieder auf der Basis des deutschen Rechts statt. Davon zu trennen ist die Frage, wie Ehen mit Auslandsbezug in Deutschland zu beurteilen sind. Das regelt sich nicht nach unserem Bürgerlichen Gesetzbuch, sondern nach dem internationalen Privatrecht, in Deutschland geregelt im Einführungsgesetz des Bürgerlichen Gesetzbuches und hier insbesondere der Artikel 13 des Einführungsgesetzes.
Dieser sieht vor, dass die Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich verpflichtet ist, eine im Ausland geschlossene Ehe anzuerkennen, wenn sie nach den Regeln des Heimatstaates der Ehepartner geschlossen worden ist. Haben die Ehepartner unterschiedliche Staatsangehörigkeiten, ist für jeden Ehepartner separat nach seinem Staatsangehörigkeitsrecht und nach seinem Heimatrecht zu beurteilen, ob er die Ehe eingehen konnte oder nicht. Haben beide eine Staatsangehörigkeit, wird dieses Recht geprüft.
Wenn es im Ausland zulässig ist, eine Ehe mit einem Minderjährigen einzugehen, besteht für die Bundesrepublik Deutschland aufgrund des Artikels 13 Einführungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch grundsätzlich die Verpflichtung, diese Ehe als formgerecht eingegangen zunächst einmal anzuerkennen. Es gibt allerdings in Deutschland eine Grenze. Sie befindet sich in Artikel 6, der sogenannte Ordre Public. Der gilt nicht nur für Eheschließungen, sondern auch für Vertragsbeziehungen und alles Mögliche. Diese Vorschrift besagt, dass bei Verstoß gegen ein tragendes Prinzip unserer deutschen Rechtsordnung wir diesen ausländischen Rechtsakt – hier die Eheschließung – nicht anerkennen müssen.
Insofern dürfte es relativ problemlos sein, bei einer Ehe, bei der nachweislich Zwang im Spiel war, die Nichtanerkennung in Deutschland auszusprechen, weil es in Deutschland strafbar ist, eine Ehe unter Zwang abzuschließen. Wir würden auf unser Ordre Public zurückgreifend eine Ehe, die nachweislich unter Zwang abgeschlossen worden ist, hier nicht anerkennen.
Das ändert aber nichts daran, dass die mangelnde Anerkennung hier nichts an der Wirksamkeit im Heimatland der Eheschließung verändert. Wenn wir aber den Zwang nachweisen müssen, so muss man sehen, dass zum Beispiel bei der Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg
das Oberlandesgericht Bamberg dieser Frage nachgegangen ist und nach Anhörung der Betroffenen und allem Möglichen, was untersucht wurde, zum Ergebnis kam, dass es eine freiwillig geschlossene Ehe war, kein Zwang vorlag. Dann greift der Ordre Public zunächst einmal in dieser scharfen Form nicht.
Herr Kollege Frisch, wenn Sie das Urteil nachlesen, werden Sie feststellen, dass dort nicht pauschal die Scharia in Syrien gilt, sondern ein Gesetz, und dass dort ausdrücklich – das konnten die Ehepartner nachweisen – ein Gericht dieser Eheschließung zustimmen musste, und das haben sie nachweisen können. Das hat das Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt.
Insofern besteht in Deutschland ein Problem bei den Ehen zwischen 14- und 16-Jährigen – Frau Kollegin Schellhammer hat schon darauf hingewiesen –; denn wenn der Ehepartner unter 14 Jahre alt ist, würden wir das in Deutschland auch nicht anerkennen, weil der Vollzug der Ehe und die damit verbundenen sexuellen Handlungen in Deutschland strafbar sind. Sie erfüllen einen Straftatbestand als Offizialdelikt, der Staatsanwalt muss von Amts wegen ermitteln, und deswegen würden wir diese Ehe nicht anerkennen.
Bei 14- bis 16-Jährigen ist dies nicht ganz so, in diesen Fällen erfüllen sie nicht per se von vornherein einen Straftatbestand, sondern da kommt es auf den Einzelfall an. Bei über 16-Jährigen haben wir ein großes Problem, den Ordre Public zu ziehen, weil wir selbst in unserer Rechtsordnung ab 16 Jahren die Ehe ermöglichen.
Herr Kollege Frisch, eines muss man bei der Gelegenheit auch berücksichtigen: Eine im Ausland wirksam geschlossene Ehe nach den dortigen gültigen Rechtsvorschriften genießt in Deutschland nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Schutz des Artikels 6 Grundgesetz. Auch diese Ehen stehen in Deutschland, wenn es einen Inlandsbezug gibt, unter dem Schutz des Grundgesetzes und der Verpflichtung dieses Staates, diese Ehen zu schützen. Das führt dazu, dass wir nur in ganz seltenen Fällen wohl werden eingreifen können, nämlich nur dann, wie ich es soeben dargestellt habe, wenn es im Alter unter 14 geschieht. Man muss prüfen, wie es zwischen 14 und 16 Jahren aussieht; über 16 hingegen dürfte es ganz schwierig sein, weil wir selbst es ermöglichen. Insofern muss man das sehr sorgfältig prüfen.
Wenn man daran gehen will, muss man das Einführungsgesetz des Bürgerlichen Gesetzbuches ändern. Das klingt ganz einfach, es ist schließlich Bundesrecht. Man muss aber wissen, dass das internationale Privatrecht der Bundesrepublik Deutschland, wie es heute in diesem Gesetz steht, Ausfluss einer europäischen Richtlinie ist. Das heißt, wir haben europäische Vorgaben umgesetzt. Wenn wir dort etwas ändern wollen, müssen wir immer die Frage berücksichtigen, ob wir dies im Einklang mit europäischem Recht überhaupt tun können; denn unsere europäischen Partner haben einen Anspruch darauf, dass wir das, was bei ihnen geschieht, bei uns auch anerkennen.
Sie haben insofern ein Problem, als zum Beispiel Frankreich, Österreich und Spanien ähnliche Regelungen haben wie wir. Wenn wir per se verbieten, ausländische Ehen mit
Kindern anzuerkennen, haben wir ein Problem mit Frankreich, mit Spanien, mit Österreich und damit mit der Europäischen Union. Insoweit ist unser Spielraum begrenzt.
(Beifall bei FDP und SPD) – Abg. Hedi Thelen, CDU: Was aber nicht heißt, dass man nicht an das Problem herangehen kann! – Abg. Michael Frisch, AfD: Genau so ist es!)
Das habe ich doch nicht gesagt. Ich habe doch nur gesagt, dass Sie ein Problem haben und Sie dieses Problem sehr sorgfältig prüfen müssen.
Sehen Sie, Frau Kollegin, was mich an Ihrem Antrag etwas stört, ist, dass darin alles das, was ich soeben gesagt habe, völlig ausgeblendet ist.
Sie tun so, als ob das alles ganz einfach zu regeln wäre, und das ist leider nicht der Fall, und ich versuche, Ihnen das darzulegen.
Gestatten Sie mir einen Hinweis. Hier wurde so getan, als ob das mit den Kinderehen etwas Besonderes, aus einem orientalischen Kulturkreis kommend sei.
Ich verweise auf die Regelungen in den Vereinigten Staaten von Amerika. Dort regeln die Ehefähigkeit die einzelnen Bundesstaaten. In der Regel ermöglichen diese eine Eheschließung ab 16. Es gibt zwei Bundesstaaten, die es sogar ab einem jüngeren Alter ermöglichen, nämlich – wenn ich richtig informiert bin – Massachusetts mit 12 Jahren und New Hampshire mit 13 Jahren. Das würden wir in Deutschland auch nicht anerkennen, nicht, dass Sie mich falsch verstehen. Das würden wir nicht anerkennen, aber wir hätten natürlich schon gewisse Schwierigkeiten, die Argumentation, hier sei patriarchalische Unterdrückung am Werk, auf die Vereinigten Staaten anzuwenden. Das ist aber bei der Argumentation, wenn Sie das verbieten wollen, letztlich zu berücksichtigen.
Deshalb begrüßt die Landesregierung, dass das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zusammen mit anderen Bundesländern eine Arbeitsgruppe gebildet hat, die diese diffizilen Fragen, die ich hier aufgeworfen habe, prüft und eventuelle Verbesserungsvorschläge machen will, die wir natürlich sehr sorgfältig prüfen werden. Wir verschließen uns nicht von vornherein eventuellen Änderungen. Auch wir wollen Kinder vor Missbrauch schützen, aber es ist eben etwas komplizierter, als Ihr Antrag es suggeriert.
(Anhaltend Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: Das war groß! – Zuruf von der SPD: Sehr gut!)
Dieser unbestreitbar fundierte Wortbeitrag hat zu einer Verlängerung der Redezeit für die Fraktionen von vier Minuten geführt. Daher frage ich: Wird das Wort gewünscht? – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Damit kommen wir zu der Frage, wie mit dem Antrag zu verfahren ist.
(Abg. Martin Brandl, CDU: An den Rechtsausschuss, an den Familienausschuss, an den Frauenausschuss!)
Es wurde von der CDU-Fraktion beantragt, den Antrag an den Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung sowie an den Rechtsausschuss zu überweisen. Damit stimmen wir über diesen Überweisungsvorschlag ab. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Damit ist dieser Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD abgelehnt.
(Abg. Julia Klöckner, CDU: Was ist denn mit euch los? – Abg. Michael Frisch, AfD: Da sieht man, was Ihnen das Thema wert ist!)
Wir kommen nunmehr zu der Abstimmung über den Antrag an sich – Drucksache 17/1154 –. Wer dem Antrag der CDU-Fraktion zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD abgelehnt.
Für mehr Sprachenvielfalt und -gerechtigkeit in der EU Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/1163 –
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe noch vereinzelt ausharrende Gäste! Beginnen möchte ich mit einem Zitat des Kantors der Dresdner Frauenkirche, Matthias Grünert:
„Jede Sprache ist ein Kunstwerk, ein Kosmos vielfältiger Ausdrucksformen, der kulturelle Identität stiftet. Sprache und vor allem die jeweilige Muttersprache ist für jeden Einzelnen, aber eben auch für menschliche Gemeinschaften der Schlüssel zur Welt. Jeder von ihnen ist einzigartig; denn er öffnet einen einmaligen Zugang zu allen Bereichen menschlichen Denkens und menschlichen Daseins.“
Deshalb sollten wir mit unserer Sprache – in unserem Fall also mit unserer deutschen Muttersprache – behutsam umgehen, sie bewusst gebrauchen und ihren organischen, über lange Zeit gewachsenen Charakter nicht aus den Augen verlieren.
„Die deutsche Sprache ist nicht nur mein Arbeitsmedium, sondern auch öffentliches Gut und wichtiger Ausdruck unserer Kultur. Sie bedarf deshalb ebenso der Pflege und des Schutzes wie Wasser, Boden und Luft.“
Sprache hat sehr viel mit Identität, mit Tradition und natürlich mit Ästhetik zu tun. Sie ist für unsere Gesellschaft ungeheuer wichtig und durchdringt alles, nicht zuletzt den politischen Raum.
Manch einer kommt vor diesem Hintergrund ins Grübeln, zum Beispiel wenn hier vor mittlerweile einer guten Stunde von dem Gender Pay Gap die Rede war oder wenn an einem noch etwas noch länger zurückliegenden Plenartag in diesem Hohen Hause im Zuge der Debatte um den Flughafen Hahn ein gefühltes Dutzend Mal von Airlines anstelle von Fluglinien die Rede war oder wenn man aus der Zeitung erfahren muss, dass der gerade für Rheinland-Pfalz so wichtige schöne und bildhafte Titel der Weinkönigin doch besser verschwinden solle. Frau Klöckner ist leider nicht mehr da.
Ich führe den Fall an, auch wenn das nicht stimmt. Da hieß es, es solle zukünftig nicht mehr von Weinkönigin gesprochen werden, sondern von Weinbotschafterin oder Weinrepräsentantin.