Dies mag den Bürgerinnen und Bürgern zur Zeit nicht zwingend auffallen, aber die Konsequenzen werden zunehmend spürbar.
Ältere Menschen bekommen immer schwieriger einen Kredit. Auf dem Land und in den Städten schließen Bankfilialen, die für einige Generationen der RheinlandPfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer ein wichtiger Anlaufpunkt sind. Letztendlich steigen die Immobilienpreise stetig, da die Angebotsbreite an ertragsreichen Anlageformen aufgrund der niedrigen Zinsen extrem abgenommen hat. Auch wenn Banken gern in Verruf geraten und gut als Generalschuldige dienen, ist die Realität anders; denn gerade Sparkassen, Genossenschafts- und Privatbanken stehen den Bürgerinnen und Bürgern in vielen Lebenslagen zur Seite.
Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir keine Finanzdienstleistungen in Anspruch nehmen. Doch wenn wir dies weiter zu preiswerten Konditionen nutzen möchten, bedarf es eines Umschwenkens; denn die Kreditwirtschaft steht unter einem massiven Druck. Sie leidet unter drei Faktoren, wie dem Niedrigzins, zu kurz gedachten Regulierungen und verschärftem Ertragsdruck.
Der Niedrigzins ist für uns als Konsumenten zunächst äußerst angenehm. Eine Pkw-Finanzierung und vielleicht einmal ein Fernseher auf Rate – dank dem niedrigen Zins ist das alles kein Problem. Dann gibt es noch den Traum vom Eigenheim, der sich mit diesen historisch niedrigen Zinssätzen gut erfüllen lässt. Doch was ist, wenn der Kredit ausläuft, abgelöst werden muss und die Zinsen erheblich höher wären? Dann würde der Traum vom Eigenheim zum Albtraum und würde den finanziellen Druck erhöhen.
Ich möchte mit diesen Beispielen niemand die Schaffung vom Eigenheim schlechtreden. Ganz im Gegenteil, wir Freien Demokraten sehen Eigentum als einen wesentlichen Anteil der Altersvorsorge vieler Menschen und beobachten auch mit Sorge, dass man sich hierfür vielerorts stets neue Kosten einfallen lässt.
Mit dem genannten Beispiel möchte ich klarmachen, dass die niedrigen Zinsen und somit auch die steigenden Immobilienpreise nicht mehr marktgerecht sind und es sich hierbei um das handelt, was Finanzexperten als Blase bezeichnen. Hierdurch gerät die Kreditwirtschaft in eine erhebliche Problemsituation. Die Abhängigkeit vom Zinsgeschäft sorgt für schwindende Erträge. Da sich aber gerade Sparkassen, Privat- und Genossenschaftsbanken zum großen Teil durch Zinserträge finanzieren, sinken die Gesamterträge. Das heißt konkret: niedrige Zinsen gleich niedrige Erträge.
Jene Kreditinstitute, die dies verhindern möchten, sind dazu gezwungen, Risikogeschäfte einzugehen. Wozu dies führt, wissen wir seit spätestens 2008. Wie reagiert die EZB? Zur Zeit recht wenig. Die EZB will den Regierungen
in Europa mit billigem Geld Zeit kaufen. Somit gab es in den letzten Jahren statt Reformen neue Schulden.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir als Parlamentarier sind daher aufgefordert, den Haushalt zu konsolidieren und somit zu einer Stabilisierung der europäischen Finanzmärkte beizutragen.
Hier ist die Landesregierung auf einem guten Weg, wovon sie nicht abweichen darf. Das letzte große Problem der Kreditwirtschaft sind die eben von mir erwähnten Regulierungen. Es war nach dem Zusammenbruch der westlichen Finanzmärkte im Jahr 2008 zwingend erforderlich, die Zügel anzuziehen.
Allerdings muss darauf geachtet werden, dass Regulierungsvorhaben nicht das Gegenteil bewirken. Ein Beispiel hierfür ist die auf europäischer Ebene angestrebte Vergemeinschaftung der Einlagensicherung, gegen die sich die Landesregierung zum Glück entschieden einsetzt. Eine solche Vergemeinschaftung setzt das Vertrauen der Sparer leichtfertig aufs Spiel.
Abschließend sei mir aber die Bemerkung erlaubt, dass auch die Banken durch die Entwicklung von innovativen Anlagemodellen und die Festigung der Kundenbindung durch die Möglichkeiten der Digitalisierung gefordert sind; denn letztlich muss auch in der Kreditwirtschaft der Marktgedanke zählen.
Wichtig ist aber, dass der Markt einer ist, auf dem klare und verbraucherfreundliche Regeln herrschen, und er auf einer soliden Finanzbasis steht.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Die Situation der Kreditwirtschaft in Rheinland-Pfalz ist angespannt. Lieber Herr Wink – wo ist er?, dahinten –, Sie werden sich über das Lob wundern, aber in den meisten Punkten haben Sie sogar recht.
Ich bin allerdings sehr gespannt – wir wundern uns da schon manchmal –, wie Sie das in Ihrer Koalition umsetzen werden. Mit uns wäre das sicherlich deutlich einfacher gewesen.
Ich muss aber auch sagen, gerade in diesem Thema hat der Landtag so gut wie nichts zu entscheiden. Wir können also nur unsere Meinung dazu ausdrücken.
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Was jetzt? – Abg. Haller, SPD: Deswegen wäre es mit euch auch so einfach gewesen!)
Rheinland-Pfalz ist ein vom Mittelstand geprägtes Land. Wir sind stolz auf unsere Großfirmen, aber das Rückgrat des Landes sind die vielen Tausend Unternehmerinnen und Unternehmer, die die Arbeitsplätze in unserer Region schaffen und halten. BASF, Boehringer und viele andere sind große, bei uns im Lande angesiedelte Firmen, auf die wir stolz sind. Aber diese brauchen große Partner. Sie brauchen die Großbanken.
Auch die sind momentan in einer äußerst schwierigen Phase. Aber die Stütze unserer mittelständischen Wirtschaft sind die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken.
Diese Institute hatten nichts mit der Bankenkrise zu tun, aber die Aufsichtsbehörden behandeln sie wie die Großbanken, die die Verursacher dieser Krise waren. Die Niedrigzinspolitik und die Regulatorik bringen die regionalen Banken immer mehr in Bedrängnis.
Die Kreditinstitute bezahlen heute Mitarbeiter, die ausschließlich für den neu geschaffenen Verwaltungsaufwand zuständig sind. Die Politik des billigen Geldes mag Voraussetzung für die Entschuldung der Länder sein. Ob uns bei diesem Szenario die Regionalbanken erhalten bleiben können, halte ich für äußerst ungewiss.
Unser Mittelstand braucht aber Partner, die ihre Geschäfte, den Markt und die handelnden Personen kennen. Dafür brauchen wir kapitalstarke Banken vor Ort.
Der Negativzins, den die Bundesbank momentan berechnet, kostet allein die Sparkassen in diesem Jahr eine halbe Milliarde Euro.
Bis jetzt wird dieser Malus selten an private Anleger weitergegeben. Aber wie lange ist das noch von den Banken durchzuhalten? Als neueste Raffinesse der EU kommt nun erschwerend die Wohnimmobilienkreditrichtlinie dazu. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, ein wunderschöner Name. Eigentlich ist diese Verordnung als Verbraucherschutz gedacht, bringt aber die Kreditwirtschaft in zusätzliche Bedrängnis.
Kreditnehmer, die mit ihrem planbaren Einkommen ein Darlehen nicht bis zum berechneten Kreditende zurückzahlen können, bekommen keine Finanzierung mehr. Das
hört sich logisch an, verhindert aber zum Beispiel, dass ein Rentner seine Wohnung mit einem Kredit altersgerecht umbauen kann. Das gilt übrigens auch für Abgeordnete mit einem begrenzten Einkommenshorizont von höchstens fünf Jahren.
Ist das wirklich Verbraucherschutz? In dieser Gemengelage wird es für unsere Banken immer schwieriger. Negativzinsen können kaum weitergegeben werden, auskömmliche Margen sind nicht zu erwirtschaften. In vielen Servicebereichen wird leider nur über den Preis und nicht der Qualität wegen entschieden. Die Erträge der Banken werden sinken. Die Flächenabdeckung wird zurückgehen. Die Mitarbeiterzahl wird weiter reduziert werden.
Leider werden sich die Banken bei diesen Aussichten auf profitable Geschäftsfelder konzentrieren müssen. Ein Kredit mit 20.000 Euro an einen normalen Kreditnehmer verursacht für eine Bank ähnliche Kosten wie ein Kredit über 3 Millionen Euro. Raten Sie einmal, für wen sich die Bank entscheiden wird.
Wir sollen unsere Firmen in dem immer schärfer werdenden Umfeld mit mehr Eigenkapital hinterlegen. Das wird immer schwerer für die Firmen. Es ist immer schwieriger, Kredite von den Banken zu bekommen. Auch da ist die Regulatorik ein Hemmnis für unsere mittelständische Wirtschaft.
Wir alle können gegen diese Entwicklung einiges tun. Wenn wir wollen, dass unsere regionale Bankenlandschaft auch in Zukunft noch besteht, muss die EZB ihre Politik ändern, und wir müssen Überregulierungen abbauen. Das heißt, wir müssen Einfluss nehmen, wo immer wir das können.
Da müssen wir in Brüssel fragen. Das ist die Hauptsache. Das ist das große Problem. Aber für Brüssel sind unsere Sparkassen und Volksbanken eine Terra incognita. Das ist das Grundproblem.
Ich komme zum Ende. Ich bin gespannt, wann wir wieder auf ein auskömmliches Zinsniveau von 4 % kommen. Ich bin gespannt, ob wir dort je wieder ankommen.
So lange kann ich jeden von uns, jede Kommune, jede Behörde und das Land auffordern: Stützen Sie die Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Sonst werden der Rückzug aus der Fläche, der Serviceabbau und die Mitarbeiterreduzierung, am Ende auch der Sparkassengewinn und der Gewerbesteuerertrag der Banken in den Kommunen unaufhaltsam spürbar sein.