Protokoll der Sitzung vom 06.10.2016

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Ahnen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Das Allermeiste ist von den Rednern der Koalitionsfraktionen gesagt. Lassen Sie mich deswegen nur ein paar gezielte Ergänzungen dazu machen.

Ich will auch noch einmal darauf hinweisen, die Entscheidung vom 17. Dezember 2014 war nicht das erste Mal, dass sich das Bundesverfassungsgericht mit der Erbschaftsteuer befasst hat, sondern es war das dritte Mal. Das macht von vorneherein klar, dass wir es hier mit einer nicht einfachen Aufgabe zu tun hatten und zu tun haben. In diesem speziellen Fall geht es in diesem Urteil darum, unter welchen Bedingungen man Betriebsvermögen verschonen darf, um Arbeitsplätze zu sichern.

Das Bundesverfassungsgericht – darüber sind wir froh – hat in seinem Urteil gesagt, dass das prinzipiell geht, aber es hat engere Ansprüche formuliert, unter welchen Bedingungen es geht, vor allem auch bei den großen Unternehmen. Deswegen geht es bei dieser Reform darum, eine ganze Reihe von Anforderungen zu erfüllen. Es geht darum, auf diese Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts

einzugehen und damit auch steuerpolitisch handlungsfähig zu bleiben. Es geht darum – das sage ich auch als Finanzministerin dieses Landes –, die Einnahmen für das Land zu sichern. Es geht aus meiner Sicht auch darum, dass mit der Erbschaftsteuer Fragen der Steuergerechtigkeit und des sozialen Ausgleichs verbunden werden, und es geht vor allen Dingen darum, dass wir die Steuer so gestalten, dass der Generationenwechsel in den Unternehmen nicht gefährdet wird. Gerade der Schutz der Arbeitsplätze in mittelständischen und familiengeführten Unternehmen war ein zentrales Anliegen – und ich sage an dieser Stelle ausdrücklich, im großen Konsens – der rheinland-pfälzischen Landesregierung.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Herr Baldauf, ich bin ganz gerührt wegen Ihrer Sorge um den Zustand der Koalition.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Aber Sie hätten wirklich andere Stellen, wo Sie sich austoben können.

Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen in Berlin haben sechs Tage vor Ablauf der Frist des Bundesverfassungsgerichts überhaupt erst einen Beschluss herbeigeführt.

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Ich hatte die Freude, einen Teil der Auseinandersetzung vielleicht hautnäher mitzuerleben, als es Ihnen möglich war.

Aber jetzt sage ich Ihnen, Sie wissen genau – und das konnten Sie auch in der Zeitung nachvollziehen –, zwischen wem diese Auseinandersetzungen stattgefunden haben, nämlich zwischen CDU und CSU. Wenn es dieses Gezackere nicht gegeben hätte, hätte man sehr viel früher zu vernünftigen Entscheidungen kommen können.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Insofern kann ich sagen, ja, wenn es Ihnen darum geht, wo es Probleme gibt, dann gibt es Orte, an denen Sie sich dieser Frage annehmen können. Ich glaube allerdings, der rheinland-pfälzische Landtag ist der falsche Ort.

Wir sind unter diesen Prämissen, die ich eingangs genannt habe, auch im Vermittlungsausschuss vorgegangen. Wir wollten bewusst ein politisches Ergebnis erzielen, bevor das Bundesverfassungsgericht von sich aus erneut tätig wird. Wir hatten bestimmte Fragen im Hinblick auf die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zu beantworten, und dabei sind Veränderungen vorgenommen worden. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dies sind Veränderungen bei der Bewertung des Unternehmensvermögens, sodass weiterhin sichergestellt ist, dass sich die Bewertung am Verkehrswert orientiert. Es sind Veränderungen bei der verzinslichen Ratenzahlung vorgenommen worden, und es sind auch Veränderungen vorgenommen worden,

die die Belange der Familienunternehmen betreffen. Aber bei alldem stand immer im Vordergrund, einen vernünftigen Kompromiss in der Kürze der Zeit zu erzielen, die uns im Vermittlungsausschuss gegeben war.

Ich möchte Ihnen sagen, vor diesem Hintergrund habe ich dem Kompromiss im Vermittlungsausschuss als Vertreterin für das Land Rheinland-Pfalz zugestimmt. Ich war während des gesamten Prozesses in engster Abstimmung mit den Koalitionsfraktionen.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Da haben Sie etwas missverstanden!)

Ich finde, wir haben einen ausgewogenen und gangbaren Weg gefunden. Ich sage auch dazu, ich komme unter Bewertung der eingangs genannten Prämissen zu diesem Ergebnis, aber ich bin mir völlig klar darüber, dass man je nach Gewichtung der einzelnen Aspekte auch zu einer anderen politischen Einschätzung kommen kann.

Es ist der normalste Vorgang der Welt, dass auch die Koalitionspartner jeweils für sich diese Einschätzungen vorzunehmen haben. Für das Verhalten der Landesregierung – auch das kennen Sie – gilt das, was für das Verhalten der Landesregierung immer gilt, nämlich dass wir im Hinblick auf die anstehenden Entscheidungen im Bundesrat unser Verhalten rechtzeitig vor der Bundesratssitzung in der nächsten Woche miteinander abstimmen werden. Das ist ein völlig normaler Vorgang. Aber, wie gesagt, wenn es Ihnen darum geht, Uneinigkeiten zu finden, wenn es Ihnen darum geht, wie wir in solch schwierige Situationen und in solch schwierige Zeitabläufe auf Bundesebene gekommen sind, haben Sie wirklich ausreichend Zeit und auch ausreichend Anlass, sich mit diesen Dingen auseinanderzusetzen. Bei dem Verhalten der rheinland-pfälzischen Landesregierung haben Sie aus meiner Sicht dazu keinen Anlass.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Kollege Baldauf.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ahnen, ich bin sehr erstaunt über das, was Sie ausgeführt haben.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Gerührt!)

Gerührt wäre schwierig.

Erstens, Sie selbst waren dort und nicht Frau Dreyer, was schon verwunderlich ist. Scheinbar ist das Thema nicht wichtig genug; denn die meisten Ministerpräsidenten der anderen Bundesländer waren dort.

(Heiterkeit der Ministerpräsidentin Frau Malu Dreyer – Zurufe von der SPD – Weitere Zurufe und Beifall von der CDU)

Zweitens, Sie selbst – das ehrt Sie – werden heute ins Feuer geschickt, weil weder Frau Dreyer – nun ist Herr Kollege Dr. Wissing nicht da – noch sein Staatssekretär, Herr Kollege Becht, bisher dazu etwas gesagt haben, wie man zu Meinungen kommt, die man im Morgenmagazin anders ausdrückt, als es die Ministerpräsidentin tut, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Frau Ahnen, zum Dritten haben Sie diesen Prozess mit ausgehandelt.

(Staatsministerin Doris Ahnen: Das habe ich doch gesagt!)

Für wen? Für die SPD oder für die Koalition? – Das ist eine gute Frage, ich weiß es nicht.

(Beifall der CDU)

Jetzt kommt der Punkt: Jetzt kommt Herr Kollege Wissing, der vorher schon weiß, dass es verfassungsrechtlich nicht nur schwierig, sondern nicht haltbar ist, sagt das auch noch, und danach sind Sie dort hingefahren und haben einem verfassungsrechtlich nicht haltbaren Kompromiss zugestimmt, und Frau Dreyer hat das auch noch begrüßt. So steht es jetzt hier.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das hat sehr viel mit dem Landtag von Rheinland-Pfalz zu tun, und es hat auch nichts damit zu tun, dass Sie sich in der nächsten Woche zusammensetzen. Sie wissen doch heute schon, wie Sie sich entscheiden. Sie machen das nur deshalb so und erklären es so, weil Sie es den Grünen schuldig sind, dass Sie sich heute nicht zu sehr darauf festnageln.

Ich möchte von Ihnen hier und heute wissen, wie Sie sich in der nächsten Woche entscheiden. Frau Ahnen, wenn Sie das heute nicht sagen können, hätte all das, was Sie ausgehandelt haben, keine Bedeutung gehabt. Sie hätten falsch verhandelt, Sie hätten verfassungswidrig verhandelt, und dann müsste man Sie zurückpfeifen. So hat sich das heute aber nicht angehört,

(Glocke der Präsidentin)

und deshalb wollen wir das wissen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Dr. Köbberling.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Er sitzt in der Mausefalle und schimpft auf die anderen!)

Herr Kollege Baldauf, Sie machen sich auch immer die

Welt so, wie es gerade passt, nicht wahr?

(Beifall bei der SPD – Abg. Christian Baldauf, CDU: Das habe ich von Ihnen!)

Wenn Frau Dreyer es persönlich im Vermittlungsausschuss mit verhandelt hätte, hätten Sie wahrscheinlich gesagt: Wo ist Frau Dreyer? Wieso ist sie in Berlin? Hat sie nicht in Rheinland-Pfalz genug andere Probleme vor Ort zu lösen? – So passt es halt gerade einmal andersherum.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Dann soll sie sich nicht so weit aus dem Fenster lehnen!)

Also, dazu braucht man jetzt nichts zu sagen. Dass solche Dinge die fachlich zuständige Finanzministerin übernimmt, ist, glaube ich, der normalste Vorgang der Welt. Es ist ein tragfähiger Kompromiss dabei herausgekommen, das haben Sie auch bestätigt. Das haben wir heute in aller Ruhe gemeinsam seziert, und dass es nun eine unterschiedliche juristische Bewertung dazu gibt, ist auch ein normaler Vorgang.

Aber es ist in jeder Hinsicht eine Kaffeesatzleserei, wie sich das Gericht entscheiden wird, sollte es überhaupt zu einer Klage kommen. Das ist auch noch nicht gesichert. Aber nun die Landesregierung dafür haftbar zu machen, wie später einmal das Bundesverfassungsgericht entscheidet, scheint mir an dieser Stelle absurd zu sein.