Protokoll der Sitzung vom 25.01.2017

Landesgesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes, des Landesgesetzes über die Höfeordnung und kostenrechtlicher Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 17/2048 – Erste Beratung

Mir wird berichtet, dass sich die Fraktionen verständigt haben, den Gesetzentwurf ohne Aussprache zu behandeln. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf unmittelbar an den Rechtsausschuss zur weiteren Beratung zu überweisen. – Auch dagegen erhebt sich erkennbar kein Widerspruch. Dann ist auch dies so beschlossen. Vielen Dank.

Dann kommen wir zu Punkt 5 der Tagesordnung:

...tes Landesgesetz zur Änderung des Landesstraßengesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der CDU – Drucksache 17/2081 – Erste Beratung

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Ich darf zur Begründung für die antragstellende Fraktion der CDU Frau Gabi Wieland das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Wieland.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Montesquieu, der französische Staatstheoretiker, hat das Wort geprägt: Etwas ist nicht recht, weil es Gesetz ist, sondern es muss Gesetz sein, weil es recht ist.

Mit unserem Antrag geht es uns darum, im Landesstraßengesetz etwas zurechtzurücken.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Worum geht es? Es geht um Kreisstraßen und die Definition der Kreisstraßen. In Rheinland-Pfalz ist die Funktion von Kreisstraßen in § 3 des Landesstraßengesetzes geregelt. Danach sind Kreisstraßen jene, die dem Verkehr innerhalb eines Landkreises, dem Verkehr mit benachbarten Landkreisen und kreisfreien Städten oder dem Anschluss von Gemeinden an das überörtliche Verkehrsnetz dienen. Wenn eine Funktionsänderung und eine Bedeutungsänderung einer Straße vorliegt, dann ist diese Straße umzustufen, es sei denn, es gibt überörtliche Gründe des Gemeinwohls. An wenigen Beispielen wird klar, wo das Problem ist.

Beispiel 1: Zwei Gemeinden wollen sich zusammenschließen. Die verbindende Kreisstraße hat dadurch dann nicht

mehr die Funktion, verschiedene Gemeinden zu verbinden, und soll deshalb abgestuft werden. Begründung ist das sogenannte Alsheimer Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 11. November 2010. Danach soll es ausreichend sein, wenn der Hauptortsteil über eine klassifizierte Straße verfügt. Wenn aber aus einer Kreisstraße eine Gemeindestraße wird, müssen Bürger und Gemeinde die beträchtlichen Kosten für Sanierung und Bewirtschaftung übernehmen. Die Begeisterung für die Fusion der beiden Gemeinden wird dadurch denkbar gering werden, sozusagen null Verständnis, warum der Status der Straße sich nur durch die Zusammenlegung der Gemeinden ändern soll. Juristisch formuliert: Das widerspricht sicherlich dem Gleichheitsgedanken der verschiedenen Gemeindestrukturen. – Es widerspricht auch unserem Ziel, größere Einheiten einvernehmlich zu fördern; Stichwort Kommunalreform.

In anderen Bundesländern ist im Landesstraßengesetz geregelt, dass nicht nur die Verbindung zwischen Gemeinden, sondern auch zwischen räumlich getrennten Ortsteilen Voraussetzung für eine Kreisstraße ist. Das heißt, in diesem Fall könnte die Kreisstraße Kreisstraße bleiben. Deshalb unser Vorschlag, diesen Passus über die räumlich getrennten Ortsteile auch im rheinland-pfälzischen Landesstraßengesetz zu ergänzen.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei der AfD)

Ein anderes Beispiel: Eine klassifizierte Straße verbindet größere Gemeinden. Dazwischen liegen kleinere Gemeinden etwas abseits, die durch Stichstraßen angebunden sind. Es gibt außerdem eine Kreisstraße, die die Gemeinden verbindet. Zunächst scheint es, dass diese verbindende Kreisstraße abgestuft werden könnte, weil sie eine zusätzliche Anbindung ist. Man sollte aber wissen, welche Folgen das hat. Die Kreisstraße wird nämlich durch die Abstufung nicht mehr der Pflege des Kreises und des LBM überlassen. Die Kosten müssen von der Gemeinde und den Anwohnern getragen werden. Dazu zählt die Pflege der Bankette, das Mähen der Böschung, die Reparatur von Schlaglöchern und Rissen, die Erneuerung von Markierung und Schutzplanken, das Freihalten von Wassergräben und nicht zuletzt der Räumdienst im Winter. Anstehende Sanierungsmaßnahmen sind durch Gemeinde und Bürger zu finanzieren. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass gerade im ländlichen Raum, wo es größere Grundstücke gibt, dadurch auch die finanzielle Beteiligung steigt, dass die Straße dann eingezogen wird.

Das Problem, das sich dann anschließt, was wieder ein Problem sämtlicher Bürger ist, der ÖPNV ist gerade auf diese verbindenden Straßen angewiesen. Wenn in den Spitzenzeiten des ÖPNV, in den Spitzenzeiten der Schülerbeförderung, sämtliche Busse nur noch über die eine Anbindung fahren können, wenden und wieder zurückfahren, wenn sie nicht mehr die Verbindung über die Dörfer nutzen können, dann ist der ÖPNV in vielen Bereichen unseres Landes nicht mehr in dem Maße aufrechtzuerhalten, weil die Zahl der Busse nicht mehr stimmt.

(Beifall bei der CDU)

Das heißt, eine Überlegung, die wir in den weiteren Diskussionen haben sollten, ist, auch der ÖPNV sollte aus Gründen des Gemeinwohls eine Definition für eine Kreis

straße beinhalten können. Ähnliches gilt für Notstraßen, für Rettungseinsätze bei Umleitungen auf klassifizierten Straßen mit hoher Unfallträchtigkeit.

Diese Beispiele zeigen – es gibt sicherlich noch mehr –, die Tücke liegt wie immer im Detail. Es geht nicht um einzelne Straßen, es geht insgesamt um gravierende Nachteile für den ländlichen Raum. Das sollten wir in Ruhe einvernehmlich zwischen den Fraktionen mit dem Ministerium betrachten. Deshalb ist nicht unser Ansinnen, heute ein Gesetz zu verabschieden, sondern wir beantragen die Diskussion im Ausschuss, damit wir gemeinsam eine Gesetzesvorlage erarbeiten können, um eine Lösung zu finden, von der alle Bürger profitieren.

Danke schön.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Frau Abgeordnete Wieland, vielen Dank für die Gesetzesbegründung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Oster von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn wir heute über Ihren Gesetzentwurf zur Änderung des Landesstraßengesetzes sprechen, muss man noch einmal vorwegschicken, dass wir das dichteste Straßennetz Deutschlands haben und man uns nicht einfach pauschal mit anderen Bundesländern vergleichen kann. 7.000 Kilometer Kreisstraßen zeigen doch gerade, wie stark unsere Städte und Dörfer vernetzt sind, obwohl wir ein Flächenland sind. Sie erwecken mit Ihrem Gesetzentwurf den Eindruck, als würde es hier ganz allein davon abhängen, was die Landesregierung entscheidet. Dem muss man klar und deutlich widersprechen. Straßenbaulastträger von Kreisstraßen sind ausschließlich die Kreise und nicht das Land. Somit sind nur diese zuständig. Ich sage das nur, damit wir über die Aufgabenverteilung einmal gesprochen haben.

(Abg. Michael Billen, CDU: Aber die Rahmensetzung, Herr Kollege!)

Sie versuchen, das bewusst anders darzustellen und in ein falsches Licht zu rücken.

(Abg. Michael Billen, CDU: Das hat nichts damit zu tun!)

Den Landesrechnungshof machen Sie sich immer zu eigen, wie es Ihnen gerade am besten gefällt. Da passt es aber nicht, dass dieser die Abstufung von Kreisstraßen vorschlägt. Ich betone, grundsätzlich ist dies auch nicht von der Hand zu weisen und falsch. Ich bringe Ihnen zwei Beispiele, die belegen, wir müssen uns tiefgründiger mit dieser Thematik befassen.

Erstes Beispiel: Wenn eine Gemeinde gleich mit vier Kreisstraßen durchkreuzt wird – davon gibt es etliche, ich könnte

Ihnen aus dem Stegreif aus meinem Wahlkreis einige nennen –, dann sei doch wohl die Frage gerechtfertigt, ob das sein muss

(Abg. Michael Billen, CDU: Vier Kreisstraßen? Nenne mal eine!)

oder ob es nicht ausreicht, wenn diese Gemeinde nur mit einer Kreisstraße angeschlossen ist.

(Abg. Gerd Schreiner, CDU: Da hätten wir jetzt gern einmal ein Beispiel aus Ihrem Wahlkreis!)

Das kann ich nachher sehr gern machen.

Zweites Beispiel: Durch mein eigenes Heimatdorf führt eine gut ausgebaute Landstraße. Dazu sind wir zusätzlich noch einmal mit einer Kreisstraße angeschlossen. Auch hier darf man sich die Frage stellen: Muss das sein bzw. kann das sein? – Glauben Sie mir, von den genannten Beispielen haben wir etliche bei uns im Land. Wenn wir heute darüber reden, gehört zur Wahrheit auch, dass wir umgekehrt Kreisstraßen, die stark befahren sind, zu Landesstraßen aufstufen. Dies erwähnen Sie bewusst nicht, um den Eindruck zu erwecken, hier würde immer nur von oben nach unten abgestuft. Auch uns ist in diesem Zusammenhang die Thematik von Ortsteilen und Einheitsgemeinde bekannt.

(Abg. Michael Billen, CDU: Sehr gut!)

Da braucht es nicht erst Ihre angebliche Initiative, mit der Sie sich bei den Kommunen feiern lassen. Wir sind bereits seit Monaten mit den betroffenen Kommunen vor Ort im Gespräch.

(Abg. Michael Billen, CDU: Und?)

Im Juli hat mit Ortsbürgermeistern bereits ein Gespräch dazu stattgefunden.

(Abg. Michael Billen, CDU: Und?)

Ja, wir sehen, dass dort durchaus Handlungsbedarf besteht.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Abg. Michael Billen, CDU: Sehr gut! Sehr gute Erkenntnis!)

Aber – jetzt kommt der Zusatz, Herr Billen, zuhören – wir machen es uns nicht so einfach wie Sie, Copy & Paste, aus Hessen kopieren und fertig, nein, wir brauchen keine kopierte Lösung, sondern eine auf uns passend zugeschnittene Alternative.

(Beifall der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Wenn Sie die Presse aufmerksam verfolgt hätten, dann wäre Ihnen aufgefallen, dass sich Minister Wissing schon oft und ausführlich dazu geäußert hat. Ich stimme ihm voll und ganz zu, hier müssen Gespräche mit den betroffenen Kommunen und Spitzenverbänden geführt werden. Man sollte nicht übereinander, sondern miteinander sprechen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Hans-Jürgen Noss, SPD: Sehr gut!)

Dann kommen wir zu einem Punkt, dass wir gar nicht wissen, über wie viele Fälle wir landesweit sprechen. Hier sind die Kommunen in der Bringschuld, uns diese konkret zu benennen. Das wissen Sie ganz genau; denn Sie haben in Ihrer Antragsbegründung unter dem Punkt Kosten „nicht bezifferbar“ geschrieben. Wüssten Sie das Ausmaß, dann hätten Sie es mit einem Ausmaß beziffern können, meine Damen und Herren.

(Abg. Michael Billen, CDU: Was hätten wir denn da hineinschreiben müssen, Herr Kollege?)

Es wird also zur Abstufung kommen, egal ob mit dem alten oder mit einem neuen Gesetz. Man muss sich die Frage stellen: Wie gehen wir im Interesse der Kommunen mit diesen Straßen um? Muss eine Kreisstraße unbedingt sechs Meter breit sein, oder reicht es nicht aus, wenn sie schmaler ist?

Sie sehen, Fragen über Fragen in diesem großen und schwierigen Themengebiet. Deshalb können wir uns in Rheinland-Pfalz keinen Schnellschuss erlauben. Ein so wichtiges und intensives Thema gehört in den zuständigen Fachausschuss

(Abg. Michael Billen, CDU: Jawohl!)