Protokoll der Sitzung vom 26.01.2017

Aber sie stärkt ihr Kind, und trotz der großen Anzahl an Rechtschreibfehlern wird Meyerhoff einer der großen Schriftsteller und Schauspieler unserer Zeit. „Schreiben nach Gehör“ gab es damals vor über 40 Jahren als Vorgabe der Bildungspolitik noch nicht, meine Damen und Herren.

Aber das geschilderte Beispiel zeigt, dass „Schreiben nach Gehör“ keine Erfindung unserer Zeit ist, sondern ein ganz natürlicher Prozess, den Kinder beim Erlernen einer Sprache praktizieren.

In unseren Grundschulen arbeitet die überwiegende Anzahl an Kolleginnen und Kollegen mit Mischformen, die Hören und Schreiben mit dem Ziel der korrekten Orthographie vereinen.

Jetzt zitiere ich den Südwestrundfunk, der im Jahr 2016 eine Studie gemacht hatte, auch ausgelöst durch die Debatte im Landtagswahlkampf. Der Südwestrundfunk machte einen sogenannten Faktencheck, der auch im Fernsehen gesendet wurde. Man kann ihn übrigens heute noch recherchieren.

Es wurden verschiedene Grundschulen aufgesucht, und die Methoden wurden hinterfragt. Auch die Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler kamen zu Wort. Das Ergebnis war klar. Ich zitiere: Dass die Kinder beim Schreibenlernen machen können, was sie wollen, ist ein Mythos – Zitatende –, sagen die Grundschullehrer in diesem Beitrag.

Und weiter heißt es – ich zitiere –: Die Kampagne macht uns wütend. – Die GEW appelliert in einem offenen Brief, die pädagogische Entscheidung der Grundschullehrer zu respektieren und sie nicht – so wörtlich – zu bevormunden.

Meine Damen und Herren, das Ziel sind die Schreibmotivation und das richtige Schreiben. Der richtige Methodenmix und das Geschick des Lehrers, sich auf seine Schüler einzulassen, zeichnen einen gelungenen Unterricht aus.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn fest steht auch, meine Damen und Herren: Es gibt keine Methode, von der alle Kinder gleichermaßen profitieren. Meine Damen und Herren, die Grundschulen in Rheinland-Pfalz setzen auf Regeln!

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch noch einmal auf die Leseförderung eingehen; denn das Auge lernt bei der Rechtschreibung in einem beachtlichen Maß mit. Hier ist Rheinland-Pfalz mit vielen Programmen zur Leseförderung ganz weit vorne.

Die Lese-Lok, die Sie, Herr Minister Wolf, erst kürzlich in

Eisenberg zum Laufen gebracht haben, ist nur ein aktuelles Beispiel von ganz vielen.

(Abg. Martin Haller, SPD: Guter Mann!)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Die deutsche Rechtschreibung ist schwierig, und man lernt sie nicht über Nacht. Aber das Beispiel Meyerhoff sollte uns alle ermutigen, dass auch bei anfänglich mangelhafter Orthographie ein schriftstellerisches Genie möglich ist.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Michael Frisch, AfD: Wenn es denn so wäre!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, als nächster Rednerin erteile ich Frau Abgeordneter Lemke das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gar nicht so viel wiederholen, weil die Kolleginnen und Kollegen schon alles richtig vorgetragen haben. Eine Sache ist aber – das ist mir eben aufgefallen – vielleicht doch noch einmal etwas zu kurz gekommen, nämlich tatsächlich zu erklären oder eine Übung zu machen, was es denn bedeutet, „Schreiben nach Gehör“ zu lernen.

Der Rest, den wir schon über diesen didaktischen Methodeneinsatz gesagt haben, könnten Sie eigentlich ein bisschen auch in den Protokollen nachlesen. Wir haben es gehört. Es ist ein Thema gewesen, das schon Gegenstand der Debatte war. In der Drucksache 16/5449 ist damals von der CDU-Fraktion am 11. August 2015 eine Große Anfrage an die Landesregierung gerichtet worden. Das Bildungsministerium hat in aller Ausführlichkeit darauf geantwortet. Ich empfehle es sehr den Kolleginnen und Kollegen, das noch einmal nachzulesen.

Bei dieser Methode des Spracherwerbs geht es eben um das klassische Einführen einzelner Buchstaben: Lesenlernen über Silben im Umgang mit Lauten, Phonemen.

Normorientiertes Schreiben nach den Regeln der deutschen Rechtschreibung steht an den rheinland-pfälzischen Grundschulen von Anfang an im Vordergrund. An 836 Grundschulen kommt ab der Klassenstufe 1 auch eine Fibel zum Einsatz, es wird also auch gelesen.

In der Anlauttabelle sind Buchstaben und Buchstabenkombinationen aufgelistet und mit kleinen Bildchen versehen. Neben dem S c h, dem „Sch“, ist zum Beispiel eine Schere aufgemalt, neben dem U eine Uhr. Wenn die Kinder zum Beispiel das Wort Schule schreiben wollen, dann sprechen sie es sich langsam vor, um die unterschiedlichen Laute herauszuhören.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Machen Sie das an der Hochschule jetzt auch?)

Machen Sie sich nicht lustig darüber. Es gibt Menschen in diesem Land, die nicht hören können. Sie lernen Schreiben ganz anders. Die meisten von uns können hören. Deswegen nutzen wir das Hören über die Sprache zum Schreiben. Das ist, auch wenn es jetzt vielleicht lustig anmutet, durchaus nicht banal. Ich glaube, darauf sollten wir uns besinnen; denn darauf kommt es an.

Die Kinder suchen also in der Tabelle nach den Bildern mit den entsprechenden Lauten und schreiben die Buchstaben ab. Daneben stehen sie dann. Um „Schule“ zu schreiben, würden die Kinder also die Bilderschere, Uhr, Lupe und Ente suchen und die dazugehörigen Buchstaben daneben aufschreiben.

Neuropsychologische Fallstudien belegen empirisch, dass Kinder in dieser Altersspanne besonders durch die Bildsprache ihr Umfeld erschließen und die Zuhilfenahme von metaphorischen Stilmitteln in der Fachdidaktik ergänzend Hilfen sein können.

Ich möchte noch einmal auf die Petition der Grundschullehrer zurückkommen, die eben hier schon angesprochen wurde. Sie haben dafür plädiert, dass sie sich ihre Arbeit nicht schlechtreden lassen wollen und dass pädagogische metaphorische Grundlagen einer guten Erziehung natürlich notwendig sind, auch für das, was ein Lehrer in einer Klasse tut.

Es gibt in der Bundesrepublik Deutschland keinen Überblick, welcher Lehrer an welcher Schule welche Methode – es gibt mehr als 30 dokumentierte Methoden zum Lesenlernen – zur Anwendung bringt. Ich finde, so viel Kompetenz sollten wir den gut ausgebildeten Grundschullehrern bei uns im Land schon zutrauen, dass sie unseren Kindern die Regeln der deutschen Rechtschreibung beibringen können.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Das ist aber nicht so!)

Deswegen halte ich Ihren Antrag auch nicht in einer Weise für zustimmungswürdig. Die CDU hat eben bedeutet, dass sie die Zahl nicht weiß, aber will, dass man etwas tut. Was wir tun sollen, hat sie auch nicht spezifiziert und ausgeführt. Von daher ist auch dieser Antrag aus unserer Sicht abzulehnen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der SPD)

Nachdem alle Fraktionen zu diesem Tagesordnungspunkt gesprochen haben, erteile ich für die Landesregierung Frau Staatsministerin Dr. Hubig das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Zu dem Antrag heute und zu dem Thema insgesamt ist in der letzten Legislaturperiode und auch heute vieles gesagt worden. Es gab Kleine

Anfragen in dieser Legislaturperiode, Kleine und Große Anfragen in der letzten Legislaturperiode und eine Aktuelle Stunde.

Ich fasse aber gerne noch einmal die wichtigsten Aspekte im Zusammenhang mit lautgetreuem Schreiben zusammen:

1. Wir können in Rheinland-Pfalz nicht zu etwas zurückkehren, was wir nie verlassen haben. Unsere Schülerinnen und Schüler lernen in der Grundschule von Anfang an normgerecht schreiben. Das war so, und das wird auch so bleiben.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

2. Das ist für Deutsch in der Grundschule im sogenannten Teilrahmenplan D festgelegt, und es gibt keine Notwendigkeit, das zu ändern. Dieser Teilrahmenplan D steht übrigens im Einklang mit der einstimmig beschlossenen Empfehlung – also auch von B-Ländern, CDU-geführten Ländern – der Kultusministerkonferenz zur Arbeit in der Grundschule aus dem Jahr 2015.

3. Unsere Lehrerinnen und Lehrer in den Grundschulen sind fachlich sehr gut ausgebildet und wissen, wann sie welche Methode in welchem Umfang einsetzen. Sie können, aber sie müssen nicht. In 16 von 969 Grundschulen ist es so, dass die Methode des lautgetreuen Schreibens dann vorwiegend, aber auch nicht ausschließlich angewendet wird.

Unsere Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer haben natürlich auch den Ehrgeiz, unseren Kindern richtiges Schreiben beizubringen. Was auch sonst!

4. Sie hingegen stellen die Qualitäten dieser Grundschullehrkräfte infrage und behaupten Dinge, die durch Fakten nicht belegt sind. Es gibt keine seriöse wissenschaftliche Studie, die einen Zusammenhang zwischen Rechtschreibleistung und lautgetreuem Schreiben herstellt, auch nicht die von Herrn Abgeordneten Paul zitierte. Diese stellt zwar fest, dass die Rechtschreibleistungen schlechter geworden seien, aber sie stellt ausdrücklich keinen Zusammenhang zum lautgetreuen Schreiben her. Das hätten Sie vielleicht auch noch ergänzend zitieren sollen, Herr Abgeordneter Paul.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb gibt es aus unserer Sicht keinen Grund, Lehrkräften eine Unterrichtsmethode zu verbieten, die sie nachweislich sehr verantwortungsvoll zur individuellen Förderung von Schülerinnen und Schülern einsetzen.

Unsere Schülerinnen und Schüler können rechtschreiben. Die Abgeordnete Brück hat es schon mitgeteilt. Ich empfehle Ihnen auch noch einmal die IQB-Bildungstrends. Das ist eine Studie von einem unabhängigen, bundesweit arbeitenden Institut. Das mögen Sie nicht anerkennen, aber es ist nun einmal so. Die rheinland-pfälzischen Schülerinnen und Schüler in der 9. Klasse haben gute Rechtschreibleistungen. Die Gymnasien sind sogar bundesweit in der Spitze. Lesen Sie es einfach nach. Wenn Sie ein anderes

Gefühl haben, dann kann ich Ihnen leider auch nicht helfen.

5. Ich rate Ihnen, ein bisschen auf unsere hervorragenden Lehrkräfte zu vertrauen. Sprechen Sie mit ihnen, und lesen Sie vielleicht einfach den Artikel, der gestern in der „RHEINPFALZ“ war, der, wie ich finde, alles zu dem Thema sagt und das sehr differenziert darstellt und auch nicht Ihre Thesen untermauert.

Noch eines zum Schluss: Seit 1658 wird übrigens in Schulen mit Anlauttabellen gearbeitet. So viel zum Thema rotgrüne Bildungsexperimente.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)