Protokoll der Sitzung vom 26.01.2017

3. Welche Auswirkungen sind durch die Einführung einer Tierhaltungskennzeichnung für den Tierschutz zu erwarten?

4. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass eine verpflichtende Haltungskennzeichnung für tierische Produkte in Deutschland EU-rechtskonform eingeführt werden kann?

Für die Landesregierung antwortet Frau Staatsministerin Höfken.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine Frage, die die ganze Grüne Woche und die Öffentlichkeit sehr stark beschäftigt hat.

Seit 2004 gilt die Haltungskennzeichnung auf den Schaleneiern und hat tatsächlich enorme Auswirkungen in Richtung Verbesserung des Tierschutzes bei der Haltung von

Legehennen gehabt. Die Verbraucherinnen und Verbraucher konnten seitdem mit dem Einkaufskorb entscheiden. So hatten wir die Situation 2004, da waren 77,5 % der Hennen in Legebatterien, die auch vom Bundesverfassungsgericht sogar als tierschutzwidrig bezeichnet worden sind. Heute sind es 0 %, weil die Käfige verboten worden sind, und 8,5 % noch bei den sogenannten Kleingruppenhaltungen, die auch gerichtlich als nicht tiergerecht bezeichnet werden, das heißt, es sind eigentlich fast keine Schaleneier mehr auf dem Markt, die unter diesen Bedingungen gehalten werden, sondern wir haben eine sehr gute Entwicklung. Wir haben jetzt 63,4 % Bodenhaltung, 18,2 % Freiland, 10,3 %Öko.

Das Interessante ist eigentlich, dass sich der Selbstversorgungsgrad bei Eiern nicht verschlechtert, sondern in der Tendenz sich verbessert hat. Wir wissen, heute liegt der Anteil bei ungefähr 70 %, das sind 13 Milliarden Eier. Wenn man die Situation in Rheinland-Pfalz anschaut – ich meine, was ich sehr bedauere, ist, dass die Tierhaltung in allen Bereichen deprimierend zurückgegangen ist, auch die Zahl der Tiere, nicht nur der Halter –, dann sieht man, dass es bei den Legehennen stabil bleibt, wie auch Bauernverbandspräsident Horper und die Wirtschaft noch einmal betont haben, es eine positive Entwicklung ist.

Aber – das muss man auch dazu sagen – bei den Schaleneiern gibt es jetzt diese Kennzeichnung, bei den verarbeiteten Eiern – das sind 60 % – noch nicht. Hier – das war großes Thema auf der Grünen Woche – sprechen sich sowohl die Wirtschaft wie eben auch der Tierschutz oder KAT (Verein für kontrollierte alternative Tierhaltung e.V.) dafür aus, diese verpflichtende Kennzeichnung auszudehnen, auch zum Beispiel auf die verarbeiteten Eierprodukte.

Wir haben als Land Rheinland-Pfalz dazu erfolgreich einen Bundesratsantrag in der letzten Legislaturperiode eingebracht.

Zur nächsten Frage: Schmidt’s Label. Die „Süddeutsche“ sagt, das einzige, was fertig geworden ist, ist die Deko. – Das ist wirklich sehr schade, muss ich sagen. Ich glaube, der Minister hat sich keinen Gefallen mit einer solchen Vorgehensweise getan, wo noch nicht einmal Kriterien da sind, sondern nur ein Sechseck um ein Loch. Das hat schon negative Auswirkungen auf Handel und Wirtschaft.

Dazu hatten wir auch ein sogenanntes MIMU (Mittwochs im MUEEF) – die Abgeordneten waren dabei – zum Thema Labelling und Kennzeichnung gemacht, bei dem alle Wirtschaftsverbände, die Tierschützer und viele andere da waren. Da hat der Bauernverbandspräsident Horper auch noch einmal ganz deutlich gesagt, übrigens fast wörtlich auf der Eröffnung der IGW auch, es muss sich etwas ändern. Die Zielsetzung ist, die erzeugenden Betriebe, die tiergerecht wirtschaftenden Betriebe, sollen dafür aber auch etwas haben. Sie sollen besser entlohnt werden.

So, und auf dem Niveau kann man sich wunderbar verständigen, und so war es eigentlich so, dass Verbraucherzentrale, Tierschutzbund und Bauernverband gesagt haben, okay, so ein staatliches Tierwohllabel finden wir erst einmal gut, das unterstützen wir. Nur hinterher war nichts drin.

Was passiert jetzt? Der Tierschutzbund hat gleichzeitig

noch einmal ein Label zu dem vorgestellt, das er schon hat, also er hat es auf Milch erweitert. Jetzt entscheidet der Handel. Das ist schon eine problematische Situation auch gerade für unsere Betriebe; denn so kommen die Großen quasi zum Zuge und bestimmen,was getan wird, und die kleineren bäuerlichen Betriebe haben Schwierigkeiten, sich in so etwas einzufügen. Das heißt, jetzt haben Aldi und Lidl auch gesagt, dass sie sich diesem Milchlabel anschließen wollen, das heißt natürlich, dass hier eine große Marktmacht quasi in dieses Vakuum eingreift.

Darum – und so war auch die Diskussion auf unserer Veranstaltung – sollte man stufenweise weiterentwickeln, was schon erarbeitet wurde,ob das jetzt die Initiative des Handels und des Bauernverbandes ist oder die Arbeit des Deutschen Tierschutzbundes oder von Verbänden wie NEULAND usw. und so fort, und das zu einer gemeinsamen Grundlage zusammenführen.

Ich muss sagen, ich bin sehr davon überzeugt, dass eine einfache Haltungskennzeichnung wie bei den Eiern der nach vorne weisende Schritt sein kann. Das ist billig. Es gibt nicht diese Wettbewerbsverzerrung, die dadurch entsteht, wenn Importeure und Betriebe sich nicht beteiligen und eine Art Dumping machen, und alle müssen sich da unterordnen. Ich glaube, das wäre für unsere Betriebe die beste Möglichkeit. Aber selbstverständlich werden wir das alle gemeinsam diskutieren, und ich hoffe aber, ehe der Handel die Federführung übernimmt, werden wir dazu kommen, eine politische Entscheidung zu finden, natürlich auf der Bundesebene.

Was hat das für Auswirkungen für den Tierschutz? Ich habe es eben schon gesagt. Die Auswirkungen für den Tierschutz mit einer Kennzeichnung, die Verbrauchern eine Entscheidungsgrundlage gibt, ist auf jeden Fall positiv. Was Herr Minister Schmidt auf der Bundesebene – CDU/CSUFraktion – gemacht hat, ist, auch eine Umfrage zu starten. Die hat dann ergeben, 89 % der Verbraucherinnen und Verbraucher sind bereit oder eher bereit, auch höhere Preise für Produkte zu zahlen. So, jetzt heißt es aber, ja, das tun die dann doch nicht. Das stimmt nicht.

Wenn Sie einmal auf die Biomilch gucken in diesen Zeiten der wirklich absoluten Niedrigpreispolitik bei der Milch, auch durch den Wegfall der Mengenregulierungen, da muss man doch sehen, der Biomilch sind die Verbraucherinnen und Verbraucher, obwohl sie fast doppelt so teuer war, immer treu geblieben. Ganz im Gegenteil. Dieses Segment wächst. Das heißt, die Verbraucher, wenn sie etwas für sich erkennen können, sind bereit, das zu tun. Deswegen ist es so wichtig, dass wir hier zu einer wirklich guten Kennzeichnung kommen und eine einfache bundesweite Regelung hinbekommen.

Wir hatten dazu Bundesratsentschlüsse. Auch RheinlandPfalz war daran natürlich beteiligt. Wir hatten auch Vorschläge. Wir werden jetzt daran arbeiten, dass das weiter diskutiert wird. Wichtig ist, dass Förderung und Beratung dann auch für die Betriebe geeignet sind, um diese Chancen wahrnehmen zu können.

Jetzt zum letzten Punkt. Ist das juristisch möglich? – Ja. Die ganze Kennzeichnung unterliegt den Vorgaben der Lebensmittelinformationsverordnung der EU. Sie enthält

zwar keine ausdrückliche Regelung zur Kennzeichnung der Haltungsform, aber sie verbietet sie auch nicht. Sie gibt übrigens ausdrücklich die Möglichkeit, zusätzliche Angaben für bestimmte Arten oder Klassen von Lebensmitteln vorzuschreiben, wenn sie gerechtfertigt sind. Der Verbraucherschutz ist als ein in der Lebensmittelinformationsverordnung ausdrücklich vorgesehener Rechtfertigungsgrund. Das wird also gehen, natürlich in Absprache mit der EUKommission, anders als Schmidt immer argumentiert.

Vielen Dank.

Es gibt eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Zehfuß.

Frau Ministerin, wie beurteilen Sie die Befürchtung, dass besonders kleine Familienbetriebe aufgrund der dünnen Mengenhinterlegung nicht imstande sind, zusätzliche Standarderhöhungen zu finanzieren und deshalb dem beschleunigten Strukturwandel zum Opfer fallen, das heißt, bei diesen Prozessen auf der Strecke zu bleiben?

Also, man muss diesen Aspekt auf jeden Fall im Auge habe. Darum habe ich – – –

(Zuruf des Abg. Johannes Zehfuß, CDU)

Bitte?

Er möchte eine weitere Frage im späteren Verlauf stellen.

Es ist eine wichtige Frage. Genau das muss man ins Auge nehmen.

Ich darf Sie aber daran erinnern, als die Umstellung bzw. diese Beschlüsse auf der Bundesebene erfolgt sind, was die Eierkennzeichnung angeht, gab es Millionen an Fördermitteln, die damals der Geflügelverband nicht annehmen wollte. Das heißt, hätten die Betriebe und die Verbände darauf hingewirkt, dass die Umstellung auch tatsächlich finanziert werden kann, dann wäre es auch sicher besser für die bäuerlichen Betriebe gewesen. So muss man sagen, wie ich eben schon dargestellt habe, für Rheinland-Pfalz und auch bundesweit, die Produktion ist nicht zurückgegangen. Es hat eine kurze Depression gegeben, ganz kurzzeitig, dann aber jetzt wieder eine positive Tendenz.

Auch in Rheinland-Pfalz, wie gesagt, haben wir eine mengenmäßige Stabilität, allerdings, wie bei den anderen Bewirtschaftsformen auch, die Zahl der Halter, und das wäre etwas, was ich durch ein gemeinsames gutes Vorgehen gerne vermeiden würde – – – Ich glaube auch, für die Betriebe in Rheinland-Pfalz mit unseren Gegebenheiten

sind das große Chancen, die sich über die Verbrauchernachfrage ergeben.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Bublies-Leifert.

In Hinsicht auf eine mögliche Erhöhung der Mehrwertsteuer bei Fleisch und Milch, wie sie derzeit diskutiert wird: Wie schätzt die Landesregierung die Möglichkeit ein, dass die Mehrwertsteuer auch bei Eiern erhöht wird? – Wäre ziemlich schlimm gerade für die kleinen Betriebe, die eben in tierfreundliche Erhaltungsmaßnahmen investiert haben, wenn allgemein der Preis in die Höhe schießen würde.

Dann noch eine weitere Frage.

Frau Bublies-Leifert, bitte jeweils nur eine Zusatzfrage.

Zur Beantwortung, bitte.

Dieser Vorschlag wird in der Politik nicht diskutiert. Das war ein Vorschlag des UBA.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hartenfels.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Frau Ministerin, meine Frage geht in die ähnliche Richtung wie die des Kollegen Zehfuß.

Gerade in Rheinland-Pfalz sehe ich schon Perspektiven für die landwirtschaftlichen Tierhalter, was auch ein Tierwohllabel betrifft. In Rheinland-Pfalz, Sie haben es schon angedeutet, haben wir eine starke Abnahme bei den Tierhaltern sowohl was die Betriebsanzahl betrifft als auch die realen Tierbestände. Insofern würde mich noch einmal Ihre Einschätzung interessieren, ob dieses Tierwohllabel eine Chance gerade für die Betriebe im Land Rheinland-Pfalz darstellt.

Das Tierwohllabel, das wäre vielleicht eine Möglichkeit gewesen, wäre es denn zustande gekommen. Ist es aber nicht, sondern wir reden jetzt real nur von der Haltungskennzeichnungsverpflichtung für die Eier, und wir reden über das Tierschutzlabel des Deutschen Tierschutzbundes, das jetzt auf dem Markt eine Rolle spielt, oder NEULAND,

oder die Tierschutzinitiative Handel und Bauernverband, die aber den Verbrauchern nicht transparent sind.

Ich glaube, wir müssen hier zu einer bundesweiten politischen Verständigung kommen, was eigentlich die Kriterien sind, wie sie möglichst einfach gehalten sind, wo sie für die Betriebe einfach umzusetzen sind und wie auch gleichzeitig die Förderung daran angepasst werden kann. Wir haben uns in Rheinland-Pfalz übrigens schon dafür stark gemacht.

Es liegen jetzt noch sechs weitere Zusatzfragen vor. Danach betrachte ich die Anfrage als beantwortet. Zunächst Frau Blatzheim-Roegler.

Herr Präsident, vielen Dank. Frau Ministerin, wie bewerten die Wirtschaft und die Verbände die Diskussion um Haltungskennzeichnungen, Tierwohllabel, auch wenn es jetzt leider noch nichts damit geworden ist? Welche Stimmen kommen aus dieser Ecke?

Die Geflügelwirtschaft hat sich am deutlichsten positioniert. Sie ist für verpflichtende Haltungskennzeichnung. Das Gleiche sagt der Zentralverband der Geflügelwirtschaft. Das Gleiche sagt der KAT (Verein für kontrollierte alternative Tierhaltung e.V.). Sie wirken darauf hin, dass das auch auf die verarbeiteten Produkte ausgedehnt wird. Diese haben sich eindeutig positioniert. Der Deutsche Tierschutzbund hat gesagt, sie würden ein solches Label mittragen, genauso wie der Deutsche Bauernverband. Wie gesagt, diesesTierwohllabel ist auf Bundesebene noch nicht zustande gekommen.

Ich will ganz klar sagen, die Sorge – so wurde es auf dem MIMU (Mittwochs im MUEEF) hier in unserem Ministerium auch ausgedrückt, und zwar auch von Verarbeitern – ist schon, dass ein solches freiwilliges Label eher zum Nachteil der rheinland-pfälzischen Wirtschaft gerät. Wie gesagt, wir wollen darauf achten, dass das nicht passiert. Ich darf vielleicht einen Vergleich zum ökologischen Landbau, wie das mit der Milch passiert ist, ziehen. An der Stelle, an der die Verbraucher eine Orientierung haben, haben wir ein Wachstum, und zwar ein sehr deutliches. Große Unternehmensberatungen haben gerade zur Grünen Woche veröffentlicht, dass jeder Supermarkt inzwischen Ökoprodukte anbieten muss. Diese Diskussion – die müssen wir uns vergegenwärtigen – ist beim Thema Tierschutz auch virulent.

Deswegen sagt auch der Bauernverbandspräsident Ruckwied auf der Grünen Woche, es muss sich etwas ändern. Ich glaube, das ist jetzt die Chance, diese gemeinsame Basis auszubauen.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Steinbach.