Protokoll der Sitzung vom 08.03.2017

Genau so hat die Landesregierung in den Jahren 2007, 2008, 2012, 2013, 2014 und 2015 dieses Land unter Missbrauch des Pensionsfonds regiert, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Mir ist im Übrigen nicht bekannt, dass einer der Bundeshaushalte von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble jemals verfassungswidrig gewesen wäre.

(Beifall bei der CDU – Abg. Julia Klöckner, CDU: Richtig!)

In all diesen Jahren – auch das gehört zur Wahrheit – seit 2006 bis heute ist es der Landesregierung nie und nimmer um die Pensionen der Beamtinnen und Beamten gegangen, sondern immer nur um die Kaschierung ihrer hemmungslosen Schuldenpolitik.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil auch das eben hier Thema gewesen ist, wenn man bei der Wahrheit bleiben will, muss man Lüge Lüge nennen. Deshalb muss man hier von Pensionslüge sprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

So viel Ehrlichkeit muss sein, wenn man sich an die ehrliche Aufarbeitung dieses Skandals begibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in all diesen Jahren hat die Landesregierung ununterbrochen mit verfassungswidrigen Haushalten regiert. Jetzt komme ich zu einem wichtigen Punkt, den die Ministerin eben auch angesprochen hat. Da geht es um die Frage Vorsatz oder nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf Unkenntnis konnten sich die sozialdemokratischen Finanzminister und ihre Staatssekretäre jedenfalls nicht berufen.

(Beifall bei der CDU)

Sie konnten wissen, Sie hätten wissen müssen, und Sie wussten natürlich, dass Sie spätestens ab 2006 gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. April 1989 verstoßen haben. Sie wussten natürlich, dass Sie die Warnungen der Rechnungshofpräsidenten Dr. Schneider und Hartloff aus den Jahren 1996 und 2006 nicht beachtet haben. Sie wussten natürlich, dass Sie die Stellungnahme des Rechnungshofs von 2011 sowie die zahlreichen Warnungen des Bundes der Steuerzahler einfach negiert haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, von der Missachtung der Ausführungen der CDU-Opposition und wie wir hier mit der kalten Arroganz der Macht regelmäßig abgefertigt wurden, will ich in diesem Zusammenhang gar nicht sprechen.

(Beifall der CDU)

Es reicht auch nicht, sich auf die Verfehlungen der Vorgänger zu berufen. Frau Dreyer und Frau Ahnen hätten im Laufe des Jahres 2015, nachdem die CDU-Fraktion ihren Normenkontrollantrag in Koblenz eingebracht hatte und völlig klar war, dass es jetzt ernst wird, sagen können: Das mit dem Pensionsfonds war eine gute Idee. Das mit der Umsetzung hat leider nicht geklappt. – Sie hätten auch noch sagen können: Das kann nicht klappen. – Dann hätten Sie sagen können: Wir haben heute die Kraft, die unsere Vorgänger 2006 und danach nicht hatten. Wir aber haben die Kraft und ziehen einen Strich und beenden den Pensionsfonds. – Das wäre 2015 eine politische Leistung gewesen.

(Beifall der CDU)

Diese Kraft und diese Klarheit haben Frau Dreyer und Frau Ahnen aber nicht aufgebracht.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Da war der Kurt noch zu nah!)

Stattdessen haben die Ministerpräsidentin und die Finanzministerin aufgrund eigener Entscheidung und in alleiniger eigener Verantwortung den alten Verfassungsbruch erneut beschließen lassen. Und auch hierbei können Sie sich ebenso wenig wie Ihre Vorgänger auf Unwissenheit berufen; denn schon mit Schreiben vom 25. März 2015 stellt der Rechnungshof in seiner Stellungnahme zum Ahnenschen Pensionsfondsänderungsgesetz fest – ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten aus der betreffenden Drucksache –: „Aus Sicht des Rechnungshofs lassen die vorgesehenen Änderungen die grundsätzliche Problematik des Finanzierungsfondsmodells unberührt.“

Und das, was hier mit grundsätzlicher Problematik beschrieben ist, ist genau der vom Verfassungsgerichtshof festgestellte Verfassungsbruch, meine sehr geehrten Dame und Herren, also Missachtung der Warnungen wie seit eh und je!

(Beifall der CDU)

Und nun bekommt die Sache noch eine eigene Qualität: Der Verfassungsgerichtshof nämlich äußert sich ausdrücklich auch zur Zukunft, indem er feststellt – ich empfehle die Lektüre von S. 52 ff. –, dass das Dreyer-Ahnen-Gesetz aus dem Jahr 2015 dazu geeignet ist, auch die neue Schuldenregel ab 2020 auszutricksen. – Das ist die neue Qualität mit diesem Gesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren. Verfassungsbruch auf Vorrat!

(Beifall der CDU)

Verfassungsbruch auf Vorrat, anders kann man das nicht nennen.

Im Zusammenhang mit dem Nürburgring-Skandal hat der Vorgänger von Frau Dreyer einmal davon gesprochen – ich zitiere –: „Ich habe zu spät die Reißleine gezogen.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir werden sehen, ob der richtige Zeitpunkt zum Ziehen der Reißleine beim Pensionsfonds möglicherweise nicht schon überschritten ist. Es ist jedenfalls in höchstem Maße besorgniserregend zu sehen, wie Sie nach dem VGH-Urteil wieder nicht die Kraft und wieder nicht die Klarheit aufbringen, einen Schlussstrich zu ziehen. Nur ein Schlussstrich kann die Vergiftung des Haushalts durch dieses Lügenkonstrukt beenden.

Ich kann Sie nur auffordern – oder anders ausgedrückt –, ich kann Sie nur herzlich bitten, schrecken Sie nicht davor zurück, die höchst problematischen Verstrickungen aufzulösen, die den Pensionsfonds mit den unkontrollierbaren, mit den undurchsichtigen, mit den rechtlich fragwürdigen Finanztransaktionen Ihrer Koblenzer Briefkastenfirma verbinden, von der wir übrigens so ganz nebenbei im letzten Haushalts- und Finanzausschuss auch erfahren haben,

dass sie seit einiger Zeit mit einem beachtlichen Millionenbetrag beim Liquiditätspool in der Kreide steht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

In der parlamentarischen wie in der rheinland-pfälzischen Öffentlichkeit weiß so gut wie niemand etwas davon. Ich will hier nur ganz kurz in drei ersten Schritten andeuten, worum es dabei geht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Erstens: In den Jahren 2003 bis 2006 erwirbt der Pensionsfonds vom Land aus den Wohnungsbaudarlehen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus Forderungen in Höhe von 747 Millionen Euro. – Ob es einem Land insbesondere unter sozialdemokratischer Regierung angemessen ist, mit den Darlehen der Häuslebauer Geschäfte am Finanzmarkt zu machen, sei einmal dahingestellt. Ich könnte mir vorstellen, was Ihr frisch gekürter Kanzlerkandidat, der so oft von den hart arbeitenden Menschen spricht, davon hält, meine sehr geehrten Damen und Herren. Aber das sei einmal dahingestellt.

(Heiterkeit bei der CDU – Beifall der CDU und bei der AfD – Zuruf der Ministerpräsidentin Frau Dreyer)

Nein, das ist nicht peinlich, das ist die traurige Wirklichkeit in diesem Land, Frau Ministerpräsidentin. Sie sollten sich das einmal anschauen, wenn Sie es nicht schon getan haben. Es wird nämlich Zeit, dass Sie sich damit einmal beschäftigen.

Der Pensionsfonds zahlt das, indem er dem Land 2003 Schuldscheine in entsprechender Höhe zurückgibt, also Ansprüche aus Wohnungsbaudarlehen gegen Schuldscheine.

In den Folgejahren veräußert er dann zur Finanzierung des Kaufpreises weitere Schuldscheine. Ich empfehle die Lektüre des Rechnungshofberichts 2011, Teil II, S. 54 ff.

Zweitens: 2004 wird die Briefkastenfirma PLP Management GmbH und Co. KG gegründet. – Das ist die Briefkastenfirma in Koblenz, die beim Liquiditätspool mit 3 Millionen Euro seit mehreren Jahren im Soll steht, meine Damen und Herren. 2005 verkauft der Pensionsfonds zuvor vom Land erworbene Wohnungsbaudarlehen an die PLP, die im 100 %igen Besitz des Landes ist. In den Jahren 2005 und 2007 gewährt der Pensionsfonds dann der PLP sogenannte „Null-Kupon-Darlehen“, auch „Zero-Bonds“ genannt. Zusammen sind das 802 Millionen Euro. Bezahlt wird das mit Schuldscheinen des Landes, weil sich – wie bekannt – das Land wieder alles zurückleiht, was es vorher in den Fonds eingezahlt hat, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Das muss man erst einmal kapieren! Darauf muss man erst einmal kommen!)

Ich weiß nicht, ob Sie der Meinung sind, dass das auch alles nichts mit der Sache zu tun hat. Ich finde aber, wir nähern uns so langsam dem Kern der Sache, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Ich finde auch, wir sind erst ganz am Anfang der Aufarbeitung dieser dubiosen Finanzkonstrukte,

(Beifall der CDU)

in die Sie in unverantwortliche Art und Weise den Pensionsfonds verstrickt haben.

Drittens: 2011 stellt der Rechnungshof fest, dass aus diesen Transaktionen das Land zwischen 2003 und 2008 insgesamt 907 Millionen Euro an Haushaltseinnahmen bucht. – Ob das reales Geld gewesen ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, oder ob das Buchungsvorgänge gewesen sind, meine sehr geehrten Damen und Herren, oder ob das eine Fantasiezahl ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, weiß bis heute niemand.

(Beifall der CDU)

Wenn man das alles zusammennimmt und sich noch einmal an den Geschäftsführer erinnert, den ich soeben beispielhaft angesprochen habe, dann wäre in anderen Bereichen als in der Politik möglicherweise schon der Staatsanwalt unterwegs.

(Zuruf der Ministerpräsidentin Malu Dreyer)

Ich will das nicht an die Wand malen.

(Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Was denn sonst?)

Aber wenn Sie hier so tun, als sei das, was wir vor 14 Tagen in Koblenz gehört haben, sozusagen Regierungsgeschäft as usual, als sei das nichts Besonderes, wenn Sie sich hier hinstellen und sich über den Begriff „Erdbeben“ lustig machen, dann sollten Sie sich das einmal zu Gemüte führen und in diese Zusammenhänge etwas näher einsteigen.

(Beifall der CDU und bei der AfD)