Protokoll der Sitzung vom 23.03.2017

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Wir leben in einem Land, das vielfältig ist. Ich will das am Anfang meiner Rede betonen. Menschen verschiedener Religionen und verschiedener Herkunft leben friedlich in diesem Land auf der Basis der Werte unseres Grundgesetzes. Frau Klöckner, das will ich auch betonen, es sagt hier niemand, dass das Grundgesetz nicht die Basis ist, auf der Flüchtlinge, die zu uns kommen, die Menschen, die uns kommen, leben sollen. Wir erkennen keine andere Rechtsordnung an. Wir erkennen nur das Grundgesetz an. Dieses Grundgesetz ist die richtige Werteordnung. Ob das für alle hier im Haus gilt, will ich nicht beurteilen. Zumindest für die Ampelfraktionen und die CDU gilt das, meine Damen und Herren.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Unglaublich! Wie armselig! – Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und FDP)

Diese Rechte sagen auch deutlich, dass Frauen und Männer die gleichen Rechte und Chancen haben, dass wir ein Menschenrecht, ein Grundrecht auf Asyl haben, das wir verteidigen wollen. Meine Damen und Herren – Herr Schweitzer hat es schon betont –, wir kämpfen für ein gemeinsames Europa. Wir wollen dieses Europa haben. Wir wollen nicht, dass es auseinanderbricht. Dieses Europa hat so viele Fortschritte, so viele positive Ereignisse für uns gebracht. Nicht zuletzt hat es einen langfristigen Frieden in Mitteleuropa gebracht. Vorher gab es nie 60 Jahre Frieden in Europa. Immer gab es Kriege. Allein das wäre es wert, Europa mit allem, was wir haben, zu verteidigen, aber es ist noch viel mehr.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Es ist das Zusammenwachsen und die gegenseitige Akzeptanz der Völker in Europa. Von der gegenseitigen Akzeptanz können wir nur lernen. Ich begrüße außerdem sehr, dass es eben nicht mehr nur ein Europa gibt, das in Brüssel oder Straßburg stattfindet, sondern dass es mit dem „Pulse of Europe“, dass es mit dieser Bewegung auch auf die Straße getragen wird. Wir sind für Europa. Das sind junge Menschen. Das sind Menschen, die diese Gesellschaft verteidigen wollen. Viele davon sind eventuell das erste Mal bei einer Demonstration dabei. Dennoch gehen sie auf die Straße und sagen: Wir müssen uns jetzt wehren. Bei diesen nationalistischen Bewegungen in Europa müssen wir klar Kante zeigen, müssen wir klar sagen, wir sind für die Gemeinsamkeiten. – Die Gemeinsamkeiten bringen uns Vorteile. Jeder, der vernünftig nachdenkt, weiß doch, nur gemeinsam mit Europa können wir die Probleme, die wir in der Welt haben, bewältigen, meine Damen und Herren. Das kann kein Nationalstaat mehr allein. Das können wir nur gemeinsam. Dafür sind wir auch gemeinsam.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Wir haben zusammen unseren Doppelhaushalt an den Grundwerten, die wir in unseren Koalitionsverhandlungen und im Koalitionspapier festgelegt haben, orientiert. Das ist zum einen die soziale Gerechtigkeit. Das ist zum anderen die wirtschaftliche Vernunft. Das geht aber alles nur dann, wenn es nachhaltig ist. Das geht nur mit einer Ökologie. Das geht nur mit Umweltverträglichkeit. Das geht nur mit Klimaschutz. Zu diesen drei Punkten stehen wir alle in der Ampelkoalition. Ich glaube, wenn Sie sich ehrlich fragen, stehen auch andere dazu, dass man in diesem Dreieck wirtschaften, leben und handeln muss, dass das die Vernunft ist und wir unseren Haushalt auf vernünftigen Grundlagen aufgebaut haben, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Ich möchte an der Stelle zu einigen Einzelheiten kommen. Frau Klöckner, es kam mir vorhin ein bisschen so vor, als wären Sie eine enttäuschte FDP-Wählerin.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Das kann ich verneinen!)

Ich habe auch schon zur FDP gesagt, sie werden Sie nicht mehr zurückholen können. Anscheinend sind Sie für immer für die FDP verloren. Das klang zumindest so, weil Sie hier nur gesagt haben, wie enttäuscht Sie von der FDP sind und nicht, wie begeistert Sie von der CDU sind. Das wäre vielleicht auch einmal eine wichtige Meldung gewesen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Julia Klöckner, CDU, und Abg. Thomas Roth, FDP, reichen sich die Hand)

Man sieht, die FDP ist bereit, Abtrünnige wieder aufzunehmen.

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

Meine Damen und Herren, das Familienbild, das Sie bei der CDU haben, ist vielleicht nicht das, das die Grünen in Rheinland-Pfalz haben, aber ich habe den Antrag sehr genau gelesen. Ich glaube, Sie haben in diesem Antrag einige falsche Voraussetzungen wiedergegeben. Sie haben in diesem Antrag geschrieben, Familien würden in diesem Land nicht anerkannt. Familien würden diskreditiert. Ich halte es für eine gefährliche These, wenn Sie sagen, Sie wollen starke Familien. Das beinhaltet, wenn Sie so diskutieren, wie Sie es diskutiert haben, wir wollten das nicht. Wir wollen auch starke Familien. Natürlich wollen wir starke Familien. Vielleicht sind wir nicht alle der gleichen Auffassung, was Familie ist. Familie ist das, wo Menschen zusammenleben und füreinander Verantwortung tragen. Das ist unser Begriff.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Wir wollen diese Familien stärken. Mit Genehmigung der Präsidentin möchte ich aus dem Antrag zitieren.

Entschuldigung, mit Genehmigung des Präsidenten. Das war jetzt kein Zeichen von grün unterstützter Geschlechtsverwandlung, meine Damen und Herren. Ich habe einfach

nicht gesehen, dass das Präsidium gewechselt hat.

Es sei Ihnen verziehen.

Ich möchte zitieren. Im Antrag der CDU heißt es: „Allzu oft schlägt die familienpolitische Debatte in eine pauschale Verurteilung von Eltern um, die eine Zeit lang auf Erwerbsarbeit verzichten, um ihre Kinder zu erziehen.“ – Das habe ich in diesem Parlament nie gehört. Ich weiß nicht, wo Sie das hören. Ich bin nicht an solchen Stellen, an denen ich das höre. Wenn ich meinen Enkel vom Kindergarten abgeholt habe, gab es das nicht, dass man darüber diskutierte.

Wir alle sind doch der Auffassung, Verantwortung, die in der Familie getragen wird, ist eine gute Verantwortung. Sie schreiben selbst – das ist schon diskutiert worden – nicht mehr das Familiengeld in Ihre eigenen Anträge hinein. Ich weiß nicht, wo der Unterschied liegt. Ich weiß auch nicht, wo Sie sich angegriffen fühlen. Das ist eine Art putative Notwehr. Sie wehren sich, obwohl Sie gar nicht angegriffen werden. Deshalb glaube ich, wir müssen das auf eine konkrete Basis stellen.

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Erinnern Sie sich doch einmal an die Kurzzeitpflege!)

Ich darf noch ein weiteres Zitat vorlesen – ich zitiere –:

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Herdprämie!)

Bitte?

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Herdprämie!)

Die haben Sie doch aufgegeben. Oder?

Ich zitiere: „Einseitige Abwertungen der familiären Erziehungs- und Bildungsleistungen aus dem politischen Bereich heraus sind deshalb kontraproduktiv und gefährden das gute Miteinander von Familie und Kindertagesstätte.“ – Eine Abwertung gegenüber den Familien gibt es doch bestimmt nicht von der Landesregierung, meine Damen und Herren. Sie schreiben doch Anträge, die in diesem Landtag besprochen und beschlossen werden sollen. Ich weiß nicht, gegen wen Sie sich wehren, aber ich halte das für die falsche Debatte.

Sie gehen dann in einem weiteren Abschnitt noch sehr viel weiter. Da steht – ich zitiere –: „Daher sollte man Paare auf ihrem Weg noch besser unterstützen, um das partnerschaftliche und ausgeglichene Eheleben weiter zu stärken.“ – Meine Damen und Herren, es ist nicht mein Familienbild, dass der Staat ein ausgeglichenes Eheleben in den Familien fördern sollte.

(Beifall und Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Wenn Sie aber so weit gehen wollen, gern. Das ist Ihre Ansicht.

(Zurufe von der CDU)

Das steht so in Ihrem Antrag. Nein, das kann man so sehen.

Wir wollen auch Unterstützung für die Familien haben. Wir wollen Beratung in den Familien haben. Natürlich ist es sinnvoll, dass man schon an der Kita Beratungszentren, Familienzentren ansiedelt. Weiter wollen wir die Leute dann aber nicht beraten, sondern sie sollen sich selbst ein Bild machen, wie sie gemeinsam leben können.

Meine Damen und Herren, ich glaube, für die Familie – Sie wollen auch noch die Abschaffung des Familienministeriums – kämpft diese Ampelkoalition eindeutig und mit aller Kraft. Deswegen glaube ich, Ihr Antrag geht ins Leere. Wir können mit dem, was wir für Familien vorgeschlagen haben, durchaus zufrieden sein, nämlich dass wir Familien stärken wollen, dass wir einerseits die Kita stärken wollen – das ist vollkommen klar und unser Bild –, weil man die Kita braucht, um seinem Berufsleben – Männer wie Frauen, beide – nachgehen zu können. Andererseits hat man dann aber auch eine Flexibilität.

Natürlich sind wir auch dafür, dass es Möglichkeiten gibt, die Kinder zu Hause zu betreuen. Natürlich sind wir auch dafür, dass es Tagesmütter/Tagesväter gibt. Das sind doch Dinge, die wir fördern. Das sind doch nicht Dinge, die wir verbieten oder einschränken, sondern finanziell fördern wir diese Aufgaben. Deswegen glaube ich, sind wir entweder nicht so weit auseinander, wie Sie es sehen wollen, aber zumindest sind wir, glaube ich, auf der richtigen Seite, wenn wir die Vielfalt der Möglichkeiten zu leben, die Familie hat, und nicht die Einfalt fördern.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Da schüttelt Herr Frisch den Kopf. Das habe ich mir gedacht, dass Sie so einfältig sind.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Wir haben – ich glaube, das ist wichtig zu sagen – auch im Bereich des Bildungsministeriums Ansätze, die die Familien fördern, beispielsweise kinderfreundliches RheinlandPfalz. Das gilt auch für die Ferienbetreuung. Die haben wir von 300.000 Euro im Jahr 2016 auf 750.000 Euro im Jahr 2017 und auf 1 Million Euro im Jahr 2018 nach oben gefahren. Da können Sie doch nicht sagen, das wäre kein familienfreundliches Verhalten.

Wir unterstützen, dass Familien zusammenhalten können, dass es eben nicht mehr Stress dadurch gibt, dass man nicht weiß, wohin mit den Kindern, sondern dass man die Kinder auch in eine Familienfreizeit geben kann, aber auch wieder abholen kann. Die werden doch nicht abgegeben und weggeschlossen – das ist doch nicht unser System –, sondern wir wollen, dass Familien stressfrei zusammenleben können. Das ist ein Ansatz, den wir anbieten, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Familienfördernde Maßnahmen, Familienförderung wird im Familienministerium 2017 und 2018 mit jeweils 631.000 Euro gefördert. Auch das ist kein Pappenstil, meine Damen

und Herren.

Gegen Kinderarmut machen wir nach wie vor die Mittagessenförderung, die im Bildungsministerium beheimatet ist. Zusätzlich haben wir noch gegen die Kinderarmut einen Etatposten erhöht, nämlich im Bereich des Sozialministeriums genauso wie im Bereich des Familienministeriums, indem wir Projekte für Kinder aus schwachen Familien, aus leistungsschwachen Familien, aus einkommensschwachen Familien, aber auch für Kinder, die in Wohngegenden wohnen, in denen es eben nicht so vorteilhaft ist zu wohnen, in denen man Unterstützung braucht, in denen man auch, denke ich einmal, Lernpaten für den Nachmittag braucht, in denen die Familien jenseits der Kita unterstützt werden müssen, fördern. Das unterstützen wir.

Das alles – vielleicht ist es Ihnen nicht aufgefallen – wollen Sie mit Ihrem Ansatz streichen. Sie führen nicht nur einen Ansatz in ein woanders beheimatetes Familienministerium. Nein, Sie streichen diese Ansätze der Vielfalt, führen alles zusammen, sagen aber nicht spezifisch, wie man das Geld ausgeben soll.

Irgendjemand wird es dann schon sinnvoll ausgeben. Das ist keine Altvernative zu dem, was die Ampel vorgeschlagen hat, und keine Alternative zur Regierung, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Sie haben SOLWODI erwähnt. Es ist schon diskutiert worden, ich glaube, es war kein guter Zusammenhang, in dem Sie das erwähnt haben, Frau Klöckner. Wir haben für die Frauenhäuser weit über 200.000 Euro mehr in diesem und im nächsten Jahr im Haushalt. Da geht es doch um die Frauen, die Gewalt erfahren oder unterdrückt werden. Es ist doch nicht allein ausschlaggebend, wer Träger dieses Hauses ist. SOLWODI wird aus dem Familienministerium unterstützt, aber auch aus dem Frauenministerium. Sie können hier nicht einfach fordern, wir müssten den einen Ansatz erhöhen und es müsse einem Träger zufließen, und wenn wir das nicht machen, haben wir alles falsch gemacht, was wir in der Frauenpolitik falsch machen können.