Protokoll der Sitzung vom 23.03.2017

Wir hingegen sagen, Integration klappt nur, wenn wir sie auch wirklich ermöglichen und fördern.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Zweierlei Maß!)

Darum wollen wir die Zuschüsse für die Förderung der Weiterbildung von Menschen erhöhen. Darum hat die Koalition das Konzept zur Verhinderung islamistischer Radikalisierung junger Menschen in die Wege geleitet.

Die CDU hat hierfür in einem Änderungsantrag mehr Geld gefordert. Ich weise aber gern darauf hin, dass wir im Haushaltsansatz bereits das Doppelte Ihrer Forderung beabsichtigen, nämlich zusammen 1,16 Millionen Euro in diesem und im nächsten Jahr. Das alles beweist, während die einen Integration nur fordern wollen, werden wir sie auch wirklich fördern.

(Beifall der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Liebe CDU, glauben Sie mir gern, wir sehen das Integrationsministerium nicht als Spielwiese.

(Beifall der FDP und bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind uns einig, dass die Jugend die Zukunft unserer Gesellschaft ist. Wir wollen die jungen Menschen fördern, sodass sie sich einbringen und gern hier leben. Unsere Ziele als freie Demokraten und als Koalition sind das Unterstützen und Ermöglichen der ehren- und hauptamtlichen Jugendarbeit.

Ein Blick in den Haushaltsentwurf verdeutlicht, wir werden die Zuschüsse zur Förderung von Maßnahmen der Jugendarbeit um 130.000 Euro erhöhen. Ich weiß, dass wir uns darin einig sind. Deswegen brauche ich gar nicht so stark darauf einzugehen. Besonders der Landesjugendring wird von den Förderungen profitieren, weil er wertvolle Arbeit für die gesellschaftliche und politische Teilhabe junger Menschen leistet. Es ist kein Hort für Linksradikale, wie es von der rechten Seite gern behauptet wird. Auch das beweist wieder, die einen wollen bei der Jugend kürzen, wir hingegen wollen ein Land, in dem sich junge Menschen wohlfühlen.

Zum Thema Frauen und Gleichstellung: Als Freie Demokraten wollen wir starke Frauen, aber nicht durch staatlichen Zwang, sondern durch gezieltes Fördern. Die Koalition wird auch weiterhin Projekte und Organisationen, die Frauen in Notlagen helfen und Frauen und Mädchen fördern, unterstützen.

Sie haben vorhin gesagt, pseudowissenschaftliche Ideologien. Eine Onlinebefragung der Landesregierung aus dem Jahr 2013 zur Lebenssituation von Mitgliedern der lesbisch-schwulen-bi-transsexuellen-transgenderintersexuellen Community in Rheinland-Pfalz hat ergeben, mehr als die Hälfte der Befragten hat Diskriminierung in der Öffentlichkeit erfahren. Ein Drittel wurde in der Schule diskriminiert und hat sich in der Schulzeit aus Angst vor Ausgrenzung nicht geoutet. Ich sage Ihnen, solange Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Identität diskriminiert werden und junge Menschen Angst haben, dazu zu stehen, wer sie sind, wird jeder sich dafür einsetzen müssen, dass bei uns in Rheinland-Pfalz jeder Mensch ohne Angst vor Ausgrenzung leben kann, und zwar so, wie er ist. Dafür stellen wir auch hier die erforderlichen Mittel zur Verfügung.

(Beifall der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ein Blick in den Haushalt beweist, die Landesregierung wird auch weiter gegen Diskriminierung, Homophobie und Sexismus kämpfen, auch wenn das hier andere manchmal anders sehen. Gleichberechtigung muss durchgesetzt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe Sie auf, haben Sie bei der Festlegung jeglicher Ausgaben im Doppelhaushalt 2017/2018 immer die Familien, die Jugend in diesem Land und die Menschen, die vor Krieg und Verfolgung geflohen und zu uns gekommen sind, im Blick. Sorgen Sie dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger bestmöglich in all ihren Lebensformen unterstützt werden.

(Glocke der Präsidentin)

Unser Credo als Koalition ist, verantwortungsvoll an einem zukunftsfähigen offenen Platz für alle zu arbeiten. Wir wol

len keine Gesellschaft, die nach vorn schaut und im fünften Gang zurückfährt, und keine Angst für Deutschland. Das beweist dieser Haushalt.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, ich habe den Eindruck, es liegt vielleicht an der späten Stunde oder vielleicht auch am Thema, aber wenn man jemandem nachsagt, dass er jemand anderen als Schmarotzer bezeichnet hat, wäre es gut, wenn man die Quelle benennen kann. Ansonsten ist es durchaus parlamentarisch schwierig.

(Beifall bei der AfD)

Ich möchte jetzt Herrn Dr. Bollinger zu einer Kurzintervention das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, vielen Dank für diese Klarstellung. Frau Kollegin Willius-Senzer, bei allen Differenzen in den Ansichten sollten wir bei der Wahrheit bleiben. Sie haben eben gesagt, dass wir häufig von Flüchtlingen als Schmarotzern sprechen würden. Ich möchte mich der Bitte der Frau Präsidentin anschließen, uns auch nur eine Quelle zu nennen, wo wir, die wir hier sitzen, Flüchtlinge als Schmarotzer bezeichnet haben. Ansonsten würde ich es als aufrichtig empfinden, wenn Sie sich bei uns entschuldigen würden.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Köbler das Wort.

(Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, schenkt sich ein Glas Wasser ein – Abg. Martin Haller, SPD: Ja, Daniel, lass dir Zeit! – Abg. Thomas Roth, FDP: Sadist! Entschuldigung, ich nehme es zurück!)

Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich merke schon, der Drang zum Feierabend wird so langsam größer. Ich hoffe, ich mache es ein bisschen kürzer, damit wir dann gleich anstoßen können.

(Heiterkeit bei der SPD)

Zum Thema: Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Huth-Haage, dafür, dass Sie das Ministerium abschaffen wollen, haben Sie sich vorhin doch in

ganz schön vielen Punkten aufgeregt. Ich will Ihnen sagen – unbenommen Ihrer Meinung, wie man eine Landesregierung organisieren kann und welche Themen Ministeriumsrang haben –, ich glaube, wenn man sich die Medien und die Realität anschaut, dass das Thema Integration einen sehr hohen Stellenwert hat. Ich glaube, das ist mittlerweile auch bei Ihnen angekommen und wird nicht mehr bezweifelt.

Es ist aber gar nicht so, dass das in Rheinland-Pfalz erfunden worden ist. Wissen Sie, wer der erste Minister in Deutschland war, der den Titel Integrationsminister trug? Im Jahr 2005 zum Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen wurde Armin Laschet von der CDU ernannt, aktuell Spitzenkandidat im nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf. Also sind Sie offensichtlich der Meinung, dass das Ministerium, das Ihr nordrhein-westfälischer Spitzenkandidat einmal innehatte, eigentlich völlig überflüssig ist.

(Abg. Simone Huth-Haage, CDU: Es ist nicht mehr zeitgemäß!)

Das ist wahrscheinlich Wahlkampfhilfe der besonderen Art für die CDU Nordrhein-Westfalen, die von den Kollegen aus Rheinland-Pfalz kommt.

Lassen Sie mich mit dem Thema beginnen, das mir heute auch deswegen besonders wichtig ist, weil ich heute Morgen ein bisschen den Eindruck hatte, dass es vielleicht einen falschen Zungenschlag bekommt. Das ist das Thema „Frauen“. Ich glaube, es kann nicht sein, wie wir eben gehört haben, zu sagen, rechtlich sind Frauen und Männer gleichgestellt, und jetzt ist irgendwie alles gut. Das kann wohl nicht der Anspruch in einer Zeit wie heute sein, in der Frauen trotz besserer Ausbildung immer noch weniger verdienen, sie trotz Ausbaus der frühkindlichen Bildung immer noch mehr in die Familienarbeit als wir Männer investieren und immer noch häufiger Opfer von Gewalt werden, insbesondere in engen sozialen Beziehungen.

Deswegen will ich noch einmal sagen, dass die Mittel im Bereich der Frauenhäuser und insbesondere der Arbeit mit Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, noch einmal deutlich aufgestockt worden sind und wir am Ende über 1,7 Millionen Euro in diesem Bereich im Einzelplan einstellen. Ich glaube, es gehört auch dazu, dass man deutlich sieht, dass wir diesen Frauen die Unterstützung in Rheinland-Pfalz zukommen lassen und einen ganz deutlichen Schwerpunkt setzen. Das war mir wichtig zu sagen, weil es heute Morgen ein bisschen so klang, ein Telefonat ist nicht wirklich beantwortet worden: SOLWODI, die Frauenhäuser und die Frauenorganisationen machen eine tolle Arbeit in diesem Land.

Ich glaube, es ist gut und richtig, dass die Landesregierung und die Ampelkoalition diese tolle Arbeit für die Frauen in diesem Maße unterstützen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Martin Haller, SPD: So sieht es aus!)

Frau Huth-Haage, ich habe manchmal das Gefühl, Sie fühlen sich verfolgt, oder Sie glauben, dass manche Fami

lien von unserer Politik verfolgt werden. Ich verrate Ihnen etwas, das Ihr Weltbild erschüttern wird. Ich bin ein Mann.

(Heiterkeit im Hause)

Ich bin katholisch. Ich bin verheiratet. Ich habe drei Kinder.

(Staatsminister Roger Lewentz: Und sind bei den Grünen!)

Herr Innenminister hat gesagt, ich bin bei den Grünen, stimmt.

Da passt etwas nicht zusammen. Das ist völlig gegen die Ideologie.

Ich bin verheiratet mit einer Frau.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Drei deutsche Kinder!)

Das steht völlig dem entgegen, wovor Sie Angst haben und welche Politik wir machen müssen.

Wir sind froh, dass wir Kitaplätze für unsere Kinder haben. Wir sind froh, wenn man auch Zeit Zuhause verbringen kann. Wir sind froh, dass wir früher eine Tagesmutter hatten, die sich um unsere Kleine gekümmert hat.

In den Familien ist es nicht so, dass man entweder zu Hause ist, die Kindertagesstätte oder eine Tagesmutter oder Tagesvater nutzt. Die Realität von vielen Familien sieht so aus: Die Eltern versuchen – immer noch häufiger die Mütter, aber auch immer mehr Väter –, Zeit für ihre Kinder zu finden, vielleicht weniger zu arbeiten, vielleicht eine Zeit lang auszusteigen. Gleichzeitig wollen sie einen guten Kindergartenplatz in der Nähe haben, in dem ein gutes Bildungs- und Betreuungsangebot vorhanden ist. Wenn der nicht da ist, an Wochenend- und Randzeiten ist es gut, wenn es Tageseltern in der Nähe gibt, die Kinder aufnehmen, wenn vielleicht die Oma, die Nachbarin, der Freund oder die Freundin nicht verfügbar sind.

Die Realität der Familien und zwischen den Familien ist viel vielfältiger, als Sie es hier nach dem Motto darstellen, wir würden die Familien vernachlässigen, bei denen die Frau zu Hause bleibt und sich in Vollzeit um die Kinder kümmert und bei denen die Kinder mit Schuleintritt das erste Mal das Haus verlassen.