Protokoll der Sitzung vom 24.03.2017

(Anhaltend starker Beifall der CDU und vereinzelt bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende Schweitzer das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr

Kollege Licht, ich möchte gern auf Ihre Rede eingehen, insbesondere auf die inhaltliche Verflechtung zwischen dem Rechnungshofbericht, den wir in dieser Woche zur Kenntnis genommen haben, und der heutigen Befassung in zweiter Lesung mit dem Hahn-Veräußerungsgesetz.

Lassen Sie mich deshalb in aller Klarheit sagen: Niemand, der hier ernst genommen werden möchte, insbesondere hier im Land, kann nach dem vergangenen Sommer und nach der Lektüre dieses Berichts unseres Rechnungshofs bestreiten, dass im ersten, im gescheiterten und gestoppten Verkaufsverfahren, Fehler gemacht wurden.

Innenminister Lewentz hat es von diesem Pult aus deutlich gemacht. Er hat es auch in allen Verfahren und allen Sitzungen der beteiligten Ausschüsse immer wieder klar und deutlich gemacht.

Ich habe das von diesem Pult aus für die Koalitionsfraktionen in aller Deutlichkeit ausgesprochen. Darum war es klar und selbstverständlich – für meine Fraktion, ich denke aber, auch für die Partner der Ampelkoalition –, dass wir den Wunsch unterstützen, auch durch unsere Abstimmung im Landtag, den Rechnungshof zu bitten, diese Vorgänge genau zu prüfen. Das ist so gewesen.

Dieser Bericht liegt nun vor. Wir haben gestern gemeinsam in einer Sitzung des Ältestenrates – das ist kein Geheimnis, darum möchte ich das hier auch in aller Transparenz sagen – beschlossen, dass wir uns in einer weiteren Sitzung des Landtags in der kommenden Woche ausführlich mit diesem Bericht beschäftigen wollen.

Nachdem Sie auf die Punkte eingehen, möchte ich auch schon heute sagen: Natürlich ist dieser Bericht in seiner Deutlichkeit etwas, das man nicht gern zur Kenntnis nimmt, wenn man auch schon im letzten Sommer darauf gehofft und gesetzt hat, dass das erste Verkaufsverfahren erfolgreich sein wird.

Dennoch ist es eine Zusammenfassung und eine sehr prononcierte Darstellung auch vieler Erkenntnisse und Fehleranalysen, die wir schon im letzten Sommer miteinander diskutiert haben.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Aber nicht zugegeben haben!)

Das wollen wir in der nächsten Woche ausführlich diskutieren. Sie werden sicherlich Ihre Vorschläge zum Umgang mit dem Rechnungshofbericht formulieren.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Wir sind sehr gespannt auf die Konsequenzen!)

Ich bin darauf gespannt. Meine Damen und Herren, heute sind wir aber zu einem anderen Tagesordnungspunkt versammelt. Die Dinge hängen miteinander zusammen, das ist völlig klar, das möchte ich überhaupt nicht abstreiten. Aber heute sind wir in der zweiten Lesung eines Gesetzes, was sich natürlich aus den Fehlern des Sommers ergibt, aber was sich noch sehr viel ursprünglicher aus der Tatsache ergibt, das eine SPD-geführte Landesregierung, die die Ampelkoalition führt, die davor die rot-grüne Koalition geführt hat, sich immer dazu bekannt hat, das Ihre dazu beizutragen, dass es unter den Obliegenheiten der

EU-Regulierung eine Zukunft für den Flughafen Hahn und auch eine Zukunft für die Beschäftigten gibt. Meine Damen und Herren, genau das wollen wir mit der Diskussion und dem Beschluss über dieses Gesetz einleiten.

Lieber Herr Licht, nachdem Sie sich erklärt haben, möchte ich auch deutlich machen – das wird Sie nicht überraschen –, meine Fraktion, die SPD-Fraktion, wird diesem Gesetz heute in der zweiten Lesung zustimmen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich haben wir uns als Fraktion und als Parlament, weil wir die Verantwortung in der Beteiligung, dem Beschluss, der Diskussion und Analyse eines Gesetzes haben, eingehend mit dem Gesetz beschäftigt. Es ist zumindest nicht ganz zulässig – Sie haben versucht, sich in höflichen Vokabeln zu ergehen, ich versuche nun, es auch höflich zu formulieren –, zu sagen, dass es gar keinen Unterschied zwischen dem ersten und dem zweiten Verfahren gegeben hat und keinen Unterschied in der Transparenz und der Beteiligung der Abgeordneten zwischen dem ersten und dem zweiten Verfahren.

Natürlich hat es diese gegeben. Natürlich haben wir in den letzten zwölf Monaten im Plenum und darüber hinaus in den Ausschüssen über kaum etwas mehr diskutiert als über dieses Gesetz. Jeder, der heute noch Fragen hat, muss mit beantworten, ob er diese Fragen nicht auch rechtzeitig im Verfahren gestellt hat.

Lieber Herr Licht, dann ist es immer noch möglich, dass man mit den Auskünften nicht einverstanden ist. Aber man kann nicht denen, die in der Ausschussanhörung eingeladen wurden, vorwerfen, dass sie Fragen nicht beantwortet haben, die man vielleicht gar nicht gestellt hat, lieber Herr Licht. Auch das gehört zur ganzen Wahrheit, lieber Herr Kollege.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Christian Baldauf, CDU: Herr Stich hat geschwärzte Unterlagen vorgelegt!)

Wir haben eine umfangreiche Anhörung durchgeführt. Wir haben sie gewissenhaft ausgewertet. Ich sage das übrigens allen Beteiligten im Parlament.

Wir haben heute die Aufgabe, über den Flughafen Hahn und seine zukünftige Entwicklung zu sprechen. Wir haben eine Verantwortung, eine der wesentlichen Bedingungen, womöglich der letzten, zum erfolgreichen Verkauf zu erfüllen.

Was ist denn bisher schon geschehen? Der Vertrag mit der chinesischen HNA Airport Group ist unterzeichnet. Der Kaufpreis liegt sicher auf einem Anderkonto. Das ist keine banale und unwesentliche Vorbedingung.

Die entsprechenden Rückmeldungen des Bundeswirtschaftsministeriums und der Kartellbehörden – der Innenminister hat es ausgeführt – liegen mittlerweile vor. Die Abstimmungen mit der EU-Kommission sind auf der Zielgeraden. Laut Innenministerium gibt es positive Signale.

Herr Licht, ich glaube, wir sind uns einig, was die gemeinsame Wahrnehmung der Bedeutung dieses Flughafens angeht. Dieser Flughafen hat ein großes Potenzial, und er hat eine große Bedeutung für die Menschen in der Region. Auch die Anhörung hat es deutlich gemacht. Es waren Vertreter der Region da. Es war ein Bürgermeister da. Es waren weitere Kommunalpolitiker da. Sie haben deutlich gemacht, egal, was ihr im Landtag beschließt, vergesst nicht, dass wir darauf setzen, dass wir mit einem starken, potenten, seriösen und professionellen Partner in die Zukunft gehen können. – Auch diese Verantwortung haben wir heute, lieber Herr Licht. Auch Sie, meine Damen und Herren von der CDU.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte auch einmal sagen, der Flughafen verfügt über Stärken, die naturgemäß in der Debatte in den Hintergrund gerückt sind, die aber selbstverständlich einen privaten Bieter wie HNA überzeugt haben. Es ist doch nicht so, dass sie sagen, wir wollen irgendeiner politischen Kraft oder der Landesregierung in Rheinland-Pfalz einen Gefallen tun.

Wir haben gesehen, die bekommen das mit dem ersten Verkaufsverfahren nicht hin, jetzt machen wir denen ein schönes Angebot. Dann zu glauben, dass sie kommen und sagen, wir haben überhaupt nicht vor, damit Geld zu verdienen, sondern wir sind altruistisch unterwegs, wir sind sozusagen die chinesische Caritas und bereit, überhaupt kein Geld damit zu verdienen, meine Damen und Herren, lieber Herr Licht, das ist doch auch nicht zulässig.

Natürlich kommen die dorthin, um mit diesem Flughafen wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Wer die Potenziale – ich spreche von der 24-Stunden-Genehmigung, der Start- und Landebahn in ihrer guten Ausstattung – und wer darüber hinaus die Verkehrsanbindung sieht, der sieht auch, was der chinesische Bieter an diesem Flughafen sieht. Gleichwohl haben wir es da nicht mit blauäugigen Menschen zu tun. Herr Goetzmann, den wir als Vertreter der HNA eingeladen haben, hat in diesem Raum deutlich gesagt, der Flughafen ist noch nicht gut aufgestellt, er hat einen monatlichen Verlust von durchschnittlich 1,5 Millionen Euro.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Wer war denn bisher verantwortlich dafür?)

Der Käufer investiert zunächst einmal 15,1 Millionen Euro in ein Unternehmen – ich zitiere Herrn Goetzmann aus der Anhörung –, das von erheblichen Problemen gekennzeichnet ist. Er führt weiter aus, es gibt einen Investitionsrückstau von 70 Millionen Euro, und man hat die klare Absicht – auch das ist hier deutlich gemacht worden –, rund 75 Millionen Euro selbst einzubringen. Hinzu kämen zusätzlich die Verluste, die man in den nächsten Jahren zur Kenntnis nehmen wird, auch als neue private Bieter.

Den regionalen Vertretern in der Anhörung war diese Ehrlichkeit der HNA nicht unangenehm. Es hat sie nicht überrascht. Im Gegenteil. Sie waren fast dankbar dafür, dass auch die Seriosität des Anbieters dadurch gekennzeichnet wird, dass er nicht gesagt hat, im Wolkenkuckucksheim stellen wir uns das ganz einfach vor, sondern dass sie gesagt haben, sie werden am Flughafen Hahn auch noch

durch eine schwere Phase gehen, aber sie versprechen sich etwas davon. Ich denke, das sollte man ernst nehmen und nicht einfach vom Tisch wischen.

Es ging und es geht den Beteiligten in der Ampelregierung immer um die Beschäftigten und damit auch um die Unternehmen, um die wirtschaftliche Kraft und damit auch um die soziale Möglichkeit, die dieser Flughafen ausstrahlt.

Hier noch einmal zu den Investitionen. Ich habe es heute gehört, ich habe es in den vergangenen Tagen und Wochen immer wieder gehört, dass man sozusagen noch etwas dazugäbe, damit man einen Kaufpreis bekommt. Ich möchte mich dieser Diskussion gern stellen und Sie fragen, wo denn Ihre Alternative dazu ist, dass wir als Land mit den öffentlichen Möglichkeiten, die uns die Kommission gibt, die 22,6 Millionen Euro noch hinzugeben.

Wenn Sie Ihr eigenes Argument bis zum Ende bringen und sagen, das Geld darf auf keinen Fall ausgegeben werden, dann sind wir doch ganz schnell bei der Frage, lieber Herr Licht: Sollten wir nicht hier – ist das Ihr Wunsch – über das sofortige Abmelden des Flughafens Hahn vom Markt sprechen? – Nur dann kann die öffentliche Hand sagen, diese 22,6 Millionen Euro werden uns nicht mehr belasten. Wenn wir aber bereit sind, einem privaten Investor den Weg zu geben, damit er eigene Investitionen einbringen kann, dann müssen wir uns auch dazu bekennen, dass sich der Staat, das Land Rheinland-Pfalz, unter den Möglichkeiten der EU-Kommission weiterhin bis zu dem Zeitpunkt, bis es zu dem es juristisch überhaupt noch möglich ist, zu diesem Flughafen bekennt.

Meine Damen und Herren, dieses Bekenntnis werden Sie von meiner Fraktion, von der Ampelkoalition immer hören.

Von Ihnen habe ich es heute nicht gehört, lieber Herr Licht.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist auch nicht so, dass wir zum ersten Mal Erfahrungen mit einem Konversionsprojekt machen, bei dem öffentliche Hand und privater Sektor Hand in Hand zusammenarbeiten.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Das ist wohl wahr!)

Herr Baldauf, dass Sie sagen, es ist wohl wahr, da möchte ich Ihnen schon sagen, ich habe in einem Konversionsprojekt mit CDU-Kommunalpolitikern sehr, sehr gut zusammengearbeitet.

Ich weiß, dass viele Sozialdemokraten, Verantwortungsträger in der Regierung, Abgeordnete, Kommunalpolitiker mit den CDU-Verantwortungsträgern vor Ort bei den Konversionsprojekten gut und erfolgreich zusammengearbeitet haben. Ich will gar nicht bestreiten, dass gerade die Zusammenarbeit zwischen den beiden großen Fraktionen und den beiden großen Parteien auf der kommunalen Ebene erfolgreich war. Genau das führt dazu, dass Sie sich doch auch kritischen Fragen aus Ihrer eigenen kommunalen Landschaft stellen müssen. Zum Teil haben die heute, vielleicht nicht heute, aber in der letzten Ausschusssitzung, als wir diese Anhörung hatten, auch schon zu einem Zu

sammenstoß zwischen Mitgliedern der Fraktion der CDU und den CDU-Kommunalpolitikern geführt.

Ich stelle fest, wir haben heute über den Verkauf des 82,5 %igen Anteils des Landes Rheinland-Pfalz an der FFHG zu entscheiden.

Sie, meine Damen und Herren, haben Kritik geäußert, zum Teil berechtigte Kritik. Auch vor dem Hintergrund des Rechnungshofberichts kann man sie nicht vom Tisch wischen. Aber heute haben wir darüber zu entscheiden, machen wir den Weg frei.

Sie haben die Frage gestellt, wie es in dem neuen Verkaufsverfahren zwischen HNA und ADC war. Sie haben heute die Frage gestellt, als sei sie noch unbeantwortet.

Ich möchte gern unserer gemeinsamen Erinnerung auf die Sprünge helfen, indem ich darauf verweise, dass die beiden Bieter als Konsortium aufgetreten sind. Von Anfang an war geplant, dass eine Projektgesellschaft zu gründen ist. Die Sicherheitszahlung wurde angefordert. Auch das ist ein wesentlicher Aspekt, der vor dem Hintergrund der Erfahrungen des letzten Verkaufsverfahrens neu implementiert wurde. Sie wurde von der ADC-Seite überwiesen.

Die Schwerpunktverlagerung auf HNA, also auf diesen starken chinesischen Bieter, wurde während des Verkaufsverfahrens vorgenommen.

Diese Frage hat auch bei der Anhörung eine Rolle gespielt. Ich zitiere Herrn Professor van der Hout, der hier Stellung genommen hat. Ich zitiere ihn wörtlich: „Wenn Sie der private Verkäufer sind“ – und Sie wissen, dass wir uns in diesem Verfahren bewegen müssen, als seien wir ein privater Verkäufer, wenn Sie der private Verkäufer sind – ich zitiere weiter –, „Sie zwei in einem Konsortium haben und der große, potente Bieter am Ende Ihr Käufer wird, dann werden Sie als privater Verkäufer doch über diese Entwicklung glücklich sein und sich nicht darüber beschweren.“