Protokoll der Sitzung vom 04.05.2017

Diese Woche ist die Aktuelle Debatte halt die Bargeldgeschichte.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Landwirtschaft! So ist es!)

Okay, Landwirtschaft ist für uns in Rheinland-Pfalz ein sehr, sehr wichtiges Thema.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie können offensichtlich nichts anderes!)

Wir konnten heute verfolgen, dass bei Ihrer Fraktion nur Überschriften stehen, aber keine Inhalte mit Landwirtschaft und Weinbau verbunden werden.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine sehr geehrte Damen und Herren, ich danke der Frau Kollegin Dr. Köbberling, aber auch dem Herrn Kollegen Schreiner für ihre Ausführungen. Bargeld steht auch für uns für Freiheit und für eine Gesellschaft, die mit Bargeld auch ihre Freiheit ausdrückt und den Zahlungsverkehr damit sichert. Wir möchten als FDP-Fraktion gerade diese Bargeldfreiheit erhalten. Wir möchten auch – das hat die Kollegin richtig erwähnt – eine EU-weite Regelung, was den Bargeldverkehr anbelangt. Wichtig ist natürlich, die Kriminalität steht da im Vordergrund und muss bekämpft werden.

Wir haben bei der Schwarzarbeit bzw. beim Schwarzgeld Probleme. Darüber müssen wir reden. Wie gesagt, die Überschrift muss aber sein: Eine EU-weite Regelung. – Wir können nämlich feststellen, dass es EU-weit schon europäische Länder gibt, wie zum Beispiel Frankreich und Italien, die Bargeldobergrenzen haben, aber im Prinzip noch nicht die Erfolge verzeichnen können, weshalb sie dort eingeführt worden sind. Wir von der FDP-Fraktion müssen den Sicherheitsaspekt und die Datengrundlage bei dem elektronischen Zahlungsverkehr beachten. Auch darüber müssen wir reden, weil auch beim elektronischen Zahlungsverkehr mit Kreditkarte Missbrauch möglich ist.

Ich möchte nur einen kleinen Hinweis geben. Mein Bruder war mit seiner Tochter jetzt in Neuseeland und Australien unterwegs. Eine Grundaussage, die beide gemacht haben, ist: Wenn sie dort mit Bargeld bezahlen wollten, wurden sie im Prinzip schief angeschaut. – Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass wir hier in Europa, in Deutschland, gerade eine ganz andere Verbindung zu unserem Bargeld haben, weil Bargeld Vertrauen schafft.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Leitkultur!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Vorredner haben viele Dinge erwähnt, die deckungsgleich mit der FDP-Position sind. Ich möchte zum Abschluss der AfDFraktion noch einmal den Hinweis geben: Vielleicht aktualisieren Sie Ihre Karten an der Pinnwand, damit wir auch über Themen sprechen können, die wir nicht schon die letzten Monate hier im Landtag bearbeitet haben.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Keine Belehrung!)

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für dieFraktionBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Kollege Köbler.

(Der Redner schenkt sich ein Glas Wasser ein – Abg. Gerd Schreiner,CDU: Vor der Rede muss er noch etwas trinken! – Abg. Uwe Junge, AfD: Das kostet nichts! – Abg. Christine Schneider, CDU: Wohl kein Bargeld für ein Wasser dabei!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als gestern die Aktuelle Stunde der AfD-Fraktion reingekommen ist, bin ich erst einmal zum Geldautomaten gerannt, habe erst einmal alles abgehoben, nach Hause gebracht und ins Kopfkissen eingenäht, weil bei den Bürgerinnen und Bürgern der Eindruck erweckt werden soll, dass das Bargeld abgeschafft werden soll und sozusagen die Freiheit des individuellen Kaufverhaltens in Deutschland auf dem Spiel stehen würde.

Nein, die Vorredner haben es angedeutet, so ist es nicht. Gleichwohl – das mag Sie vielleicht verwundern – gibt es dazu klare grüne Positionen. Da heißt es vor allem, Datenschutz stärken, Freiheit wahren und Bargeldzahlungen erhalten; denn was mich schon umtreibt – das kennen Sie vielleicht auch –, ist Folgendes: Ich habe heute Morgen wieder eine Mail von Amazon bekommen. Da weiß Amazon jetzt schon, was ich brauche – das habe ich noch gar nicht gewusst –, und direkt, wo ich es mir für wie viel kaufen kann. Das sind alles Tendenzen, mit denen man sich auch kritisch auseinandersetzen muss, was auch Onlineverkehr und Kreditkartennutzung angeht und was vor allem auch Datensammelwut angeht, eben auch von privaten Unternehmen, die unser aller individuelles Kaufverhalten dadurch natürlich noch viel, viel leichter nachvollziehbar machen und uns damit natürlich auch ein Stück weit in unserer Freiheit einschränken und unseren Datenschutz über Bord werfen.

Ich glaube, deswegen ist es in diesem Zusammenhang auch ganz, ganz wichtig, über Datenschutz und Freiheit zu reden. Herr Kollege Schreiner hat zu Recht gesagt, zur Freiheit gehört heute eben auch, überall bezahlen zu können, ob ich gerade Geld dabei habe oder kein Geld dabei habe. Mittlerweile gibt es nicht nur Onlinebanking und Kreditkarte, sondern bezahlen kann man auch per App oder Prepaid-Angebot. Als Mitglied des Verwaltungsrats einer Sparkasse kann ich sagen, dass auch die Banken mittlerweile nicht mehr nur darüber reden, wie die Filialstruktur aussieht oder ob es aufs Sparkonto noch Zinsen geben kann, sondern auch über die Frage, mit welchem Startup arbeiten wir zusammen, um sozusagen die Apps und die Programme der Zukunft anzubieten, um diese Freiheit gewährleisten zu können. Das heißt, es soll sozusagen jedem sich selbst überlassen werden, wie er in welcher Situation zahlen möchte.

Es ist schon gesagt worden, dass die Begrenzung des Bargeldes bisher nicht einwandfrei gezeigt hat, dass es zum Rückgang von Kriminalität und Terrorismus kommt.

Italien hat die Grenze auf 3.000 Euro festgesetzt. Es hat die Probleme der Organisierten Kriminalität damit nicht wirklich in den Griff bekommen. Frankreich hat die Grenze von 1.000 Euro, und was in Sachen Terrorismus auch in Frankreich passiert, das haben wir noch alle traurig vor Augen, glaube ich.

Meine Damen und Herren, stattdessen gilt es aber ganz konsequent, die Steuerhinterziehung zu bekämpfen, die Geldwäsche zu bekämpfen, unsere Steuer- und Finanzverwaltung stark auszustatten und auch im internationalen Raum entsprechenden Datenabgleich möglich zu machen, um Steuerhinterziehung und Geldwäsche auch über Grenzen hinweg einzudämmen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kommen. Es hat nicht die AfD gebraucht, um diese Themen aufzugreifen. Die Verbraucherschutzministerkonferenz am 22. April 2016 hat einen Beschluss gefasst, Bargeld als Zahlungsmittel zu erhalten. Deswegen hören Sie von mir ein klares Bekenntnis zum Datenschutz, ein klares Bekenntnis auch zum Bargeld.

(Abg. Dr. Timo Böhme, AfD: Ich denke, das ist im Kopfkissen!)

Ich will damit jetzt nicht die Flasche Gerolsteiner bezahlen, aber ich finde, wenn man sich diesen 50-Euro-Schein anschaut, dann ist da die Unterschrift von Mario Draghi.

(Der Redner hält einen 50-Euro-Schein hoch)

Das mag Ihnen jetzt nicht so gefallen, aber wenn man ihn jetzt gegen das Licht hält, dann sieht man die mythologische Europa. Auf der Rückseite ist Europa abgebildet, und nicht nur die Europäische Union. Ich finde, das Bezahlen mit Euro ist auch ein tägliches Bekenntnis der Menschen zu Europa. Ich bin der AfD-Fraktion dankbar, dieses Bekenntnis hier für Europa ablegen zu dürfen.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP und bei der CDU – Abg. Julia Klöckner, CDU: Das war gut!)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Ahnen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Das Allermeiste ist gesagt. Deswegen kann ich mich auf einige wenige Bemerkungen beschränken. Es ist gesagt worden, Bargeld ist das einzige gesetzliche Zahlungsmittel in Deutschland. Das ist auch in den Ländern der europäischen Währungsunion so. Deswegen sind Barzahlungen ein wichtiger Bestandteil des Wirtschaftslebens. Das wird auch so bleiben. Ich will gern noch einmal den Gedanken von Herrn Köbler aufgreifen, weil er mir in Richtung AfD besonders betonenswert erscheint. Mein Gefühl ist eben auch, dass der Euro mit das deutlichste Zeichen für die europäische Integration ist.

Ich finde, das ist etwas sehr, sehr Positives.

(Zuruf von der AfD)

Deswegen habe ich an dieser Stelle ein sehr gutes Verhältnis zum Bargeld. Das Bargeld ist letztlich auch etwas, was das Vertrauen des Bürgers in seine Währung stärkt.

Bargeld ist ein wichtiges Transaktions- und Wertaufbewahrungsmittel. Es hat viele Vorteile. Darauf ist hingewiesen worden. Es ist ein sicheres Zahlungsmittel. Es ist ein einfaches Zahlungsmittel. Es hat so gut wie keine Zugangshürden. Es ist – auch darauf ist hingewiesen worden – ein Stück weit aktiv Daten- und Verbraucherschutz zu leben, wenn man nicht will, dass bestimmte Dinge nachvollziehbar sind. Es hat auch einen symbolischen und emotionalen Wert für den Menschen. Ich glaube, das darf man nicht unterschätzen.

Gleichwohl plädiere ich in dieser Debatte dafür, nüchtern und sachlich auf die Situation zu schauen. Da werden Sie feststellen – die Bundesbank hat Zahlen dazu veröffentlicht –, bis Ende 2016 waren Banknoten von gut 1.130 Milliarden Euro in Umlauf, fast die Hälfte davon, 600 Milliarden Euro, sind von der Bundesbank emittiert worden. Die Bundesbank schätzt, dass davon 70 % ins Ausland fließen und 30 % in Deutschland verwendet werden, von diesen 30 % der größere Teil eher als Barreserve gehalten wird und nur etwa 10 % des emittierten Bargelds tatsächlich als Transaktionsmedium genutzt werden.

Der 50-Euro-Schein ist mit einem Anteil von 50 % die meistgenutzte Note, was auch ein bisschen über die Größenordnungen aussagt, die da in der Regel bezahlt werden.

Es ist so, dass die Hälfte der Zahlungsvorgänge mit Bargeld gemacht wird, aber dass natürlich in diesem Bereich die fortschreitende Digitalisierung spürbar ist und es auch weitere Veränderungen beim Zahlungsverhalten geben wird.

Der Anteil der Kartenzahlungen liegt inzwischen bei 30 %. Da sind die neueren Zahlungsmittel noch gar nicht mit eingerechnet. Also, es gibt auch eine Tendenz in Richtung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Deswegen halte ich es zum Beispiel für so wichtig, dass wir das Basiskonto durchsetzen können, weil es mir auch wichtig ist, dass neben dem Zugang zum Bargeld die Bürgerinnen und Bürger auch die Möglichkeit haben, über ein Konto an einem elementaren Bestandteil des Wirtschaftslebens teilzunehmen. Das finde ich eine wichtige Errungenschaft.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gehört zu einer differenzierteren Betrachtung dazu, dass dieser Aspekt, dass das Bargeld ein sicheres Zahlungsmittel ist, leider eben auch von denjenigen genutzt wird, die Bargeld zur Finanzierung von Kriminalität, zur Finanzierung von Terrorismus, aber auch zur Steuerhinterziehung und für Geldwäsche oder andere Bereiche der Schattenwirtschaft nutzen. Deswegen gibt es andere Staaten, die sich entschieden haben, Bargeldobergrenzen einzuführen.

Auch in der Bundesrepublik Deutschland hat es diese Debatte gegeben, insbesondere im vergangenen Jahr, als Bundesfinanzminister Schäuble eine Größenordnung von 5.000 Euro in die Diskussion gebracht hat, wohlgemerkt, eine Größenordnung von 5.000 Euro. Deswegen halte ich fest, es geht keinesfalls um die Abschaffung des Bargelds. Das diskutiert kein Mensch außer einigen, die gern den Eindruck erwecken möchten, dass es darum geht.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Es geht auch nicht darum, wie viel Bargeld man besitzen darf. Auch diese Frage steht überhaupt nicht im Raum. Auch dieser Eindruck wird von einigen erweckt, die diesen Eindruck erwecken wollen.

Es geht auch nicht darum, die Bedeutung des Bargelds als Zahlungsmittel im täglichen Leben einzuschränken. Sind wir einmal einen Moment ehrlich, und jeder überlegt sich, wann er ein Bargeldgeschäft in einer Größenordnung von über 5.000 Euro gemacht hat.

(Beifall des Abg. Martin Brandl, CDU)

Es geht allenfalls darum, ob eine Bargeldobergrenze einen wirksamen Beitrag zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus leisten kann. Selbst da sage ich noch, das muss man sehr, sehr, sehr sorgfältig miteinander abwägen. Es gibt auf der europäischen Ebene zurzeit einen Konsultationsprozess zu diesem Thema. Es gibt übrigens im Moment keine nationalen Bestrebungen, eine nationale Lösung einzuführen. Deswegen ist für mich ganz, ganz wichtig, dass – wie bei solchen Fragen immer – sorgfältig abzuwägen ist, ob eine solche Maßnahme überhaupt geeignet ist.

Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit gehe ich noch einen Schritt weiter. Man muss vorher prüfen, ob es andere Maßnahmen gibt, die dasselbe Ziel erreichen können und vielleicht geeigneter sind. Deswegen sage ich an dieser Stelle ganz klar, wir sind uns der Sorgfältigkeit, der Notwendigkeit zu einem sorgfältigen Abwägungsprozess sehr bewusst. Es ist völlig klar, dass das Bargeld erhalten bleibt.

Ich bitte die, die im Moment versuchen, einen anderen Eindruck zu erwecken, auf den Boden der realen Debatte zurückzukommen. Das Thema hat eine gewisse Sachlichkeit verdient.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht Herr Dr. Bollinger.