Protokoll der Sitzung vom 31.05.2017

Ganz unideologisch und direkt aus der Realität gegriffen: Natürlich sind wir früher mit dem letzten Klingeln jubelnd in die Freiheit hinausgerannt, wenn wir es überhaupt bis zum letzten Klingeln durchgehalten haben.

(Heiterkeit bei den Abg. Matthias Joa und Michael Frisch, AfD – Abg. Michael Frisch, AfD: Ja, genau!)

Das ist doch klar.

Ich sage Ihnen aber auch, an den Tagen, an denen es jetzt so heiß war, gab es öfter hitzefrei und früher Schule aus. Die Realität ist die, es hat auch meine Tochter betroffen, viele andere auch, dass die Kinder auf einmal auf der Straße gestanden haben.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Die Eltern waren noch gar nicht zu Hause, weil sie beide arbeiten oder es so organisiert ist. Das ist die Realität in Rheinland-Pfalz. Wir sehen an dem Aufwuchs der Ganztagsschulen, dass das gesellschaftliche Bedürfnis vorhanden ist, nicht mehr nur von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr in die Schule zu gehen, um eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen, mit den besten Bildungschancen, mit allen Kindern, sodass jedes Kind mit individuellen Voraussetzungen die bestmögliche Förderung erhält.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Ja, genau!)

Das sollte eigentlich Konsens sein, jenseits von irgendwelchen ideologischen Diskussionen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD – Abg. Michael Frisch, AfD: Genau das habe ich doch gesagt!)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Dr. Hubig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Frisch, eines vorab: Das Bild, das Sie von der Schule entwerfen, ist eines, bei dem ich förmlich die kleinen Kinder mit kurzen Hosen, Lederranzen und Schiefertafeln in die Schule springen sehe. Das ist ehrlich gesagt kein Bild des letzten, sondern des vorletzten Jahrhunderts.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Irgendwie habe ich Assoziationen zum Biedermeier und nicht zur Gegenwart.

(Beifall der SPD, der FDP und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Frisch, ich glaube, wir zwei sollten nicht über Niveau sprechen. Wenn Sie heute in unsere Schulen gehen – und ich war erst diese Woche in einer in Bad Bergzabern –, werden Sie feststellen, dass Schülerinnen und Schüler sogar freiwillig nach dem Unterricht in der Schule bleiben, sie sich in ihrer und für die Schule engagieren, sie das sehr gern tun und nicht alle nach der sechsten Stunde hinausrennen.

(Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: So ist es!)

Familienfreundlichkeit ist ein Markenzeichen rheinlandpfälzischer Bildungspolitik. Die Bedürfnisse von Familien sind entscheidend für die Entwicklung und den Ausbau von Ganztagsschulangeboten. In Rheinland-Pfalz gilt die Wahlund Entscheidungsfreiheit von Familien. Deshalb haben wir neben der Halbtagsschule auch ganz verschiedene Ganztagsschulformen.

Obwohl es mehr davon gibt, werden im Antrag der CDU aber nur zwei Formen genannt, und zwar die Ganztagsschule in verpflichtender Form und die in Angebotsform. Bildungswissenschaftler und Verbände befürworten diese Form wegen ihrer pädagogischen Qualität. Lernen und Entspannen, kognitives Tun und Freizeitaktivität, Arbeit und Erholung, Bewegung und Ruhe können sehr gut miteinander verzahnt werden. Wegen der guten Erfolge steigt deshalb auch die Zahl der Schulen mit Ganztagsklassen kontinuierlich. Diese Entwicklung unterstützen wir.

Ein Ganztagsschüler hat Präsenzpflicht am Nachmittag. Die Pflicht gilt nicht nur für den Unterricht, sondern für

Projektarbeit, Lern- und Übungsphasen, Förderangebote, Arbeitsgemeinschaften usw. Diese in das ganztägige Konzept eingebundenen Bausteine sind gleichermaßen wichtig. Sie unterstützen Schülerinnen und Schüler in unterschiedlichen Lernsituationen.

Wie Unterrichtsstunden können sie nicht nach Belieben abgewählt werden. Deshalb ist eine unregelmäßige Teilnahme oder eine Teilnahme an einzelnen Tagen nicht sinnvoll; denn auch Angebote, die nicht rhythmisiert sind – damit komme ich noch einmal ausdrücklich auf den Antrag der CDU –, bauen am Nachmittag aufeinander auf und erfordern vor allem aus pädagogischen Gründen eine durchgängige Anwesenheit der Schülerinnen und Schüler.

Diese Ganztagsschulen haben einen klaren Bildungsauftrag, also keinen Betreuungsauftrag, sondern einen Bildungsauftrag, den sie die gesamte Woche über vor- und nachmittags erfüllen.

Andere Regelungen gelten für offene Ganztagsschulen und Betreuende Grundschulen, die im Antrag der CDU überhaupt nicht erwähnt werden. Aber sie gehören auch zum festen Bestandteil unseres Ganztagsschulsystems. Kennzeichen dieser Schulformen ist das Betreuungsangebot, das im Rahmen der Öffnungszeiten und Bedingungen, die jeweils vor Ort festgelegt werden, an bestimmten Tagen stundenweise genutzt werden kann. Da genau gibt es die Flexibilität für die Eltern, die sich entscheiden können, ob sie Montag, Mittwoch oder Freitag oder nur einen Tag in der Woche ihre Kinder dort hinschicken.

Jede Form mit ihren Spezifika hat sich in der Praxis bewährt und verzeichnet steigende Teilnehmerzahlen. Das Land wird den Ausbau von Angeboten in jeder Form fördern, wenn der Bedarf gegeben ist. So sagt es auch der Koalitionsvertrag.

Dies gilt grundsätzlich auch für eine Mischform, etwa von Ganztagsschulen in Angebotsformen und Betreuender Grundschule. Dafür müssen allerdings geeignete Bedingungen an einem Schulstandort bestehen, also vor allem die notwendigen Räumlichkeiten und eine ausreichende Anzahl von Kindern müssen dort sein.

Der Antrag der CDU führt schließlich auch angebliche Konsequenzen für außerschulische Partner auf. Ganztagsschule hielte junge Menschen vom Vereinsleben fern, heißt es dort. Es ist schon sehr viel dazu gesagt worden, dass diese Aussage nicht zutrifft. Das ist auch aus unserer Sicht so.

Die Partner profitieren von den Einsätzen im Ganztag, und es gibt ein Gutachten, eine Studie von Professor Thieme „Ganztag und Sportverein – empirische Befunde aus Rheinland-Pfalz“. Dort werden die Vereine ausdrücklich als Gewinner bezeichnet, wenn sie mit Ganztagsschulen zusammenarbeiten.

Alles andere zu den Vereinen, zu verändertem Mitgliederverhalten und zu den Zahlen ist hier schon gesagt worden. Das möchte ich nicht wiederholen.

Meine Damen und Herren, Rheinland-Pfalz ist d a s Ganztagsschulland. Andere beneiden uns um unser Angebot.

Deshalb sehe ich auch keinen Grund, die Organisation von Ganztagsschulangeboten zu verändern.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ist Ausschussüberweisung gewünscht? – Wer für die Ausschussüberweisung des Antrags – Drucksache 17/3105 – ist, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Damit ist die Ausschussüberweisung mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD abgelehnt.

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU – Abg. Martin Haller, SPD: Wir machen so viel gemeinsam!)

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/3105 –. Wer für den Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD abgelehnt.

Ich rufe Punkt 23 der Tagesordnung auf:

Landesausreisezentrum Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/3112 –

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Für die AfD-Fraktion spricht Herr Kollege Frisch.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht wenige Forderungen in der Asylpolitik, für die man uns als AfD vor Kurzem noch gebrandmarkt hat, sind unter dem Druck der Realität inzwischen offizielle Regierungspolitik geworden. Ohne jede Scham und in oftmals atemberaubendem Tempo hat man in Berlin das, was lange Zeit als fremden-, menschen- oder sonstwie feindlich galt, kurzerhand kopiert und zur eigenen Strategie gemacht.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Von der Willkommensutopie des Sommers 2015 redet die Kanzlerin nicht einmal mehr auf dem Evangelischen Kirchentag.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)

Stattdessen zitiert sie die seit jeher von der AfD vertretenen Position, es sei besser, rechtsstaatlich abgelehnte Bewerber schneller nach Hause zu schicken, als erst im Land zu verteilen und damit wertvolle Ressourcen zu verschwenden.

Dann fügt sie wörtlich hinzu, „Ich weiß, dass ich mich damit nicht beliebt mache“, so, als habe sie immer schon

völlig unabhängig von den Folgen für ihre Person stets nur das Beste für die Bürger gewollt und nicht etwa wegen unschöner Bilder an der Grenze und dem dadurch zu befürchteten Imageverlust unser Land in eine existenzielle Krise gestürzt.

(Beifall der AfD)

Dabei wurden die von der Regierung angekündigten Maßnahmen keineswegs immer konsequent umgesetzt. Zahllose Absichtserklärungen erwiesen sich als rhetorische Nebelkerzen. Nur selten folgten politische Entscheidungen. Immerhin beschloss der Bundestag am 18. Mai ein Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht, um Abschiebungen zu beschleunigen.

In der Debatte erinnerte der Bundesinnenminister daran, dass es hinsichtlich des tatsächlichen Verbleibens einen Unterschied machen müsse, ob ein Asylverfahren mit einem positiven oder einem negativen Ergebnis endet. Eigentlich eine Banalität, und dennoch ist es nicht die Ausnahme, sondern fast schon die Regel, dass Asylbewerber trotz Ablehnung ihres Antrags in Deutschland verbleiben.

Auch für Rheinland-Pfalz ergibt sich aus den Zahlen, die auf zahlreiche Anfragen von der Landesregierung gegeben wurden, dass etwa 80 % jener Einwanderer, die in den Jahren 2014 bis 2016 einen Asylantrag gestellt haben, bis heute nicht ausgereist sind. Dagegen liegt die Anerkennungsquote mit ca. 60 % deutlich niedriger. Zwar rühmt sich Ministerin Spiegel immer wieder für ihre Politik der freiwilligen Rückkehr, und zweifellos ist eine solche wünschenswert, weil für alle Beteiligten angenehmer und weniger aufwendig für unsere Behörden.

Das entscheidende Kriterium aber ist die Effektivität. Hier fehlt es an Kontrollen, die Ausreisen sicherstellen und damit Wiedereinreisen und Drehtüreffekte verhindern. Selbst bei straffälligen Asylbewerbern verschließt man sich der Notwendigkeit einer konsequenten Rückführung. Nach Georgien, das in der Kriminalstatistik besonders stark vertreten ist und dessen Anerkennungsquote gerade einmal 2 % beträgt, wurden 2016 ganze 15 Personen abgeschoben.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Unglaublich!)