Noch etwas haben Sie übersehen. Das wurde auch von meiner Vorrednerin von der SPD schon gesagt. Die Vereine kommen in die Schule. Sie sind Teil des Ganztags, und dies kostenlos. Diesen Punkt möchte ich noch einmal besonders hervorheben: Kostenlos für alle Schülerinnen und Schüler wird ein großes Angebot an Arbeitsgemeinschaften präsentiert. Gerade die verpflichtende Ganztagsschule
eröffnet mit ihrem rhythmisierten Konzept Chancen für Kinder, die über die Schule Förderung in vielen Bereichen erhalten.
Abschließend gilt, Schulen in Rheinland-Pfalz sind gerade auch deshalb familienfreundlich, weil sehr individuell die Schule gefunden werden kann, die für das jeweilige Kind die beste ist. Die Angebotsvielfalt, gekoppelt mit der Wahlfreiheit der Eltern, ist der richtige Weg auch hinsichtlich der Gestaltung des Ganztags.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Zahlen zeigen, und die CDU schreibt es selbst in ihrem Antrag, der Ausbau der Ganztagsschulen in Rheinland-Pfalz ist ein großer Erfolg. Der Ausbau geht immer weiter. Er wird von den Eltern und den Schülerinnen und Schülern hervorragend angenommen. Ich glaube, es ist ganz wichtig, das erst einmal festzuhalten.
Deswegen ist mir auch nicht ganz klar, welches bildungspolitische Problem die CDU eigentlich sieht. Es ist in Ihrer Rede deutlich geworden, dass es hier mitnichten zu bildungspolitischen Herausforderungen kommt, sondern es Ihnen vielmehr um die Klagen geht, die wir natürlich auch hören, vom Landessportbund und anderen ehrenamtlichen Organisationen, die im neuen Kontext bzw. in den Herausforderungen noch Probleme sehen.
Deswegen möchte ich Ihnen auch ein Stück weit als sportpolitischer Sprecher meiner Fraktion antworten. Frau Lerch hat zu Recht gesagt, wir kennen im Prinzip in allen Ländern dieser Welt das Thema der Ganztagsschule und des Ganztagsangebots. Als ich das erste Mal im Schüleraustausch mit 13 oder 14 Jahren in Dijon war, war ich noch topfit und habe Fußball gespielt. Damals wollte ich natürlich Nationalspieler werden.
Wie machen die das denn? Die gehen den ganzen Tag in die Schule. Wie wollen die dann abends noch trainieren und am Wochenende erfolgreich spielen?
Ich konnte mir das damals in den frühen 90er-Jahren gar nicht so richtig vorstellen. Was ist dann mit dieser Generation von Franzosen passiert? Sie sind 1998 Weltmeister geworden und wir nicht.
(Abg. Michael Frisch, AfD: Was wollen Sie uns damit sagen? – Heiterkeit bei dem Abg. Matthias Joa, AfD)
Irgendwie scheint es zu funktionieren, dass sie erfolgreich in den Sportvereinen arbeiten, obwohl sie eine Ganztagsschule haben. Das sage ich auch immer beim Landessportbund: Ihr müsst die Ganztagsschule als eine riesige Chance ansehen.
Die Ganztagsschule ist, wenn sie Kooperationen vor Ort mit den Vereinen und Schulen eingeht, eine riesige Chance,
auch für die Vereine, die natürlich auch unter dem demografischen Wandel leiden, aber eben nicht nur darunter, sondern auch unter einem individuelleren Freizeitverhalten, neuen Medien, Computer usw. Das wissen wir auch alle.
Natürlich ist es tausendmal besser, wenn die Kinder in einen Sportverein oder eine Musikschule gehen, als den ganzen Tag vor der Glotze zu hocken und dann auch noch die falschen Programme zu schauen.
Das ist aber doch eine Chance. Man muss doch in die Schulen gehen, um die Kinder abzuholen. Sie kommen eben nicht mehr unbedingt einfach so in Sportvereine. So muss man das auch begreifen.
Ihr Antrag zielt doch genau in die falsche Richtung, wenn Sie sagen, nur noch tageweise in der Ganztagsschule. Das gibt ein großes Chaos an den Schulen selbst, um die Gruppen einzurichten. Dann kommt der eine heute und der andere morgen und dann wieder übermorgen. Das heißt aber doch noch lange nicht, dass die Kinder dann nicht zu Hause vor der Glotze hocken, wenn überhaupt jemand zu Hause ist, und sie dann auch in die Sportvereine kommen.
Herr Frisch, es tut mir wirklich leid, was Ihnen in Ihrer Schule anscheinend widerfahren ist, ohne Brot und Tageslicht.
Dem sollten Sie wirklich einmal nachgehen. Das hat aber doch nichts mit der Ideologie zu tun. Es ist auch in der Literatur gezeigt worden, dass der Ausbau der Ganztagsschule eine unheimlich große Plattform für gesellschaftliche Gruppen ist, dort anzudocken und junge Menschen zu motivieren, in Vereine zu gehen, außerschulische Bildung wahrzunehmen, ehrenamtliches Engagement zu leisten, Sport zu treiben, zu musizieren und vieles mehr. Man muss es vor Ort nur gemeinsam und im Dialog passgenau umsetzen.
Lassen Sie mich mit einer Zahl enden. Man muss es neidlos anerkennen. Das Ganztagsschulprogramm in Rheinland-Pfalz hat im Jahr 2001 begonnen, damals noch mit einer rot-gelben Koalition, und ist sehr erfolgreich über verschiedene Regierungsbeteiligungen fortgesetzt
und ausgebaut worden. Im Jahr davor, im Jahr 2000, haben wir in Rheinland-Pfalz 6.184 Sportvereine gezählt. Im Jahr 2016 zählten wir 6.212 Sportvereine.
Die Ganztagsschule hat also mitnichten zum Niedergang der rheinland-pfälzischen Vereinslandschaft oder des ehrenamtlichen Engagements geführt, ganz im Gegenteil. Nirgendwo sonst in Deutschland sind die Menschen so ehrenamtlich aktiv wie in Rheinland-Pfalz. Ich glaube, dass die Ganztagsschule, wenn sie gut ausgestaltet ist, eine Chance bietet, dies auch in Zukunft zu gewährleisten.
Verehrter Herr Kollege Köbler! Ich weiß nicht, wie lange das bei Ihnen her ist, dass Ihre Erinnerungen an die Schulzeit offensichtlich so verblasst sind. Es ist aber fernab jeder Realität zu glauben, Schüler würden sich freuen, mehr Zeit in der Schule verbringen zu dürfen. Ich halte jede Wette mit Ihnen. Machen Sie einmal eine Umfrage. Fragen Sie einmal ganz normale Schüler, nicht meine, das ist natürlich primitiv, jetzt darauf abzuheben, meine Schüler hätten sich besonders gefreut, aus meinem Unterricht herausgehen zu können. Auf diesem Niveau möchte ich nicht diskutieren, das ist Ihres, aber nicht meines.
Fragen Sie einmal Schüler, ob sie mehr oder weniger Schule haben wollen. Die Antwort brauchen wir nicht zu diskutieren, sie ist völlig klar. Stellen Sie sich einmal an ein Schultor, ob das eine Grundschule oder eine weiterführende Schule ist. Wenn es nach der letzten Stunde klingelt, dann beobachten Sie einmal die Kinder und Jugendlichen, wie sie hinausstürmen und sich freuen, dass sie nun endlich wieder ihre Freiheit wiedergewonnen haben – das ist natürlich hoch gegriffen –
(Abg. Christine Schneider, CDU: Schaffen wir die Schule jetzt ganz ab, oder was? Das wäre die Konsequenz seiner Rede!)
Der Nachmittagssportbetrieb an diesen Ganztagsschulen ist natürlich nur sehr einseitig zu organisieren. Was machen leistungsorientierte Sportvereine, die aus vielen Schulen ihre Spieler zusammenbringen? Das geht dann nicht vor 17:00 Uhr oder 18:00 Uhr. Das schränkt sie natürlich schon ein.
Das heißt, die Kooperation mit den Sportvereinen und Verbänden ist natürlich eine Möglichkeit. Dagegen sagt auch keiner etwas. Sie schränkt aber gleichzeitig das Ganze auf einen bestimmten Bereich ein und lässt andere Möglich
Ein letztes Wort noch, ich verstehe nicht, warum man sich so schwer damit tut, ein kleines Stück Flexibilität und Freiheit mehr zu geben.
Um nichts anderes geht es in diesem Antrag der CDU. Ich behaupte, es ist natürlich organisierbar, wenn man das denn will. Man müsste über den Rahmen reden, in dem man das machen kann. Ich verstehe das Argument, dass Schulen gewisse organisatorische Rahmenbedingungen einhalten müssen. Wenn aber der Wille dazu da ist, ließe sich das machen.
Ich kann das Ganze nur so verstehen, dass Sie von der Ampelkoalition offensichtlich nicht möchten, dass Familien, Eltern und junge Menschen mehr Freiräume bekommen und selbstbestimmt über ihre Freizeit entscheiden können. Das scheint mir keine sachorientierte, sondern eine ideologisch orientierte Entscheidung zu sein.
Ganz unideologisch und direkt aus der Realität gegriffen: Natürlich sind wir früher mit dem letzten Klingeln jubelnd in die Freiheit hinausgerannt, wenn wir es überhaupt bis zum letzten Klingeln durchgehalten haben.