Protokoll der Sitzung vom 21.06.2017

Meine Damen und Herren, vieles, wofür Helmut Kohl stand und eintrat, konnte und kann man als Sozialdemokrat nicht teilen. Er war durch und durch ein Konservativer.

Frau Klöckner, viele Mitglieder Ihrer Partei und womöglich Sie selbst sind Teil einer Generation in der CDU, der durch Helmut Kohl politisiert wurde und die Aufforderung empfunden hat, sich politisch zu engagieren. Ich lese das in diesen Tagen sehr intensiv.

Zur Wahrheit gehört auch, dass es auf der anderen Seite, nämlich auf der Seite der politischen Linken in der Sozialdemokratie in meiner Generation, ganz viele gibt, die sich ebenfalls auf Helmut Kohl berufen, bei ihrer persönlichen und politischen Sozialisation sicherlich aus anderen Gründen, auch in Opposition zu Helmut Kohl. Trotzdem und gerade deswegen komme ich heute wegen der Beschäftigung mit dieser und der Vorbereitung auf diese Rede zu vielen Einschätzungen, die mich selbst überraschen.

Er war ein großer Politiker. Er war ein großer Ministerpräsident. Er war ein reformfreudiger Ministerpräsident. Wer die Schilderungen der Kabinettssitzungen unter dem Ministerpräsidenten Peter Altmeier in Erinnerung hat, nämlich rauchgeschwängerte und spätlesegetriebene Diskussionen, der kann ahnen, dass es einen reformfreudigen Ministerpräsidenten gebraucht hat. Helmut Kohl war ein solcher.

Es war – das ist angesprochen worden – für einen Christdemokraten in dieser Zeit mutig, die Konfessionsschulen zu überwinden. Das war mutig und notwendig. Ich habe in

einer Biografie, die ich vor Jahren über ihn gelesen habe, von ihm den Ausspruch in Erinnerung, dass er damals sagte – es muss auf einem CDU-Landesparteitag gewesen sein –: Die Kirche hat der Politik keine Weisung zu erteilen, und die Politik hat in Richtung der Kirchen keine Weisungen zu geben. – Ich vermute, dass das damals eine mutige Äußerung eines christdemokratischen Ministerpräsidenten war. Er ist vorangeschritten.

Er hatte auch die Courage, den politischen Gegner einzubinden. Vielleicht war es aber auch sein Talent zum Pragmatismus, das ich ebenfalls schon geschildert habe. Bei der Kommunalreform hatte er die SPD eingeladen. Manche sagen, das war eine sehr deutliche Einladung. Die SPD ist der Einladung gefolgt. Ich will deutlich sagen, dass man über die Grenzen zwischen Opposition und Regierung damals Ende der 60er-Jahre und zu Beginn der 70er-Jahre unseres Landes gemeinsam etwas Gutes entwickelt hat.

Meine Damen und Herren, das war damals richtig, und es muss heute nicht falsch sein. Bei schwierigen Projekten ist es damals wie heute wichtig, darüber nachzudenken, wo das Verbindende ist, und nicht darüber nachzudenken, wo wir noch einen I-Punkt finden, der uns unterscheidet.

Zu seiner Kanzlerschaft ist einiges gesagt worden. Ich finde, in der Zurückbetrachtung kann man ihm nicht hoch genug anrechnen, dass er im entscheidenden historischen Moment wusste, Gelegenheiten entschlossen, tatkräftig, zupackend und überzeugend zu nutzen. Wir wissen nicht, wie es ausgegangen wäre. Wir wissen nicht, ob das im Osten zusammengeblieben wäre. Wir wissen nicht, wie es gewesen wäre, wenn im Kreml manche Nervosität aufgetreten wäre, die nicht aufgetreten ist. Wir wissen aber, wie sich die Geschichte entwickelt hat.

Die staatliche Einheit konnte erreicht werden. Wir sind heute froh und halten es manchmal für zu schnell und selbstverständlich, dass wir wieder in einem Land leben können. Ohne Kohl wäre Deutschland ein anderes Land. Das gilt im gleichen Maß auch für Europa; denn er wusste immer, dass die Einheit Deutschlands nur in einem gemeinsamen Europa erreicht werden kann. Umgekehrt ist es ganz genauso.

Ich will, nicht weil ich als Sozialdemokrat denke, ich bin es mir selbst schuldig, sondern weil es die historische Tatsache ist, an der ich nicht vorgehen möchte, deutlich darauf hinweisen, dass sich Helmut Kohl sehr viel stärker, als es damals die tagesaktuelle Debatte deutlich gemacht hat, auch in der Tradition der Entspannung Willy Brandts und Helmut Schmidt befunden hat. Er hat sie fortgesetzt. Er hat sich in diese Kontinuität begeben. Manches verbindet sich mit den Kanzlern, die ich genannt habe.

Brandt mit seinen Erfahrungen des Exils, Helmut Schmidt als Kriegsteilnehmer und Helmut Kohl als Angehöriger der Flakhelfer-Generation – alle hatten die Erfahrung des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs tief in sich. Für alle war es der Impuls zu sagen: Nie wieder Krieg. So etwas darf sich nie wiederholen. –

Egal, auf welcher politischen Seite des demografischen Spektrums wir stehen: Unser ganzes Tun und Streben

muss daran ausgerichtet sein, dafür zu sorgen, dass es nie wieder eine deutsche Generation gibt, die wie selbstverständlich in den Krieg gehen muss. –

Das europäische Projekt prägte ihn zeitlebens. Er hat als junger Mann in der Südpfalz mit anderen jungen europäischen Föderalisten die Grenzpfähle niedergerissen und durchgesägt, wie zum Beispiel in Weissenburg – die Frau Ministerpräsidentin hat darauf hingewiesen – und in Bobenthal – ganz in der Nähe meiner Heimat. Das war eine große Tat.

Etwas mehr als 30 Jahre später sind in Weissenburg die Grenzpfähle wirklich gefallen. Dass man heute wie selbstverständlich über die Grenze fahren, reisen und gehen kann und sich zum Kaffee von „hiwwe und driwwe“, wie wir in der Südpfalz sagen, treffen kann, ist in meiner Generation etwas, was man als selbstverständlich, vielleicht als zu selbstverständlich wahrnimmt. Das sage ich heute als Sozialdemokrat, der in Opposition zu Helmut Kohl politisiert wurde. Das habe ich und das hat meine Generation Helmut Kohl zu verdanken.

Meine Damen und Herren, wenn meine politische Generation, und zwar fast egal auf welcher Seite des Hauses wir stehen, nicht dazu beiträgt, dass die Generation meiner drei Kinder nicht in 20 oder 30 Jahren auch wie selbstverständlich über offene Grenzen in Europa geht, dann hat unsere politische Generation auch vor dem Hintergrund des Erbes von Helmut Kohl und der Seinen versagt. Auch das ist für mich eine Lehre der Betrachtung des Lebenswerks von Helmut Kohl.

Meine Damen und Herren, wir lesen in diesen Tagen viele Würdigungen. Nicht jede Würdigung ist zu einer Verklärung geraten. Das ist richtig. Aber die Würdigung seiner Lebensleistung, der Lebensleistung des großen Pfälzers, Rheinland-Pfälzers, deutschen Bundeskanzlers und Europäers ist aus meiner Sicht unbestreitbar. Darüber kann es keinen Streit und keine Auseinandersetzung geben. Darum füge ich gern an: Auch ich als Vorsitzender der sozialdemokratischen Landtagsfraktion verneige mich vor dem Erbe Helmut Kohls. –

Danke für die Aufmerksamkeit.

Für die Fraktion der AfD hat deren Vorsitzender Junge das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Deutschland und Europa betrauern einen seiner letzten großen Staatsmänner. An dieser Stelle ist Dr. Helmut Kohl unser Respekt und unsere Anerkennung gegenüber seiner Person und seiner Lebensleistung sicher.

Wir gedenken einem Staatsmann, der aus der Mitte der Gesellschaft gekommen ist, einem Rheinland-Pfälzer, einem Ministerpräsidenten und einem Bundeskanzler mit Ecken und Kanten, aber von außergewöhnlichem Format.

Dr. Helmut Kohl, geboren am 30. April 1930 in Ludwigshafen am Rhein, verstarb am 16. Juni dieses Jahres eben auch dort, wo er geboren wurde. Genau das passt zu ihm – das ist nicht jedem vergönnt –, dem erfahrenen und hoch geachteten Weltpolitiker, der seiner Heimat bis zuletzt immer verbunden war.

Er wird auch heute noch von vielen Bürgern für seine Bodenständigkeit, für seine festen christlich-konservativen und patriotischen Überzeugungen, aber auch wegen seiner gelegentlichen Raubeinigkeit und Authentizität, die viele Politiker heutzutage nicht mehr besitzen, hoch geschätzt und verehrt.

Bodenständig, wie er stets war, stand Helmut Kohl für klare Worte, aber auch für klare Kante. Das spürten nicht nur die politischen Gegner, sondern auch bisweilen der eine oder andere Pressevertreter und Parteifreunde ohnehin. Er trug sein Herz und eine ordentliche Portion Saumagen stets auf der Zunge. Der Konflikt zwischen einer derart dominanten Person mit diesem Format mit dem politischen Gegner sowie der gerade ihm gegenüber oft unfairen und teilweise sogar beleidigenden Berichterstattung war geradezu vorprogrammiert. Hier bewies er unter anderem gegenüber dem „SPIEGEL“, dem er zeitlebens kein Interview gab, seine beständige und konsequente Haltung. Wer es sich mit ihm einmal verscherzt hatte, der hatte es schwer, sich wieder Gehör zu verschaffen.

Helmut Kohl ließ sich weder durch linke Demonstranten, Eierwerfer noch Pressevertreter oder gar durch andere Staatsoberhäupter einschüchtern. Während man ihm häufig mit Hohn und Spott entgegentrat, begegnete er seinen Gegnern stets mit distanziertem, aber höflichem Respekt.

Legendär war seine stoische Ruhe, mit der er seine Rede am 10. November 1989, einen Tag nach dem Mauerfall, vor dem Schöneberger Rathaus hielt, während andere ein gellendes Pfeifkonzert veranstalteten. Er war eben ein Staatsmann.

Helmut Kohl war für mich persönlich als junger Wahlkämpfer der Jungen Union und später als CDU-Mitglied stets der glaubwürdige Garant für eine bürgerlich-konservative und patriotische Grundhaltung, der ich mich immer zutiefst verbunden gefühlt habe und die ich bei seiner Nachfolgerin so sehr vermisse.

Bis zuletzt bewies er wahre Völkerverständigung und zeigte wieder einmal politische Größe, als er auch Ministerpräsident Orban empfing, obwohl dieser von der Bundesspitze seiner Partei, den Medien und der Bundesregierung wegen seiner eigenständigen Politik als Persona non grata erklärt wurde. So war er, der Helmut Kohl, stets nur seinen eigenen Überzeugungen verpflichtet, ohne auf den heute alles bestimmenden Mainstream zu starren. Eine echte eigene Meinung und Haltung erwachsen aus Überzeugung und nicht aus Anpassung. Darin war er sich mit seinem großen Widersacher und ebenfalls hoch geachteten Vorgänger Helmut Schmidt sehr ähnlich.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe danach, nach ihm, nie wieder dieses Gefühl des politischen Urvertrauens gehabt. Als es in den 80er-Jahren seitens der damaligen Opposition immer wieder den Vorstoß gab, die

Präambel des Grundgesetzes – Frau Klöckner sprach es an – zu ändern und die DDR völkerrechtlich anzuerkennen, setzte Helmut Kohl weitsichtig seinen Widerstand und seine ganze Kraft dagegen. Als Ministerpräsident, aber insbesondere auch als Kanzler zeigte er, dass Deutschland aus mehr als nur aus Bonn oder Berlin bestand. Er zeigte seinen Staatsgästen mit Vorliebe seine Heimat, die Pfalz, und das für Hauptstadtverhältnisse beschauliche Mainz und natürlich den geliebten Speyerer Dom.

Helmut Kohl war und wird in unseren Geschichtsbüchern als Kanzler der Einheit in fester Erinnerung bleiben, und zwar als der, der die Gunst der Stunde erkannte, die unmenschliche Teilung unseres Volkes in diesem wirklich kurzen historischen Zeitfenster ergriff und die so ersehnte Einheit Deutschlands in Frieden und Freiheit maßgeblich vollenden konnte.

Die Haushaltsdebatte am 28. November 1989 zu nutzen, um in einem 10-Punkte-Plan den Weg zur deutschen Einheit quasi im Alleingang anzustoßen, war schon ein Husarenstück, das jedem Basisdemokraten der heutigen Zeit den Angstschweiß auf die Stirn treiben würde. Aber das zeichnet eben einen großen Mann aus, zum richtigen Zeitpunkt aus Überzeugung entschlossen zu handeln.

Natürlich gehört zum Erfolg auch immer eine Portion Glück oder Fortune. Das ist völlig klar. Auch das hatte er. Ohne die freundschaftlichen Beziehungen zu Gorbatschow, Bush und Mitterrand wäre der große Wurf wohl so nicht gelungen. Damit bewies er auch, dass die friedliche Umsetzung der Deutschen Einheit, aber auch die Zukunft Europas nur durch ein gutes Verhältnis zu Russland und den Vereinigten Staaten möglich war und ist.

Beides scheint in den heutigen Tagen leider infrage gestellt zu sein. Helmut Kohl bewies in seinem Wirken auch, dass deutscher Patriotismus und das Streben nach einem friedlichen Zusammenleben der Völker keinen Gegensatz darstellen muss. Er hat beides überzeugend gelebt und gestaltet.

Als Helmut Kohl an den Tagen des 8. und 9. Dezember 1989 einer Art Tribunal in Straßburg beim EG-Gipfel entgegentrat, schlug ihm offene Ablehnung entgegen. Anstelle die starke D-Mark als strategisches Mittel für die Unabhängigkeit Deutschlands und die neu gewonnene Stärke einzusetzen, gab er auf Drängen Frankreichs die D-Mark auf. Die Einführung des Euro auch für die Länder, die die festgelegten Konvergenzkriterien nicht erfüllten, und die enge Einhegung Deutschlands in einen europäischen Staatenbund, der sich heute immer öfter als Zentralstaat gebärdet, war ein hoher Preis. Hier wich er aus meiner Sicht folgenschwer von seiner sonst so konsequenten Haltung ab.

Die Hoffnungen, die sich mit der Einführung des Euro auf Helmut Kohl verbanden, haben sich nicht erfüllt. Heute ist Europa leider gespaltener, als es damals war. Bei aller Anerkenntnis seiner Lebensleistung muss auch das gesagt werden.

Meine Damen und Herren, dennoch sehe ich Helmut Kohl, wenn ich an ihn denke, immer wieder an diesem 19. Dezember 1989 an der Ruine der Frauenkirche zu Dresden

vor Tausenden von fahnenschwenkenden DDR-Bürgern stehen und diese großartigen Worte sprechen: Mein Ziel bleibt, wenn die geschichtliche Stunde es zulässt, die Einheit unserer Nation. – Das hatte mich tief bewegt. In diesem Moment wusste ich angesichts des unbeschreiblichen Jubels der Deutschen, es wird gelingen. Der Name Helmut Kohl wird immer mit der ersehnten Vollendung der Deutschen Einheit in Frieden und Freiheit verbunden bleiben.

Danke, Helmut Kohl.

Für die FDP-Fraktion spricht deren Vorsitzender Thomas Roth.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dr. Helmut Kohl, dem wir in dieser Stunde gedenken, ist gerade in diesen unruhigen Zeiten ein großes Vorbild für uns alle. Noch vor drei Jahren stellte er gemeinsam mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sein Buch „Aus Sorge um Europa“ vor. Darin befindet sich ein Plädoyer, dass Europa wieder eine Herzensangelegenheit werden müsse. Es braucht Mut für die Zukunft Europas. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede, sagte Kohl schon gesundheitlich schwer angeschlagen.

Natürlich ging es ihm mit diesen Äußerungen um sein großes Vermächtnis, auf das er zu Recht sehr stolz sein konnte; denn Helmut Kohl hatte großen Anteil an einem geeinten Europa. Noch heute ist sein Engagement für eine Währungsunion ein wichtiger Bestandteil der europäischen Zusammenarbeit. Dass das Projekt Europa irgendwann in eine ernst zu nehmende Krise rutschen würde, daran hatte Kohl zu seiner Regierungszeit wohl nie gedacht.

Für ihn war das geeinte und starke Europa stets ohne Alternative. Ihm wäre daran gelegen, dass das Projekt „Europa“ auch weiterhin Bestand hat. Das Gedenken an ihn als große politische Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts muss stets damit verbunden sein, weiterhin für Einigung, Frieden und Freiheit zu kämpfen.

Europa muss eine Herzensangelegenheit für uns alle sein und bleiben, genau wie das für den Verstorbenen zeitlebens auch immer so gewesen ist. Für seine besonderen Verdienste um die Gestaltung, die Zusammenarbeit und die Erweiterung der Europäischen Union wurde Helmut Kohl von den europäischen Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat am 11. Dezember 1998 der Titel „Ehrenbürger Europas“ verliehen, eine Auszeichnung, die bisher nur zwei weiteren Personen zuteil wurde. Namentlich sind dies Jean Monnet, Wegbereiter der europäischen Einigungsbestrebungen und einer der Gründerväter der Europäischen Gemeinschaft, dem als Erster dieser Titel 1976 verliehen wurde, sowie Jacques Delors, der zehn Jahre lang das Amt des Kommissionspräsidenten bekleidet hatte und vor fast genau zwei Jahren diesen besonderen Ehrentitel erhalten hat.

Vor allem aber beweist diese Ehrenbürgerschaft eindrucksvoll, welchen Stellenwert der Name und die Person Helmut

Kohls in Europa genießt. Zeitlebens sorgte sich Helmut Kohl um Einigung, Frieden und Freiheit. Das vom Zweiten Weltkrieg verursachte Leid bekam durch den Tod seines älteren Bruders Walter ein Gesicht und für Helmut Kohl einen sehr persönlichen Bezug. Den Satz „Nie wieder Krieg“ brauchte er nicht zu buchstabieren, sagte er. Dieser sei ein Teil seines Lebens und Wesens geworden, beschrieb Kohl sein Credo.

Auch dies war Antrieb dafür, sich nachhaltig für die deutschfranzösische Freundschaft einzusetzen. Ein Symbol für diese Bemühungen ist in einem der wohl bekanntesten Bilder festgehalten, als der damalige Bundeskanzler auf Versöhnung abzielend Hand in Hand mit dem französischen Staatspräsidenten François Mitterrand in Verdun den Gefallenen des Ersten Weltkriegs gedachte.

Auch zu US-Präsident George Bush suchte Kohl diesen Kontakt und ließ damit die Freundschaft zu den beiden wichtigsten Partnern reifen. Auf dieser Grundlage waren vertrauensvolle Verhandlungen möglich, die beispielsweise die Zwei-plus-Vier-Verträge nach sich zogen. Sie besiegelten das Ende der Nachkriegszeit, hoben besatzungsrechtliche Beschränkungen in Deutschland auf und waren ein maßgeblicher Beitrag zur Friedensordnung in Europa und auf diplomatischem Terrain.

Untrennbar davon ist die deutsche Wiedervereinigung, der wohl größte Erfolg Helmut Kohls in seiner Zeit als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Gemeinsam mit Hans-Dietrich Genscher bewies Helmut Kohl zeitlebens diplomatisches Geschick und überwand so die Zeit des „Kalten Krieges“.

In der Presse vergangener Tage ist von einer Zeit der Ausnahme zu lesen. Die Berliner Mauer fällt. Die DDR und die Sowjetunion finden ihren Niedergang. Die Wiedervereinigung wird Realität. All das passiert friedlich. Kohl schaffte es, in äußerst aufgeregten und nervösen Zeiten, als alle Augen auf die Bundesrepublik Deutschland gerichtet waren, die Ruhe zu behalten und pragmatisch zu regieren, um mit wiedergewonnener Stärke nicht über das Ziel hinauszuschießen und damit Einigungsprozesse zu gefährden.