Protokoll der Sitzung vom 24.08.2017

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste! Sehr geehrte Frau Kollegin, wissen Sie, wovon sie bei der Digitalisierung der Landwirtschaft reden?

(Zurufe von der CDU: Nein!)

Ich behaupte, außer einem Einzigen – das ist Herr Weber – ist keiner von Ihnen in der Lage, einen digitalen Traktor zu fahren.

(Vereinzelt Heiterkeit und Zurufe im Hause)

Sie wissen überhaupt nicht, was alles schon an Digitalisierung in der Praxis eingezogen ist. Die einzige entscheidende Frage, die Sie angesprochen haben, ist, wem welche Daten gehören. Wenn ich Ihren Antrag lese, so wollen Sie an die Daten der Bauern, aber aus unterschiedlichen Gründen. Frau Blatzheim-Roegler möchte an die Daten der Bauern, damit sie weiß, wie viel Pflanzenschutzmittel wo eingesetzt worden ist.

(Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bei jedem Einzelnen!)

Sie haben bei Ihrer Rede den Eindruck vermittelt, dass durch die Digitalisierung weniger Pflanzenschutzmittel bis zu gar keinem Pflanzenschutzmittel eingesetzt wird.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja!)

Aber es werden noch Pflanzenschutzmittel eingesetzt.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber weniger! Weniger stimmt doch aber!)

Herr Braun, auch Sie haben davon weniger Kenntnis. Das liegt im Namen. Wir schützen die Pflanzen. Das ist die Arbeit der Bauern, die Pflanzen zu schützen, damit Sie etwas zu essen haben und damit die Aktion „RheinlandPfalz isst gut“ auch funktioniert.

(Beifall der CDU)

Insofern glauben Sie doch nicht, dass die Landwirtschaft nicht weit vorne in der Digitalisierung ist. Die entscheidende Frage ist doch nicht, wo jetzt welche Drohne fliegt. Sie fliegt doch längst. Die Rechtsfrage ist: Darf Sie fliegen? – Das ist die Frage, nicht die Frage, ob sie das können. Glauben Sie mir, die können das. Wir sind dazu in der Lage.

(Abg. Arnold Schmitt, CDU: Schon längst!)

Die Rechtsfrage ist zu klären. Wie hoch darf sie fliegen? Wie lang darf sie fliegen? Wie breit darf sie fliegen? – Das sind die Fragen, die bei der Digitalisierung eine Rolle spielen, aber nicht die Frage, ob wir die Bauern digitalisiert bekommen.

(Heiterkeit der Abg. Christine Schneider, CDU)

Das ist doch abenteuerlich. Deshalb habe ich mich hier gemeldet. Das geht doch überhaupt nicht, hier den Eindruck zu vermitteln, als hätten wir noch die Technik von dem Landwirtschaftsbild der Grünen

(Beifall bei der CDU)

nach dem Motto: drei Schweine, sieben Kühe, vier Hühner, und wir machen uns gegenseitig satt. So funktioniert doch die Landwirtschaft nicht.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das ist quasi Billen 2.0!)

Sie müssen einmal zum Herrn Weber in den Betrieb gehen, sich auf den Traktor setzen und versuchen, Gülle zu fahren. Sie bekommen das gar nicht hin.

(Zuruf des Abg. Arnold Schmitt, CDU)

Sie auch nicht, Herr Schmitt, ganz nebenbei bemerkt. Das kriegen Sie beide nicht hin. Es ist Zeit, dass wir hier einmal die Praxis vermitteln, was läuft und was noch fehlt. Fehlen tun die Rechtsbedingungen.

(Abg. Martin Haller, SPD: Dann lade uns doch mal ein!)

Es fehlt die entscheidende Frage, welche Daten wem gehören.

Ich sage Ihnen, die Betriebsdaten gehören uns.

(Glocke des Präsidenten)

Aber wir sind schon so digitalisiert worden, dass sämtliche Zuschüsse schon im digitalen Netz waren, die jeder Betrieb bekommt. Also insofern meine Bitte, ein bisschen mehr realistisch mit dem umgehen, was in der Praxis läuft.

(Beifall der CDU und der AfD)

Es besteht Gelegenheit zur Erwiderung, und ich erteile Frau Abgeordneter Blatzheim-Roegler das Wort.

Herr Präsident, vielen Dank. Das, was uns der sehr geschätzte Kollege Billen sagen wollte, hat sich mir nicht ganz erschlossen.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Das muss aber nicht unbedingt am Sender liegen!)

Es kann aber auch sein, dass er nur noch einmal wieder sein altes überkommenes Bild von dem, wie er sich Grüne in der Landwirtschaft vorstellt – keine Ahnung –, hier noch einmal zum Besten geben wollte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Zuruf des Abg. Michael Billen, CDU)

Bleiben Sie bei Ihrem Bild. Das ist ähnlich überkommen wie manches Familienbild, das ich heute auch noch gehört habe.

Wenn wir dann demnächst über Familie und Kinder sprechen, dann dürfen aber auch nur noch diejenigen hier ans Pult, die mindestens vier Kinder bekommen haben, oder wie? Ich wäre dabei!

Zu den Drohnen. Ich habe ganz am Anfang gesagt, wir machen schon Versuche. Ich weiß, dass Frau Höfken in der letzten Legislaturperiode auch schon einen Versuch gestartet hat. Selbstverständlich geht es einmal um den Rechtsrahmen, ja. Natürlich geht es auch darum – das ist im Interesse aller, letztlich ist das auch eine finanzielle Frage –, wie man möglichst zielgenau Pflanzenschutzmittel auf die Reben oder auf andere Produkte bekommt. Darum geht es.

Sie können mir glauben, ich habe ein hohes Interesse, dass bei uns an der Mosel die Leute die richtigen Hilfsmittel an die Hand bekommen, die Winzerinnen und Winzer, damit sie nicht mehr selbst in die Weinberge kraxeln müssen und die Hubschrauberspritzung, die im Übrigen durch

den Drift viel mehr, aber viel ungenauer spritzen kann, nicht mehr nötig ist, dies nicht wegen des Abdriftens, sondern weil es immer wieder tödliche Unfälle damit gab. Das ist ein verdammt gefährlicher Beruf.

Wenn man da mit Drohnen eine Alternative schaffen kann, dann finde ich, müssen wir diesen Weg gehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Nun erteile ich Herrn Staatsminister Wissing für die Landesregierung das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Einsatz digitaler Technologien in der Landwirtschaft bietet das Potenzial, die Ressourceneffizienz zu erhöhen, die Produktion umweltschonender zu gestalten, die Qualität der Produkte zu verbessern, die Produktionskosten zu senken und das Tierwohl zu fördern. Kurzum: Smart Farming bietet Chancen, die wir uns nicht entgehen lassen können.

(Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund übernimmt den Vorsitz)

Die Landesregierung setzt in der laufenden Legislaturperiode speziell für die Wirtschaft auf die Digitalisierung. Davon ist die Landwirtschaft nicht ausgenommen. Als Weinbau- und Landwirtschaftsminister habe ich das Thema im Gegenteil zur Chefsache gemacht. Technisch führende Landwirte nutzen bereits heute satellitengestützte sogenannte GPS-Steuerungen. GPS-Lenksysteme und sensorgesteuerte Applikationstechniken sind in den Bereichen Düngung und Pflanzenschutz in Pionierbetrieben heute schon in der Praxis angekommen.

Die aktuelle Situation zeigt jedoch, die Nutzung des Potenzials befindet sich noch in einem frühen Stadium. Gemeinsam mit den Pionieren aus Landwirtschaft und Wirtschaft möchte die Landesregierung der Entwicklung die richtige Richtung und zusätzlichen Schub verleihen. Bei Lohnunternehmen und den landwirtschaftlichen Maschinen- und Betriebshilfsringen ist das Interesse besonders groß. Darüber freuen wir uns. Teile der notwendigen Technik sind hier schon vorhanden; bevorzugte Einsatzbereiche der digitalen Technik sind die Ertragskartierung bei Getreide-, Futter- und Rübenernte, Sä- und Pflanztechnik, das Flottenmanagement bei der Ernte- und Ausbringungslogistik sowie die Vermessung etwa von Saum- und Bandstrukturen im Ackerbau. In der Tierhaltung sind Steuerungssysteme für das Stallklima, die Fütterung sowie Melkroboter besonders zu erwähnen.

Herr Kollege Schmitt, das beantwortet auch Ihre Frage, ob bei Maschinenringen so etwas bei uns schon im Einsatz ist. – Ja, das ist der Fall, und das schreitet mit Unterstützung der Landesregierung rasant voran. Die kos

tenfreie Bereitstellung des SAPOS-Signals zur präzisen digitalen Steuerung der landwirtschaftlichen Maschinen in der Flächenbewirtschaftung haben wir bereits umgesetzt. Ich habe heute schon darüber gesprochen. Dieses zwingend erforderliche Korrektursignal für Präzisionsarbeit stellt Rheinland-Pfalz neuerdings kostenlos zur Verfügung, und wir wollen damit auch ein Signal senden. Damit sind wir für den Praxiseinsatz einen riesigen Schritt weitergekommen. Ich hatte heute schon erwähnt, wir rechnen damit, dass jedes Jahr 100 zusätzliche Betriebe in RheinlandPfalz diese Technik nutzen werden.

Die weitgehend kostenlose Bereitstellung gilt selbstverständlich auch für die Schlagkoordinaten und den Zugang zu Flächen- und Umweltdaten bzw. für wichtige Auswertungen zu Befallsprognosen von Pflanzenkrankheiten. Damit unterscheiden wir uns positiv von anderen Ländern. Aktuell arbeiten wir an einer einfachen Bereitstellung der öffentlichen Daten für die Landwirtschaft. Ein Prototyp, die sogenannte GeoBox, wurde von der Landesverwaltung in Rheinland-Pfalz entwickelt. Sie soll bundesweit zum Standard werden und unseren Betrieben nicht nur auf dem PC, sondern künftig auch auf dem Traktor und in der Erntemaschine zur Verfügung stehen.

Wir sind also – ich möchte das noch einmal betonen – nicht auch ein Bundesland, das sich mit Digitalisierung der Landwirtschaft beschäftigt, sondern wir sind das Bundesland, das sich mit der Digitalisierung der Landwirtschaft vor allem beschäftigt.