Protokoll der Sitzung vom 24.08.2017

(Zuruf des Abg. Zehfuß, CDU)

Allerdings könnte man die Chancen der Digitalisierung in der Landwirtschaft nutzen, selbstverständlich schrittweise von einer Flächen- und Mengensubvention auf eine Technologiesubvention umzustellen, was den Landwirten dann auch mehr eigenen Entscheidungsspielraum zugestehen würde. Wir beobachten also mit Interesse, für welche Konzepte sich die Landesregierung starkmachen wird.

Auf alle Fälle aber wollen Sie mehr Ökolandbau, meine Damen und Herren von Grün und Gelb. Diese Strategie müsste jedoch mit einem Resilienzkonzept unterlegt werden; denn wie sollen die Ökobetriebe überleben, wenn in schlechten Jahren wie in 2016 der Wein und die Feldfrüchte von Schaderregern qualitativ und quantitativ dezimiert werden? Soll dann immer der Steuerzahler die Betriebe retten? Welche Konzepte haben Sie für diese Probleme, Herr Minister und Frau Ministerin?

Herr Minister Wissing, schön ist aber, dass in Ihrem Agrarbericht die regionale Vermarktung in einem letzten Satz unter Kapitel 2.2 zumindest Erwähnung gefunden hat. Das zeigt, welche Bedeutung Sie diesem Aspekt zubilligen. Unsere bäuerlichen Betriebe aber brauchen mehr Wertschöpfung, ansonsten überleben am Ende nur die Großbetriebe, meine Damen und Herren.

Wir als AfD-Fraktion sehen das ein wenig anders. In unserer Mainzer Erklärung haben wir uns vor allem auch für die Stärkung der ländlichen Räume und die regionale Vermarktung starkgemacht, und dabei geht es nicht nur um Bioprodukte. Wir hatten dies vor Kurzem im Agrarausschuss diskutiert: Ja, es gibt sicherlich Projekte für die regionale Vermarktung von Bioprodukten, aber für die konventionelle Vermarktung, finden wir, gibt es immer noch zu wenig. An diesem Punkt wollen wir gern weiterarbeiten.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Weber das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Agrarbericht 2017 zeigt wieder eine negative Entwicklung für die Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz bzw. auch einen kleinen Lichtblick, was die Zukunft anbelangt. Im Vergleich zu der Entwicklung in Deutschland, wo die Einkommen um 2 % auf 26.900 Euro pro Arbeitskraft geschrumpft sind und der Gewinn deutschlandweit minus 4,7 % betragen hat, konnte in Rheinland-Pfalz die Entwicklung anders dargestellt werden, dies aber nur aufgrund der breit aufgestellten Landwirtschafts- und Weinbaupolitik in Rheinland-Pfalz.

Die Gewinne in Rheinland-Pfalz haben sich im Jahr 2016 positiv entwickelt. Die Unternehmensgewinne sind über alle Sparten hinweg um 7 % auf 55.175 Euro gestiegen. Ich werde gleich noch auf die einzelnen Bereiche eingehen, weil es dort große Unterschiede gibt.

Pro Arbeitskraft wurde in Rheinland-Pfalz ein Gewinn von 26.144 Euro erwirtschaftet, bei durchschnittlich 2.300 Arbeitsstunden pro Jahr ist dies ein Stundenlohn von 11 Euro. Wir müssen aber beachten, dass unter den landwirtschaftlichen Betrieben familiengeführte Unternehmen sind. Da mehrere Personen zu dem Ergebnis beitragen, muss das Ergebnis pro Unternehmen auch auf mehrere Personen umgerechnet werden.

Heute ist schon erwähnt worden, dass die durchschnittlichen Zuschüsse bzw. Zahlungen von der EU über 30.000 Euro pro Jahr betragen. Somit stellt man fest, dass die Gewinne noch unter dem Betrag liegen, der von der EU den landwirtschaftlichen Betrieben zur Verfügung gestellt wird, und dementsprechend – bereinigt nach den Zahlungen aus der Ersten und der Zweiten Säule – ein negatives Ergebnis über alle Bereiche hinweg vorhanden ist.

Wenn man sich die einzelnen Bereiche genauer anschaut, ist beim Ackerbau eine positive Entwicklung zu verzeichnen. Trotz steigender Erntemengen weltweit konnten die Ergebnisse 2016 gesteigert werden. Aber einen der dramatischsten Einbrüche aller Zeiten hat die Milchwirtschaft zu verzeichnen, wo durchschnittlich ein Betriebsergebnis von knapp 33.000 Euro pro Betrieb erwirtschaftet wurde, wohingegen nur ein durchschnittlicher Milchpreis von 26 Cent im Jahr 2016 erzielt werden konnte. Dies sind katastrophale Zustände im Jahr 2016 im Milchbereich, die – auch das wurde angesprochen – eine negative Eigenkapitalbildung bei den landwirtschaftlichen Betrieben zur Folge hatten. Gerade im Milchbereich sind Investitionen ausgeblieben, bzw. die Betriebe stehen vor großen Herausforderungen.

Auch der Milchkuhbestand in Rheinland-Pfalz nimmt stetig ab. Aktuell liegen wir bei 113.000 Milchkühen und einem Anteil deutschlandweit von nur 2,7 % der Milchproduktion. Beim Schlachtschweinemarkt bzw. bei der Schweineproduktion – wir reden in Rheinland-Pfalz von keinen 800 Schweineproduzenten mehr – haben wir einen Gewinnrückgang von 4 % zu verzeichnen.

Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, bzw. welche Herausforderungen für Landwirtschaft und Weinbau liegen in Rheinland-Pfalz an? – Heute schon mehrmals angesprochen wurden zum einen die Digitalisierung und die Freischaltung. Herr Innenminister Lewentz war eben nicht anwesend, aber ich möchte es an dieser Stelle trotzdem noch einmal wiederholen: Rheinland-Pfalz ist eines der Bundesländer, die kostenfrei das Signal bereitgestellt haben. Diese digitale Technologie wird die Landwirte technisch weiterbringen und Kosten einsparen, wir haben heute schon darüber diskutiert.

Aber auch die Förderung der regionalen Vermarktung ist wichtig. Wir haben heute über die Eier gesprochen und die Schwierigkeiten, die sich daraus in den letzten Wochen ergeben haben. Der Trend muss mehr hin zur regionalen Vermarktung gehen, um dem einen oder anderen Landwirt auf der Einnahmenseite Verbesserungsmöglichkeiten zu bringen.

Ich möchte des Weiteren ein Thema ansprechen, das mich persönlich ein bisschen nachdenklich macht. In RheinlandPfalz befinden sich zwei der größten europäischen Molkereien, und als Landwirt – wenn auch nicht als Milch

kuhhalter, sondern als Schweinehalter – und auch als Landtagsabgeordneter stimmt es mich schon ein wenig nachdenklich, wenn eine dieser größten europäischen Molkereien beschlossen hat, eine neue Produktionsstätte nicht in Rheinland-Pfalz zu bauen, sondern in einem anderen Bundesland.

(Glocke der Präsidentin)

Ich muss schon sagen, dies kann für Rheinland-Pfalz nicht gut sein. Aber diese Entscheidung ist von der Molkerei getroffen worden.

Frau Präsidentin, Sie haben bereits geläutet, aber ich möchte noch eine Sache erwähnen, die als Maßnahme mit dazu beiträgt. Dies sind die Veränderungen im Agrarentwicklungsprogramm EULLE, über die wir heute Morgen auch schon in der Fragestunde diskutiert haben. Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen, die wir auch annehmen. Ich hoffe, dass wir alle im rheinlandpfälzischen Landtag die Landwirtschaft und den Weinbau darin unterstützen, dass sie unser Land Rheinland-Pfalz so lebenswert und auch für den Tourismus und für alle Menschen schön und attraktiv macht, die uns besuchen und in Rheinland-Pfalz leben.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht nun Frau Kollegin Blatzheim-Roegler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Rheinland-Pfalz ist – und ich finde, das ist auch gut so – in weiten Teilen immer noch das Land der Reben und Rüben. Die Rotoren sind dazugekommen – auch das finde ich gut –, und wir sollten stolz auf dieses Land sein. Darin kann ich meinem Vorredner nur zustimmen.

Das, was unsere Landwirtinnen und Landwirte leisten, ist im Grunde nicht hoch genug einzuschätzen. Die Landwirtschaft stellt einen der ältesten Wirtschaftsbereiche der Menschen dar. Landwirte schaffen im wahrsten Sinne des Wortes unser tägliches Brot, geben uns Gemüse, Eier, Milch und Fleisch und darüber hinaus auch den – ich nehme an, von uns fast allen hochgeschätzten – Reben- und Gerstensaft.

Ich finde es wichtig, noch einmal zu betonen, dass wir in Rheinland-Pfalz Gott sei Dank eine bäuerliche Landwirtschaft haben und eben keine Massenbetriebe wie in anderen Bundesländern.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Es ist schön, dass Sie das auch einmal erkannt haben! Das war in der letzten Legislaturperiode noch ganz anders!)

Die bäuerliche Landwirtschaft ist für Rheinland-Pfalz nicht nur ein wichtiger wirtschaftlicher, sondern auch ein kultureller Faktor. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten einen treffenden Passus dazu aus dem heutigen Agrarbericht auf Seite 38.

„Die Agrarwirtschaft ist eine bedeutende multifunktionale Branche, da sie nicht nur für die Ernährung wesentliche Verantwortung trägt, sondern auch wichtige Aufgaben in der Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, der Kulturlandschaften und der Bewältigung der Klimawandelfolgen wahrnimmt.“

Das ist eigentlich eine absolute Kernaussage, die dieser Agrarbericht trifft.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass auch aus dem Bericht hervorgeht, dass sich die rheinland-pfälzische Landesregierung eindeutig für eine leistungsfähige, gentechnikfreie und umweltverträgliche Landwirtschaft starkmacht. Dies finden Sie auf Seite 42.

Der vorliegende Bericht gibt auf rund 72 Seiten einen umfassenden Überblick über die Situation der Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz. Viele Zahlen haben meine Vorredner schon genannt, darauf werde ich jetzt nicht noch einmal eingehen. Aber man kann schon daraus lesen, dass immer weniger Betriebe immer größere Flächen bewirtschaften und die Einkommenssituation in der gesamten Landwirtschaft nicht immer befriedigend ist – dies hatte auch Herr Weber in seiner Rede herausgearbeitet – bzw. auch sehr diversifiziert ist.

Dies ist natürlich auch dem Umstand geschuldet, dass dieser Berufszweig und die Einkommen, die damit generiert werden können, starken Schwankungen unterliegen, nämlich zum einen abhängig von den internationalen Agrarmärkten und dem Klimawandel und zum anderen aber auch von anderen Faktoren, die eben nicht so berechenbar sind. Sie erinnern sich vielleicht noch daran, wie wir im April, im Frühjahr, über die schweren Frostschäden gesprochen haben, ein Phänomen, das insbesondere die Obstbaubetriebe in Rheinhessen getroffen hat. Auch so etwas war in diesem Jahr nicht vorher berechenbar. Dies sind Faktoren, die eine Berufsgruppe so hart treffen wie kaum eine andere Berufsgruppe. Das muss man auch einmal ganz deutlich sagen. Aber insgesamt konnten bei der Einkommensentwicklung in Rheinland-Pfalz – auch entgegen dem erwarteten Trend – sogar geringe Zuwächse erreicht werden. Das wird auf Seite 2 des Berichts auch direkt erwähnt.

Ich möchte an dieser Stelle auch hervor heben, dass Rheinland-Pfalz eines der drei Bundesländer ist, in denen sich die Einkommenssituation der Landwirtschaft tatsächlich im Schnitt in den letzten zwei Jahren, von 2014 auf 2015 und von 2015 auf 2016, um 7 % positiv entwickelt hat; aber wie ich soeben gesagt habe, bei dem einen läuft’s, bei dem anderen läuft’s eben nicht so gut.

Was man aber schon feststellen muss, ist, die ökologische Landwirtschaft läuft nicht, sie rennt.

Die ökologisch bewirtschafteten Flächen sind gestiegen, sowohl in der Landwirtschaft, also im Gemüse- und sonsti

gen Anbau, als auch bei den Ökorebflächen. Wir sind dort tatsächlich bundesweit Spitzenreiter. Das ist ein Rekord. Auch die Zunahme der landwirtschaftlich genutzten Bioflächen ist in den letzten Jahren rekordmäßig gestiegen.

Auch die Einkommenssituation ist bei den ökologisch wirtschaftenden Betrieben insgesamt sehr viel positiver. Das muss man deutlich sagen.

(Zuruf des Abg. Johannes Zehfuß, CDU)

Was für mich aber eine überraschende Zahl war, die wir im Ausschuss gehört haben, ist,

(Glocke der Präsidentin)

dass der Bedarf an Bio- und Ökoprodukten in Deutschland, das gilt auch für Rheinland-Pfalz, tatsächlich bis jetzt nur zu 25 % aus eigenem Anbau gedeckt werden kann. Deswegen glaube ich ganz fest, dass auch die Ökolandwirtschaft weiterhin ein Wachstumszweig ist, den wir in Rheinland-Pfalz als solchen annehmen sollten.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Wissing.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die wirtschaftliche Lage der rheinland-pfälzischen Landwirtschaft blieb auch in dem im Agrarbericht 2017 betrachteten Wirtschaftsjahr 2015/2016 schwierig. Damit sind die Prognosen, die wir bereits am 14. September vergangenen Jahres in diesem Hohen Haus zum letztjährigen Agrarbericht angesprochen hatten, eingetroffen.

Erst allmählich fassen die Agrarmärkte wieder Fuß. Gleichwohl haben insbesondere die am meisten von der Baisse getroffenen viehhaltenden Betriebe noch eine geraume Strecke der Rekonvaleszenz vor sich, bis sie wieder festen Boden unter den Füßen haben und auf einen soliden aktiven Investitions- und Entwicklungspfad zurückfinden.

Volatile Agrarmärkte und klimawandelbedingte jährlich wechselnde Wetterextreme sind die wesentlichen Risikofaktoren für die Landwirtschaft. In dieser Entwicklung sehe ich zugleich eine erhebliche Gefahr für den ländlichen Raum, dessen Motor die Landwirtschaft und der Weinbau sind. Mit ihren vor- und nachgelagerten Bereichen sichert die Agrarwirtschaft Beschäftigung, Einkommen und Lebensqualität in Regionen, die sonst als strukturschwächer bezeichnet werden. Auch deshalb müssen sich landwirtschaftliche Betriebe dynamisch weiterentwickeln.

Mit den durchschnittlich erzielten Wirtschaftsergebnissen von 26.100 Euro Gewinn je Arbeitskraft bzw. Unternehmensgewinn von 55.200 Euro werden die für eine angemessene Faktorentlohnung und das einzelbetriebliche

Wachstum erforderlichen Richtgrößen von mindestens 35.000 Euro Gewinn je Arbeitskraft bzw. 80.000 Euro Unternehmensgewinn weit verfehlt. Das belegen auch die Daten des Strukturwandels, der in den viehhaltenden Betrieben mit rund 5 % doppelt so hoch ausfällt wie in den Ackerbaubetrieben mit immerhin 2,5 %.