Protokoll der Sitzung vom 24.08.2017

Wachstum erforderlichen Richtgrößen von mindestens 35.000 Euro Gewinn je Arbeitskraft bzw. 80.000 Euro Unternehmensgewinn weit verfehlt. Das belegen auch die Daten des Strukturwandels, der in den viehhaltenden Betrieben mit rund 5 % doppelt so hoch ausfällt wie in den Ackerbaubetrieben mit immerhin 2,5 %.

Landwirtschaft und Weinbau gehören zum Markenkern des rheinland-pfälzischen Mittelstands. Für die Landesregierung sind Planungssicherheit, Verlässlichkeit und Stabilität höchste Güte. Wir zahlen verlässlich und pünktlich auch in diesem Jahr rund 35 Millionen Euro Prämien Mitte November sowie rund 193 Millionen Euro Direktzahlungen im Dezember. Das schafft beileibe nicht jedes Bundesland.

Die Landesregierung verfolgt eine agrarstrukturell offene, nachfrageorientierte und wirtschaftsfreundliche Agrarpolitik. Dazu gehören auch die guten Ergebnisse der ökologisch wirtschaftenden Betriebe. Seit 2010 sind die ökologisch bewirtschafteten Flächen von 37.700 Hektar auf 63.500 Hektar im vergangenen Jahr angewachsen. Das entspricht einer Zunahme von 68 %. Auch die Zahl der Biobetriebe hat sich auf 1.455 Betriebe mehr als verdoppelt bei zugleich sehr guten Wirtschaftsergebnissen, nämlich 19 % plus beim Unternehmensgewinn bundesweit.

Auf die große Bedeutung einer flächendeckenden Landwirtschaft für den Erhalt vitaler ländlicher Räume habe ich auch auf der Herbstagrarministerkonferenz in Warnemünde hingewiesen. In einem umfangreichen Beschluss sind viele Vorschläge zur Stabilisierung der bäuerlichen, insbesondere viehhaltenden Landwirtschaft gefasst. Vieles ist bereits umgesetzt worden.

Die Agrarmärkte für tierische Erzeugnisse haben sich – den aktuellen Fipronil-Eierskandal dahingestellt sein lassend – dank verhaltener Produktion und hoher Exportzunahmen tendenziell wieder in Nachfragemärkte gedreht. Die Milchpreise sind mit etwa 35 Cent pro Kilogramm Rohmilch wieder auf einem guten Weg. Die Richtung stimmt.

Die Behauptungen, dass ich mit meiner starren Haltung gegen die Wiedereinführung von Milchquoten ein Risiko für die Milchwirtschaft gesetzt habe, haben sich nicht bewahrheitet. Nein, wir haben mit dieser klaren Haltung der Landesregierung in Rheinland-Pfalz einen Beitrag dazu geleistet, dass wir auf dem marktwirtschaftlichen Kurs geblieben sind. Die ansteigenden Rohmilchpreise geben uns recht.

(Abg. Thomas Roth, FDP: Sehr vorausschauend!)

Die Schweinepreise verharren zwar seit etwa fünf Wochen auf einem einheitlichen, aber mit 1,70 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht ansprechenden Niveau. Bei den pflanzlichen Märkten kommt allerdings der wichtigste Markt, nämlich der Getreidemarkt, wegen weltweit hoher Erzeugung und Lagerbestände unter Erzeugerpreisdruck. Gleiches ist für den ab 1. Oktober dieses Jahres vollständig quotenfreien Zuckermarkt zu erwarten.

Der Agrarbericht zeigt auch auf, dass sich die Rahmenbedingungen für die Agrarwirtschaft schnell und anspruchsvoll weiterentwickeln. Zunehmende Bedeutung kommt

technischen Effizienzsteigerungen durch neue Techniken wie etwa der Digitalisierung, der digitalen Transformation, zu. Darüber hinaus werden andererseits die rechtlichen Rahmenbedingungen mit Bezug zur Umwelt bzw. den natürlichen Lebensgrundlagen Wasser, Boden und Luft die Agrarstruktur möglicherweise stärker als die allgemeine GAP beeinflussen.

Für die Landesregierung ergeben sich aus den im Agrarbericht analysierten Situationen folgende Handlungsbedarfe, die ich bereits in mehreren Initiativen aufgegriffen habe und konsequent weiterverfolge: Zum einen, es bedarf künftig eines qualifizierten Krisen- und Risikomanagements, damit diese im Kern unternehmensbezogene Managementaufgabe strategisch und nicht wie derzeit ad hoc ausgeführt werden kann. Dazu habe ich in meinem Hause eine entsprechende Arbeitsgruppe eingesetzt.

Zum Weiteren, Agrarmärkte müssen transparenter und die Position der Landwirte in der Lebensmittelkette gestärkt werden. Neben der Arbeit der Task Force Agrarmärkte als Grundlage hat die Europäische Kommission am 17. August zu einer Online-Konsultation bis zum 17. November aufgerufen, um sich zum fairen Funktionieren der Lebensmittelversorgungskette zu äußern, damit dieses Anliegen in der künftigen GAP-Reform berücksichtigt werden kann.

Land- und weinbauliche Betriebe müssen Gewinne machen. Sie müssen auch danach handeln können. Sie dürfen deswegen beim Ausbau ihrer Wettbewerbsfähigkeit nicht durch Überbürokratisierung, durch Regulierung und politische Wunschvorstellungen blockiert werden. Ich habe meinen Beitrag bei der Verhinderung der Wiedereinführung der staatlich gesteuerten Milchmenge geleistet.

Mein Haus hat bereits drei wichtige Initiativen in diesem Jahr ergriffen, als da wären die Wettbewerbs- und Innovationsoffensive in der Landwirtschaft und im Weinbau Rheinland-Pfalz, eine Positionierung meines Hauses zur GAP nach 2020 sowie Leitlinien der rheinland-pfälzischen Agrarpolitik.

Die gestaltenden Maßnahmen werden im Entwicklungsprogramm EULLE in Form von Änderungsanträgen umgesetzt. Wir haben heute in der Fragestunde schon darüber gesprochen.

Ich möchte zudem das Bekenntnis zum Zwei-SäulenModell der GAP fest im öffentlichen Bewusstsein verankern. Die Direktzahlungen, für die die Landwirte schon heute viele gesellschaftliche und öffentliche Aufgaben wahrnehmen, dürfen auch nach 2020, ganz im Gegensatz zur Bürokratie, nicht gekürzt werden.

Das ist die Situation der Landwirtschaft. Wir haben gut daran getan, heute in der Fragestunde darüber zu sprechen. Wir haben gut daran getan, uns auch dem großen Zukunftsthema der Digitalisierung der Landwirtschaft zuzuwenden.

Herr Kollege Gies, ich bin selbstverständlich offen, jährlich den Agrarbericht mit Ihnen zu diskutieren. Ich finde es gut, dass dieses Haus sich breit mit landwirtschaftlichen Themen beschäftigt. Für Rheinland-Pfalz spielt dieser Wirtschaftsfaktor eine enorme Rolle.

Ich glaube, wir haben heute in der Debatte, in den vielen Wortbeiträgen gezeigt, die Landwirtschaft hat bei uns Zukunft, trotz aller Schwierigkeiten, trotz aller Kalamitäten, die wir aufgrund des Klimawandels erleben. Die rheinlandpfälzische Landesregierung steht hinter unseren Landwirtinnen und Landwirten, hinter unseren Winzerinnen und Winzern. Wir wollen, dass sie eine gute Zukunft und dort, wo die Altersgrenze erreicht wird, engagierte Betriebsnachfolgerinnen und Betriebsnachfolger haben. Wir wissen, dass die Zeiten für sie nicht einfach sind. Deswegen verteidigen wir ihre wertvolle Arbeit und können heute – das werden wir beim Parlamentarischen Abend auch zum Ausdruck bringen – nur Anerkennung für all die Menschen aussprechen, die sich in diesem Traditionsberuf mit großer Zukunft in unserem Land engagieren.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und des Abg. Alexander Licht, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, durch die verlängerte Redezeit der Landesregierung stehen den Fraktionen jeweils zweieinhalb Minuten zur Verfügung. Wird erneut das Wort gewünscht? – Das ist offensichtlich nicht der Fall.

Herr Kollege Gies hat es schon angesprochen, es ist gute parlamentarische Tradition, den Agrarbericht im Vorfeld des Parlamentarischen Abends zu besprechen. Der Bericht ist grundsätzlich mit seiner Besprechung erledigt.

Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:

Befristete Kettenarbeitsverträge im Schuldienst sorgen für Unsicherheit bei Lehrern, Schülern und Eltern: Für eine verlässliche Einstellungspolitik an rheinland-pfälzischen Schulen Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/3865 –

Gute Rahmenbedingungen für Lehrkräfte in Rheinland-Pfalz weiter verbessern Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/3896 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Frau Beilstein von der CDU-Fraktion hat das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Befristete Kettenarbeitsverträge im Schuldienst stehen nicht zum ersten Mal in diesem Landtag zur Diskussion. Das macht deutlich, offensichtlich soll nichts geändert werden.

Wir reden über einen gleichbleibend hohen Stand von 2.500 bis 3.000 betroffenen jungen Menschen, häufig über

Jahre hinweg in dieser Unsicherheit gehalten, in immer wieder der gleichen Schleife, einige Monate Arbeit, dann Arbeitslosigkeit, oft ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld, teilweise dann noch nicht einmal krankenversichert.

Ich zitiere aus einer Mail, die ich vergangene Woche erhalten habe: Ich starte im kommenden Schuljahr in meinen dritten Zeitvertrag und das dritte Schuljahr in diesem Arbeitsmodell. Für mich ist jedoch die Spitze dieser Praktik, dass wir angestellten Lehrer nur drei Zeitverträge bekommen und dann für ein oder ein halbes Schuljahr je nach Bedarf von der ADD gesperrt werden, um keine rechtlichen Maßnahmen für eine dauerhafte Einstellung im Land Rheinland-Pfalz ergreifen zu können.

(Abg. Martin Haller, SPD: Immer diese ominösen Beispiele!)

Diese Praktik ist ethisch und menschlich nicht vertretbar

(Beifall bei CDU und AfD)

und sorgt bei mir zum Ende des Schuljahres für existenzielle Ängste. – So weit das Zitat.

Diese jungen Menschen haben keine Chance auf eine persönliche Zukunftsplanung, ganz besonders nicht im Bereich der Familiengründung oder einer Ansiedlung. Wenn sie ein Haus bauen wollen, stehen sie vor der Situation, dass mit Blick auf ihre wirtschaftliche Lage kaum Kreditwürdigkeit gegeben ist.

Meine Damen und Herren, insbesondere liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, es passt dann einfach nicht zusammen, am 1. Mai fahnenschwenkend und mit Trillerpfeifen auf die Straße zu ziehen und für faire Arbeitsbedingungen zu demonstrieren.

(Beifall der CDU und bei der AfD – Zurufe von der SPD: Oh! – Abg. Martin Haller, SPD: Also Frau Beilstein, das ist unerträglich!)

Das, was Sie in Rheinland-Pfalz praktizieren, passt im Übrigen nicht zu den Äußerungen Ihres Kanzlerkandidaten, der sagt: Wir möchten prekäre Beschäftigungen zurückdrängen.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin mir ziemlich sicher, wenn ein Unternehmer in einer solchen Art und Weise mit seinen Arbeitnehmern umgehen würde, wären Sie die Ersten, die auf den Bänken wären.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Diese an sich schon unzumutbare Situation wird nur noch dadurch getoppt, dass wir in Rheinland-Pfalz mitnichten eine Vollversorgung im Unterricht hätten. Das Gegenteil ist der Fall. Wir brauchen mehr Lehrer, um überhaupt den Regelunterricht sicherzustellen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Louis Schmidt, AfD)

100 % Unterricht haben wir nirgendwo. Wir haben noch

Ausfälle im strukturellen Bereich von bis zu 4,6 %. Deswegen ist es Tatsache, diese Vertretungslehrer werden nicht nur für kurzfristige Ausfälle im Krankheitsfall eingesetzt, sondern müssen mit dazu beitragen, dass dieser normale strukturelle Unterrichtsausfall überhaupt in irgendeiner Form teilweise abgedeckt wird.

Ich glaube, ein weiterer Punkt ist wichtig. Sie sollten auch bedenken, welche Auswirkungen das Ganze auf die Kinder hat. Hier ist keine pädagogische Kontinuität gegeben. Wenn sie sich einmal an eine Lehrerin oder einen Lehrer gewöhnt haben, und er ist plötzlich von heute auf morgen oder direkt nach den Ferien auf einmal weg, glaube ich nicht, dass das zur Lernmotivation oder insgesamt zu einem guten Verhältnis beiträgt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Louis Schmidt, AfD)

Wundert es da wirklich, wenn immer mehr dieser ausgebildeten guten Junglehrer in die Nachbarländer abwandern, weil man ihnen dort eine Planstelle anbietet?

(Abg. Martin Haller, SPD: Das müssen ja Massen sein, Frau Beilstein!)